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Bild.de bekennt sich zur Generation Doof

“Bild” macht heute ganz unverblümt Werbung für ein neues Buch namens “Generation doof”.

Wir kennen das Buch nicht, haben aber den Eindruck, dass sich sein Kauf oder die Lektüre nicht lohnt. “Bild” behauptet nämlich, die Buch-Autoren würden darin “zeigen, wie wenig manche Menschen heute wissen — z.B. in Quiz-Shows”, und dokumentiert anschließend ein paar der “dümmsten Antworten”.

Diese Antworten scheinen die Buch-Autoren allesamt von der Seite Unmoralische.de übernommen zu haben — oder aber von Bild.de (wo man die Antworten selbst schon mal im März 2007 als “Die dümmsten Antworten bei Jauch & Co” von Unmoralische.de übernommen hatte). Und eine der “dümmsten Antworten” lautet:

<b data-lazy-src="https://www.bildblog.de/wp-content/doof_txt.jpg"/><noscript><img src= Clarissa

Enthüllt: “Bild” kennt die Wahrheit jetzt auch

Anders als etwa bei den “Benzinkatzen” kann man bei der “Wahrheit über den Dresdner Feuersturm”, die Jürgen Helfricht am Montag in die “Bild”-Zeitung schrieb, nicht einmal sagen, dass sie nicht wahr wäre.

Und doch ist es falsch, wenn Helfricht schreibt:

"Enthüllt!"
(…) 63 Jahre nach dem Inferno von Dresden ist endlich klar, was rund 30 000 Menschen den Tod brachte und die Stadt verwüstete. Kein Phosphorhagel, wie Augenzeugen tausendfach erzählten, sondern das noch gefährlichere Thermit! Das fand jetzt der Koblenzer Historiker Dr. Helmut Schnatz (74) heraus.

“Enthüllt”? – Was für Helfricht “jetzt” “endlich klar” ist, ist eigentlich seit vielen Jahren bekannt, wie man z.B. bei Spiegel Online (2005) oder in Websters “History of the Second World War” (1961) nachlesen kann – und wie uns auf Nachfrage auch der in “Bild” zitierte Historiker Helmut Schnatz (mit Hinweis auf den “vereinfachenden aufblasenden Stil der ‘Bild’-Zeitung, auf den man als Befragter leider kaum Einfluß hat”) bestätigt:

Sie haben natürlich recht darin, daß der Abwurf von Stabbrandbomben mit Thermit-Füllung nichts neues ist, auch nicht auf Dresden.

Aus dem “Bild”-Archiv
"Jetzt enthüllt: Es war auch Napalm!"
So berichtete “Bild” am 9.2.2005 über eine umstrittene Behauptung aus der ZDF-Doku “Das Drama von Dresden”. Der Historiker Schnatz nennt die damalige “Napalm”-Behauptung übrigens “Unsinn”.

Neu sei “nur”, so Schnatz, dass er eine weitere Bestätigung für die längst bekannte Thermit-Wahrheit ausfindig machen konnte. Das sei “alles ein bißchen kompliziert”.

Womöglich aber ist Helfrichts schlichte “Wahrheit über den Dresdner Feuersturm” bloß eine verspätete Korrektur eines anderen Artikels aus seiner Feder. Schließlich hatte er am 12. Februar 2005, also fast auf den Tag genau drei Jahre vor seinem jetzigen “Enthüllt!”-Artikel, in “Bild” geschrieben:

Eine Nacht in Dresden wurde zum deutschen Alptraum. (…) Wie glühende Lava floß Phosphor aus brennenden Häusern auf die Straße.

Mit Dank an Boerries K. für den Hinweis – und Waldemar K. für den Scan.

Vater Calmund war gar nicht so dick

Reiner Calmund hat das Grab seines Vaters in Vietnam gefunden, “Bild” war dabei – und zeigt sogar ein Foto von Vater Calmund aus seiner Zeit als Fremdenlegionär:

Und für alle die sich fragen, was denn die seltsamen Zahlen auf dem Foto zu bedeuten haben, hat “Bild” auch eine Antwort druntergeschrieben:

BILDblog-Leser Ralf M., Moderator im Fremdenlegionsforum LaLegion, hat uns netterweise zum Vergleich ein weiteres Legionärsfoto geschickt (siehe Abb. A), und wir selbst haben dann auch noch eins gefunden (siehe Abb. B):

Heinrich W. wäre demnach 113 Kilo schwer und 4,50 Meter groß gewesen, Willy Q. nur 86 Kilo schwer, aber dafür 7,72 Meter groß.

Wir tippen deshalb: Das sind gar keine “Angaben zu Gewicht und Größe” der Legionäre, sondern ihre Handynummern.*

*) BILDblog-Leser Ralf M. behauptet indes steif und fest, es handle sich dabei um die sog. Matricule (Matrikel-/Stammnummer), die jeder Fremdenlegionär mit Eintritt in die Legion erhält. Aber sowas kann natürlich nur behaupten, wer sich mit sowas auskennt.

“Bild” schlittert Finnland in schwere Krise

Bevor wir uns der aktuellen Anti-Arbeitslosen-Kampagne der “Bild”-Zeitung widmen, vielleicht noch schnell dies:

Aus dieser Pressemitteilung des Hamburger Senats hat “Bild” offenbar für ihre heutige Ausgabe eine kleine Meldung gemacht. Warum auch nicht? Mit Blick auf das Ergebnis jedoch (siehe rechts), war das wohl keine leichte Aufgabe für “Bild”.

Denn mal abgesehen davon, dass Finnland auf Finnisch zwar Suomi heißen mag, der Mann aber auch auf Suomi nicht “Jakya M. Kiwete” heißt: Finnlands Präsident ist seit nunmehr fast acht Jahren eine Frau namens Tarja Halonen. Jakaya M. Kikwete hingegen ist seit gut zwei Jahren Präsident der rund 7000 Kilometer entfernten afrikanischen Republik Tansania. Und wenn man das nicht weiß, hätt’ man’s ja in obiger Pressemitteilung nachlesen können. Die geht nämlich weiter mit dem Satz:

"Der Hamburger Senat freut sich nun, als offiziellen Vertreter des tansanischen Präsidenten, Amani Abeid Karume, Präsident von Sansibar, als Ehrengast der diesjährigen Matthiae-Mahlzeit zu begrüßen.
"

Mit Dank an Kathrin B. – und Daniel K. auch für den Scan.

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Eisbär Flocke wird zur Ente

Haben Sie das auch beim Branchendienst “Kontakter” gelesen?

Schlagersänger Patrick Lindner könnte an der Vermarktung des Nürnberger Eisbärbabys “Flocke” mitverdienen. Der 47-jährige Volksmusikstar lässt seine Anwälte derzeit prüfen, ob er Ansprüche auf die Vermarktungserlöse mit dem Jungbären erheben kann. Lindners Anwalt Alexander Unverzagt bestätigte gegenüber dem Branchendienst Kontakter, “sich mit dem Thema Flocke intensiv zu beschäftigen”.

Dies berichtet der Kontakter in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe.

Die Ansprüche des Musikers gründen auf einem bereits 14 Jahre alten Eintrag beim Deutschen Patent- und Markenamt. Lindners damaliger Manager und Lebensgefährte Michael Link ließ dort im April 1994 die Marke “Flocke” schützen. Link und Lindner sicherten sich damit die Nutzung für Musikaufzeichnungen, Tonträger sowie Verlagsprodukte. Nach der privaten wie beruflichen Trennung des Duos im März 2005 gingen die Rechte an Lindner über.

Nein? Haben Sie nicht gelesen? Auch nicht bei Spiegel Online? Auf RP-Online vielleicht? Bei Tagesspiegel.de, Zeit.de, Frankenpost.de, beim Branchendienst W&V? Oder gar auf Bild.de bzw. in “Bild”?

Da steht die bereits gestern veröffentlichte Exklusiv-Meldung aus dem “Kontakter” heute nämlich auch:

"Schlagersänger besitzt Namens-Recht fürs Eisbären-Baby -- Patrick Lindner will mit Flocke abkassieren!"

Jetzt kam heraus: Der Name “Flocke” ist schon seit Jahren geschützt. Die Rechte dafür hat der Münchner Schlagersänger Patrick Lindner (47)! (…)

Lindner und sein damaliger Lebensgefährte Michael Link (41) hatten sich bereits vor 14 Jahren “Flocke” beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen. Damit sicherte sich das Paar die Nutzung für Musikaufzeichnungen, Tonträger und Verlagsprodukte. Lindners Manager Joachim Hendel zu BILD: “Patrick Lindners Verlag heißt schon lange ‘Flocke’.”

Allerdings hat “Bild” nicht nur “Kontakter”-Formulierungen und “Kontakter”-O-Töne übernommen (ohne jedoch den “Kontakter” als Quelle zu nennen), sondern offenbar auch noch selbst recherchiert.

Genutzt hat es jedoch wenig. Im Gegenteil.

Dabei lässt sich doch leicht herausfinden, dass die Sache so gar nicht stimmen kann: Auf der Website des Deutschen Patentamts lassen sich geschützte Marken ohne großes Vorwissen ausfindig machen. (Tipp: Einfach nach Flocke suchen!) Und tatsächlich findet sich dort ein entsprechender “Flocke”-Eintrag aus dem Jahr 1994.

Vor allem aber findet sich dort zur Nummer 2076997 der Hinweis:

"Marke gelöscht am: 08.04.2004"

Interessiert hat das aber offenbar weder den “Kontakter” noch “Bild” (und die Medienlemminge schon gar nicht) – obwohl doch der “Kontakter” selbst mit Lindners Anwalt gesprochen hat. Und “Bild” immerhin mit Lindners Manager.

Und Lindners Anwalt, Alexander Unverzagt, erzählt uns die Geschichte zudem auch deutlich anders. “Es geht nicht ums ‘Abkassieren'”, so Unverzagt. Das habe er auch schon dem “Kontakter” gesagt — und seit Erscheinen des “Bild”-Artikels auch vielen anderen Medien. (“Bild” selbst habe ihn vorab nicht kontaktiert.) Dass die Markenrechte 2004 nicht verlängert wurden, stehe außer Frage. Aber Lindner nutze nach wie vor die Geschäftsbezeichnung “Flocke” für eine CD-Edition. Die Prüfung durch seine Kanzlei sei deshalb auch “primär keine markenrechtliche, sondern eine bezeichnungsrechtliche”. Lindner gehe es vor allem darum, dass ihm durch den Wirbel um Eisbär Flocke und die damit verbundenen vielen neuen markenrechtlichen “Flocke”-Anmeldungen beim Patentamt kein Schaden entstehe. Rechtliche Schritte gegen den Nürnberger Zoo seien momentan “nicht geplant”.

Den “Bild”-Artikel nennt Anwalt Unverzagt, der ohnehin nicht gut auf “Bild” zu sprechen scheint, kurz “eine Unverschämtheit”.

Mit Dank an Sven P. für die Anregung.

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Welcher “Nazi-Skandal” nochmal?!

Offenbar hat “Bild” ein ernsthaftes Problem mit dem Deutschlandlied.

Jedenfalls kündigte “Bild” gestern einen anstehenden Auftritt des Musikers DJ Tomekk an, über den jetzt, so hieß es in der Stuttgart-Ausgabe, “die Szene in Stuggi-Town und Region” diskutiere:

Darf der bei uns jetzt schon auftreten, nur wenige Wochen nach seiner Entgleisung in der Glotze?

Tomekks “Entgleisung” fasst “Szene Stuttgart”-Kolumnist Felix Fuchslocher folgendermaßen zusammen:

"DJ Tomekk zeigte in einem Video den Hitlergruß und sang dabei die dritte, verbotene Strophe vom Deutschland-Lied. Das Tape geriet an die Öffentlichkeit."

Und um hinten anzufangen: An die Öffentlichkeit geriet das Video (laut DJ Tomekk aufgenommen vom Freund einer seiner Konkurrentinnen in der RTL-Dschungelshow) nicht. Vielmehr hat Fuchslochers Arbeitgeber das “Tape”, auf dem DJ Tomekk kurz “Deutschland, Deutschland über alles” anstimmte, als “Nazi-Skandal” in “Bild” und auf Bild.de öffentlich gemacht. Eine “Entgleisung in der Glotze” fand nicht statt.

Und verboten ist keine einzige Strophe des Deutschlandliedes — und schon gar nicht, wie “Bild” behauptet, die dritte. Sie ist vielmehr…
die deutsche Nationalhymne.

Mit Dank an Andy für Hinweis und Scan.

Sagt der Richtige

"Das rufen wir auch den Politikern in unseren Ländern zu: Arbeitet verantwortungsvoll, stärkt das Vertrauen der Menschen, schürt kein Misstrauen!"

(“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann in einem gemeinsam mit “Hürriyet”-Chef Ertugrul Özkök verfassten Kommentar zum “Drama von Ludwigshafen”.)

Mit Dank an Sedat P. für die Anregung.

Unverbesserlich III

Nein, es vergeht in der Tat kaum ein Tag, an dem “Bild” nicht irgendjemandes Persönlichkeitsrechte verletzt. (Der Verlag, in dem “Bild” erscheint, hat sich zwar u.a. verpflichtet, das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen zu achten und in der Regel keine Informationen in Wort und Bild zu veröffentlichen, die eine Identifizierung von Opfern und Tätern ermöglichen würden. Darum, ob diese Selbstverpflichtung auch umgesetzt wird, kümmert sich verlagsintern aber offenbar niemand.) Nahezu täglich zeigt “Bild” beispielsweise Fotos, die unzulässigerweise eine Identifizierung von Opfern und Tätern ermöglichen. Und immer wieder mag sich (insbesondere für Boulevardjournalisten) natürlich die Frage stellen, ob das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nicht doch überwiegt.

Aber es gibt Fälle, da ist diese Frage schon beantwortet.

So hatte der Presserat die “Bild”-Zeitung beispielsweise 2004 öffentlich gerügt, weil sie das Foto einer jungen Frau zeigte, der vorgeworfen wurde, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Im vergangenen Jahr veröffentlichte “Bild” abermals das Foto einer Frau, der vorgeworfen wurde, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Der Presserat missbilligte das: “Bild” hätte “auf eine erkennbare Darstellung der Betroffenen verzichten müssen” (wir berichteten).

Und heute?

Heute zeigt “Bild” wieder das Foto einer Frau, die verdächtigt wird, ihr neugeborenes Kindes getötet zu haben. Die Veröffentlichung unterscheidet sich nur insofern von den anderen beiden, vom Presserat beanstandeten, als “Bild” dort die Betroffenen ebenso halbherzig wie unzureichend anonymisiert hatte — wohingegen “Bild” sich heute sogar diese Mühe spart (siehe Ausriss, Unkenntlichmachung von uns).

Der zugehörige “Bild”-Artikel beginnt mit dem Wort:

"Warum?"

Im vergangenen Jahr hatte “Bild” die identifizierende Berichterstattung im Nachhinein u.a. damit zu rechtfertigen versucht, dass der Sachverhalt im Ort Stadtgespräch gewesen sei…

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“Bild” rangelt bei “Spiegel”-Gerangel mit

Reden wir mal nicht über “Bild”. (Das tut in seiner aktuellen Ausgabe ja schon der “Spiegel”, der dem Auflagen-“Sinkflug” bei den Boulevardzeitungen eine ganze Geschichte widmet, weil er “auf dem Markt der Sensationsblätter” “das Gefühl Krise” ausgemacht zu haben glaubt – und das Ganze mit einem großen Foto von “Bild”-Chef Kai Diekmann* illustriert.)

Reden wir lieber darüber, was heute in “Bild” steht. Über dem Seite-1-Mädchen heißt es dort nämlich:

"SPIEGEL-KRISE: Stefan Aust gefeuert! Kiosk-Auflage dramatisch gesunken"

Das Gerangel um die Aust-Nachfolge, dessen Ablösung im November 2007 bekannt geworen war, zieht offensichtlich auch die Auflage nach unten. Nach BILD-Informationen sind die Einzelverkäufe im letzten Quartal 2007 gegenüber dem Vorjahresquartal dramatisch gesunken, um 11,5 % auf knapp 338 000 Exemplare.

Besser hätte es jedoch geheißen: Nach BILD-Desinformationen…

Spiegel-Auflage:

Gesamtauflage:
1.006.634 (–1,91%)

Abonnements:
474.247 (+3.57%)

Einzelverkauf:
337.523 (–11.51%)

(Verkaufte Exemplare im IV. Quartal 2007 verglichen mit dem IV. Quartel 2006, Quelle: IVW.de)

Denn einen falscheren Schluss als “Bild” kann man aus den Kiosk-Verkaufszahlen kaum ziehen.

In den Wochen nach Bekanntwerden des “Gerangels um die Aust-Nachfolge” (also seit Mitte November) sank die Kiosk-Auflage im Vergleich zum Vorjahr pro Heft im Schnitt nämlich um 3,5 Prozent; in den Wochen vor dem Bekanntwerden (also bis Mitte November) aber war sie um 13,9 Prozent gesunken.

Wollte man also überhaupt einen Zusammenhang zwischen dem Gerangel um die Aust-Nachfolge und der Auflagenentwicklung ziehen, hätte die Nachricht von Stefan Austs Ende als “Spiegel”-Chef das dramatische Sinken der Kiosk-Auflage dramatisch abgebremst.

Übrigens: Für all das braucht man keine “BILD-Informationen”. Alle Zahlen sind seit über zwei Wochen auf IVW.de öffentlich zugänglich. Die Nachrichtenagentur AP ist sich trotzdem nicht zu doof, die absurde “Bild”-Interpretation weiterzuverbreiten.

*) Diekmann selbst sagte übrigens mal in einem Interview über (rückläufige) Kiosk-Verkäufe: “Das ist nicht schön, aber nicht entscheidend. Entscheidend sind Wirtschaftlichkeit und journalistischer Erfolg.”

Nachtrag, 8.2.2008: Ursprünglich standen hier andere Zahlen: Statt “3,5 Prozent” hatten wir “3,4 Prozent” ausgerechnet, und statt auf “13,9 Prozent” waren wir auf “21,7 Prozent” gekommen. Das war falsch. Die jetzten Zahlen hat uns auf Anfrage freundlicherweise der “Spiegel” mitgeteilt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Hauptsache, das Nummernschild ist verpixelt

Erfahrene Fotografen machen am Tatort häufig auch solche Fotos, die keine Persönlichkeitsrechte verletzten und – ohne allzu große Bedenken und sogar ohne Unkenntlichmachung – von Medien veröffentlicht werden können.

Bünde, Rohrbombe, Amtsgericht, Scharfschützen, SEKLaienfotografen hingegen…

…knipsen drauflos und schicken ihre Fotos anschließend als “BILD-Leser-Reporter” an “Bild”. Und bei Bild.de werden die dann veröffentlicht – offenbar ebenfalls ohne allzu große Bedenken, vor allem aber (vom Nummerschild abgesehen!) ohne Unkenntlichmachung (siehe Ausrisse).

Laut Pressekodex* allerdings (der sich als “Leitfaden für die journalistische Arbeit” versteht) soll, wenn Anhaltspunkte für die mögliche Schuldunfähigkeit eines Täters vorliegen, eine “Abbildung unterbleiben”.

Und da der hier abgebildete Mann schon vor seiner Tat in psychiatrischer Behandlung gewesen ist und, wie sogar Bild.de selbst schreibt, nach seiner Tat “in die Psychiatrie” gebracht wurde, spricht wohl alles dafür, dass Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit des Täters vorliegen.

Gut möglich, dass der Laienfotograf das nicht wusste – und diesen komischen Pressekodex gar nicht kennt. Aber er hat die Fotos ja auch nicht veröffentlicht.

*) Für Verstöße gegen den Pressekodex in Online-Angeboten sieht sich der Presserat nur dann zuständig, wenn sie “von Zeitungs-, Zeitschriftenverlagen und Pressediensten in digitaler Form verbreitet wurden und zeitungs- oder zeitschriftenidentisch sind”. Das ist beim Bild.de-Bericht über den abgebildeten Mann nicht der Fall, denn die gedruckte “Bild” berichtete anders. Der Presserat hat zwar kürzlich angekündigt, dass der Pressekodex in Zukunft auch für die Online-Angebote von Zeitungen und Zeitschriften gelten soll. Ob das irgendwas ändert, ist fraglich. Schließlich sind Persönlichkeitsrechtsverletzungen wie die oben geschilderte nicht deshalb verantwortungslos, weil man damit riskiert, sich eine Rüge des Presserats einzufangen, sondern weil sie die Persönlichkeitsrechte verletzen.

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