“Solchermaßen webten und webten wir vor uns hin, als ich aufschrak
bei einem so seltsamen Ton, so langgezogen und wild harmonisch
und übernatürlich, dass mir das Knäuel des freien Willens aus der
Hand fiel und ich dastand und nach den Wolken aufstarrte, aus
welchen jene Stimme herabsank wie eine Flügelschwinge.” (Herman Melville: “Moby Dick”, Kapitel XLVII)
Polizeiprosa
“Eine 14-jährige Radfahrerin ist heute in Tempelhof vom Anhänger eines LKW erfasst und tödlich verletzt worden.
Nach den bisherigen Erkenntnissen befuhr die Jugendliche mit ihrem Fahrrad gegen 13 Uhr 10 den Tempelhofer Damm in Richtung Mariendorf. Aus bisher noch ungeklärter Ursache geriet sie kurz hinter der Kreuzung Ecke Alt-Tempelhof unter den Anhänger eines 38-jährigen LKW-Fahrers. (…)”
Kein Scherz: Wenn plötzlich etwas unabänderlich Schreckliches passiert, wenn also beispielsweise das eigene Kind bei einem Autounfall stirbt, sucht das Gehirn nach Gründen. Oder nach Möglichkeiten, wie das Geschehene nur hätte ungeschehen bleiben können. Und wenn wir unseren Frieden nicht in Vorsehung und Gottes Willen finden wollen, stellen wir fest: Das Leben ist eine Kette von Ereignissen in einem unentwirrbaren Netz anderer Ereignisketten, kurzum: ein deterministisches Chaos, das irgendwann im Urknall oder Urschleim seinen Anfang nahm.
Wir sind ja einiges gewohnt. Von “Bild”. Aber manchmal ist ihre Ekelhaftigkeit dann doch schockierend. Heute ist wieder so ein Tag.
Denn ja: Viele, vielleicht zu viele Menschen (insbesondere, wenn sie eine gewisse Prominenz erreicht haben) breiten ihr Privatleben gern in der Öffentlichkeit aus. Dann erzählen sie in Talkshows, Boulevard-Magazinen und -Zeitungen freimütig über ihr Leben, ihre Gefühle, Schicksalsschläge.
Andere tun das nicht.
Lippenbekenntnisse
“Grundsätzlich ist das Privatleben tabu. Das gilt aber nicht für diejenigen, die mit ihrem Privatleben das Licht der Öffentlichkeit suchen.” (Diekmann in der “Weltwoche”)
“Wer sein Privatleben privat lebt, bleibt privat. (…) Wer nicht selbst das Spiel eröffnet, muß auch nicht mitspielen.” (Diekmann in der “FAZ”)
“Wer Privates schützen will, kann das in der Regel auch.” (Döpfner im “Spiegel”)
Dazu, dass letztere von der “Bild”-Zeitung nicht in die Öffentlichkeit gezerrt würden, gibt es unmissverständliche Aussagen — vom “Bild”-Chef Kai Diekmann ebenso wie von Diekmanns Chef Mathias Döpfner, dem Vorsitzenden der Axel Springer AG (siehe Kasten). Sie haben, wie die heutige “Bild”-Ausgabe wieder eindrücklich zeigt, keine Bedeutung.
Denn “Bild” berichtet heute bereits auf der Titelseite über das “traurige Geheimnis” der “schönen Co-Pilotin Nachrichtensprecherin” Judith Rakers – und hat dafür sogar einen Kausalzusammenhang entdeckt. Lesen Sie selbst:
Ab heute ist sie Miss Tagesschau: Die schöne Judith Rakers (32) führt um 20 Uhr zum ersten Mal durch die Hauptnachrichten-Sendung der ARD. Ihr charmantes Lächeln wird Deutschland verzaubern. Dabei hat sie selbst ein so trauriges Geheimnis. (Hervorhebung von uns.)
Der fast sechs Jahre alte [!] Schicksalsschlag, den “Bild” anschließend (unter Berufung auf den Bruder eines Ex-Freundes und einen “Freund”) ausbreitet und mit einem Privatfoto illustriert, hat nichts mit Rakers’ Beruf zu tun, nichts mit ihrem öffentlichen Auftreten. Wir möchten uns nicht ausmalen, wie es sich anfühlt, wenn man wie Rakers – zumal heute, an einem der wichtigsten Tage in ihrer bisherigen beruflichen Karriere – mit den sensationsheischenden, heuchlerischen Schlagzeilen konfrontiert sieht. Dabei hat sich Rakers in der Vergangenheit weder selbst über ihr Privatleben geäußert*, noch wäre bekannt, dass sie sich sonst irgendetwas hätte zuschulden kommen lassen, wodurch sich – selbst in der abstrusen Fahrstuhllogik der “Bild”-Zeitung – die Berichterstattung rechtfertigen ließe.
Der Eingriff in Rakers Privatleben ist kalkuliert. Insgesamt fünf Autorennamen stehen über dem “Bild”-Artikel: Dennis Brosda, Miriam Krekel, Jupp Ley, Bettina Lüke und Markus Brekenkamp. Und was haben die Fünf in den vergangenen Tagen gemacht? Wer hat den Bruder des Ex-Freundes ausgehorcht? Wer den “Freund”? Wer hat das Privatfoto beschafft? Wer in vergilbten Ausgaben des “Westfälischen Volksblatts” nach Todesanzeigen gesucht? Wer hat versucht, Rakers zu erpressen davon zu überzeugen, dass es bestimmt besser für sie wäre, wenn sie mit “Bild” kooperiert? Und wo steht der Spind, in dem sie ihren Anstand weggeschlossen haben?
Der “Bild”-Artikel endet mit dem Satz:
Der Schmerz sitzt immer noch tief. In BILD wollte Judith Rakers über nicht sprechen.
*) Nachtrag, 17.30 Uhr(mit Dank an Gregor G.): In einem Interview mit der “Neuen Westfälischen”, bei der Rakers journalistische Karriere begann, beantwortet sie zwar auch Fragen zu ihrer Familie (“Meine Mutter hat Pferde…”) und ihrem Alltag (“Ich dusche morgens, wasche mir die Haare…”). Aber auf die Frage “Spüren Sie langsam die Schattenseiten, wenn man prominenter wird?” antwortet sie noch entspannt, aber entschieden: “Das gehört wohl dazu. Konsequenz könnte sein, dass ich einfach mit niemandem länger rede als sieben Minuten (schmunzelt). Nein im Ernst: Hamburg ist eine Medienstadt, da muss man aufpassen. Vermutlich ist das Interesse an meinem Privatleben auch deshalb da, weil ich dazu partout nichts sage. Privat ist Privat.”
“Für die ‘Bild’-Zeitung gilt das Prinzip: Wer mit ihr
im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr
im Aufzug nach unten. Diese Entscheidung muss
jeder für sich selbst treffen.” (Springer-Chef Mathias Döpfner im “Spiegel” 25/2006)
Sparen wir uns heute mal die Vorgeschichte und zitieren, was (und wie) man bei “Bild” inzwischen über die “Gemany’s Next Topmodel”-Kandidatin Aline berichtet:
Erstaunlich, wie da ein Titelschlagzeilen- und Titelseiten-tauglicher “Nackt-Skandal” (“Bild”) und die “eindeutigen Sex-Posen” (“Bild”) plötzlich zu “harmlosen Nackedei-Fotos” werden, nicht wahr? (Erstaunlich auch, dass sich das offensichtliche Zurückrudern mit den Worten “BILD berichtete” zusammenfassen lässt.) Aber erfahrungsgemäß richtet sich die Art der Berichterstattung in “Bild” gern danach, wie willfährig sich das Opfer Objekt der Berichterstattung zeigt.
Und wenn es stimmt, was wir erfahren haben und sich Aline nach der fehlerhaften, irreführenden und überflüssigen Berichterstattung über ihre “harmlosen Nackedei-Fotos” tatsächlich mit ihrem Anwalt entschieden hat, nicht gegen “Bild” vorzugehen, sondern mit “Bild” zu kooperieren, ist das bestimmt total klug von ihr. Denn, so Aline (20): “Als Model ist es doch mit 25 Jahren vorbei.”
Und Top-Model “Nackt-Model” Micaela Schäfer z.B., mit der “Bild” jahrelang Aufzug fuhr, wird schließlich auch nicht jünger.
“Bild” zeigte ja gestern großflächig einige Fotos aus einer älteren “Penthouse”-Ausgabe, weil darauf Aline, aktuell Kandidatin der ProSieben-Castingshow “Germany’s Next Topmodel”, zu sehen ist, und dichtete ihr einen “Nackt-Skandal” an (wirberichteten), den viele Medien seit gestern begierig weiterverbreiten.
Weil aber “Bild” heute noch einmal nachlegt, müssen wohl auch wir.
Schließlich behauptet “Bild” heute bereits auf der Titelseite, es seien “nach den ‘Penthouse’-Bildern jetzt auch Sex-Fotos aufgetaucht”. Aufgetaucht ist jedoch mit Blick auf die Quellenangabe ein großes Wort: Die “Sex-Fotos” (zwei harmlose Aufnahmen aus einer Foto-Love-Story des Panini-Jugendmagazins “Hey!”) stammen offenbar vom Fotografen Deniz Kalkavan, von dem auch die gestrigen “Penthouse”-Bilder waren.
Aber auch die neuen Fotos taugen nicht für einen “Skandal bei Heidi Klums Show”. “Bild” behauptet zwar, es seien “Bilder, die Folgen haben”. Doch davon will man bei “Heidi Klums Show” nichts wissen: “Die Bilder haben in der Sendung keine Folgen für Aline”, betont ProSieben-Sprecher Christoph Körfer auf Nachfrage. Die “Hey!”-Fotos spielten in der Show sogar überhaupt keine Rolle. Und bezüglich des “Bild”-Gerüchts, die Nacktfotos seien “angeblich (…) der Hauptgrund”, dass Aline bei den “Topmodels” in Bälde ausscheiden werde, empfiehlt der ProSieben-Sprecher vielsagend, die Sendung einfach mal aufmerksam zu verfolgen, um festzustellen, ob es stimmt.
Aber vielleicht mag man in der heutigen “Skandal”-Fortsetzung schon einen Fortschritt zu erkennen glauben. Anders als gestern wird darin immerhin an keiner Stelle mehr fälschlicherweise behauptet, Aline habe “alle belogen”, weil die “Topmodel”-Kandidatinnen im Vorfeld “schriftlich erklären” müssten, “dass es keine professionellen Nacktfotos gibt”. Doch der positive Eindruck erledigt sich, sobald man das Video gesehen hat, das “Bild” ihren Lesern heute online zeigt und zum Download aufs Mobiltelefon anbietet. Darin lügt “Bild” nämlich unbeirrt:
Bei der Anmeldung für “Germany’s Next Topmodel” müssen alle Kandidatinnen schriftlich erklären, dass es keine professionellen Nacktaufnahmen von ihnen gibt. Aline hat alle belogen.
Wie falsch “Bild” damit liegt, ja, wie wenig der Nachdruck von Alines Nacktfotos überhaupt zu einem “Skandal” taugt und wie verlogen das alles ist, zeigt übrigens auch ein Blick ins Archiv:
Eine der Kandidatinnen der ersten “Topmodel”-Staffel vor zwei Jahren war eine junge Frau namens Micaela Schäfer. Schäfer hatte sich vor ihrer Teilnahme schon wiederholt nackt fotografieren lassen. Und die Nachricht, dass sie deshalb bei der Wahl zur “Miss Germany 2004” disqualifiziert worden sei, sorgte sogar für einschlägige Schlagzeilen, ebenso wie ihre Affäre als “Nackt-Geliebte” eines Berliner CDU-Politikers. Mitmachen durfte sie bei den “Topmodels” trotzdem. Und ein Skandal war das damals nicht – nicht für ProSieben und nicht mal für “Bild”.
“[B]esonders große Buchstaben bedeuten nicht automatisch besonders große Fehler!” hat “Bild”-Chef Kai Diekmann mal behauptet. Aber irgendeinen Sinn muss es ja haben, dass “Bild” jeden Tag auch ein paar besonders kleine “Nachrichten” auf die Titelseite druckt. Heute z.B. erfährt man dort u.a., dass Ex-Postchef Klaus Zumwinkel Aufsichtsrat bei Arcandor bleiben soll, die Zahl der Mitglieder in deutschen Fitness-Studios gestiegen ist und kleinere Männer wegen ihrer Körpergröße schneller eifersüchtig sind. Dazwischen steht obige “16 700 Euro”-Meldung.
16.700 Euro Ausgaben
“Die privaten Haushalte in Deutschland haben ihre Konsumausgaben 2007 um 1,2% gesteigert, 2006 lag die Wachstumsrate bei 2,3%.” (Quelle: Stat. Bundesamt)
Der Informationsgehalt der Meldung ist jedoch noch geringer als ihre Größe. Denn wie “Bild” auf die “0,7 % weniger” kommt, ist uns schleierhaft.* Laut Statistischem Bundesamt (siehe Kasten), das ja “Bild” als Quelle zu dienen scheint, sind die 16.700 Euro aus der Überschrift mithin ein Zuwachs von 1,2 Prozent gegenüber 2006. Weniger geworden ist also eigentlich nur das Mehr, allerdings auch nicht um “0,7 %”, sondern um fast die Hälfte bzw. 1,1 Prozentpunkte.
Mit anderen Worten: Womöglich hat Kai Diekmann Recht.
Mit Dank an den Hinweisgeber für die Anregung.
*) Korrektur, 23.45 Uhr: Wir waren voreilig. Inzwischen ist uns nicht mehr schleierhaft, wie “Bild” auf die “0,7 % weniger” gekommen ist. Die Zahl stammt aus einer AFP-Meldung. Und: Die Zahl stimmt. Sie findet sich auch in den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes. Unter Berücksichtigung der gestiegenen Preise bedeutet das Mehr letztlich ein Weniger. Und hätte “Bild” das Wörtchen “preisbereinigt” vor die “0,7 % weniger” geschrieben, wären wir nicht so dumm gewesen, an der Meldung herumzumäkeln. So gesehen hat Diekmann womöglich doch nicht Recht. Und wir bitten um Entschuldigung!
Auch der Blick ins eigene Archiv will gelernt sein. Und wenn Bea Peters es wichtig findet, in der heutigen “Bild” zu behaupten, das aktuelle “Playboy”-Covergirl Liza Li sei “mit 18 ein Pop-Ferkelchen (Lied-Text: ‘Warum gibt’s nicht lila Augen, warum muss man beim Blasen saugen … Mit unverhüllter Fantasie, dein Arsch ist pure Poesie’)” gewesen, dann stimmt die Sache mit dem “Pop-Ferkelchen” nur so halb:
Ja, in einem “Bild”-Artikel mit der Überschrift “Pop-Ferkelchen” (siehe Ausriss) tauchte im September 2006 auch Liza Li(1) auf. Nein, die zitierte Textpassage wurde damals zu Recht der Sängerin Roxy(2) zugeschrieben.
Mit Dank an Roxys “Lied-Text”-Mittexter Lutz K. für den Hinweis.
Personalisierung gehört zum Wesen des Boulevards. Und deshalb präsentiert die “Bild”-Zeitung heute ihren über elf Millionen Lesern Umberto Angeloni als “Verlierer” des Tages (siehe Ausriss). Der Grund: Die Modefirma Brioni hat was verloren – den Zuschlag nämlich, im nächsten James-Bond-Film den Hauptdarsteller Daniel Craig einzukleiden.
Da aber Tom Ford, der den James-Bond-Deal für seine Firma eintüten konnte, auf der “Gewinner”-Seite keinen Platz mehr fand (dort wird bereits “Bild”-Liebling Paul Kirchhof für einen Preis gefeiert, den zuvor auch schon “Bild”-Liebling Benedikt XVI bekommen hat), ziert eben das Gesicht von “Umberto Angeloni (65), Chef des Herrenausstatters Brioni”, auf der Titelseite von Europas größter Tageszeitung die “Verlierer”-Meldung, und:
BILD meint: Hauptsache, vom Feinsten!
Wir meinen: Hauptsache, null null Ahnung! Denn Angeloni, der “Chef des Herrenausstatters Brioni” (“Er kleidet nur die Reichsten und Schönsten ein!”), hat das Unternehmen – wie übrigens schon im Herbst 2006 angekündigt – bereits im Juni 2007 verlassen.
Mit Dank an den unbekannten Hinweisgeber.
Nachtrag, 13.3.2008: In der “Korrekturspalte” heißt es heute [mit Unterstreichungen von “Bild”.]: “Umberto Angeloni (65) ist nicht, wie BILD gestern berichtete, Chef des Herrenausstatters Brioni, sondern war es. (…)” Aha. “Verlierer” bleibt er für “Bild” offenbar trotzdem[Unterstreichung von uns].
In Deutschland wird gestreikt, und Bild.de versteht die Welt nicht mehr berichtet…
über die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst, in denen Ver.di und die dbb Tarifunion gemeinsam höhere Löhne für die Angestellten des Bundes und der Kommunen verlangen:
Als sich kürzlich ein “BILD-Leser-Reporter” online bei der GEZ anmelden wollte, wurde er im Anmeldungsprozess aufgefordert, einen “Completely Automated Public Turing test to tell Computers and Humans Apart” (kurz Captcha) einzugeben. Die automatische generierte Buchstabenfolge lautete:
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Und sagen wir’s so: Celia, Larry, Sean und James hätten vermutlich kurz gestutzt und sich gefreut.
Es wird ja immer wieder davor gewarnt, persönliche Infos im Internet zu hinterlassen. Konkret stapelt sich so eine Warnung heute an deutschen Zeitungskiosken – und sieht folgendermaßen aus:
Auch wenn “Bild” die Titelseite heute mit einem Foto der “schönen Co-Pilotin” schmückt, das sie “beim Foto-Termin mit BILD kurz nach dem Beinahe-Crash auf dem Hamburger Flughafen” zeigt, bleibt fraglich, inwieweit überhaupt ein Interesse daran besteht, ihr “trauriges Geheimnis” (während ihrer Ausbildung kam vor zwei Jahren eine Kameradin bei einem Unfall ums Leben) öffentlich zu machen. Doch beschränkte sich die dazugehörige Recherche für “Bild” quasi ausschließlich auf folgende Fundstücke:
zwei Privatfotos der Pilotin, die “Bild” unerlaubt aus einer Community-Website und StudiVZ kopiert hat. (“Bild” nennt als Quelle: “Lufthansa” und… “Internet”!)
zwei Sätze aus dem Vorwort einer Internetseite mit Beileidsbekundungen, die “Bild” mit den Worten ankündigt: “Der Tod von J. schockte M. [Namen von uns gekürzt]. Gemeinsam mit ihren Kameraden schrieb sie in einem Kondolenzbuch: (…)”
sowie ein gutes Dutzend Angaben, die “die schöne Pilotin” im Internet hinterließ: der Ort, aus dem sie stammt, das Jahr, in dem sie ihr Abitur gemacht hat — und unter dem Stichwort Interessen beispielsweise die vier Wörter “Cheerleading, Fitness, Freunde, Party” (siehe Screenshot). Dort findet sich auch die folgende lapidare Aussage:
In “Bild” liest sich das dann so:
M. stammt aus gutem Hause, treibt gerne Sport, war als Cheerleaderin aktiv, Freunde waren ihr immer wichtig. [Bei ihrer Ausbildung zur Pilotin] lernte sie J. kennen. (…) Sie lernten zusammen, wurden Freundinnen. Doch das Schicksal sollte sie für immer trennen… (…) M. ist noch im Dienst. Und das ist auch das Wichtigste für sie. Denn auf die Frage, welches Flugzeug sie bevorzuge, sagte [!] M. einmal: “Egal, Hauptsache fliegen…”
Um ihre Titelgeschichte zu schreiben, musste die “Bild”-Zeitung also nicht mal Paparazzi losschicken, sich an Wohnungstüren abwimmeln lassen oder jemanden unter Druck setzen. Mühelos ließen sich im Internet alle Zutaten zusammensuchen für eine Story, die letztlich niemanden was angeht.
Ach ja: Nach unseren Informationen veröffentlichte “Bild” den Artikel ohne Beteiligung und ohne Einverständnis der Pilotin.