Archiv für Juni, 2007

Jetzt spricht Kubica auch in BILDblog

Lange, womöglich stundenlang, hatten die Reporter gestern vor dem “Hôpital du Sacrè-Coeur” in Montreal gewartet und gewartet — und dann, endlich, kurz nach 18 Uhr (MESZ), erschien der polnische Formel-1-Pilot Robert Kubica, der tags zuvor einen spektakulären Unfall überlebt hatte, in der Eingangstür.

Bereits eine Stunde vorher hatte die Nachrichtenagentur dpa angekündigt, Kubica werde offenbar alsbald aus dem Krankenhaus entlassen, und sogar einen ersten (laut dpa “von BMW so übermittelten”) O-Ton vermeldet:

“Mir geht es gut. Mir tut nichts weh. Vielen Dank an die ganze medizinische Betreuung an der Strecke und im Krankenhaus”, sagte der Pole am Montag. Der BMW-Fahrer kündigte an: “Nun fliege ich nach Indy und will Rennen fahren.”

Dann aber stand er endlich da vorm Krankenhaus. Und wenig später meldete die Nachrichtenagentur Reuters, was Kubica den wartenden Reportern in die Mikrofone, Diktafone und TV-Kameras gesagt hatte:

“As you see I’m quite in good shape and I’m hoping (to be) going to Indianapolis if the doctors will say OK for my driving,” Kubica told reporters outside Montreal’s Sacre-Coeur Hospital. “I feel very good. I was very lucky — big accident, but fortunately, nothing hurt.”

Und Kubicas Arbeitgeber BMW zitierte ihn anschließend sogar in einer Pressemitteilung [pdf] mit ganz ähnlichen Worten:

“Ich habe keine Schmerzen, und es geht mir gut. Ich möchte mich bedanken für die rundum gute medizinische Betreuung, die große Aufmerksamkeit und die guten Wünsche, die ich bekommen habe. Mario Theissen und andere Teammitglieder haben mich besucht, und bei Jarno Trulli möchte ich mich auch für seinen Besuch bedanken. Ich freue mich, dass ich das Krankenhaus so schnell wieder verlassen konnte und werde mich nun auf das Rennen in Indianapolis vorbereiten.”

So, und nun zu “Bild”.

Denn in einer Art Vorabmeldung hieß es bereits gestern auf Bild.de:

"Nach Horror-Crash (...) spricht BMW-Pilot Kubica in BILD"

“Mir geht es gut. Mir tut nichts weh. Danke an die medizinische Betreuung und an Jarno Trulli, der mich hier in der Klinik besucht hat.” (…) Nur wenige Stunden nach seinem Horror-Crash beim Großen Preis von Kanada in Montreal sprach der Pole mit BILD*. (…) Kubica zu BILD*: “Ich fliege jetzt nach Indy und möchte Rennen fahren.”

Und in der heutigen Printausgabe legt “Bild” noch einmal nach:

Kubica sprach vor der Klinik ganz kurz mit den wartenden Journalisten. Zu BILD* sagte er: “Ich habe riesiges Glück gehabt. Es war ein sehr großer Unfall. Aber es geht mir gut.” (…) Kubica: “Ich fliege nun nach Indianapolis und möchte Rennen fahren. Der Arzt hier in der Klinik hat mir gesagt, dass ich Okay bin.”

*) Alle Hervorhebungen von uns.

Mit Dank an Nils K. für die Anregung.

6 vor 9

Orwell im Netz
(zeit.de, Michael Kurzidim)
Mit simpler Bannerwerbung fing alles an. Mittlerweile spähen Konzerne und Marketingagenturen Internet-Surfer als potenzielle Kunden regelrecht aus – mit immer raffinierteren Methoden. Dagegen kann man sich aber schützen.

Totalumbau beginnt
(mediatrend.ch, Ueli Custer)
Mit der Übernahme der Espace Media Groupe hat die Tamedia einen Totalumbau der Schweizer Medienlandschaft eingeleitet, bei dem kein Stein auf dem andern bleiben wird.

Das ganze Netz
(sueddeutsche.de, Ingo Salmen)
Der einstmals betuliche Sender Phoenix hat sich im zehnten Jahr seines Bestehens zum öffentlich-rechtlichen Versuchslabor fürs Web 2.0 entwickelt. Auch die Kanzlerin gratuliert.

Leo Kirchs Einflüsterer
(focus.de, Tanja Treser)
Gezielte Indiskretionen, Dossiers und Medienbeeinflussung sind die Aufgaben eines Medienberaters. Leo Kirchs Spindoktor heißt Norbert Essing.

Der Streit um ?Spiegel TV? eskaliert
(faz.net, Michael Hanfeld)
Die Mitarbeiter von ?Spiegel TV? sind beunruhigt: Sie fürchten, dass ihr Unternehmen bis zur Unkenntlichkeit zerschlagen wird. Und dies wegen eines Machtkampfs zwischen dem Geschäftsführer Mario Frank und dem ?Spiegel?-Chefredakteur Stefan Aust.

Stadtpräsident Ledergerber geht unter die Blogger
(nzz.ch, dau.)
Seit Februar wird auf der Online-Plattform «NZZvotum» das aktuelle politische Geschehen im Kanton Zürich diskutiert. Neu werden sich bekannte Gast- Blogger in die Debatten einschalten – den Anfang macht Zürichs Stadtpräsident Elmar Ledergerber.

F. J. Wagner schreibt Fußballgeschichte. Um.

Mit dem Briefeschreiben an Einzelpersonen hält sich Franz Josef Wagner schon lange nicht mehr auf (“Liebes Afrika, …”). Heute geht die Post an das “liebe Sommermärchen 2006”, das dieser Tage seinen ersten Geburtstag feiert.

Und so schwärmt Wagner noch einmal von der guten alten Zeit vor zwölf Monaten:

Alles und jeder sah aus wie in Glück getaucht, selbst Toten hätte man Kredit gegeben.

In was man Wagner getaucht hat, wissen wir nicht, aber die Toten hatten gestern offenbar Dienst in der “Bild”-Schlussredaktion:

Wir wurden glücklich, als Klose in der Nachspielzeit ein Tor gegen Polen in der 92. Minute schoss.

Hach, beinahe. Denn dass das Tor gegen Polen (“in der Nachspielzeit”, “in der 92. Minute”) nicht von Miroslav Klose geschossen wurde, weiß eigentlich jedes Kind – zumindest hätte man es bei “Bild” ahnen können.

Das ist peinlich, kann aber mal passieren. Peinlicher wird’s nur, wenn man einen Aussetzer des eigenen Erinnerungsvermögens zum Aufhänger befördert:

Ja, so war es. Erinnert Euch. Es war so haarscharf damals, dass Deutschland unglücklich werden könnte. Klose schoss uns damals aus der Scheiße und heute ist er ein Verzweifelter.

Ja, haarscharf. Trotzdem wird das Wagner’sche Erinnerungsmantra aus Oliver Neuville keinen Miroslav Klose machen. Und auch die “Scheiße” riecht nicht mehr ganz so schlimm, wenn man im Nachhinein nachrechnet, dass Deutschland auch mit einem 0:0 gegen Polen noch Gruppensieger geworden wäre. Aber wie man ein Eigentor schießt, das zeigt uns Wagner. Mit Anlauf. Und ohne Torwart:

Das geschah vor einem Jahr — und wenn Klose das Tor nicht geschossen hätte, wären wir Deutschen dann heute blöder, sauertöpfischer, pessimistischer?

Nun: Die heutige “Post von Wagner” wäre sicher um einiges weniger blöd geworden, wenn Klose das verdammte Tor wirklich geschossen hätte.

Mit Dank an die vielen, vielen Hinweisgeber!

Nachtrag, 13.15 Uhr. In einigen Druckausgaben scheint jemand Wagner korrigiert zu haben. Dort lautet der zentrale Satz:

Wir wurden glücklich, als Klose im Viertelfinale gegen Argentinien den Ausgleich schoss und Deutschland so das Halbfinale rettete.

6 vor 9

Unter der Käseglocke
(taz.de, Philip Dudek)
Zwei Freies-Radio-MacherInnen haben beim G-8-Gipfel Medienvertreter beäugt: Viele blieben lieber unter sich und schrieben bei den Agenturen ab.

Multimedia-Journalisten sind keine Blogger
(handelsblatt.com, Roland Schweins)
Zahlreiche Verlage investieren in ihre Internet-Portale. Sie suchen gut ausgebildete Multimedia-Journalisten, während die Mitarbeiterzahlen in Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen eher schrumpfen. Der Grund: Im vergangenen Jahr ist der deutsche Online-Werbemarkt um 84 Prozent gewachsen.

Droht uns die “digitale Demenz”?
(telepolis.de, Florian Rötzer)
Im Digitalen Zeitalter droht die Vergesslichkeit: Mit den überall zugänglichen digitalen Speichern als ausgelagertem Gedächtnis müssen wir nur noch suchen und brauchen uns nichts mehr merken.

schwitzen mit journalisten 2
(wirres.net, Felix Schwenzel)
ich weiss nicht was gestern anstrengender war, die hitze oder die ermüdende diskussion. am ende war ich zumindest komplett feucht und leer. unfassbar wie einem journalisten die birne weich reden können.

Die Harten im Fernsehgarten
(ksta.de, Martin Weber)
Nicht vor Ort und trotzdem live dabei: Martin Weber guckt den ?ZDF-Fernsehgarten? – eine Sendung, die in der warmen Jahreszeit seit über 20 Jahren immer wieder sonntags ausgestrahlt wird.

Lionel Messi like Maradona against Espanyol
(youtube.com, Video, 1:03 Minuten)

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan

Ende April, also vor sechs Wochen, hatte “Bild” bekannt gegeben, dass der Afrika-Aktivist Bob Geldof kurz vorm anstehenden G8-Gipfel “für 1 Tag BILD-Chefredakteur” werden würde. Der Ankündigung folgte eine sechsteilige “Bild”-Serie “Sir Bob Geldof exklusiv in BILD” und am vergangenen Freitag schließlich Geldofs “Afrika-BILD”.

“Pop trifft Politik”

Geldof erinnerte Merkel laut “Bild” unter anderem an die Zusage, “die Entwicklungshilfe bis 2010 auf 0,51 Prozent der Wirtschaftskraft der G8-Staaten anzuheben”, Merkel erwiderte, die deutsche Entwicklungshilfe werde “2008 um etwa 750 Millione Euro aufgestockt”, Geldof fand das zu wenig, Merkel erwiderte, man werde gemachte Zusagen erfüllen.

“Bild” hatte Bob Geldof gelobt, Bob Geldof hatte sich bei “Bild” bedankt — und Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen dürfen (O-Ton Geldof: “Angela Merkel ist eine Vermittlerin, wie sie im Buche steht. (…) Diese Frau hat echt was im Kopf. Zu meiner Überraschung ist Angela Merkel aber auch eine sehr warmherzige Persönlichkeit. Mit ihrem Intellekt habe ich gerechnet, aber nicht mit dieser Wärme und Offenheit”). Geldofs Interview mit Merkel (siehe Kasten) war einer der Höhepunkte seiner “Afrika-BILD”.

Tags drauf durfte Bob Geldof noch einmal sagen, wie gut ihm seine “Afrika-BILD” gefallen hat und dass sein Tag als “BILD-Chefredakteur” einer der besten Tage seines Lebens gewesen sei.

Danach wurde es in “Bild” stiller um Geldof:

  • eine kurze Meldung aus London: “Bob Geldof (55) und Naomi Campbell (37) unterstützen die Krebs-Stiftung”
  • eine kurze Meldung aus Rostock: “Pop-Stars wie Herbert Grönemeyer, U2-Sänger Bono, Bob Geldof und die ‘Die Toten Hosen’ haben gestern bei einem Konzert in Rostock vor 70000 Zuhörern ihre ‘Stimmen gegen Armut’ erhoben.”
  • und am vergangenen Donnerstag unter der Überschrift “G8-News: Bauern wollen Geld für zertrampelte Felder” dies:

    (…) Kanzlerin Merkel traf gestern auch mit Bono und Bob Geldof zusammen (Foto) – die Popstars forderten sie zu einer Umsetzung der Versprechen gegenüber Afrika auf. Abends wollte Geldof, der erst vor wenigen Tagen eine BILD-Afrika-Ausgabe gestaltet hatte, auch mit US-Präsident Bush sprechen. (…)

Anderen Medienberichten zufolge gibt diese kurze Zusammenfassung vielleicht nicht so ganz den Kern des Treffens zwischen Bono, Geldof und Merkel wieder. Und dass Geldof den G8-Gipfel gestern abschließend als “Farce” bezeichnet hatte, weil sich Merkel “zwar bei einem Treffen ihre Vorschläge für eine größere Afrikahilfe angehört, aber leider alle zurückgewiesen” habe und das G8-Abschlussdokument zu Afrika [pdf] “ein zynischer Text” sei, in dem lediglich alte Versprechungen wiederholt würden, findet sich heute in der kläglichen “Bild”-Formulierung (“Bob Geldof und Bono kritisierten die Beschlüsse.”) wieder. Es gibt schließlich, nun ja, Wichtigeres.

Und außerdem hatte “Bild” diese leidige Afrika-Sache doch bereits gestern schon auf gewohnte Weise abgehakt:

Allgemein  

Presserat rügt “Bild” für “extreme Zurückhaltung”

“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann im NDR, 9. Februar 2007:

Bei uns muss jede Berichterstattung über einen Selbstmord vom Chefredakteur abgesegnet werden, ob das zulässig ist oder nicht zulässig. Egal, ob das in einer Regional- oder einer Lokalausgabe ist. Das muss mit mir abgestimmt werden. Einfach um zu verhindern, das wir in diesem Bereich – weil wir das insgesamt in dem Pressekodex, den wir uns als Printmedium gegeben haben, sehr sehr eng sehen.

Kai Diekmann im Interview mit epd-Medien, 23. Mai 2007:

Was würden Sie heute nicht mehr so machen wie noch vor zehn Jahren?

Da haben sich in der Tat Dinge verändert. Manches haben wir früher wie selbstverständlich veröffentlicht. Das betrifft das Thema der Selbstmordberichterstattung. Heute wissen wir, dass die Berichterstattung über Selbstmorde labile Menschen möglicherweise zum Nacheifern veranlasst. Deswegen sind wir in diesem Bereich extrem zurückhaltend.

Pressemitteilung des Deutschen Presserates, 8. Juni 2007:

Eine nicht-öffentliche Rüge erhielt BILD (Hamburg) für die Berichterstattung über den Suizid einer Jugendlichen. Die Umstände und Hintergründe des Suizids wurden dabei ausführlich geschildert. Dies ist nach Richtlinie 8.5 des Pressekodex unzulässig.

Allgemein  

Heute anonym XIV

Déjà vu? Nun ja, Bild.de berichtet seit gestern über ein “Urteil im Prozess um den schlimmen Gammelfleisch-Skandal” — und nennt den verurteilten Fleisch-Händler anonymisierend “Alfons B.” Im selben Artikel aber veröffentlichte Bild.de ein Foto von B.s Ladens, auf dem nicht nur sein Nachname vollständig zu lesen war, sondern auch die komplette Adresse, Fax- und Telefonnummer (siehe Ausriss mit roten Balken von uns).

Etwa eine Stunde, nachdem wir Bild.de heute auf die Inkonsequenz beim Schutz der Persönlichkeit aufmerksam gemacht und um Stellungnahme gebeten hatten, erhielten wir zwar (wie üblich) keine Antwort. Aber (wie üblich) wurde die unterlassene Unkenntlichmachung anschließend nachgeholt: Bild.de hat das Foto vollständig aus dem Artikel entfernt.

Mit Dank an Christoph K. und andere.

Nachtrag, 9.6.2007 (mit Dank an Pegasus): Und was die mehrfache “Bild”-Bezeichnung “Gammelfleisch-Händler” für Alfons B. anbelangt, sei hier vielleicht noch darauf hingewiesen, was (anders als Bild.de) etwa der NDR über den Prozess zu berichten weiß:

Bei dem Urteil habe das Gammelfleisch nur eine geringe Rolle gespielt, teilte das Gericht mit. Kern seien die Betrugsvorwürfe gewesen. (…) Der Vorwurf der Anklage, der Händler habe auch rund fünf Tonnen verdorbenes Putenfleisch vermarktet, habe sich nicht nachweisen lassen. Der Mann werde deshalb in diesem Punkt frei gesprochen. (…) Es sei aber nicht nachzuweisen, dass das Fleisch zum Verzehr ungeeignet war.

6 vor 9

»Ehrgeiz, Rückgrat und Gelassenheit«
(ftd.de, Lutz Meier)
Die umfassendsten Berichte über Rupert Murdochs Kaufplan für das “Wall Street Journal” liefert die Zeitung selbst. Hierzulande wäre das undenkbar: Deutsche Zeitungen verstummen, wenn es um sie selbst geht.

Europa als Hort der Gratiszeitungen
(nzz.ch)
Trotz pessimistischen Behauptungen floriert der Pressesektor. Dies nicht zuletzt dank den dynamischen Märkten in Asien. In Europa eroberten die Gratisblätter eine starke Position.

Sie wollten doch nur fotografieren
(faz.net, Gina Thomas)
Stolz gibt Channel 4 an, sich mit der umstrittenen Ausstrahlung von “Diana: Die Zeugen im Tunnel” “dem Palast widersetzt” zu haben. Dabei war die Sendung nicht so makaber wie befürchtet – sondern der scheinheilige Versuch einer Ehrenrettung.

“Du unterstellst mir das Schlimmste…”
(persoenlich.com, Peter Rothenbühler)
In seiner ersten Medienkolumne im “persönlich rot” hat Roger Schawinski Le-Matin-Chefredaktor Peter Rothenbühler vorgeworfen, er habe Swatch-Gründer Nicolas G. Hayek in der Weltwoche geschont, um ihn als Inseratekunden nicht zu vergraulen. Nun antwortet Rothenbühler Schawinski. Die Vorwürfe des früheren Sat.1-Chefs hält er “fast schon für eine Beleidigung”. Offenbar habe Schawinski wieder mal blind drauf gehausen.

“I just like this guy”
(zuender.zeit.de, Nico Semsrott)
Auch Globalisierungskritiker brauchen Medienprofis. Der UN-Abgesandte Jean Ziegler ist ihr bester Mann. Ein Star-Portrait.

Toni Mahoni 112: Zeitung
(youtube.com, Video, 4:26 Minuten)
Wie Toni Mahoni Zeitungen nutzt.

“Bild” ekelt es vor sich selbst

WIDERLICH! Porno-Produzent wirbt mit Katja RiemannEin Sexfilm-Produzent entdeckt, dass der neue Freund von Schauspielerin Katja Riemann in mehreren seiner Hardcore-Pornos mitgewirkt hat, und versucht nun, aus dieser Tatsache Kapital zu schlagen.

“Bild” spricht heute von einer “widerlichen Kampagne”, und wir würden da ausnahmsweise nicht widersprechen. “Bild” wörtlich:

Und ER steckt hinter dieser widerlichen Kampagne: Pornoproduzent Fritz Gröger (58).

Und auch das scheint zu stimmen. Denn auf Gröger berief sich diejenige Zeitung, die am Samstag groß auf der Titelseite mit der widerlichen Kampagne begann: die “Bild”-Zeitung.

Ihr Neuer war Porno-Star

“Bild” schrieb:

Katja Riemann: Ihr Neuer drehte drei Pornofilme

Pornoproduzent Fritz Gröger (58) aus Ochsenburg (Baden-Württemberg) zu BILD: “Ich habe B.* im Frühstücksfernsehen entdeckt — an der Seite von dieser Schauspielerin. Ich dachte mir gleich “‘Hey, den kenn ich doch!'”

*) Name von uns anonymisiert.

Zu Grögers widerlicher Kampagne gehörte es, die “Bild”-Zeitung mit mehreren Fotos aus den Pornofilmen zu versorgen, die “Bild” notgedrungen abdruckte, ebenso wie das von Gröger zur Verfügung gestellte Foto des Darstellers mit Personalausweis und Vertrag. Gröger schreckte nicht einmal davor zurück, “Bild” detailliert zu berichten, wie die entsprechenden Filme heißen und wo sie zu erwerben sind, und die Zeitung kam ihrer Chronistenpflicht nach:

Die Filme tragen die Namen “Inferno, Vol.2” und “Torture, Vol.3”. Der dritte Film kommt in wenigen Monaten auf den Markt, hab noch keinen Titel. Die Filme (…) sind bei “Beate Uhse” und in gut sortierten Videotheken erhältlich. Die Handlung: Gruppensex in allen erdenklichen Lagen.

(Genauere Preisangaben und Hotline-Nummern fehlen erstaunlicherweise.)

In seine widerliche Kampagne spannte Gröger dann anscheinend auch noch Sandra B. (29) ein, eine mehrfache Partnerin von B. in den Pornos.

Sex-Model erzählt: So war mein Porno-Dreh mit Katja Riemanns Berliner Freund

“Bild” zeigte pflichtschuldig ein großes Foto von Sandra B. im Lederdress, beschrieb ihre Rolle in den Filmen, ließ sich von ihr erklären, wie angenehm die Zusammenarbeit mit dem Mann war, und sah sich gezwungen, die Begegnung der beiden mit einem Bild zu dokumentieren, das Sandra B. beim Geschlechtsverkehr mit ihm zeigt, während sie einen anderen Mann oral befriedigt.

Zu Komplizen in der widerlichen Kampagne wurden dann noch fünf prominente Frauen (Jasmin Wagner, Andrea Ballschuh, Brzeska, Kristina Bach und Jana Ina), die für “Bild” Riemanns private Situation kommentieren mussten.

Schlimm, diese Porno-Produzenten. Schlachten so eine Geschichte skrupellos aus und ziehen nicht nur die arme Katja Riemann, sondern auch eine große deutsche Boulevardzeitung mit in den Dreck. Widerlich.

PS: Katja Riemann und ihr Freund gehen juristisch gegen “Bild” vor.

Allgemein  

Bild.de erfindet Misshandlung und Missbrauch

"Erica (15) -- entführt und ein Jahr misshandelt"

So berichtet Bild.de über ein Mädchen aus Connecticut, USA, das, nachdem es ein Jahr lang vermisst worden war, jetzt von der Polizei entdeckt wurde. Die Informationen in dem Bild.de-Artikel weichen allerdings in einigen Punkten von dem ab, was beispielsweise der offenbar gut informierte US-Fernsehsender CNN auf seiner Internetseite berichtet. So steht zum Beispiel nicht bei CNN (und auch nicht in anderen Medienberichten über den Fall), dass das Mädchen “misshandelt” wurde. Auch die folgende Bild.de-Formulierung findet sich nicht in anderen Meldungen zum Thema:

Nach ersten Informationen wurde das Mädchen misshandelt, womöglich missbraucht. Die Polizei schließt auch nicht aus, dass der Teenager mit Drogen gefügig gemacht wurde und freiwillig in das Haus kam.

Stattdessen heißt es etwa bei CNN:

Authorities said they were not sure the girl — who they said had a “tough” life involving drug use and had a history of running away from home — was being held against her will. (…) The girl was being evaluated by medical personnel, Blatter said, and authorities including child welfare workers would determine the best placement for her. “She is physically OK,” he said.

Kurz zusammengefasst gibt es also “nach ersten Informationen” keine Hinweise, dass das Mädchen “misshandelt” oder “missbraucht” wurde. Und zwar schließt die Polizei tatsächlich nicht aus, dass das Mädchen “freiwillig in das Haus kam”. Aber davon dass sie mit “Drogen gefügig gemacht” wurde, steht da rein gar nichts. Das würde ja auch irgendwie der These der Freiwilligkeit widersprechen, oder?

Mit Dank an Wolfgang W. für den sachdienlichen Hinweis.

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