G8-Gipfel – Die Wahrheit (zuender.zeit.de)
Klimakiller, Chaoten, Polizeigewalt: Vor dem G8-Gipfel wurden die Etiketten für Gut und Böse schon vergeben. Zuenders Zitate-Sammlung zeigt euch, wer auf welcher Seite der Absperrung steht.
Ein Netz fürs Leben (handelsblatt.com, Thomas Knüwer)
Weblogs, Podcasts oder Wikipedia als Hobby – wer damit seine Freizeit vor dem Computer verbringt, der muss sich häufig regelrecht dafür rechtfertigen. ?Unsoziale Zeitverschwendung?, giften Kritiker. Doch sie übersehen oft, dass die Aktivitäten im Netz Ausgangspunkt sind für reale Freundschaften und Kontakte, die Karrieren verändern können.
Gratiszeitungen: Näher am Leser (extradienst.at, Alexander Lukacs)
Der Gratiszeitungsmarkt ist ständig am Wachsen. Auch im vergangenen Jahr expandierten bestehende Titel und neue kamen hinzu. Dabei stellt sich die Frage, wo die Grenzen der Wirtschaftlichkeit zu ziehen sind.
Fernsehführer (spreeblick.de, Malte)
Auffallend viele Spreeblickleser schauen nie Fernsehen. Damit diese Menschen den Anschluss an das Muttermedium nicht verpassen, folgt nun ein kurzer Überblick.
Zwei Blicke auf einen Kontinent (taz.de, Dominic Johnson)
Pünktlich zum G-8-Gipfel entdecken deutsche Tageszeitungen Afrika. Sonderausgaben von “Bild” und “Frankfurter Rundschau” zeigen zwei verschiedene Kontinente.
Der Pinkeltropfenstopper (nzzfolio.ch, Peter Haffner)
Wer sie hat, dem wird gegeben: Wirklich brauchbare Ideen für Dinge, mit denen man Millionen verdienen könnte.
Laut “Bild” gibt es da also eine 42-jährige Kenianerin namens Jacinta Kerabu, die seit Mitte der 80er Jahre in Nairobis Slum-Viertel Majengo als Prostituierte arbeitet. Das Besondere an der Frau, die “Bild” Jacinta Kerabu nennt, fasste “Bild” gestern in ihrer Afrika–Ausgabe dahingehend zusammen, “dass Jacinta kein Aids bekommen kann”.
Das klingt nach einer wissenschaftlichen Sensation!
Und um so erstaunlicher ist es deshalb, dass der einzige Treffer, den diverse Datenbanken und Google dazu liefern, eine eher beiläufige Meldung in der “Taipei Times” zu sein scheint, veröffentlicht offenbar im August 2006, in der es ebenfalls heißt, dass sich die 42-jährige Jacinta Kerabu — obwohl seit Mitte der 80er Jahre Prostituierte in Majengo — erstaunlicherweise nicht mit dem HI-Virus infiziert habe.
Andererseits berichtete der britische “Daily Telegraph” schon im April 2006 von einer 45-jährigen Frau namens Salome Simon, die — obwohl seit Mitte der 80er Jahre als Prostituierte in Majengo tätig — offenbar immun gegen das HI-Virus sei (und veröffentliche ein Foto, das der Jacinta Kerabu aus “Bild” erstaunlich ähnlich sieht).
Die “Neue Zürcher Zeitung”(nicht frei online) wiederum berichtete bereits im Juli 1998 von einer damals 35-jährigen Frau, die — obwohl seit Mitte der 80er Jahre als Prostituierte in Majengo tätig — “offenbar gegen das Virus, das die Immunschwächekrankheit auslöst, resistent” sei. Die “NZZ” nannte sie Mariam Chepkemoy.
Und die Nachrichtenagentur dpa wusste sogar schon im Juni 1996 über eine Prostituierte in Majengo (dpa nannte sie schlicht “Lucy”) zu berichten, “sie solle immun sein gegen das todbringende HI-Virus” — und kein Einzelfall. Zudem ließ dpa schon damals nicht unerwähnt, dass das “Rätsel” immerhin seit Mitte der 80er Jahre u.a. von Wissenschaftlern der Universitäten von Nairobi, Oxford, Manitoba und Washington untersucht werde.
Insofern jedenfalls mag es nicht verwundern, dass die kleine Gruppe der offenbar HIV-resistenten Prostituierten von Majengo seither in zahlreichen Artikeln der Tages- und Fachpresse weltweit immer wieder für Schlagzeilen sorgte.
Verwunderlich ist eigentlich nur, dass “Bild” gestern behauptete:
Nun entdeckten Wissenschaftler, dass Jacinta kein Aids bekommen kann. (Hervorhebung von uns.)
Und das Fachblatt “kress report” berichtet nun von einem Brief, den “Bild”-Chef Kai Diekmann offenbar an den Presserat geschickt hat, weil “Bild” die Aldi-Rüge “nicht nachvollziehen” könne. Weiter heiße es in Diekmanns Brief:
Nach Vorstellung des Presserates darf nicht über Preise und Bezugsquellen eines neuen Produktes berichtet werden. Sie ziehen die Grenze des Zulässigen schon bei Angabe von Telefonnummer und Internetadresse. Jede deutsche Publikation wäre danach künftig gezwungen, den Service-Charakter ihrer Berichterstattung radikal zu beschneiden.
Beigefügt sei dem Brief an den Presserat (der angeblich kein Alleingang Diekmanns sei, sondern von vielen deutschen Chefredakteuren unterstützt werde) ein “Ordner mit 100 Seiten aus 100 aktuellen Zeitungen und Zeitschriften”. Ob “Fahrradzubehör in der ‘Süddeutschen’, Motorradanzüge in der ‘FAZ’, (…) die neue ICE-Strecke Frankfurt-Paris in der ‘FR’, Osterdeko in ‘BamS’ oder die neue H&M-Edelmarke Cos in ‘Bild’ selbst” — alle Artikel enthielten ebenfalls konkrete Angaben zu Anbietern, Preisen, Bestellrufnummern oder Online-URLs. Laut “kress” hat “Bild” zwar ausdrücklich darauf verzichtet, alle Artikel als Beschwerde einzureichen, bittet den Presserat aber um Prüfung der “eingereichten Einzelfälle” und darum, die eigenen Standards “den aktuellen Leserbedürfnissen sowie einer modernen Wirtschaftsberichterstattung anzupassen”.
Beim Presserat, heißt es, begrüße man die “transparente Diskussion” und verspreche, sich mit dem “interessanten Material, das unsere Spruchpraxis kritisch begleitet”, eingehend zu befassen.
Es ist eine sehr eindrucksvolle Liste von Prominenten und Politikern, die die “Bild”-Zeitung in ihrer heutigen Sonderausgabe versammelt hat, um für mehr Hilfe für Afrika zu werben. Und es ist eine eindrucksvolle Demonstration, was eine Zeitung wie “Bild” auf die Beine stellen kann, wenn sie versucht, ihre Beziehungen, ihre Reichweite und die Mittel des Boulevardjournalismus für einen guten Zweck einzusetzen. Keine Frage.
“Bild” selbst ist auch ganz begeistert und lässt die eigene Aktion von Ersatz-Chefredakteur Bob Geldof als “historische BILD-Ausgabe” feiern, die eine “einmalige Koalition aus Künstlern, Unternehmern, Politikern, Journalisten, Sportlern, Staatsmännern und den Völkern aller Nationen” versammelt habe. Sogar der amerikanische Präsident George W. Bush scheint Teil dieser Koalition zu sein und eigens für die Afrika-Ausgabe einen Gastbeitrag geschrieben zu haben:
Auch eine solche womöglich gut gemeinte Sonderausgabe ist für “Bild” also kein Grund, plötzlich wahrhaftig zu berichten, denn Bushs Text ist alles andere als “exklusiv”. Es handelt sich um eine Rede, die George W. Bush am Mittwochmittag (Ortszeit) im Rosengarten des Weißen Hauses vor Journalisten gehalten hat — in einer gekürzten, übersetzten und mit Flüchtigkeitsfehlern durchsetzten Version.
When I took office, an HIV diagnosis in Africa’s poorest communities was usually a death sentence. Parents watched their babies die needlessly because local clinics lacked effective treatments.
Als ich mein Amt antrat, war eine HIV-Infektion in Afrikas ärmsten Gemeinden ein Todesurteil. Eltern mussten zusehen, wie ihre Babies einen unnötigen Tod starben, weil die örtlichen Kliniken keine wirkungsvollen Behandlungen anbieten konnten.
This modern-day plague robbed Africa and other countries of the hope of progress, and threatened to push many communities toward chaos.
The United States has responded vigorously to this crisis.
Diese moderne Plage raubte Afrika und anderen Ländern ihre Hoffnung auf Fortschritt und drohte viele Gemeinschaften ins Chaos zu stürzen. Wir reagieren mit aller Macht auf diese Katastrophe.
Der Preis für das Bemühen, die längste und imposanteste Liste von Gast-Autoren aller Zeiten zusammenzubringen, ist hoch. Nicht nur, weil “Bild” dazu eine Presseerklärung zu einem Gastbeitrag umetikettieren muss. Sondern weil die Zeitung dadurch auf die Möglichkeit verzichtet, Bushs Aussagen kritisch zu hinterfragen. Neben drei süßen Fotos, die ihn mit dem Sohn einer HIV-infizierten Mutter zeigen, behauptet Bush in “Bild”:
Wegen dieses Erfolges beantrage ich beim amerikanischen Kongreß [sic], dass die Anstrengungen im Kampf gegen die Plage HIV/Aids verdoppelt werden und zusätzliche 30 Milliarden Dollar für die Prävention, Behandlung und Nachsorge von HIV/Aids in den nächsten 5 Jahren zu genehmigen. (…)
Soviel Hilfe gab es noch nie und diese Hilfe ist die größte Zusage die je eine Nation im Kampf gegen eine einzelne Seuche in der Geschichte der Menschheit gemacht hat.
Kritiker relativieren diese Superlative. Sie weisen zum Beispiel darauf hin, dass die Zahl der Patienten, die von den amerikanischen Hilfen profitieren, gegenüber dem bereits bestehenden Programm nur leicht steigen würde — prozentual entspräche das sogar einem Rückgang. Und von einer “Verdoppelung” der Ausgaben zu sprechen, wie Bush es tut, sei ohnehin irreführend.
Darüber kann man natürlich streiten. Aber man kann es nicht, wenn man ohne jede journalistische Einordnung einfach eine Presseerklärung des amerikanischen Präsidenten unter der Überschrift “US-Präsident George W. Bush exklusiv in BILD: Soviel Hilfe gegen Aids gab es noch nie!” abdruckt.
PS:“Spiegel Online” sieht in der Afrika-“Bild” einen Beweis dafür, “wie rasch moralische Beweggründe sich in einen wohlfeilen Moralismus verwandeln können, der in verlogenem Kitsch und objektivem Zynismus endet”.
Es muss wohl eine Art Reflex sein, der Bild.de-Mitarbeiter dazu veranlasst, völlig Fakten-unabhängig in Überschriften bestimmte Schlüsselbegriffe einzubauen. Der Teaser, der derzeit auf der “Tipps & Trends”-Seite von Bild.de steht (siehe Ausriss), ist ein schönes Beispiel dafür. Das “neue” Urteil, von dem dort die Rede ist (“Az.: 10 Sa 117/04“), ist nämlich keineswegs neu. Jedenfalls nicht nach landläufigen Maßstäben. Es stammt aus dem Jahr 2004. Aber immerhin: Der Agentur-Bericht dazu, deristoffenbarneu.
Mit Dank an Daniel P. für den sachdienlichen Hinweis.
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Wie die öffentlich-rechtlichen Anstalten die nächste Gebührenerhöhung einfädeln.
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