Archiv für November 2nd, 2007

“Bild” enthüllt “Auto Bild”-Bericht

Die Zeitschrift “Auto Bild” berichtet im Ratgeberteil ihrer aktuellen Ausgabe darüber, dass “unsere Autos” oft mehr Kraftstoff verbrauchen, “als irreführende Prospektangaben versprechen”. Zum Beweis ist “Auto Bild” offenbar mit verschiedenen, vollgetankten PKW “zügig, aber nicht sportlich” von Hamburg nach Lübeck und zurück gefahren und hat anschließend nachgetankt. Am Ende stellte “Auto Bild” fest, dass manche Autos ein wenig mehr, manche deutlich mehr und ein Mercedes-Geländewagen sogar 53 Prozent mehr Kraftstoff verbrauchen, als der Hersteller behauptet.

Auf der “Auto Bild”-Website gibt es sogar einen “Auto Bild TV”-Beitrag dazu. Und der erinnert in Machart und Ergebnis schon sehr an einen Bericht des ZDF-Magazins “Frontal 21” [pdf] über die “Lüge vom niedrigen Spritverbrauch” (ausgestrahlt einen Tag, bevor auch die Deutsche Umwelthilfe öffentlich kritisierte: “Im realen Leben liegen Spritverbrauch und CO2-Emissionen regelmäßig 10 bis 25 Prozent höher als von den Herstellern behauptet”).

Das war vor anderthalb Monaten.

Mit Verweis auf die aktuelle “Auto Bild” aber schreibt “Bild” heute (siehe Ausriss) Sätze wie diese:"Die Sprit-Lüge: Benzin-Verbrauch höher, als die Hersteller angeben"

Und jetzt enthüllt AutoBILD: (…)

AutoBILD-Experten testeten unsere Autos auf ihren tatsächlichen Spritverbrauch. Schock-Ergebnis: In der Spitze schlucken PKW bis zu 53 % mehr Benzin! AutoBILD enthüllt in seiner jüngsten Ausgabe die Sprit-Schummelei (…).
(Hervorhebungen von uns.)

Die von “Auto Bild” zwischen Hamburg und Lübeck zügig ermittelten und von “Bild” weiterverbreiteten Ergebnisse liegen im Schnitt knapp 15 Prozent über den Herstellerangaben, weichen aber zum Teil nicht nur von diesen stark ab, sondern auch von denen, die schon seit geraumer Zeit im ADAC-“Eco Test” ermittelt werden. Aber wen wundert’s? In einem Merkblatt des ADAC wird die von “Auto Bild” angewandte “Nachtankmethode” ohnehin als “weitgehend ungenau” bezeichnet.

Andererseits: Mit genaueren, aber lange bekannten Daten wäre die Formulierung “AutoBILD enthüllt” ja noch absurder gewesen.

Mit Dank an Bernd R. für den Hinweis.

Tote haben kein Privatleben

FAZ: Sie wollen mir weismachen, daß jemand, der sein Privatleben kategorisch für sich behalten will, ungeschoren bleibt?

Kai Diekmann: Selbstverständlich: Wer sein Privatleben privat lebt, bleibt privat.

Anfang dieser Woche ist Evelyn Hamann gestorben, und es gibt keinen Zweifel daran, dass sie ihr Privatleben privat lebte. “Bild” selbst schrieb:

Die große Schauspielerin hatte ihr Privatleben von der Öffentlichkeit abgeschottet. Ihre tödliche Krankheit genauso wie ihr großes Glück.

“Nur einmal wäre es beinahe öffentlich geworden, dass die zwei sich liebten (…). (Sie) hatten 1993 gemeinsam Urlaub gemacht (…) Ein Hamburger erkannte die beiden, als sie sich sonnten. Und zückte die Videokamera. (…) wurde unfassbar wütend.”


Quelle: “Bild”, 31.10.2007

“Bild” schrieb das am Mittwoch. Am Tag zuvor schon hatte die Zeitung eben jener Öffentlichkeit exklusiv die Details über die tödliche Krankheit verraten. Und am Mittwoch lüftete sie dann auch das andere Geheimnis, das nach Ansicht von Evelyn Hamann offenbar die Öffentlichkeit ebenso wenig anging: den Namen des Mannes, der — laut “Bild” — ihr langjähriger Lebensgefährte war.

Man könnte sagen: Der laut Kai Diekmann bei “Bild” geltende Respekt vor Menschen, die ihr Privatleben privat leben wollen, erlischt automatisch im Moment ihres Todes. Richtiger ist allerdings wohl: Er gilt gar nicht.

PS: Was “Bild” über das Privatleben von Evelyn Hamann zu berichteten wusste, fand sich anschließend in einer Reihe weiterer Medien. Und zu befürchten ist, dass der zuständige Mitarbeiter der Nachrichtenagentur AP nicht einmal merkte, wie sehr seine Formulierung die gemeinsame Bigotterie entlarvt:

Aus ihrem Privatleben, das Hamann stets aus der Öffentlichkeit gehalten hatte, wurde unterdessen bekannt, dass sie und […] seit vielen Jahren ein Paar waren.

Kurz korrigiert (440)

Die Geschichte des HI-Virus muss wahrscheinlich komplett umgeschrieben werden. Entgegen der landläufigen Meinung stammt der AIDS-Erreger nicht aus Afrika, sondern aus Haiti. Zu diesem Schluss kommen Mitarbeiter der deutschen Boulevardzeitung “Bild” nach der Analyse von Agenturmeldungen:

"AIDS-Virus stammt aus Haiti"

Diese Theorie ist jedoch selbst im eigenen Haus nicht unumstritten. So gibt es Hinweise, dass die “Bild”-Mitarbeiter bei der Übernahme der Meldung schlampig gearbeitet haben und Sätze wie “HIV gelangte von Afrika über Haiti in die USA” oder “Wahrscheinlich war das Aidsvirus um das Jahr 1966 herum von Afrika nach Haiti gelangt” schlichtweg übersehen haben.

Mit Dank an Mario Z. für den sachdienlichen Hinweis.

6 vor 9

Tamedia mit neuer Unternehmensleitung und Fokussierung auf geografische Märkte
(tamedia.ch, pdf)
Das Medienunternehmen Tamedia gliedert sich ab 2008 in die vier operativen Unternehmensbereiche Medien Espace Bern, Medien Zürich & Nordostschweiz, Medien Schweiz und Verlagsservices.
Das neue Organigramm, Kurzportrait der Unternehmungsleitung, mehr.

»Der Code Öffentlich/Privat erfährt einen geschichtlichen Wandel globalen Ausmaßes«
(blm.de, Sandra Eschenbach, pdf, 78kb)
Der Informationsethiker Rafael Capurro über gesellschaftliche, journalistische und politische Auswirkungen des Web 2.0 (mehr hier).

Unerbittlicher Verdrängungskampf
(nzz.ch, ii.)
Wieder wird eine neue Gratiszeitung angekündigt. Wie der Aargauer Verleger Peter Wanner vor kurzem der «Werbewoche» und am Donnerstag in der hauseigenen «Mittelland Zeitung» erklärte, planen die AZ Medien «im Gratiszeitungsmarkt aktiv» zu werden. Dies wäre das fünfte Gratisblatt, das täglich in den grössten Deutschschweizer Ballungszentren erscheinen soll. Wenn man das Wirtschafts-orientierte «Cash daily» dazu zählt, sogar das sechste. Sie alle buhlen mit Nachrichten-«Kurzfutter» um Anteile im Leser- und Werbemarkt.

Noch sind alle schimmerlos
(taz.de, Sarah Stricker)
Die Münchner “Abendzeitung” ist momentan auf Selbstfindungskurs. Offen ist noch, wer der neue Chefredakteur wird. Fest steht, dass er nicht aus dem Haus kommt.

So geht das nicht, Herr Delling!
(stern.de, Peer Schader)
Als Ersatz für Frank Plasberg darf ab sofort Sport-Moderator Gerhard Delling im WDR aktuelle Themen mit Gästen diskutieren. Die Auftaktsendung am Mittwochabend geriet jedoch zum unentschlossenen Durcheinander mit peinlichen Fehlern.

So spricht man mit Nazis (Teil 2)
(vanityfair.de, Michel Friedman)
“Deutschlands Chef-Nazi” Horst Mahler im ungekürzten Gespräch mit “VANITY FAIR-Autor” Michel Friedman.