Archiv für Juni 5th, 2008

Auslassungen über “Titanic”-Satire

Weil auf den aktuellen Titelseiten der Satire-Magazine “Eulenspiegel” und “Titanic” ein Mann aus Amstetten zu sehen ist, den die “Bild”-Zeitung mit Vorliebe “Inzest-Monster” nennt, bewegen sich die beiden Magazine laut Bild.de “scharf am Rande zwischen Heiter- und Geschmacklosigkeit”.

Des Weiteren ist Bild.de offenbar nicht viel mehr dazu eingefallen, als die umstrittenen Titelbilder abzubilden, eigentlich längst beantwortete Fragen zu stellen (siehe Ausriss) und drei Leserkommentare aus Oe24.at, dem Online-Angebot der österreichischen Boulevardzeitung “Österreich”, nachzudrucken – eines allerdings, vermutlich aus Platzgründen, leicht gekürzt:

Bild.de-Version Originalversion
“Anstatt sich nun darüber zu ärgern, dass wir Deutschen Humor haben und ihr Österreicher keinen, sollte man lieber den Hintergrund von Satire erkennen. (…) Außerdem gibt es halt nun mal keine anderen Promis in Österreich…”
(Auslassung von Bild.de)
Anstatt sich nun darüber zu ärgern, dass wir Deutschen Humor haben und ihr Österreicher keinen, sollte man lieber den Hintergrund von Satire erkennen. Im gegebenden Fall wird ja nicht Österreich oder die Opfer des Herrn Fritzl verhöhnt, die Satire bezieht sich auf die geschmacklose Berichterstattung der Boulevardpresse und die kommerzielle Ausnutzung der menschlichen Schicksale. Beteiligten. Außerdem gibt es halt nun mal keine anderen Promis in Österreich…
(Hervorhebung von uns.)

Mit Dank an Mick für den Hinweis.

Sexy Klicks jetzt live bei BILDblog

Herzlich willkommen, liebe Leserinnen und Leser, beim diesjährigen Bilderklickmarathon der “100 schärfsten Frauen der Welt”, zusammengestellt von “FHM” und präsentiert von Bild.de! Schön, dass Sie live dabei sind! Und für alle, die sich erst jetzt hierher verirrt haben: Megan Fox hat in diesem Jahr das hübsche Näschen vorn, dicht gefolgt von Jessica Biel, Jessica Alba, Elisha Cuthbert und — doch was sehe ich da! Kate Beckinsale! Die Zehntplatzierte kann sich sogar über eine… ja, das ist tatsächlich eine waschechte Doppelplatzierung: gleichzeitig zehnt- und siebenundfünfzigstschärfste Frau der Welt! Wahnsinn! Gratulation an dieser Stelle auch an Beyonce Knowles, Natalie Portman, Keira Knightley, Gisele Bündchen, Carmen Elektra, Jessica Simpson, Rachel Bilson und, last not least, Cameron Diaz, die es ebenfalls auf zwei Bild.de-Platzierungen geschafft haben und… ach, schade, schade! Wie wir soeben erfahren, hat Diaz auch bei der Konkurrenz punkten können: Platz 27 beim parallel stattfindenden Klickmarathon der hundert “unsexiesten Frauen”! Das ist bitter… Schwacher Trost für Cameron: Sie ist in guter Gesellschaft! Heidi Klum, Christina Aguilera, Paris Hilton und Pamela Anderson haben es ebenfalls in beide Bild.de-Listen geschafft! Schärfste Frauen ohne Sex-Appeal, da wird Klickgeschichte, ach was: Bild.de-Geschichte geschrieben… Doch was ist das?! … Aus! Vorbei! Der Klickrichter signalisiert: Vorzeitiger Abbruch. Offenbar werden die Bild.de-Plätze 51 bis 100 komplett aus der Wertung genommen, da es sich dabei — anders als bei den ersten 50 — gar nicht um “FHM”-Platzierungen aus der offiziellen “100 sexiest Women in the World 2008”-Liste handelt. Sollte da womöglich der Bild.de-Frauenbeauftragte einfach irgendwelche anderen Listen zweitverwertet haben?! Billiges Faulspiel auf den hinteren Plätzen…? Wurden die Listen gedopt? Das wird wohl erst die Auswertung der Bilderstreckenposten zeigen.

Mit diesem traurigen Verdacht und Dank an die vielen Hinweisgeber geben wir zurück in die angeschlossenen Funkhäuser.

neu  

Presserat rügt teils frei erfundenen “Bild”-Bericht

Der Presserat hat aufgrund einer Beschwerde von BILDblog eine Rüge gegen die “Bild”-Zeitung ausgesprochen. Der Artikel der “Bild Bremen” (Ausriss rechts) habe gegen das Persönlichkeitsrecht zweier Kinder, das Wahrheitsgebot und die Sorgfaltspflicht verstoßen.

Das Gremium erklärte:

BILD (Bremen) erhielt eine nicht-öffentliche Rüge wegen eines Verstoßes gegen die Ziffern 8, 2 und 1 des Pressekodex. Die Zeitung hatte berichtet, dass zwei Mädchen im Alter von eins und vier Jahren auf Veranlassung ihrer Mutter zur Beschneidung nach Afrika gebracht werden sollten, was aber durch den Vater und einen Polizeieinsatz habe verhindert werden können. Ausschlaggebend für die Rüge war ein beigestelltes Foto, das beide Kinder ungeblendet zeigte. Hierfür gab es nicht die Einwilligung beider Eltern. Die Veröffentlichung dieses Fotos verletzt die Persönlichkeitsrechte der Kinder nach Ziffer 8 des Pressekodex.

Einen Verstoß gegen das Wahrheitsgebot aus Ziffer 1 des Pressekodex sah der Ausschuss zudem im Einstieg des Beitrages, wonach in einer dunklen Hütte in Afrika bereits ein Medizinmann auf die Mädchen gewartet habe. Dies war offenbar frei erfunden.

Die Zeitung verletzte außerdem die Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Als Quellen für den Bericht wurden neben der Polizeimeldung und den Aussagen des Vaters nicht auch die Aussagen der Mutter berücksichtigt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Mutter Beschneidungen ablehnt und ihre Kinder nicht zu diesem Zweck nach Afrika bringen wollte. Der Ausschuss hält es zwar für zulässig, dass die tagesaktuelle Berichterstattung im Wesentlichen auf der Polizeimeldung beruhte. Dies hätte jedoch für den Leser deutlich erkennbar sein müssen.

Aus Opferschutzgründen verzichtete der Ausschuss darauf, die Zeitung zum Abdruck der Rüge zu verpflichten.

Mehr über die gerügte “Bild”-Berichterstattung:

6 vor 9

Klatsch as Klatsch can bringt Umsatz (+)
(werbewoche.ch, Gerti Schön)
Gawker Media, Amerikas erfolgreichstes Blogging-Unternehmen, wirft Millionen ab.

wat denn da los?
(basicthinking.de, Robert Basic)
Deutschlands meistverlinkter Blogger fragt sich, was los ist angesichts mehrerer die Zukunft von Blogs kritisch beleuchtenden Blogtexten: “Was juckt es da, ob eine Firma mehr oder weniger bloggt, auch nicht, ob sie ‘gut’ oder ‘schlecht’ bloggt oder ob ein Blogger Asche macht oder nicht? Es sind nahezu bedeutungslose Ereignisse im Jetzt in einer langen Abfolge, die aber in der Summe gesehen unaufhaltsame Änderungen mit sich führen.”

Habermas, die Medien, das Internet
(perlentaucher.de, Robin Meyer-Lucht)
“Deutschland tut sich nach wie vor schwer damit, die Ressentiments gegenüber dem Internet als scheinbar chaotisches, zersplittertes und desorientierendes Medium aufzugeben. Im Gegenteil: Hierzulande ist man von einer (möglichst von systemisch-ökonomischen Zwängen befreiten) massenmedialen Öffentlichkeit als überlegenem diskursiven Modell tief überzeugt.”

“Unser Land hat die Medienkritiker, die es verdient”
(persoenlich.com, Roger Schawinski)
Roger Schawinski reflechiert über Medienjournalismus in der Schweiz und in Deutschland und beleuchtet im Speziellen die Süddeutsche Zeitung. Er erzählt, wie jedesmal Panik ausgebrochen sei bei Sat.1, wenn man vor einer TV-Premiere lobende Worte dieser Zeitung erhalten habe, da das ein Garant für einen Quotenflop gewesen sei (“so weit entfernt sind diese Fachleute vom real existierenden Fernsehpublikum”).

Look east, young man
(ecin.de, Prof. Monse)
“Während der Westen sich als Heimat der Hobby-Journalisten überschätzt, hat China, für mich überraschend, 73 Millionen Blogs und 47 Millionen Nutzer, die regelmäßig Blogs schreiben.”

The Newspapers: Rating The Top 25 Newspaper Websites
(247wallst.com)