Autoren-Archiv

“BamS” fand Frau, aber Quelle nicht

Unlängst war ja der Schauspieler Ben Becker in seiner Wohnung zusammengebrochen. Und gestern spekulierte die “Bild am Sonntag” über die Hintergründe des Zusammenbruchs, denn: “BILD am SONNTAG fand die Frau, die dem Schauspieler das Leben rettete” und zitierte die Frau (von der “BamS” als “Jessica von R.” anonymisiert) u.a. wie folgt:

“Ich habe mich fürchterlich über Bens Freundin Anne geärgert! In einer Zeitung stand, sie habe mich Abschaum genannt und ich hätte wohl Probleme mit Drogen. Ich habe keine solche Probleme!”

Das Dementi, das sich fast liest wie eine Gegendarstellung, steht auch auf Bild.de — und heute ganz ähnlich auch bei “Welt” bzw. “Berliner Morgenpost”, die wie die “BamS” zum Verlag Axel Springer gehören:

In einer Zeitung, so Jessica von R., habe gestanden, dass Anne Seidel sie “Abschaum” nannte und gesagt hätte, dass Jessica von R. wohl Probleme mit Drogen habe. Dies sei falsch.

Und nicht zuletzt wegen der absurden Konjunktivkonstruktion (In einer Zeitung … habe gestanden) stellt sich natürlich die Frage, welche Zeitung denn da wohl Beleidigung (“Abschaum”) und Verdächtigung (“Probleme mit Drogen”) in Umlauf gebracht hat, dass “BamS”, Bild.de, “Welt” und “MoPo” sie so ausdrücklich dementieren lassen.

Naja. So richtig stellt sich die Frage natürlich nicht. Die Zeitung mit dem “Abschaum”-Artikel gehört, wir ahnten es schon, wie “BamS”, Bild.de, “Welt” und “MoPo” ebenfalls zum Verlag Axel Springer und berichtet heute erneut über Ben Becker und Jessica von R., denn:

"Jetzt spricht seine Lebensretterin in BILD"

P.S.: Über irgendwelchen Abschaum in irgendwelchen Zeitungen spricht sie “in BILD” übrigens nicht.

Mit Dank an Holger E. für den Hinweis.

Verstrahlt

Am Samstag war die Meldung noch vergleichsweise klein (siehe Ausriss): Im anstehenden “Tatort”, so “Bild”, gehe es unter anderem um ein Mädchen, für dessen Leukämie-Tod “die Strahlen der Sendemasten einer Mobilfunk-Firma (…) verantwortlich sein” sollten. Die “Bild”-Zeitung berichtete deshalb von einem “Wirbel um den ersten ‘Tatort’ nach der Sommerpause” — zitierte dann aber eigentlich doch nur den Mobilfunk-Lobbyisten Uwe Kullnick mit den Worten:

“Die Mobilfunk-Branche erleidet einen erheblichen Image-Schaden. Es ist unnötig, eine diffuse Angst vor Strahlen zu schüren. Keine Studie belegt, dass die Funk-Einheiten Leukämie oder andere tödliche Krankheiten verursachen!”

Was das Schüren der diffusen Angst vor Strahlen anbelangt, dürfte Kullnick auch mit der heutigen “Bild”-Schlagzeile (siehe Ausriss) nicht glücklich sein. Zu Wort kommt der Lobbyist heute gar nicht mehr, dafür aber Jiri Silny. Zur einer “Bild”-Frage nach der Schädlichkeit von Sendemasten heißt es nämlich:

Sie strahlen deutlich weniger als Handys. “Die meisten Menschen wissen nicht, dass die abgestrahlten Energien von Mobiltelefonen im Vergleich zu Sendemasten um den Faktor 1000 bis 10000 höher liegen”, sagt Professor Dr. Jiri Silny vom Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. “Das Telefonieren mit dem Handy birgt somit ein größeres potenzielles Gesundheitsrisiko als ein Sendemast in der Nachbarschaft.” (…)

Roman Wienert, ein Kollege Silnys am Aachener Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit, hält das Zitat im “Bild”-Kontext für irreführend: “Gemeint ist die Strahlung, die beim Nutzer ankommt.” Die Sendeleistung einer Basisstation betrage maximal 20 Watt. “Dass die Sendeleistung eines Handys höher ist,” so Wienert auf Nachfrage von uns, “stimmt natürlich nicht.”

Wienert hält es zudem für unwahrscheinlich, dass “Bild” mit seinem Kollegen gesprochen hat. Schließlich sei Silny gerade im Urlaub. Und überraschenderweise finden sich die Silny-Zitate aus der heutigen “Bild” nahezu wortgleich (und genau so irreführend) in einem Artikel der “Berliner Zeitung” vom 14. Mai 2003. Genauer gesagt, hieß es da vor vier Jahren:

“Viele Menschen wissen nicht, dass die abgestrahlten Energien von Mobiltelefonen im Vergleich zu den Sendemasten um den Faktor 1 000 bis 10 000 höher liegen”, sagte Jiri Silny vom Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen am Montag auf dem Deutschen Ärztekongress in Berlin. “Das Telefonieren mit dem Handy birgt somit ein größeres potenzielles Gesundheitsrisiko als ein Sendemast in der Nachbarschaft.” (…)

“Bild” schreibt heute:

“Millionen fragen sich jetzt: Wie gefährlich sind Handys und Sendemasten wirklich? BILD beantwortet die wichtigsten Fragen.”

Da wäre es natürlich schön gewesen, wenn “Bild” zur Beantwortung tatsächlich recherchiert und nicht einfach irgendwo irgendwas ungeprüft abgeschrieben hätte.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber für die Anregung.

“BamS” sieht Phantomauftritt bei Loveparade

Mit viel nackter Haut und 30 knappen Zeilen Text widmet sich die “Bild am Sonntag” heute (auch online) der gestrigen Loveparade in Essen. (Voll) dagewesen ist die “BamS” aber offensichtlich nicht. Man kennt das ja. Und so heißt es heute in der “BamS”:

Höhepunkt des 2,5-Kilometer-Rundkurses war das Abschlussfest auf dem Berliner Platz, wo Techno-Größen wie ATB, Moby und Westbam auf einer 23 Meter hohen Bühne auftraten.

Dass bei der Loveparade “Techno-Größen wie ATB, Moby und Westbam” auftraten, ist zwar grundsätzlich richtig. Tatsächlich aber musste die Abschlussparty, wie z.B. die Nachrichtenagentur dpa berichtet, “ohne ihren Top-Star Moby (…) auskommen”. Er hatte in Newark sein Flugzeug verpasst.

Mit Dank an Björn K., Sandra, Stephan S. und Marvin S. für den Hinweis

“Bild” spricht mit Bushido und Bushido über “Bild”

Nachdem der umstrittene Musiker Bushido vorhin einen nicht minder umstrittenen Konzertauftritt u.a. mit derben Worten (“Lest Ihr ‘B.Z.’? Lest Ihr ‘Bild’? Ich nicht! (…) Ich scheiß’ auf die ‘B.Z.’, ich scheiß’ auf die ‘Bild’!”) absolviert und damit auch eine Frage aus der heutigen “Bild”-Zeitung (siehe Ausriss) beantwortet hat, vielleicht noch kurz Folgendes:

Vor knapp zwei Wochen, als “Bild” berichtete, dass Bushido mit einer jungen Frau zu Mittag gegessen hatte, stand am Artikelende:

Und Bushido? Der wollte sich auf BILD-Anfrage nicht dazu äußern.

Einen Tag später, als “Bild” berichtete, dass die junge Frau schwanger von Bushido sei, stand am Artikelende über ihn:

Auf BILD-Anfrage motzte er nur Skandal-Rapper-mäßig: “Schreibt doch, was ihr wollt!”

Und als “Bild” gestern berichtete, dass ein Fotograf behauptet, Bushido habe ihn tätlich angegriffen, hieß es:

Bushido knapp zu BILD: “Ich gebe dazu keinen Kommentar ab.”

Heute allerdings — mitten in ihrem inzwischen überholten Rätselraten um Bushidos Auftritt — hat sich die “Bild”-Zeitung etwas anderes ausgedacht. Mit einer Stellungnahme, einem aussagekräftigen oder überhaupt irgendeinem Bushido-O-Ton konnte das Blatt zwar auch wieder nicht aufwarten. Aber dafür heißt es:

Im BILD-Gespräch ließ es der Rapper gestern offen, ob er heute (…) auftreten will!
(Hervorhebung von uns.)

Gespräch? Der Volksmund sagt dazu wohl eher Monolog.

“Bild” verspielt “Wer wird Millionär?”-Joker

Wenn “Bild” schon die Gelegenheit bekam, aus den neuen Regeln der RTL-Show “Wer wird Millionär?” noch schnell eine riesige Titelschlagzeile für den heutigen Samstag zu machen, bevor die neuen Regeln am Samstagmorgen auch offiziell vom Sender RTL bekanntgegeben wurden, dann wäre es doch schön gewesen, wenn “alle spannenden Details”, die “RTL vor dem Sendestart nicht verraten” wollte, aber “BILD enthüllt”, auch wenigstens stimmen würden.

Doch “Bild” behauptet über den neuen “‘Risiko’-Joker”:

Jauch stellt die Frage ans Publikum im Studio. Wer die richtige Antwort kennt, steht auf. Von diesen Personen wählt der Kandidat einen. Vertrackt, denn diese Antwort MUSS genommen werden. Will der Kandidat das nicht, scheidet er aus.

Auf RTL.de heißt es jedoch:

Der Kandidat kann sich nun einen Zuschauer aussuchen, dem er die richtige Antwort zutraut. Der Moderator fragt den Zuschauer nach seiner Antwort. Jetzt kann sich der Kandidat entscheiden, ob er die Antwort annimmt oder nicht.

Und eine RTL-Sprecherin präzisierte auf unsere Nachfrage hin: “Wenn sich der Kandidat gegen die Antwort des Zuschauers entscheidet, scheidet er nicht aus. Insofern ist das, was über den neuen Zusatzjoker in ‘Bild’ steht, falsch.”

Mit Dank an Dennis S. für den Hinweis — und an Torsten W., weil er die neuen Regeln schon spätestens um 9.34 Uhr bei RTL.de entdeckt hat.

Nachtrag, 17.09 Uhr: Und nachdem die Nachrichtenagenturen ddp (seit heute Vormittag) und AP (seit heute Nachmittag) die neuen Regeln lieber unter Berufung auf “Bild” weiterverbreiten, statt selbst mal bei RTL nachzufragen oder auf RTL.de nachzuschauen, steht die falsche Regel inzwischen beispielsweise auch bei “Spiegel Online”.

Nachtrag, 18.20 Uhr: Auf Bild.de, wo man die “Bild”-Enthüllung zunächst im Wortlaut übernommen hatte, wurde der Fehler inzwischen korrigiert. Dort heißt es nun: “Jauch stellt die Frage ans Publikum im Studio. Wer die richtige Antwort kennt, steht auf. Von diesen Personen wählt der Kandidat einen, dem er die richtige Antwort zutraut. Jauch fragt den Zuschauer nach seiner Antwort. Jetzt kann sich der Kandidat entscheiden, ob er die Antwort annimmt oder nicht.”

Auch “Spiegel Online” hat nachgebessert und schreibt jetzt: “Der Kandidat wählt dann einen der Zuschauer aus, der ihm bei der Beantwortung der Frage helfen darf.”

Nachtrag, 27.8.2007: “Bild” berichtigt den Fehler heute in der Korrekturspalte. Und AP hat die vorschnelle Übernahme des “Bild”-Fehlers gestern in einer zweiten Zusammenfassung (mit dem Zusatz: “neu: RTL, stellt Vorgehen bei Risiko-Joker klar”) unter Verweis auf die “RTL-Homepage” verschleiert korrigiert.

Wie man aus einem Edeka einen Elefanten macht

“Bild” vermeldet heute überregional eine Neuigkeit*:

Neu im Supermarkt!
Bezahlen mit Fingerabdruck

Bargeldlos bezahlen ohne Kredit- oder EC-Karte? Ein Edeka-Markt in Bocholt (NRW) macht das jetzt möglich! Der Fingerabdruck genügt …

Is’ ja ‘n Ding — vor allem, wenn man bedenkt, dass “Bild” bereits am 12. März 2005, also vor ungefähr zweieinhalb Jahren, auf der Titelseite Folgendes zu berichten wusste:

Im Edeka-Markt in Rülzheim (Rheinland-Pfalz) können Kunden jetzt in einer Testphase per Fingerabdruck bezahlen.

Und die “Süddeutsche Zeitung” [pdf] berichtete bereits im vergangenen Januar — wenngleich eher so nebenbei:

In Straubing, Ingolstadt, Saaldorf und Bergen kann man bei Edeka per Fingerabdruck bezahlen.

Noch eindrucksvoller aber wirkt das heutige “Ein Edeka-Markt (…) macht das jetzt möglich!” der “Bild”-Zeitung nach einem Blick auf die Website des Fingerabdruckscannerfabrikanten, wonach biometrisches Bezahlen u.a. beim Edeka in Albbruck, Altdorf, Armorbach, Aulendorf, Baden-Baden Lichtental, Dahn, Dogern, Dossenheim, Dunningen, Eisingen, Erbach, Filderstadt/Bonlanden, Freiburg, Fürth, Großen-Buseck, Großsachsenheim, Görwihl, Hauenstein, Heubach, Iggingen-Brainkofen, Kirchzarten, Kleinglattbach, Konstanz, Neresheim, Neu-Anspach, Newel-Butzweiler, Oberkirch/Zusenhofen, Ötisheim, Pirmasens-Ruhbank, Pliezhausen, Rastatt, Reichenbach, Rimbach, Rottweil, Rudersberg, Römerberg, Salmtal-Salmrohr, Schömberg, Staufen, Steinbach, Stutensee-Büchig, Trier-Ehrang, Trierweiler, Villingen-Schwenningen, Waldshut-Tiengen, Weilheim Teck, Weissach i.T., Weissenbach und Wiesbaden möglich ist — weshalb es auch auf der Edeka-Website heißt:

Im ganzen Einzugsgebiet der EDEKA Südwest kann man bereits in 50 Märkten per Fingerabdruck bezahlen. “Das ist ein richtiger Boom”, so Fitterer [ein Filialleiter].

Immerhin: Edeka hat bundesweit 8.581 Filialen (Stand 2006 [pdf]). Sollte sich der Fingerabdruck-“Boom” fortsetzen, ist bei “Bild” also mit weiteren 8.579 “Neu im Supermarkt”-Meldungen zu rechnen.

Mit Dank an Nahne J. für Hinweis und Scan!

*) Die eigentliche Neuigkeit besteht offenbar darin, dass der Edeka-Laden in Biemenhorst bei Bocholt als erster Lebensmittelmarkt in Nordrhein-Westfalen das Bezahlen per Fingerabdruck eingeführt hat. Die Lokalpresse berichtete darüber bereits vor zehn Tagen. Soviel dazu.

Uffz sprach der alte Häuptling der Indianer

“Bild”-Kolumnist Mainhardt Graf Nayhauß schreibt heute in seiner “Top 10 der Woche” u.a.:

"Die merkwürdigste Zahl ... ergibt sich aus der Auflistung der Bundeswehreinheiten im Auslandseinsatz per 1. August: 1711 Mannschaftsdienstgraden stehen 5742 Offiziere und Unteroffiziere gegenüber."

Nayhauß schlussfolgert:

Viele "Häuptlinge", nur wenige "Indianer".
Nayhauß’ Zahlen sind mehr oder weniger korrekt. (Nach unseren Informationen sind es zur Zeit rund 1900 Mannschaftsdienstgrade und knapp 5500 Offiziere und Unteroffiziere. Aber wir wollen nicht kleinlich sein.) Nayhauß’ Schlussfolgerung zeichnet sich aber nicht durch besondere Sachkenntnis aus. Die wenigen “Indianer” ergeben sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass bei Auslandseinsätzen kein Grundwehrdienstleistender eingesetzt wird, sondern — neben Zeit- und Berufssoldaten — nur, wer sich freiwillig zu einem verlängerten Wehrdienst verpflichtet.

Unsere Nachfrage beim Verteidigungsministerium, ob es denn, wie Nayhauß suggeriert, sinnvoll wäre, mehr Mannschaftsdienstgrade in Auslandseinsätze zu schicken, verneint ein Sprecher. “Ein höherer Dienstgrad heißt in der Regel auch mehr Erfahrung.” Zudem relativieren sich bei genauerem Blick auch die vielen “Häuptlinge”. Die Bundeswehr setzt im Ausland rund 1300 Offiziere und 4200 Unteroffiziere ein. Unteroffizier (entspricht dem mittleren Dienst) wird, wer will, laut SLV schon nach einer “Dienstzeit von einem Jahr”.

Bleibt die Frage, was Nayhauß (81) den “Bild”-Lesern eigentlich sagen will, wenn er bei Bundeswehreinsätzen im Ausland offenbar minder qualifizierte Dienstgrade vermisst.

Jede Rüge braucht einen Mutigen, der sie zählt

Wie weit Neugierde und Darstellung gehen dürfen, ist keine Frage von Boulevard-Journalismus. sondern jeder Berichterstattung. Und die Antwort lautet: So weit wie nötig — nötig, um den Leser zu grundlegenden Entscheidungen zu befähigen, um ihm die Möglichkeit der Einschätzung (…) zu geben.

Das jedenfalls behauptet “Bild”-Chef Kai Diekmann in einem Beitrag für das unlängst erschienene, aktuelle “Jahrbuch” des Presserats. Und was “Bild” unter “so weit wie nötig” versteht, wird ebenfalls aus der Veröffentlichung des Presserats deutlich: häufig zu weit nämlich. Schließlich ist “Bild” wieder einmal das meistgerügte Medium.

Inwiefern eine unzulässige Vorverurteilung dem “Bild”-Leser “die Möglichkeit der Einschätzung” gibt oder warum für “Bild” ein einfacher Landarzt “eine Person von herausragender öffentlicher Funktion und gesellschaftlicher Stellung” ist, zeigt unsere Übersicht der “Bild”-Presseratsrügen 2006.

Skandal-Skandal bei Bild.de

Ob Skandal-Rocker, Skandal-Rapper, Skandal-Schiri, Skandal-Star, Skandal-Profi, Skandal-Politikerin, Skandal-Urteil und Justiz-Skandal, TV-Skandal, Briefmarken-Skandal, Schummel-Skandal, Suff-Skandal, Sex-Skandal, Rassismus-Skandal, Kopftuch-Skandal, Prügel-Skandal, Pflege-Skandal, Nazi-Skandal, Internet-Skandal, Puff-Skandal oder Skandal um Harry Potter — Skandale sind in “Bild” beliebt. Allein in der Bundesausgabe finden sich in diesem Jahr bereits über 250 Artikel, die nicht ohne Skandal auskommen konnten.

Nur Bild.de gehen offenbar die Skandale aus. So berichtet der Online-Ableger der “Bild”-Zeitung derzeit über eine junge Frau, die sich heimlich und nackt in einem Schloß der dänischen Königsfamilie fotografiert habe, und schreibt:

"Die Stripperin im Schloss – ein Skandal."

Die “Frankfurter Rundschau” jedoch, auf die sich Bild.de ausdrücklich bezieht (“Das berichtet die “Frankfurter Rundschau”) schreibt über die öffentliche Reaktion in Dänemark:

Ein Achselzucken. Bisschen Schmunzeln, bisschen Verärgerung. Da dringt eine Nackte ins Allerheiligste der dänischen Monarchie ein, lässt sich in aufreizenden Posen knipsen, und die Dänen reagieren erfrischend unhysterisch. (…)

Die (…) Medien reagierten verhalten. Viele ignorierten die Episode, andere stellten die Frage nach der Sicherheit im königlichen Schloss (…). “Überrascht” zeigte sich Schlossverwalter Jens Greve, nicht besorgt.

Und auch im “Spiegel”, der über die Angelegenheit übrigens bereits vor zweieinhalb Wochen berichtet hatte, hieß es bloß:

Bei Hofe nahm man den Zwischenfall eher gelassen (…)

Mit Dank an Christoph E. für den Hinweis.

Zu viele Nullen bei “Bild”

Man könnte meinen, zweieinhalbtausend Verkehrstote in einem halben Jahr auf Deutschlands Straßen wären zu viel. Außer vielleicht für “Bild”. Dort heißt es heute nämlich auf der Titelseite:

"Mehr Verkehrstote -- Wiesbaden. Im ersten Halbjahr dieses Jahres starben auf Deutschlands Straßen 20 477 Menschen -- 7,7% mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum (Stat. Bundesamt)."

Ist die so genannte “Zeitung mit den großen Buchstaben” etwa auch die mit den großen Zahlen, der Verkehrstotenfehler womöglich nur die Spitze des Eisbergs?

Apropos Eisberg: Ein Reuters-Video zu einer Protestaktion auf dem Aletschgletscher kündigt Bild.de seit Tagen an wie folgt:

"Nackt auf dem Gletscher -- 6000 Menschen protestieren so gegen den Klimawandel"
Und jetzt raten Sie mal, wieviele es wirklich waren.

Mit Dank an Dietmar S. und andere für die Hinweise.

Nachtrag, 24.8.2007: “Bild” hat den Verkehrstotenfehler heute in der “Korrekturspalte” berichtigt, Bild.de die falsche Nacktenzahl bislang noch nicht.

Nachtrag, 17.50 Uhr: Na, jetzt hat auch Bild.de die Zahl korrigiert.

Blättern:  1 ... 27 28 29 ... 98