Jeden Tag muss Bild.de irgendwelchen Klatsch & Tratsch weiterverbreiten und auf der Suche nach Content, den Bild.de-Leser fleißig klicken sollen, diverse Paparazzi-Websites absurfen, sich in anderen Klatsch-&-Tratsch-Ressorts herumtreiben und Geschichten auftreiben wie diese:
Beziehungsweise diese:
Und für alle, die’s jetzt trotzdem genauer wissen wollen: Doherty selbst schreibt auf seiner YouTube-Seite, über die Bild.de berichtet, zu dem Liebeslied: “song by [t]he wonderful Coco” (also, wie man auch hören kann, von seiner Freundin Coco Sumner). Und Spears trug, wie man auf zweiFotos, die Bild.de nicht zeigt, gut erkennen kann, ein weißes Höschen.
Mit Dank an Nina S., fish000r und Ralf D. für die Hinweise.
Zumindest in Teilen der heutigen Ausgabe* ziert die Titelseite der “Bild”-Zeitung am Tag nach der 0:1-Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft im EM-Finale gegen die spanische Elf ein Foto, das – anders als “Bild” behauptet – gar nicht “das Tor” zeigt, sondern eine andere (dem Torschuss ähnliche, aber für die Spanier weniger erfolgreiche) Szene aus demselben Spiel.
Erkennen kann das, wer sich mit Fußball auskennt, übrigens daran, dass der junge Mann links im Bild nicht der deutsche Nationalspieler Philipp Lahm ist, sondern sein Team-Kollege Per Mertesacker. Und wir wollen uns nicht ausmalen, was für ein Aufhebens “Bild” um diesen Fehler gemacht hätte, wenn er jemand anderem passiert wäre.
*) Offenbar um sicher zu gehen, hat “Bild” das Foto in anderen Ausgaben durch eins der spanischen Mannschaft beim Jubeln ersetzt. Man erkennt sie gut an ihren roten Trikots und der EM-Trophäe.
Mit Dank an Lennart S., Ben und an Sascha – auch für den selbstlosen Kauf einer “Bild”-Zeitung und das Fotografieren derselben.
Das ist alles, was bei Bild.de von einem Artikel übrig geblieben ist, der am vergangenen Freitag auch in der “Bild”-Zeitung stand. “Bild”-Reporter Daniel Cremer hatte darin unter der Überschrift “Charlotte Roche – Das ist ihr Feuchtgebieter” ohne aktuellen Anlass ein Paparazzi-Foto von Roche und ihrem Ehemann betextet, das “Bild” (wie berichtet) vor fünf Jahren mal heimlich und gegen den Willen der beiden gemacht und nun veröffentlicht hatte (obwohl die “Bild”-Redaktion schon damals darauf hingewiesen worden war, dass das Foto nie veröffentlicht werden dürfe).
Doch inzwischen hat, wie uns der Anwalt von Roches Ehemann auf Anfrage sagt, nicht nur Bild.de, sondern auch “Bild” eine Unterlassungserklärung abgeben müssen, das Foto, das sie ohnehin nicht hätten zeigen dürfen, zumindest in Zukunft nicht mehr zu zeigen.
P.S.: Nur auf unsere Frage, warum man bei “Bild” überhaupt geglaubt hat, das Foto zeigen zu dürfen, bleibt “Bild” weiterhin eine Antwort schuldig.
Im Fall der “Todesmutter von Darry” hat sich “Bild” offensichtlich entschieden, Vater und Mutter der getöteten Kinder zu anonymisieren:
Pressekodex:
“Liegen Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit eines Täters oder Tatverdächtigen vor, sollen Namensnennung und Abbildung unterbleiben.”
“Bild”:
“Die Mutter (…) befindet sich wegen schwerer psychischer Störungen in einer geschlossenen Anstalt.”
Bild.de:
“[Die Mutter] gilt als schuldunfähig. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 32-Jährige bei der Begehung der Taten ‘infolge einer krankhaften seelischen Störung unfähig war, das Unrecht ihrer Taten einzusehen'”.
Das ist, vor allem was die Mutter angeht, zwar eigentlich nicht der Rede wert, sondern im Pressekodex sogar vorgeschrieben (siehe Kasten), aber dann doch erstaunlich, weil “Bild” und Bild.de die Mutter in der Vergangenheit schon wiederholt ohne Unkenntlichmachung gezeigt haben und der Vater selbst sogar mit vollem Namen im Fernsehen aufgetreten ist.
Doch es sieht so aus, als habe “Bild” heute tatsächlich dafür Sorge tragen wollen, dass Mutter und Vater zumindest für “Bild”-Leser nicht ohne weiteres identifizierbar sind. Und auch Bild.de hat sich entschieden, in der Übernahme des “Bild”-Berichts weitere Fotos, die ein “Bild”-Fotograf während der Exhumierung der Kinder geschossen hat, nachträglich so zu bearbeiten, dass auch auf den Grabsteinen der Kinder der Nachname der K.s nicht erkennbar ist:
Das alles ist erfahrungsgemäß für “Bild” ein bemerkenswerter Aufwand. Er ist nur leider völlig bedeutungslos.
Denn die “Bild”-Zeitung weist in ihrem heutigen “Todesmutter”-Artikel auf ein “aktuelles Video zum Fall” bei Bild.de hin, das dort seit gestern anzuschauen ist. Anders als auf den Fotos jedoch war bis heute Nachmittag* in mehreren Sequenzen des Videos der Nachname auf den Grabsteinen problemlos zu entziffern:
*) Rund 24 Stunden lang war das mangelhaft anonymisierte Video online. Und das, obwohl die Redaktion (nach einem Hinweis von BILDblog) bereits kurze Zeit nach der Veröffentlichung von der “Bild”-Pressestelle über die Anonymisierungslücke informiert worden war, wie uns die “Bild”-Pressestelle mitteilte. Handlungsbedarf sahen die Verantwortlichen aber offenbar zunächst nicht: Erst nach weiteren Anfragen unsererseits wurden die Namen auf den Grabsteinen nun auch im Video verpixelt.
Knapp 30 Millionen Menschen sahen gestern im ZDF das Fußball-EM-Halbfinale Deutschland:Türkei in Basel – aber Bild.de-Redakteurin Britta Frischemeyer gehörte offenbar nicht dazu. Denn kurz nach Spielende hieß es unter ihrem Namen auf Bild.de:
Aber vielleicht gab es für Frischemeyer auch Wichtigeres als Sachkenntnis, während sie ihr ohnehin ahnungsloses Artikelchen schrieb, das Bild.de so präsentierte:
Die Empörung über den “TV-Skandal beim ZDF” ist nach wie vor (inzwischen immerhin ohne den dummen “Wien”-Satz*) online – obwohl die gedruckte “Bild” doch heute in ihrer Titelgeschichte ausdrücklich, gefettet und offenbar zuRechtzurückrudert schreibt:
Mit Dank an Michael. F., Pascal J., Stefan R., kauf, Maik, Manuel, Daniel K., Florian C., M.M., Björn G., Roland, Torsten D. und ZDF-Sprecher Walter Kehr für die nächtlichen Hinweise und Screenshots.
*) Nachtrag, 14.30 Uhr: Bild.de hat sich noch einmal an den “Pannen”-Text gesetzt – und aus dem “EU-Knaller” einen “EM-Knaller” gemacht. Was den angeblich peinlichen “TV-Skandal beim ZDF” anbelangt, scheint die Bild.de-Redaktion jedoch bei ihrer Darstellung bleiben zu wollen.
Für jemanden, der sich – wie Jacky Gombert für “Bild” – gewöhnlich mit Vermietern herumschlagen muss, die ihre Mieter aus Gier in den Tod sprengen (“Lebenslang für Deutschlands schlimmsten Vermieter: Aus Gier sprengte er 6 Mieter in den Tod”), mit Vätern, die ihre Töchter nach Bosnien entführen und der Mutter zum Muttertag bösartige Fotos schicken (“Der schrecklichste Muttertag: Vater entführt Tochter nach Bosnien und schickt der Mutter jetzt dieses Foto!”), mit erfrorenen Rentnerinnen (“Erfroren, weil im Altenheim niemand die Tür öffnete”) und vergewaltigten Goldfischen (“Frosch vergewaltigt und tötet Goldfisch”, wir berichteten)…
… für so jemanden ist der Fall der Rentnerin Sighild J. vermutlich ein Klacks: Das “Opfer eines bizarren Zahnarzt-Zoffs”, seit sieben Monaten “ohne Zähne”, lässt sich von “Bild” bereitwillig in den Mund fotografieren und rückt auch noch anstandslos ihren “Heil- und Kostenplan” raus, damit “Bild” ihn zeigen kann!
Doch obwohl es in dem Artikel darum geht, dass die Rentnerin “nicht zu viel Geld ausgeben” und ihre Zahnprothese deshalb von “einem Billiganbieter” hatte anfertigen lassen wollen, heißt’s in “Bild”:
“Kosten: 981 Euro, Eigenanteil 781 Euro.”(siehe auch Ausriss)
Na, logo: Steht ja auch da, die Summe: “780,39” – klar und deutlich (zumindest bei Bild.de) auf dem abgebildeten “Heil- und Kostenplan” unter Eigenanteil, ähm, Zuschussfestsetzung.
Und wir können nur hoffen, dass sich jemand wie Jacky Gombert bei verurteilten Vermietern und mutmaßlichen Töchterentführern mehr für die Fakten interessiert.
Mit Dank an Andreas R. und Dr. med. dent. Sabine R.
“Mit gesenktem Haupt steht Heide Simonis an der Salattheke, Einkaufen, um Frust zu bewältigen und zumindest für Sekunden wieder glücklich zu sein. Bei H & M kauft Simonis einen Hosenanzug und hat anschließend nicht einmal mehr Blicke für Schuhe übrig.”
Heide Simonis war im Frühjahr 2005, unmittelbar nach ihrer Abwahl als schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin offenbar von “Bild”-Fotografen massiv belagert und verfolgt worden. Dabei entstandene Fotos, auf denen Simonis in einem Einkaufszentrum, an einer Frischetheke und in einer Modeboutique zu sehen ist, hatte “Bild” anschließend unter der Überschrift “Danach ging Heide erst mal shoppen” abgedruckt und betextet (siehe Kasten).
Nach der Veröffentlichung hatte Simonis jedoch zwischenzeitlich erwirkt, dass “Bild” die Shopping-Fotos nicht weiter verbreiten darf (wirberichteten) und später, dass sie zumindest erfahren dürfe, was auf den bislang unveröffentlichten Fotos vom Tag nach ihrer Abwahl zu sehen ist. Zudem hatte Simonis auf Herausgabe der bisher unveröffentlichten Paparazzi-Fotos geklagt.
Doch der Bundesgerichtshof (BGH) entschied heute in einem Grundsatzurteil, “dass die Presse nicht verpflichtet ist, Prominenten unveröffentlichte Fotos zur Kenntnis vorzulegen, die ohne deren Einwilligung im Privatbereich entstanden”, wie es die Nachrichtenagentur AP zusammenfasst. Auch müsse “Bild” die Fotos nicht an Simonis herausgeben oder vernichten, entschied der BGH.
Die BGH-Vizepräsidentin Gerda Müller selbst sah im Urteil eine Entscheidung “von großer praktischer Tragweite” und betonte, “dass sich ein Politiker in einer solchen Situation auch unter Berufung auf sein Persönlichkeitsrecht nicht ohne weiteres der Berichterstattung entziehen kann”. Laut Müller dokumentieren die Shopping-Fotos von Simonis “einen Vorgang von historisch-politischer Bedeutung”.
SZ: “Bild” hat nach dem Kroatien-Spiel [auf der Titelseite und im Sportteil] Fotos Ihrer Frau aus dem Stadion veröffentlicht und Ihre Anwesenheit thematisiert. Bisher war dieser Teil Ihres Privatlebens ein Tabuthema. Hat Sie der Bruch dieses Tabus irritiert?
Löw: Ja, das hat mich irritiert. Das war nicht gewünscht. Meine Frau möchte nicht in die Öffentlichkeit. Sie ist eigentlich immer im Stadion. Jetzt ist diese Situation dargestellt worden. Ich war überrascht davon, und es war mir nicht recht.
Der arme kleine Conor: Da hatte ihm seine Mutter in den USA für 7000 Dollar bei einer Wohltätigkeitsauktion ein Treffen mit seinem Idol, dem Fußballer David Beckham, ersteigert — und dann das (siehe Ausriss)!
Bild.de hat die Geschichte vom versetzten Conor komplett aus der “New York Post” abgeschrieben — bzw. nicht komplett. Im letzten Absatz bei der “New York Post” steht nämlich etwas, das die Geschichte vom Herzensbrecher Beckham dann doch ein wenig anders aussehen lässt:
Beckham’s agent (…) says neither Beckham nor the Galaxy was even informed of the event. [… sowohl Beckham als auch sein Team hätten von dem Termin überhaupt nichts gewusst.]
Bei Bild.de aber (wo man sogar auf den Originalartikel verlinkt) hat man diese Info lieber weggelassen. Wie traurig!
Charlotte Roche ist Bestsellerautorin. Außerdem ist sie alles andere als gut zu sprechen auf “Bild”, nachdem 2001 mehrere Familienmitglieder Roches bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen waren: “Bild” hatte damals nicht nur über den Unfall berichtet; wenig später war Roche zudem von Menschen, die sich als “Bild”-Mitarbeiter ausgaben [so die quasi-offizielle Sprachregelung; mehr dazu hier, hier und hier] erpresst worden – erfolglos übrigens.
In Ruhe lassen jedoch mag die “Bild”-Zeitung Leute wie Roche offenbar nicht. Und so zeigen “Bild” und Bild.de heute unter der Überschrift “Charlotte Roche — Das ist ihr Feuchtgebieter” ein Foto von Roche und ihrem Ehemann.
Und die Frage unter der Überschrift (“Wie ist es, wenn deine Frau den versautesten Roman des Jahres schreibt?”) beantwortet “Bild”-Autor Daniel Cremer am Ende des Artikels wie folgt:
Der Roche-Ehemann äußerte sich auf BILD-Anfrage nicht zum Roman seiner Frau.
Aber auch eine andere Frage beantwortet der “Bild”-Artikel nicht: Mit welchemRecht die Zeitung das Foto der beiden überhaupt zeigt. Es handelt sich dabei nicht um einen öffentlichen Auftritt o.ä., sondern um eine gewöhnliche Straßenszene – und bei Roches Ehemann eigentlich bloß um ihren Ehemann. Und wie uns Roche und ihr Ehemann auf Anfrage sagen, wurde das Foto ohne ihr Wissen gemacht und ohne ihr Einverständnis veröffentlicht. Und nicht nur das: Das Paparazzi-Foto, gegen dessen Veröffentlichung nun ihr Anwalt vorgeht, ist, anders als “Bild” suggeriert, …
…schon fünf Jahre alt.
Und siehe da: Bereits damals, 2003, habe “Bild” das Foto drucken wollen und bei Roche, die (nicht zuletzt aufgrund ihrer persönlichen, schmerzhaften Erfahrungen) nie einen Hehl aus ihrer Verachtung für “Bild” gemacht hat, sogar angefragt, ob man nicht doch zusammenarbeiten wolle — “nach dem Motto: ‘Hier zeigt Charlotte Roche ihre neue Liebe'”, wie uns Roche sagt.
Doch daraus wurde damals nichts: Als Roche kein Interesse daran zeigte, ihr Privatleben in der “Bild”-Zeitung auszubreiten, sei ihr, so Roche, zwar angedroht worden, man würde das Foto trotzdem drucken. Doch nachdem anschließend ihr Anwalt “Bild” darauf hingewiesen hatte, “dass das Foto nicht veröffentlicht werden darf”, kam’s dazu nicht — jedenfalls nicht bis heute.
Wir haben bei “Bild” nachgefragt, warum man dort glaubt, das Foto nun doch abdrucken zu dürfen, bislang aber noch keine Antwort erhalten.