Archiv für Mai 26th, 2006

“Bild” hat Klinsmanns Nachfolger schon positioniert

Die Zeitschrift “RUND” hat in ihrer aktuellen Ausgabe die Geschichte aufgeschrieben, wie “Bild” seit 1984 Fußball-Bundestrainer aus dem Amt und ins Amt geschrieben hat — und erklärt die aktuelle Feindschaft zu Jürgen Klinsmann:

Unter den Spielern der aktuellen Nationalmannschaft hat “Bild” keinen Informanten. Angeblich hat Oliver Kahn für die Zeit nach der Weltmeisterschaft einen Exklusivvertrag mit der Zeitung. Umso blindwütiger greift “Bild” Klinsmann an. Dies geschieht vor allem durch WM-OK-Chef Beckenbauer, der, so hört man, eine Million Euro pro Jahr für seine Tätigkeit bei “Bild” bekommen soll und den uns das ZDF trotzdem als unabhängigen Experten verkauft. Über “Bild”-Kolumnist Günter Netzer, den die ARD als unabhängigen Experten verkauft. Über einige Trainer aus der Bundesliga, die “Bild” brauchen, um ihren Job zu sichern. Und über DFB-Funktionäre der zweiten, Politiker der dritten Reihe und enttäuschte Spieler wie Christian Wörns. (…)

“Bild” hat den Nachfolger [für Klinsmann] schon positioniert: Matthias Sammer. Dessen Medienberater heißt Ulrich Kühne-Hellmessen und war Chefreporter bei “Bild”. Sammer wurde, unter Einsatz aller Blätter des Springer-Verlags und der üblichen Trittbrettfahrer, als neuer DFB-Sportdirektor gegen Klinsmanns Kandidaten, Hockey-Nationaltrainer Bernhard Peters, durchgeboxt. Ein Erfolg. Der Ausgang des Kampfes zwischen Klinsmann und “Bild” ist offen. Es ist wie im Fußball. Nicht immer gewinnt der Bessere.

Liest das denn keiner?

Diese Schlagzeile steht nun seit über 24 Stunden so bei Bild.de:

NRD läßt Verdacht auf Schleichwerbung prüfen

Nachtrag, 27. Mai, 18.50 Uhr. Huch: Der Buchstabendreher-Beauftragte von Bild.de ist am späten Samstagnachmittag noch kurz vorbeigekommen! Leider hat er nur auf die Überschrift geachtet. Unkorrigiert ließ er im gleichen Text die Wörter “typsiche”, “Programmdirketor” und “wwill”.

Danke an Daniela K., Emrah K., Torben R., René S., Thomas J., Fabian L., Volker J., Jens E., Benjamin M., Marc F. und all die anderen!

“Bild” bringt geile Fäkal-Rapperin groß raus

Reyhan Sahin fand wohl, dass ihre Karriere jetzt mal ein bisschen Schwung gebrauchen könnte. Unter ihrem Künstlernamen “Lady Ray” hat sie ein Musikstück namens “Ich hasse Dich” aufgenommen, in der sie mehrere populäre Sängerinnen “Hure”, “Nutte”, “Dummschlampe”, “Kröte” und “Drecksloch” nennt (um wirklich nur die harmlosesten Begriffe aufzuzählen) und ihnen zur Steigerung ihrer Gesangsqualitäten u.a. harten Analverkehr empfielt.

Bislang hatte Sahin noch als Journalistin für Radio Bremen gearbeitet, aber der Sender fand ihre neue Karriere wohl mit dem eigenen öffentlich-rechtlichen Anspruch nicht so richtig kompatibel. Wenig hilfreich war es sicher auch, dass Frau Sahin bei einer Veranstaltung des Senders Funkhaus Europa anstelle eines Rocks nicht viel mehr als einen breiten Gürtel getragen haben soll, auf dem fünf Buchstaben Frau Sahins Lieblingswort für ein unweit entferntes weibliches Geschlechtsmerkmal bildeten. Jedenfalls hat sich der Sender von ihr getrennt, wie uns Radio Bremen bestätigte.

Man kann sich leicht ausmalen, welche Skandal-Schlagzeilen zum Beispiel die papsttreue “Bild”-Zeitung sonst daraus hätte machen können, dass so eine Frau bei einem öffentlich-rechtlichen Sender arbeiten darf.

Andererseits gibt es von “Lady Ray” richtig scharfe Fotos, so mit mehreren Fingern im knappen Slip und so. Und da ist die “Bild”-Zeitung nicht wählerisch, wem sie zu PR verhilft. Also brachte sie in ihrer Bremer Ausgabe am Mittwoch eine große Geschichte. Schlagzeile:

Zu sexy für Radio Bremen? Funkhaus feuert Lady-Ray

Der Grund für die Kündigung? “Bild” zitiert die Moderatorin:

“[Meine Chefin] hat mich angemacht. Ich sollte nicht immer so kurze Röcke tragen und mein Dekolleté nicht so offen zeigen. Dabei hört man meine Brüste doch gar nicht am Mikrofon quietschen.”

Später heißt es immerhin noch:

Doch die Deutsch-Türkin wurde nicht nur wegen ihrer aufreizenden Kleidung gefeuert: “In meiner Freizeit mache ich Musik, bin seit 13 Jahren Rapperin. Meine Chefin hat meine Texte im Internet gehört. Die waren ihr wohl zu pornografisch.”

Bei Bild.de findet sich ein Stück zum Thema im Ressort “Geld & Job”. Angekündigt wird es (siehe Ausriss rechts) mit dem abwegigen Zitat von den quietschenden Brüsten — und das Fragezeichen hinter dem vermeintlichen Kündigungsgrund ist verschwunden. (Auch die gedruckte “Bild” tut in einem neuen Artikel heute so, als wäre das eine Tatsache.)

Der Bild.de-Artikel beginnt mit den Worten:

Sie hat eine tolle Stimme. Sie ist klug. Trotzdem wurde die Kult-Moderatorin von Radio Bremen gefeuert.

Nur was die kluge Frau mit ihrer tollen Stimme so singt, verraten weder Bild.de noch “Bild” ihren Lesern.

(Fortsetzung hier.)