Über Gewalt berichten, Falsches Künast-Zitat, “Bürgerreporter”

1. Mit mehr Sorgfalt über Gewalttaten
(verdi.de, Bärbel Röben)
Bärbel Röben kommentiert die “fünf Hinweise für sorgfältige Berichterstattung über politisch motivierte Gewalt” der “Neuen deutschen Medienmacher*innen”. Ihr Fazit: “Statt ‘social media’-getrieben möglichst schnell zu informieren, sollten Journalist*innen bei der Berichterstattung über Gewalttaten sorgfältig und empathisch abwägen, wer und was im Mittelpunkt der Berichterstattung steht – Betroffene oder Täter, Expertise zu Ursachenanalyse und Lösungssuche oder populistische Meinungsäußerungen aus Politik und Bevölkerung.”

2. Funke-Gruppe will für Beitrag von “Bürgerreporter” nicht haften
(faz.net)
Die Funke Mediengruppe sei vom Landgericht Essen dazu verurteilt worden, die identifizierende Berichterstattung eines sogenannten “Bürgerreporters” über einen Lokalpolitiker im Zusammenhang mit einer falschen Verdächtigung zu unterlassen. Funke hatte argumentiert, für den Artikel nicht verantwortlich zu sein, da man keinen redaktionellen Einfluss auf die “Bürgerreporter” habe. Das Gericht habe jedoch festgestellt, dass die Beiträge dieser Nutzerinnen und Nutzer optisch gleichwertig mit denen der Redaktion erscheinen. Funke habe gegen das Urteil Berufung eingelegt.

3. Fluchtforschung gegen Mythen 9
(fluchtforschung.net)
Das “Netzwerk Fluchtforschung” stellt regelmäßig Behauptungen aus der Debatte über Geflüchtete auf den Prüfstand – seien es Talkshow-Aussagen, Social-Media-Posts oder Stammtischparolen. Das Besondere an dieser Form des Faktenchecks: Nicht Journalistinnen und Journalisten, sondern Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft nehmen Stellung. In der neunten Ausgabe geht es um den sogenannten Fünf-Punkte-Plan der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die medial ausgetragene migrationspolitische Debatte.

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4. “Ich ent­scheide, was ich sage und nur das ist mein Zitat”
(lto.de)
Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftige sich mit der Frage, ob Facebook und dessen Mutterkonzern Meta für die Verbreitung eines falschen Zitats von Grünen-Politikerin Renate Künast verantwortlich ist und solche Falschbehauptungen proaktiv löschen muss. Da dazu noch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ausstehe, habe der BGH das Verfahren vorerst ausgesetzt. Künast betone, dass Lügen kein Teil der Meinungsfreiheit seien und Soziale Netzwerke mehr Verantwortung für die Verbreitung von “Fake News” übernehmen sollten.

5. 20 Jahre European Journalism Observatory: Ein Blick zurück und in die Zukunft
(de.ejo-online.eu)
Seit zwei Jahrzehnten berichtet das “European Journalism Observatory” (“EJO”) über aktuelle Ergebnisse der Journalismusforschung und beobachtet die Entwicklung der Medien in Europa. Anlässlich dieses Jubiläums sprechen “EJO”-Gründer Stephan Russ-Mohl und einige Redakteure über die ursprüngliche Idee des Projekts sowie über die Entwicklung des Netzwerks und der Medienlandschaften in den Partnerländern seit der Gründung.

6. China bleibt ein Datenleck
(taz.de, Fabian Kretschmer)
Fabian Kretschmer kommentiert das (vermutlich vorübergehende) Verbot der chinesischen KI “DeepSeek” durch die südkoreanische Datenschutzbehörde: “Gelangen sensible Nutzerdaten nach China, ist dies potenziell ein Problem der nationalen Sicherheit. Eine bedenkenlose Nutzung chinesischer Dienste kann es nur geben, wenn die Anbieter technische Lösungen bereitstellen, die einen Abfluss der Daten auf chinesische Server unmöglich machen. Denn im Umgang mit dem chinesischen Staat ist Vertrauen wenig wert, Kontrolle dafür umso mehr.”

Forderungen an Medienpolitik, Lehrreiches Gelaber, Euronews

1. Sechs Forderungen an die Medienpolitik
(netzwerkrecherche.org)
Das Netzwerk Recherche fordert die künftige Bundesregierung auf, nach der Wahl die Rahmenbedingungen für den Journalismus in Deutschland zu verbessern. Wichtige Reformen seien zuletzt auf der Strecke geblieben. In einem Positionspapier stellt der Verein sechs zentrale Forderungen auf, darunter die Stärkung der Pressefreiheit, ein eigenes Bundespressegesetz für einen besseren Zugang zu Informationen und die Förderung des gemeinnützigen Journalismus.

2. Lehrreiches Gelaber
(taz.de, Jannik Grimmbacher)
Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF setzen im Wahlkampfendspurt auf neue Talkformate, in denen das Publikum stärker einbezogen wird – mit unterschiedlichem Erfolg, wie Jannik Grimmbacher kommentiert. Er hat sich die verschiedenen Sendungen angeschaut und aufgeschrieben, was aus seiner Sicht gut und was weniger gut funktioniert hat.

3. Gegen SLAPP-Klagen und Big-Tech-Intransparenz
(verdi.de, Günter Herkel)
Für das Verdi-Medienmagazin “M” hat sich Günter Herkel angeschaut, wie die Parteien zu Themen wie Big-Tech-Transparenz, Pressefreiheit und dem Schutz von Medienschaffenden stehen. Während die SPD und Die Linke strengere Offenlegungspflichten für Algorithmen fordern würden, warne die FDP vor übermäßiger Regulierung und Eingriffen in die Meinungsfreiheit.

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4. Euronews schreibt erstmals seit zehn Jahren schwarze Zahlen
(dwdl.de, Alexander Krei)
Der europäische Nachrichtensender Euronews habe nach einer tiefgreifenden Umstrukturierung und massiven Einsparungen erstmals seit zehn Jahren wieder schwarze Zahlen geschrieben. Der vom ehemaligen “Bild”-Chefredakteur Claus Strunz geleitete Sender betreibe nun eine zentrale Redaktion in Brüssel, plane die Eröffnung neuer Büros und den Start mehrerer Franchise-Kanäle in Europa. Auch das Angebot in Deutschland solle ausgebaut werden.

5. Mutmaßliches im Journalismus und Youtube-Geburtstag
(wdr.de, Steffi Orbach, Audio: 41:15 Minuten)
Das WDR5-Medienmagazin “Töne, Texte, Bilder” behandelt verschiedene Medienthemen, darunter die Auswirkungen des USAID-Stopps auf Exil-Medien und die Verwendung des Begriffs “mutmaßlich” in der Berichterstattung. Außerdem geht es um die Entwicklung der Wahlkampf-Talkformate im Fernsehen sowie um das 20-jährige Bestehen von YouTube. Zum Schluss wird satirisch diskutiert, ob Kalifornien dänisch werden könnte, und der Wahlkampf mit einer Winter-WM verglichen.

6. X legt EU-Kommission neue Beweise zu geändertem Algorithmus vor
(zeit.de)
X (ehemals Twitter) habe der Europäischen Kommission nach Aufforderung neue Beweise für Änderungen an seinem Algorithmus vorgelegt. Die EU untersuche, ob X gegen den Digital Services Act verstoßen hat, insbesondere in Bezug auf die Eindämmung von Hassrede und Desinformation. Sollten Verstöße festgestellt werden, könnten der Plattform hohe Geldstrafen bis hin zu täglichen Bußgeldern drohen.

Parteiversprechen, Umstrittener Wahlwerbespot, Golf von Mexiko

1. Was die Parteien in der Medienpolitik versprechen
(taz.de, Johannes Drosdowski & Leon Holly)
Johannes Drosdowski und Leon Holly haben untersucht, wie die verschiedenen Parteien zur Medienpolitik stehen. Sie schauen auf Themen wie Pressefreiheit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Social Media und Medienbildung. Dabei wird deutlich, dass die Parteien teilweise recht unterschiedliche Vorstellungen haben, wie Medien reguliert und gefördert werden sollen.

2. ZDF muss Wahl­wer­bung von “Die Partei” senden
(lto.de)
Das Verwaltungsgericht (VG) Mainz habe entschieden, dass das ZDF eine Wahlwerbung der Satirepartei Die Partei ausstrahlen muss. Der Spot, der eine umgekehrte Vergewaltigungsszene mit einer Figur namens Friedrich Merz zeige, sei laut Gericht zwar “grenzwertig und geschmacklos”, aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Das VG sehe darin eine satirische Überzeichnung, die auf frühere Aussagen von Merz zur Vergewaltigung in der Ehe anspiele, und erlaube die Ausstrahlung, da keine Gesetze verletzt würden.

3. Zuschauer kritisieren Jauch für Quadrell-Moderation
(t-online.de)
Gestern Abend lief bei RTL das sogenannte Quadrell zur Bundestagswahl, also das Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten von CDU/CSU, SPD, Grünen und AfD. Moderiert wurde die Sendung von Pinar Atalay und Günther Jauch. Gerade Jauch sei “bei vielen Zuschauern durchgefallen. Sie kritisierten seinen Fragestil.” Außerdem habe es die Kritik gegeben, dass es keine “Auseinandersetzung mit zentralen politischen Themen” wie der Klimakrise gegeben habe.
Weiterer Lesetipp: In seiner TV-Kritik bei “DWDL” schreibt Alexander Krei: “Mit seinem ‘Quadrell’ vor der Wahl ist RTL ein echter Coup gelungen – und über weite Strecken gab sich der Privatsender seriös. Ganz ohne Dschungel ging’s dann aber doch nicht. Ärgerlicher war manch nicht verwandelter Elfmeter der Moderatoren.”

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4. Stimmt das eigentlich, dass Russland versucht, die Wahl zu beeinflussen?
(zeit.de, Eva Wolfangel)
Russland versuche, über Cyberangriffe, Agenten und gefälschte Nachrichtenseiten die Menschen in Deutschland zu verunsichern. Eva Wolfangel ist der Frage nachgegangen, was man dem entgegensetzen kann. Doch manchmal helfe auch das nichts. Denn wenn “die auflagenstärkste deutsche Tageszeitung eine russische Lügenkampagne gegen die Umweltbewegung und die Grünen verbreitet, ist das Spiel ein anderes. Auch dann kann man zwar nicht messen, wie genau sie die Meinungsbildung Einzelner beeinflusst hat – aber man kann erahnen, dass nur wenige der ursprünglichen Leserinnen und Leser wahrgenommen haben, dass die Überschrift zwei Monate später geändert wurde.”

5. Trump verbannt Nachrichtenagentur AP dauerhaft aus Oval Office und Air Force One
(spiegel.de)
Die US-Regierung habe die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) dauerhaft aus dem Oval Office und der Air Force One verbannt. Der Grund: AP weigere sich, den Golf von Mexiko in “Golf von Amerika” umzubenennen, wie es Donald Trump per Dekret angeordnet habe. Das Weiße Haus begründe den Ausschluss mit begrenztem Platz für Reporterinnen und Reporter, während AP den Schritt als Angriff auf die Pressefreiheit kritisiere.

6. NDR-Rundfunkrat kann künftig einfacher Programm-Kritik üben
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Der NDR-Rundfunkrat habe seine Geschäftsordnung überarbeitet und könne künftig auch ohne förmliche Programmbeschwerde leichter Programmkritik üben. Zudem habe das Gremium dem neuen Bundesliga-Vertrag ab der Saison 2025/26 zugestimmt. Darüber hinaus habe sich der Rundfunkrat kritisch mit der umstrittenen Moderationsentscheidung bei “titel, thesen, temperamente” auseinandergesetzt und eine interne Aufarbeitung des Vorgangs gefordert.

KW 07/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Drohen Medien in Trumps Informationsmist zu ertrinken?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 35:05 Minuten)
Wer sich über die aktuelle Lage in den USA informieren möchte, sollte sich das Gespräch von Holger Klein mit dem US-Korrespondenten Christian Fahrenbach nicht entgehen lassen. Fahrenbach erläutert, wie Donald Trumps Medientaktiken, gezielte Desinformation und Einschüchterung die journalistische Berichterstattung beeinflussen und welche Herausforderungen sich daraus für die Pressefreiheit ergeben. Diese Folge des “Übermedien”-Podcasts bietet nicht nur scharfsinnige Analysen dieser Strategien, sondern auch praktische Vorschläge für einen besseren und reflektierteren Medienkonsum über die USA.

2. Wirtschaft erklären und verständlich machen
(spotify.com, Christian Jakubetz, Audio: 22:10 Minuten)
Zu Gast bei “Satzzeichen” ist Florian Neuhann, Teamleiter für Wirtschaft und Finanzen in der ZDF-Hauptredaktion Wirtschaft, Recht, Soziales, Service und Umwelt. Christian Jakubetz spricht mit ihm über die Bedeutung und die Herausforderungen des Wirtschaftsjournalismus. Die beiden diskutieren, wie wirtschaftliche Entwicklungen politische Entscheidungen und Wahlergebnisse beeinflussen können, warum Wirtschaftsthemen immer verständlicher aufbereitet werden müssen und wie sich die mediale Darstellung von Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat.

3. Talking Nahost: Selbstzensur im Journalismus?
(mediummagazin.de, Olivia Samnick, Audio: 35:43 Minuten)
Bei “Bonjourno” spricht Olivia Samnick mit der Journalistin Anna-Theresa Bachmann und Katharina Weiß von der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) über die Herausforderungen der Nahost-Berichterstattung in deutschen Medien. Sie greifen die Ergebnisse einer RSF-Recherche auf, die zeige, dass Journalistinnen und Journalisten in diesem Themenfeld zunehmend mit Selbstzensur, Hasskampagnen und redaktionellen Einschränkungen konfrontiert seien.

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4. Der Kampf des Hörspiels um Sichtbarkeit
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 26:16 Minuten)
Alexander Matzkeit unterhält sich mit Hörspielregisseur Leonhard Koppelmann über die aktuelle Situation des Hörspiels, insbesondere im Kontext von 100 Jahren Hörspielgeschichte und der jüngsten Entwicklungen in der Branche. Sie sprechen über die gestiegene Popularität des Mediums durch die ARD-Audiothek, aber auch über Herausforderungen wie den Wegfall wichtiger Hörspielpreise, die Reduktion von Etats und die verstärkte Konkurrenz durch digitale Plattformen.

5. Die TikTok-Armee der AfD
(ardmediathek.de, Christop Kürbel & Dominik Wolf & Helmi Krappitz, Video: 45:29 Minuten)
Keine andere deutsche Partei ist auf TikTok so erfolgreich wie die AfD, auch wenn Die Linke zuletzt aufholen konnte. Wie gelingt der AfD das? Mit welchen Methoden arbeitet sie? “Für die ARD Story recherchiert das Team undercover und wagt ein Experiment: Dabei taucht es tief ein in die Bubble der AfD-Unterstützer und zeigt, wie sie und auch offizielle Parteivertreter gezielt versuchen, die Plattform mit Inhalten zu fluten und so die TikTok-Algorithmen zu beeinflussen.”

6. Warum ihr dem Guinnessbuch der Rekorde nicht trauen solltet
(youtube.com, Mats Schönauer, Video: 14:06 Minuten)
Mats Schönauer wirft auf seinem Youtube-Kanal “Topfvollgold” regelmäßig einen kritischen Blick hinter die Kulissen von Boulevardpresse, Youtubern und Social Media. Diesmal geht es um eine von verschiedenen Medien gern aufgegriffene Sensation aus dem “Guiness-Buch der Rekorde”: “Zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert decke ich die irre Geschichte hinter einem deutschen Guinness-Weltrekord auf, der rund um den Globus für Aufsehen gesorgt hat und nie in Frage gestellt wurde – bis jetzt.”
Transparenzhinweis: Mats Schönauer ist ehemaliger Leiter des BILDblog und Co-Autor des BILDblog-Buchs “Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet”.

Kein Medienauskunftsgesetz, Kein Fehlverhalten, Keine Faktenchecks

1. Kritische Nähe von Medien und Regierung
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
“Wieder hat es eine Koalition unterlassen, die Pressefreiheit zu stärken. Dabei wäre dies gut für die Demokratie – gerade wenn Rechtspopulisten an die Regierung kommen.” Jost Müller-Neuhof kritisiert, dass die Ampelkoalition kein wirksames Medienauskunftsgesetz auf den Weg gebracht habe: “Es wäre das erste Gesetz gewesen, das Informationsrechte der Presse gegenüber Bundesbehörden – und damit auch gegenüber der Bundesregierung – festgeschrieben hätte.”

2. HR sieht Moderatorin nach Untersuchung entlastet
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Eine deutsch-israelische Expertin für Netzwerk- und Computersicherheit warf einer Moderatorin des Hessischen Rundfunks (HR) vor, sie im Vorgespräch zu einem Interview antisemitisch und rassistisch beleidigt zu haben. Der öffentlich-rechtliche HR sei nach einer umfangreichen Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass es “kein Fehlverhalten” der Moderatorin gegeben habe: Es sei davon auszugehen, dass die vorgeworfenen Beleidigungen “nicht erfolgten”. Man werde trotzdem intern beraten, “wie wir Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern besonders achtsam begegnen können. Dies gilt umso mehr, wenn Gäste extern zugeschaltet sind.”

3. Pressefreiheit: In eigener Sache
(falter.at, Florian Klenk)
Wie “Falter”-Chefredakteur Florian Klenk “in eigener Sache” mitteilt, sei er vom Wiener Straflandesgericht zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 1.500 Euro verurteilt worden, weil er den aus seiner Sicht rechtsextremen Aktivisten Martin Rutter auf Facebook als “Rechtsextremisten” bezeichnet hatte. Obwohl der Richter eingeräumt habe, dass diese Einschätzung nicht unzulässig sei, wurde Klenk wegen “übler Nachrede” verurteilt, weil er seinem Publikum im Posting keine ausführlichen Beweise für seine Einschätzung geliefert habe. Klenk kritisiert das Urteil als gefährlichen Eingriff in die Meinungsfreiheit und kündigt Berufung an.

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4. Die Journalistin Mzia Amaghlobeli ohrfeigte einen Polizisten
(taz.de, Nastasia Arabuli)
Die georgische Journalistin Mzia Amaghlobeli sitze seit Januar wegen angeblicher Gewalt gegen einen Polizisten im Gefängnis und befinde sich im Hungerstreik. Ihr würden vier bis sieben Jahre Haft drohen, obwohl eine Videoaufnahme Zweifel daran aufkommen lasse, dass die ihr vorgeworfene Ohrfeige für eine Anklage ausreicht. Internationale Organisationen würden sich für die Freilassung Amaghlobelis einsetzen, die ihren Hungerstreik bis zum Gerichtstermin am 4. März fortsetzen wolle.

5. Faktenchecks und Alternativen
(verdi.de, Lutz Lubienetzki)
Lutz Lubienetzki argumentiert, dass Faktenchecks wenig gegen Desinformation ausrichten könnten, da sie oft entweder trivial oder nicht eindeutig durchführbar seien. Er plädiert stattdessen für eine stärkere Moderation in Sozialen Netzwerken. Lubienetzki verweist auf Wikipedia als Vorbild für Transparenz, da dort alle Änderungen nachvollziehbar dokumentiert würden. Letztlich sieht er die Verantwortung nicht nur bei den Plattformen, sondern auch bei Politik und Gesellschaft.

6. X zahlt Trump Millionen wegen Kontosperrung
(tagesschau.de)
Der Kurznachrichtendienst X/Twitter habe sich mit US-Präsident Donald Trump auf eine Zahlung von zehn Millionen US-Dollar geeinigt, um einen Rechtsstreit über die Sperrung von Trumps Twitter-Konto nach dem Kapitolsturm 2021 beizulegen. Zuvor hatte bereits die Facebook-Mutter Meta eine Entschädigungszahlung in Höhe von 25 Millionen US-Dollar angekündigt. Der Vorgang ist insofern bemerkenswert, als X-Eigentümer Elon Musk ein enger Vertrauter Trumps ist und unter diesem eine neue Abteilung für “staatliche Effizienz” leitet, die den US-Verwaltungsapparat zerschlagen soll.

Rechtspopulismus, Angriffe, Fast elf Stunden Mediennutzung am Tag

1. Neue Studien bestätigen, dass Fake News vor allem aus dem rechten Lager stammen
(derstandard.de, Klaus Taschwer)
Eine neue Studie von Petter Törnberg und Juliana Chueri hat die Verbreitung von “Fake News” durch Parlamentarierinnen und Parlamentarier in 26 Ländern untersucht: “Die Daten zeigten eindeutig, dass der Rechtspopulismus ‘der stärkste Bestimmungsfaktor für die Neigung zur Verbreitung von Fehlinformationen’ war, so die Schlussfolgerung, während Abgeordnete von Mitte-rechts-, Mitte-links- und Links-Populisten nicht mit dieser Praxis in Verbindung gebracht wurden.”

2. Pressefreiheit EU: 1548 Angriffe in 2024
(verdi.de, Cara Räker)
Einem aktuellen Bericht des EU-Projekts “Media Freedom Rapid Response” zufolge wurden im vergangenen Jahr mehr als 1.500 Angriffe auf Medienschaffende in 35 europäischen Ländern dokumentiert. Für das laufende Jahr sieht es nicht unbedingt besser aus: “Schon zu Beginn des Jahres 2025 zeichnen sich erhebliche Bedrohungen für die Pressefreiheit ab. Der Machtgewinn populistischer Parteien in Europa, der anhaltende Konflikt in der Ukraine und die europaweite Protestbewegung im Angesicht des Israel-Hamas-Krieges sind Faktoren, die eine freie und unabhängige Presse auf ein wackliges Fundament stellen.”

3. Journalismus unter Druck – “Wie viel kann ich aushalten?”
(fachjournalist.de, Gesa Born, Audio: 11:32 Minuten)
Seit November 2023 bietet das Netzwerk Recherche eine kostenlose “Helpline” für Journalistinnen und Journalisten mit psychischen Belastungen an. Mit welchen Anliegen wenden sich Medienschaffende an die “Helpline”? Welche Hilfsangebote gibt es? Und was kann man vorbeugend tun? Darüber spricht Nea Matzen, eine der “Peer-Supporterinnen” des Projekts, im “Fachjournalist”-Podcast.

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4. Wetter Online zieht Konsequenzen
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz & Sebastian Meineck)
Nach Recherchen von netzpolitik.org, dem Bayerischen Rundfunk und internationalen Partnern soll “Wetter Online”, Deutschlands beliebteste Wetter-App, Daten erhoben und verarbeitet haben, ohne dafür eine Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer eingeholt zu haben. Bettina Gayk, die Datenschutzbeauftragte von Nordrhein-Westfalen, hatte sich deshalb an das Unternehmen gewandt: “Wetter Online hat innerhalb der uns gesetzten Frist reagiert und nun auf Website und Apps einen Einwilligungsbanner gesetzt, der auf die Verarbeitung von GPS-Standortdaten nur für Wetterinformationen hinweist. Wir prüfen derzeit, ob das ausreichend ist und unsere Anforderungen an den Schutz von GPS-Standortdaten der Nutzer erfüllt sind”, so ein Sprecher von Gayks Aufsichtsbehörde.

5. “Bad News” können in eine Negativ-Spirale hineinziehen – Wie man mit allzu vielen belastenden Nachrichten fertig wird
(turi2.de, Isabel Barragán)
Schlechte Nachrichten können belasten und sogar süchtig machen – vor allem online, wo sie von Algorithmen immer wieder in den Fokus gerückt werden. In der Reihe “NewsKNAcker” beleuchtet KNA-Journalistin Isabel Barragán, warum viele Menschen in die Spirale des “Doomscrollings” geraten und welche Folgen das für die Psyche haben kann. Expertinnen und Experten erklären, wie man seinen Nachrichtenkonsum besser steuern kann, ohne sich komplett abzuschotten.

6. Fast elf Stunden am Tag: Mediennutzung bleibt hoch
(dwdl.de, Alexander Krei)
Alexander Krei fasst die Ergebnisse der Mediennutzungsanalyse des Privatsenderverbands Vaunet für das Jahr 2024 (PDF) zusammen. Demnach verbrachten die Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr durchschnittlich zehn Stunden und 53 Minuten pro Tag mit der Nutzung von Medien. Wohlgemerkt: pro Tag, nicht pro Woche.

7. TV-Duelle vor der Bundestagswahl: Darfs auch ein bisschen weniger sein?
(radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 3:37 Minuten)
Zusätzlicher Link, da in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator die TV-Duelle rund um die bevorstehende Bundestagswahl: “Statt mit Schwertern wird heute mit Schlagworten, Statistiken und Slogans gekämpft. Die Arena ist das Fernsehstudio, und statt Blut will das Publikum rhetorische Knockouts sehen. Wer landet die beste Spitze? Wer hält am souveränsten Blickkontakt mit der Kamera? Wer kann seine vorbereiteten Powerphrasen am treffsichersten platzieren? Mit echten politischen Debatten hat das ungefähr so viel zu tun wie ein Horoskop mit Wissenschaft.”

Angriff auf Pressefreiheit, Anstalt ohne Leiter, Joyn kapert Mediatheken

1. Trumps Angriff auf die Pressefreiheit
(reporter-ohne-grenzen.de)
Der Staatsumbau in den USA geht Schritt für Schritt weiter und betrifft auch den Umgang mit Medien. Anja Osterhaus, Geschäftsführerin der Organisation Reporter ohne Grenzen, kommentiert: “Unter dem Deckmantel der Gleichbehandlung und Fairness sollen rechte Newsplattformen und Influencer die Plätze der etablierten Medien einnehmen. Die US-Regierung verfolgt damit eine klare Strategie: Kritischer Journalismus soll erschwert werden, erwünscht sind alle, die positiv über Präsident Trump und die Regierung berichten”.
Weiterer Lesetipp: Weißes Haus schließt Reporter von Veranstaltung aus: “Bereits während seiner ersten Amtszeit hatte US-Präsident Trump mehrere Fehden mit den Medien. Nun folgt eine weitere mit der Nachrichtenagentur AP. Auslöser ist offenbar deren Weigerung, den Golf von Mexiko “Golf von Amerika” zu nennen.” (tagesschau.de)

2. ZDF wirft Moderator aus “Die Anstalt” – wegen Parteiwerbung
(t-online.de)
Max Uthoff ist eines der prominenten Gesichter der ZDF-Satiresendung “Die Anstalt”, doch nach mehr als zehn Jahren musste die Anstalt gestern ohne ihn auskommen. Uthoff hatte zuvor öffentlich zur Wahl der Partei Die Linke aufgerufen, was aus Sicht des ZDF einen Automatismus hervorgerufen habe: “Jeder Staatsbürger hat das Recht, sich politisch zu betätigen. Wenn sich bildschirmprägende Protagonisten im Vorfeld von Wahlen politisch engagieren, dürfen sie allerdings in einem Zeitraum von sechs Wochen vor der Wahl nicht mehr im Programm auftreten. Das gilt auch für Max Uthoff.”

3. Ohne Zustimmung: Joyn kapert Mediatheken von ARD & ZDF
(dwdl.de, Alexander Krei)
Der zur ProSiebenSat.1-Sendergruppe gehörende Streamingdienst Joyn hat offenbar ohne die Zustimmung der öffentlich-rechtlichen Sender die Mediatheken von ARD und ZDF in seine Plattform eingebettet. Alexander Krei fühlt sich an ein ähnliches Vorgehen in Deutschlands Nachbarland erinnert: “Es scheint, als wiederhole ProSiebenSat.1 eine Strategie, die man schon vor mittlerweile fast zwei Jahren in Österreich mit einer erstaunlichen Mischung aus Hemdsärmeligkeit und Dreistigkeit umsetzte.”
Weiterer Lesetipp: “Wir haben einer solchen Integration ausdrücklich widersprochen”: “Dass ProSiebenSat.1 derzeit ungefragt die Mediatheken von ARD und ZDF bei Joyn übernimmt, stößt bei den Öffentlich-Rechtlichen auf Unverständnis. Gegenüber DWDL.de konkretisiert die ARD ihre Empörung.” (dwdl.de, Alexander Krei)

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4. TV-Duell – die große Analyse der Analysen
(youtube.com, Stefan Schulz, Video: 51:56 Minuten)
Stefan Schulz kritisiert in seinem Video die mediale Berichterstattung und politische Debatte rund um das TV-Duell zwischen den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und Friedrich Merz. Schulz zeigt auf, wie Widersprüche zwischen politischem Handeln und öffentlichen Äußerungen von Merz ignoriert oder verschleiert würden, während sich die Debatte stark auf Migration und Abschiebung verengt habe. Viele Medien und Podcasts hätten diese politische Schwerpunktsetzung weitgehend übernommen, ohne sie kritisch zu hinterfragen oder andere Perspektiven zu berücksichtigen.

5. Journalistinnen begnadigt
(taz.de, Daniela Sepehri)
Wie die “taz” berichtet, sind die iranischen Journalistinnen Niloofar Hamedi und Elahe Mohammadi, die über den Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini berichtet hatten und dafür zu langen Haftstrafen verurteilt wurden, nun begnadigt worden. Ihre Berichterstattung habe maßgeblich zur internationalen Aufmerksamkeit und den landesweiten Protesten beigetragen, weshalb das iranische Regime sie für die Unruhen verantwortlich gemacht habe. Menschenrechtsaktivisten sähen in der Begnadigung eine rein politische Entscheidung.

6. Neue Initiative will Einfluss von großen Social-Media-Konzernen begrenzen
(deutschlandfunk.de)
Die neue Initiative “Save Social” wolle den Einfluss großer Social-Media-Konzerne begrenzen, da deren Dominanz die Meinungsvielfalt und Demokratie gefährde: “Die Unterzeichnenden sehen dringenden Handlungsbedarf für alle, für Unternehmen, Verbände, gesellschaftliche Institutionen und die Politik auf nationaler und europäischer Ebene. Demokratiestärkende Angebote müssen ausgebaut, demokratieschädliche Plattformmonopole sollten ihre massiven Privilegien umgehend verlieren.” Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zählen Prominente wie Marc-Uwe Kling, Jan Delay und Greenpeace.

Gelöschter Leserbrief, Manipuliertes Foto, Migrationsfeindliche Tweets

1. Keine Belege “für geschilderten Hergang”
(tagesspiegel.de)
Der “Spiegel” hat in seiner aktuellen Ausgabe und online einen abfälligen Leserbrief über eine frühere Honorarprofessur von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz an der Universität St. Gallen veröffentlicht. Inzwischen ist klar: Diese Honorarprofessur hat es nie gegeben. Dementsprechend musste die “Spiegel”-Redaktion nun zurückrudern: “Wir haben den Vorgang überprüft, den Text depubliziert und bitten um Entschuldigung.”

2. Berliner Polizei bringt manipuliertes Foto in Umlauf
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Die Berliner Polizei habe ein Foto eines Protestbusses des “Zentrums für politische Schönheit” manipuliert und verbreitet, was von verschiedenen Medien zunächst ungeprüft übernommen worden sei. Als Begründung habe die Polizei gegenüber dem “Tagesspiegel” das “Neutralitätsgebot” angegeben. Das “Zentrum für politische Schönheit” werfe der Polizei außerdem fortgesetzte Schikanen im Zusammenhang mit dem Protestbus vor. Zudem sei die Sicherstellung des Fahrzeugs durch die Polizei umstritten.

3. Migrationsfeindliche Tweets der AfD nach Gewalttaten mit asylsuchenden Tatverdächtigen
(cemas.io, Joe Düker)
AfD-Accounts würden auffällig viele migrationsfeindliche Tweets unmittelbar nach Gewalttaten mit tatverdächtigen Asylbewerbern veröffentlichen, insbesondere nach den Anschlägen in Mannheim, Solingen und Aschaffenburg. Die Analyse zeige, dass die AfD damit ihre langjährigen Positionen verstärke, während sich auch andere Parteien mit Forderungen nach härteren Asyl- und Abschieberegelungen positionieren würden.

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4. Gewerkschaften und Produzenten einigen sich beim Thema KI
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Der Bundesverband Schauspiel und Verdi hätten mit der Produktionsallianz einen Tarifabschluss zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Herstellung von Film- und Fernsehproduktionen erzielt. Timo Niemeier fasst bei “DWDL” zusammen, worauf sich die verschiedenen Seiten geeinigt haben. Die Tarifregelung zum Einsatz generativer KI trete am 1. März 2025 in Kraft und gelte zunächst bis zum 30. Juni 2026.

5. Angriff auf linke Zeitung “Birgün”
(taz.de, Wolf Wittenfeld)
Drei führende Mitarbeiter der türkischen Zeitung “Birgün” seien verhaftet worden, nachdem sie über ein Treffen des Generalstaatsanwalts Akın Gürlek mit einem regierungsnahen Journalisten berichtet hatten. Das habe die gesamte türkische Medienszene auf den Plan gerufen: “Es gab massive Proteste zunächst in den sozialen Medien und am Sonntag dann auch vor dem Gericht im Istanbuler Stadtteil Çağlayan, wo die drei Manager dem Haftrichter vorgeführt werden sollten. Hunderte KollegInnen der Birgün-Leute versammelten sich vor dem Gericht, um ihre Solidarität und ihren Protest auszudrücken.”

6. TikTok verliert vor Gericht mit seinem Fake-Meldesystem
(youtube.com, Anwalt Jun, Video: 12:01 Minuten)
Der Anwalt Chan-jo Jun und dessen Kollegin Jessica Flint sprechen in ihrem Video über einen Rechtsstreit gegen TikTok. Die Plattform habe einen den Anwalt betreffenden Fake-Account trotz mehrfacher Meldungen nicht gelöscht. TikTok habe vor Gericht argumentiert, dass die Meldungen nicht über das “richtige” Formular eingereicht worden seien, sondern über einen leicht zugänglichen, aber letztlich nutzlosen Melde-Button, der nur zu einer automatisierten Prüfung führe. Das Landgericht München habe nun zugunsten von Jun entschieden.

Unbeachteter Staatsstreich, Schnitt-Kritik, Schlagabtausch ums Klatschen

1. Trump & Musk: Staatsstreich in den USA & keiner kriegt es hier mit?
(volksverpetzer.de, Annika Brockschmidt)
Annika Brockschmidt kritisiert, dass deutsche und internationale Medien einen von Elon Musk und Donald Trump initiierten Staatsstreich nicht als solchen benennen, sondern ihn verharmlosen oder weitgehend ignorieren: “Wenn ein Staatsstreich in einem Land passiert, das zu Deutschlands wichtigsten Verbündeten zählt und das die größte Volkswirtschaft der Welt darstellt, sollte man meinen, dass das Schlagzeilen machen würde. In den Vereinigten Staaten von Amerika reißt seit Tagen ein nicht-gewählter Oligarch unermessliche Macht an sich, und deutsche Medien berichten weitgehend, als sei das alles ‘politics as usual’.”
Weiterer Lesehinweis: Auf der Social-Media-Plattform Bluesky kommentiert der “6-vor-9”-Kurator eine Schlagzeile von tagesschau.de: “Liebe Tagesschau, bei allem Verständnis für unaufgeregte und neutrale Berichterstattung, aber ein Staatsstreich ist kein ‘Bürokratieabbau’. So wenig wie eine Enthauptung eine Kopfschmerztherapie ist.”

2. Woher nimmt das ZDF das Publikum für seine Politsendungen?
(spiegel.de, Matern von Boeselager)
In der ZDF-Wahlsendung “Schlagabtausch” habe das Publikum auffällig oft für Beiträge der Grünen und Linken geklatscht, was zum Vorwurf geführt habe, das Publikum sei gezielt linkslastig ausgewählt worden. Im “Debattencheck” des “Spiegel” geht Matern von Boeselager der Frage nach, ob dahinter ein “gezieltes Casting” steckte.
Weiterer Lesehinweis: Boris Rosenkranz schreibt bei “Übermedien” ebenfalls über “die Aufregung über das Publikum in der ZDF-Wahlsendung”: “Aber was waren das denn für Menschen dort – und wieso offenbar solche, die ganz offensichtlich Positionen der Grünen und insbesondere der Linken unterstützen?”

3. ZDF weist Kritik an Bericht über CDU-Parteitag “scharf zurück”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Und noch einmal das ZDF: Ein Bericht der Nachrichtensendung “heute” über den CDU-Parteitag sorgt für Kritik, insbesondere wegen eines Bildschnitts. Vor diesem Schnitt ist Kanzlerkandidat Friedrich Merz und dessen Absage an die AfD zu sehen, nach dem Schnitt skeptisch blickende Delegierte – obwohl es tatsächlich Jubel für Merz’ Aussage gegeben habe (der in dem “heute”-Beitrag an anderer Stelle auch zu sehen ist). NRW-Medienminister Nathanael Liminski, wie Merz CDU-Politiker, werfe dem öffentlich-rechtlichen Sender bewusste Falschdarstellung und einen Verstoß gegen journalistische Grundsätze vor. Das ZDF weise die Vorwürfe scharf zurück.

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4. Propaganda im Sinne der Partei
(taz.de, Florian Bayer)
Florian Bayer beschreibt, wie die FPÖ in Österreich eine radikale Neugestaltung der Medienlandschaft plane, insbesondere durch Einschnitte beim öffentlich-rechtlichen ORF und eine Umverteilung staatlicher Inserate zugunsten rechtspopulistischer Alternativmedien. Die Partei attackiere kritische Medien offen, wie etwa mit der Bezeichnung der Tageszeitung “Der Standard” als “Scheißblatt” und wolle den ORF finanziell aushungern. Bayers Fazit: “Ob es der FPÖ gelingt, ihre Vorhaben umzusetzen, liegt jetzt vor allem an der ÖVP und der Frage, wie weit sie Herbert Kickl entgegenkommt.”

5. X muss relevante Daten für Forschung freigeben
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Das Berliner Landgericht habe entschieden, dass die Plattform X/Twitter nach dem Digital Services Act der Wissenschaft Zugang zu öffentlich zugänglichen Daten gewähren muss, damit diese systemische Risiken wie beispielsweise Wahlbeeinflussung untersuchen kann. Aufgrund der Klage der Wahlbeobachtungsorganisation Democracy Reporting International und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) müsse X nun bis zum 25. Februar unbeschränkten Echtzeit-Zugang zu diesen Daten bereitstellen. Die GFF werte das Urteil als “riesigen Erfolg für die Forschungsfreiheit und unsere Demokratie”.

6. Amazon Prime Video droht nach Patentstreit Abschaltung in Deutschland
(zeit.de)
Einer Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf zufolge verletze der Streamingdienst Amazon Prime Video in Deutschland ein Streamingpatent von Nokia und dürfe daher seinen Dienst in der bisherigen Form nicht weiter anbieten. Andernfalls drohe eine hohe Geldstrafe. Bereits zuvor habe Nokia erfolgreich gegen Amazons “Fire-TV”-Sticks geklagt, wodurch einige Geräte vom Markt genommen werden mussten.
Ergänzung: Thomas Lückerath sieht in Überschriften wie der im oben verlinkten Artikel von “Zeit Online” nur “lukratives Clickbait statt Journalismus”: “Nokia gewinnt vor dem Landgericht Düsseldorf in einem Patentstreit gegen Amazon – und die deutschen Medien drehen durch. Binnen Stunden schreibt man voneinander das Märchen vom Aus des Streamingdienstes ab. Die Realität ist weniger spektakulär.” (dwdl.de)

KW 06/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Unabhängiger Journalismus bedroht
(youtube.com, Stefan Kappacher, Video: 21:00 Minuten)
In der ORF-Sendung “Zeit im Bild” spricht Stefan Kappacher mit Daniela Kraus, Generalsekretärin des “Presseclubs Concordia”, über die österreichische Medienlandschaft. Dabei geht es auch um die Frage, ob eine FPÖ-ÖVP-Regierung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, zu dem auch der ORF gehört, nach ungarischem Vorbild umgestalten könnte.

2. Politische Haltung im Journalismus und Brandmauerfall
(wdr.de, Steffi Orbach, Audio: 47:26 Minuten)
Auch das WDR5-Medienmagazin “Töne, Texte, Bilder” behandelt die drohende Einflussnahme der FPÖ auf den ORF in Österreich. In der Sendung kommen daneben noch weitere Themen vor: die Rolle des Journalismus im Bundestagswahlkampf, insbesondere im Hinblick auf politische Neutralität, das chinesische KI-Modell “DeepSeek” und seine möglichen Auswirkungen auf die globale KI-Landschaft sowie neue Studien zur Corona-Berichterstattung und deren Lehren für die Zukunft. Außerdem geht es um die veränderte Medienstrategie des Weißen Hauses unter der neuen US-Regierung und um einen kritischen Blick auf die Berichterstattung rund um die sogenannte “Brandmauer”.

3. KI im Wahlkampf: Wenn die KI Wahlkampf für die AfD macht
(br.de, Jonathan Schulenburg, Audio: 30:55 Minuten)
“BR24 Medien” thematisiert den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Wahlkampf, insbesondere durch KI-generierte Influencerinnen, die traditionelle Frauenbilder verbreiten und für die AfD werben. Es geht in der Sendung aber auch um die Frage, wie die großen Parteien KI einsetzen. Ein weiterer Aspekt sind KI-gestützte Wahlhelfer wie “wahl.chat”, ihre Funktionen und die Akteure dahinter.

Bildblog unterstuetzen

4. Wie viel Emotion und Story braucht ein guter Politikpodcast?
(deutschlandfunkkultur.de, Ina Plodroch & Marcus Wolf & Yves Bellinghausen, Audio: 41:35 Minuten)
Ina Plodroch, Marcus Wolf und Yves Bellinghausen sprechen über Storytelling in politischen Podcasts und darüber, wie Emotionen dabei eine zentrale Rolle spielen. Als Beispiel dient ihnen der “New-York-Times”-Podcast “Rabbit Hole”, der den Einfluss von YouTube-Algorithmen auf Radikalisierungsprozesse untersucht. Die drei analysieren die Machart und Erzählweise des Podcasts, insbesondere die forensische Aufarbeitung der YouTube-Historie eines Protagonisten, die einen starken Sog erzeuge. Außerdem diskutieren sie darüber, wie Algorithmen unser Medienverhalten beeinflussen.

5. Gefühlskiller Social Media
(arte.tv, David Borenstein, Video: 1:21:02 Stunden)
“Ein Mann liegt in seinem Bett, beleuchtet vom blauen Licht seines Mobiltelefons. Auf dem Bildschirm ziehen niedliche Haustiere, empörte Meinungsartikel und eindringliche Bilder aus den Brennpunkten der Welt vorbei – doch er fühlt absolut nichts. Ist dieses Phänomen das Ergebnis bewusster Absichten? Wenn ja, wer sind die Drahtzieher und was haben sie davon, unsere Affekte auf diese Weise zu manipulieren?” Der dänische Dokumentarfilmer David Borenstein ist der Frage nachgegangen, ob die Sozialen Medien zu einem Abstumpfungseffekt führen.

6. Zwischen Blockbuster und Arthouse – Filmkritik im Wandel
(sr-mediathek.de, Thomas Bimesdörfer & Michael Meyer, Audio: 17:56 Minuten)
Michael Meyer und Thomas Bimesdörfer sprechen mit dem Filmjournalisten Knut Elstermann über die Zukunft des Filmjournalismus. Themen sind der Rückgang der ausführlichen Filmberichterstattung in Zeitungen, das Nischendasein klassischer Filmmagazine und die zunehmende Selbstvermarktung von Filmstars und Studios über Social Media.

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BILDblog-Klassiker

neu  

Von Katzen und dummen Menschen

Gestern berichtete “Bild”:

… und okay-okay, im letzten Absatz, ganz am Ende ihrer Berichterstattung hat “Bild” im Vornamen der darin zitierten Tierschützerin “Annelise Krauß” ein “e” vergessen. Aber selbst Anneliese Krauß findet das nicht so schlimm. Allerdings steht ihr Name natürlich nicht nur zum Spaß in “Bild”. Zitiert wird sie dort – und zwar wie folgt:

‘Das ist so schlimm wie grausame Tierversuche’, wettert Annelise Krauß vom Tierschutzverein Dresden.”

Und das sei nun wirklich “Quatsch”, sagt Krauß, wenn man sie fragt. Weil sie nämlich den von “Bild” zitierten Satz weder gewettert noch gesagt habe. Im Gegenteil: “Das wäre ja auch idiotisch,” sagt Krauß, “denn wenn es um tote Tiere geht, dann ist das ja kein Problem des Tierschutzes!” Zusammenfassend sagt uns die Tierschützerin über die Erfindung von Christian Koch (der laut “Bild” ja “aus Katzen Benzin machen” kann):

“Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen.”

Und genau so habe sie das im Übrigen auch zu “Bild” gesagt. (Aber, so Krauß weiter, wenn “der Herr Helfricht”, also einer der Autoren des “Bild”-Artikels, sie anrufe, dann wisse sie schon aus Erfahrung, dass hinterher Sachen in “Bild” stünden, die sie so gar nicht gesagt habe. Das gehe in Dresden schließlich schon über zehn Jahre so, so Krauß. — Und soviel vielleicht nur zum letzten Absatz des obigen Artikels.)

Kommen wir zum Rest, dem Eigentlichen, also darum, dass “Dr. Christian Koch (55) aus Kleinhartmannsdorf (Sachsen)”, wie es in “Bild” heißt, “aus Katzen Benzin machen” könne: Denn dass die “Benzin”-Überschrift Unsinn ist, verrät schließlich schon der dazugehörige “Bild”-Text selbst, weil darin nur von “Bio-Diesel” oder “Diesel” die Rede ist… Tatsächlich aber hat Koch offenbar eine ungewöhnliche und effektive Alternativmethode zur Treibstoffgewinnung entwickelt: die katalytische drucklose Verölung (KDV), über die beispielsweise schon der MDR im Mai 2003, 3sat im Juli 2004, die “Welt” im Januar 2005, die “Pirmasenser Zeitung” im Juli, der RBB vergangene Woche oder auch RTL berichteten. Und all diesen Berichten ist eines gemein: dass sie dem Gegenstand, über den sie (durchaus auch kritisch) berichten, gerecht werden.

“Bild” indes nennt Kochs Erfindung einen “Spezialreaktor” und schreibt Sätze wie diesen:

“Die Katzen-Kraft lässt sich theoretisch exakt berechnen: Aus einem ausgewachsenen 13-Pfund-Kater könnten 2,5 Liter Sprit entstehen, vier Miezen würden für 100 Kilometer reichen, für eine Tankfüllung wären 20 tote Katzen erforderlich.”

Und fragt man einfach mal nach bei dem “Mann, der (Stuben-)Tiger in den Tank packen kann” (“Bild”), antwortet Christian Koch, der “Bild”-Bericht habe “nichts mit der Wahrheit zu tun” und sei “zudem grenzenlos dumm”. Koch weiter:

“Wie kann man mit gekochtem tierischen Material Auto fahren? Wasser würde jeden Motor sofort zum Stillstand bringen. Hier wird an die niedrigsten Instinkte von dummen Menschen appelliert, um eine wertvolle Entwicklung zu verunglimpfen. (…) Mir zu unterstellen, dass ich mit Tierkadavern herumhantiere, ist kriminell. Das ist nicht im geringsten der Inhalt der Entwicklung und kann deshalb nur als gezielte Verleumdung angesehen werden.”

Auf der Website von Kochs Firma heißt es zudem inzwischen:

Mit Dank an Jan S. für die Anregung.
 
Nachtrag, 12:15:
“Bild” hat die Sache mit der “Katzen-Kraft” heute noch einmal aufgegriffen:

Darf man aus Katzen wirklich Benzin machen?

Doch wenn es jetzt etwas vorsichtiger als gestern heißt, dass Christian Koch “theoretisch auch aus Katzen” Bio-Diesel herstellen “könnte”, wenn jetzt nicht Koch, sondern ein Konkurrent die gestern von “Bild” aus der Luft gegriffene Skandalisierung zurechtrücken darf, wenn nun auch die gelassene Position der Tierschützer weniger sinnenstellend als gestern wiedergegeben wird und sich im heutigen “Bild”-Bericht immerhin ein einziger halbwegs sinnvoller Satz (“Die Diskussion ist überflüssig”) wiederfindet, dann macht das alles den Nonsens von gestern weder ungeschehen noch besser — und sei es nur deshalb, weil es “Bild” offenbar immer noch nicht gelingen will, zwischen “Benzin” (Überschrift) und “Diesel” (Text) zu unterscheiden…

Mehr dazu hier und hier.