Archiv für August 19th, 2005

Kurz korrigiert (5)

In der Umweltliste des Verkehrsclub Deutschland (VCD), der regelmäßig neue Automodelle nach deren Umweltverträglichkeit testet, belegen Citroën C1 1.0, Peugeot 107 Petit Filou und Toyota Aygo mit derselben Punktzahl den zweiten Platz.

So berichtet auch Bild.de – und zeigt in der dazugehörigen Illustration aus unerklärlichen Gründen neben dem Citroën einen Kia Picanto und den neuen Fiat Panda

Platz 2: Citroën C1 1.0, Peugeot 107 Petit Filou, Toyota AYGO (…) Foto: FIAT, Kia, Citroen

…ohne dass der zuständige Bild.de-Redakteur wegen des Fotonachweises, den er hinzugefügt hat, misstrauisch geworden wäre, was ja durchaus nahe gelegen hätte.

Bei Bild.de kommen sie offenbar leicht durcheinander bei all den fremd klingenden Herstellernamen. Immer wieder.

Dank an Oliver K. und Christopher H. für die Hinweise.

Papalapapp

Wenn “Bild” heute auf Seite 2 mal wieder “weitere wichtige Fragen zum Besuch von Benedikt XVI.” beantwortet, dann ist das doch eine gute Gelegenheit, mal eben auf den 21. April zurückzukommen, oder? Schließlich hieß es da in “Bild”:

“Die Wahl des deutschen Kardinals Joseph Ratzinger wirft viele Fragen auf. BILD beantwortet die wichtigsten”

Und auf die wichtige Frage “Hat der Papst ein neues Wappen?” antwortete “Bild” damals:

Ja, das vorläufige Papstwappen (Foto) zeigt die gekreuzten Schlüssel und die Tiara. Eine große Kordel symbolisiert den starken Zusammenhalt des Papstes mit den katholischen Christen. Die Bänder der Tiara umwinden die Schlüssel. Alle symbolisieren die zeitliche und geistliche Ordnung des Papst-Amtes. Jesus gab Petrus die Schlüssel des Himmelreiches

Bedauerlicherweise stimmte an der “Bild”-Antwort nur das Wörtchen “Ja” am Anfang. Der Rest ist Unfug: Das auf dem “Foto” abgebildete Wappen nämlich war mitnichten “vorläufig” (oder gar “neu”, wie es dazu bei Bild.de heißt), es ist nicht mal ein “Papstwappen” und erst recht nicht das von Benedikt XVI.. Dessen neues Wappen wurde laut Radio Vatikan (und pfarre-horn.at) “erstmals zur Amtseinführung”, also erst ein paar Tage nach Erscheinen der “Bild”-Antwort, “in einer skizzenhaften grafischen Version” veröffentlicht und sieht selbst in der endgültigen Fassung nicht nur ganz anders aus, sondern hat auch eine komplett andere Bedeutung.

Das “Foto” in “Bild” indes zeigt nichts weiter als das offizielle Wappen des Vatikans – und das wiederum nicht erst seit April oder so, sondern (mehr oder weniger) schon seit dem 14. Jahrhundert. Dumm nur, dass die Erklärung von “Bild” nicht mal dazu passt: Die “große Kordel” beispielsweise verweist im Vatikanwappen auf den Bund zwischen der Macht des Himmelreichs und der göttlichen Herrschaft des Papstes auf Erden. Dass die Kordel “den starken Zusammenhalt des Papstes mit den katholischen Christen” symbolisiert, hatte sich “Bild” daher wohl spontan zurechtphantasiert.

Aber davon, dass “Bild” wichtige Fragen auch richtig beantwortet, war in “Bild” ja auch nie die Rede.

Mit Dank an Filippo R. für den Hinweis.

Nachtrag, 20.8.2005:
Wen wundert’s da, dass “Bild” auch die Frage “Wer schützt den Papst?” u.a. mit dem Satz “Die Schweizergarde ist nicht in Köln.” beantwortet, obwohl das offenbar gar nicht stimmt?

0,2 Promille

Nein, natürlich geht die Welt nicht unter — jedenfalls, nach allem was wir wissen, nicht am “Freitag den 13. April 2029” und auch nicht durch den Asteroiden Apophis. Um das herauszufinden, muss man nicht mal mehr irgendwelche Fachaufsätze lesen, weil sich beispielsweise schon Spiegel-Online oder die “Zeit” der Panikmache von “Bild” angenommen haben.

Und als wären die Weltuntergangsvisionen in der gedruckten “Bild” nicht schon hanebüchen genug, in der Online-Ausgabe wird es noch skurriler. Dort ist der ansonsten gleichlautende Text ein ganzes Stück länger, und mit einigen Zitaten aus der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” angereichert (die in der Druckausgabe übrigens mit keinem Wort erwähnt wird).

Allerdings hat man bei Bild.de die “FAZ”-Zitate mehrfach aus dem Zusammenhang gerissen. So steht dort beispielsweise, mit eindeutigem Bezug auf den angeblich “400 Meter” großen Asteroiden (der in Wahrheit bloß 320 Meter misst) folgendes:

Die angesehene “Frankfurter Allgemeine Zeitung” warnt: “Der Einschlag eines derartigen Himmelskörpers könnte ganzen Zivilisationen zum Verhängnis werden.”

Die Passage in der “FAZ” jedoch liest sich im vollen Wortlaut so:

Seit den neunziger Jahren gibt es mehrere Programme zur systematischen Suche nach solchen Objekten, die mindestens einen Kilometer groß sind. Der Einschlag eines derartigen Himmelskörpers könnte ganzen Zivilisationen zum Verhängnis werden.

Über Apophis steht in der “FAZ”, dass Objekte wie er “immerhin noch erhebliche Schäden anrichten könnten“.

Etwas später zitiert Bild.de den Nasa-Astronauten Russell Schweickart, und im Anschluss heißt es:

Spätestens 2014 muß “Apophis” auf eine andere Bahn gestoßen werden, sonst gibt es wohl keine Rettung mehr.

Darüber steht auch etwas in der “FAZ”. Nur, dass Schweickart dort nicht davon ausgeht, dass Apophis bis zum Jahr 2014 abgelenkt werden müsste. Seiner Ansicht nach müsste im Jahr 2014 lediglich mit der Planung dafür begonnen werden.

Und weiter im Bild.de-Text:

Die Beobachtungen des 300-Meter-Radioteleskops in Arecibo (Puerto Rico) zeigen: Der Asteroid ist völlig unberechenbar.

Keine Ahnung, wie Bild.de darauf kommt, in der “FAZ” jedenfalls steht quasi das Gegenteil:

Schon die ersten (…) Rechnungen zeigten, daß der Kleinplanet im Jahr 2029 der Erde außerordentlich nahe kommen würde. Radarmessungen mit dem 300-Meter-Radioteleskop in Arecibo (Puerto Rico) haben das Anfang dieses Jahres bestätigt.

Doch natürlich braucht man bei Bild.de die “FAZ” nicht, um durch das Weglassen von Informationen einen falschen Eindruck zu erwecken. Das geht auch so:

Mehrmals verloren die Wissenschaftler den Kontakt. Auf 1:300 schätzten sie anfangs die Chance eines Einschlags, mußten auch diese Zahl immer wieder ändern.

Zwischenzeitlich (im Dezember 2004) schätzten Wissenschaftler die Chance eines Einschlags sogar auf 1:37. Noch am selben Tag konnte jedoch ein Zusammenstoß am 13. April 2029 ausgeschlossen werden. Und jetzt gehen eigentlich alle, bis auf “Bild”, davon aus, dass Apophis die Erde überhaupt erst im Jahr 2036 theoretisch treffen könnte. Daniel Scheeres (den “Bild” Scheerer nennt), von der University of Michigan, hat dafür, laut “Zeit” und Spiegel-Online, eine Wahrscheinlichkeit von 0,02 Prozent errechnet.

Mit Dank für die zahlreichen sachdienlichen Hinweise