Archiv für November 18th, 2008

Allgemein  

Nur verletzt, nicht noch verhöhnt

Die “Bild”-Zeitung muss 36.000 Euro an eine Münchnerin zahlen, über die sie vor gut drei Jahren in einer Weise berichtet hat, die ihr Persönlichkeitsrecht verletzte. Der Vorstand der Axel Springer AG stimmte laut einem Bericht der “Süddeutschen Zeitung” einem entsprechenden Vergleich zu, den das Oberlandesgericht München vorgeschlagen hatte.

In der ersten Instanz hatte das Landgericht München “Bild” noch zu einer Zahlung von 50.000 Euro verurteilt und zur Haftung für gesundheitliche Folgeschäden der Frau verurteilt. Der Verlag war dagegen in Berufung gegangen. Das Oberlandesgericht gab Springer nun teilweise Recht: Die Summe sei zu hoch angesetzt. Und der Verlag habe die Frau im Prozess nicht noch zusätzlich verhöhnt.

In dem Artikel, um den es geht, hatte “Bild” die Frau identifizierbar gemacht, deren türkischer Ehemann bei seiner Einreise nach Deutschland unter dem Verdacht verhaftet wurde, elf Jahre zuvor seine damalige Freundin umgebracht zu haben. Der Bericht begann zudem mit dem Satz: “Mit Mitte 40 noch mal einen zehn Jahre jüngeren Mann abgreifen – für […] war’s wie ein Hauptgewinn im Lotto.” Der Justiziar Springers hatte danach erklärt, dieser Satz sei nicht negativ, sondern erwecke, wenn überhaupt, “Mitgefühl und Erleichterung” gegenüber der Frau.

Hochparterre, Sat.1, Harry Rowohlt

1. “Journalistenrudel auf Hetzjagd”
(bundblog.espace.ch, Artur Vogel)
Bund-Chefredakteur Artur Vogel nimmt die vom Bundesrat angestossene Debatte über die angebliche Hetze von schweizer Medien auf und studiert die Studie des Soziologieprofessors Kurt Imhof. Er kontert die Anklage mit drei Gegenargumenten und beklagt die fehlende Rücktrittskultur in der Schweiz.

2. “‘Auf keinen Fall auf Ratschläge von Businessleuten hören'”
(nzz.ch, ak.)
Interview zum 20. Geburtstag der Architekturzeitschrift Hochparterre. Verwaltungsratspräsident Benedikt Loderer erklärt, warum es die Zeitschrift immer noch gibt: “Zuerst einmal muss man ziemlich arbeiten – und auf keinen Fall auf Ratschläge von Businessleuten hören. Man muss an sein eigenes Projekt glauben und das durchziehen.”

3. “Sat. 1 – Sender ohne Profil”
(faz.net, Peer Schader)
“Sat. 1 zieht von der Hauptstadt nach München und muss gravierende Einsparungen vornehmen. Eine Gefahr für die Programmqualität? Eigentlich nicht, denn schon seit langem gleicht das Programm des Senders einer Recyclingstation des Immergleichen.”

4. Harry Rowohlt im Interview
(fr-online.de, Tilmann P. Gangloff)
Harry Rowohlt freut sich, dass Gert Scobel die Kulturzeit auf 3sat nicht mehr moderiert: “Ach wissen Sie, früher habe ich immer ‘Arschloch’ geschrieen, wenn Joschka Fischer auftauchte. Jetzt ist er aus den Medien verschwunden, deshalb muss Gert Scobel herhalten. Aber manche Moderatorinnen sind noch schlimmer, ich frage mich wirklich, wer diese Mäuschen aussucht; jede Backwarenfachverkäuferin hat mehr Kompetenz.”

5. “Klar muss dabei sein: Der Stellenabbau ist unvermeidlich”
(blog.handelsblatt.de/indiskretion, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer publiziert ein internes Mail aus der Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Ein Ressortleiter wendet sich darin an seine Mitarbeiter.

6. “Über die befreiende Kraft des Onlinejournalismus”
(wissenswerte.wordpress.com, mscheloske)
“Der Onlinejournalismus gilt vielerorts (noch) als minderwertig. Es gibt Journalisten, die es sich inzwischen angewöhnt haben, in jedem zweiten Satz die Bemerkung einzustreuen, daß sie selbst ja Print(!)-Journalisten seien. Gar so, als ob es sich beim Präfix ‘Online-‘ um etwas Ansteckendes handele.”