Klimakrise, Journalisten in Afghanistan, Die Hölle auf Speed

1. Objektivität ist eine Illusion
(taz.de, Valérie Catil)
“Texten über das Klima wird häufig vorgeworfen, zu viel Haltung zu zeigen und nicht objektiv genug zu sein”, schreibt Valérie Catil in ihrem Essay über die “Klimakrise im Journalismus”: “Dabei sind wir an so einem kritischen Punkt in der Klimakrise angekommen, dass die Plattformen, die nicht ernsthaft über sie schreiben, der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigt werden sollten.”

2. DJV warnt Medienschaffende vor Reisen in die Türkei: Bitte nicht pauschalisieren
(freitag.de, Barış Altıntaş)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte auf die Festnahme einer Bundestagsabgeordneten bei deren Einreise in die Türkei mit einer Art Reisewarnung für Journalistinnen und Journalisten (siehe die “6 vor 9” vom vergangenen Dienstag). Barış Altıntaş fragt im “Freitag”: “War es eine Überreaktion des DJV?” Für eine differenzierte Antwort hat Altıntaş mit mehreren Medienschaffenden und -experten in der Türkei gesprochen, und die widersprechen dem DJV zum Teil, stimmen ihm in manchen Punkten aber auch zu.

3. Reichelt revanchiert sich
(jungle.world, Markus Liske)
Markus Liske hat sich durch “Nius” gekämpft, ein neues Medienangebot, das “die Stimme der Mehrheit” verkörpern will und dessen Gesicht der geschasste “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt ist: “Dass der geradezu minimalistisch enge Meinungskorridor, den Nius abbildet, tatsächlich ‘die Stimme der Mehrheit’ wiedergibt, darf bezweifelt werden. Selbst rechte Gesinnungen in diesem Land sind deutlich vielfältiger.” Liskes Fazit: “Derzeit dient Nius hauptsächlich dazu, Julian Reichelt im Gespräch zu halten. Das immerhin scheint geglückt.”

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4. Taliban nehmen neun Journalisten fest
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen berichtet über die erschütternde Situation für Medienschaffende in Afghanistan: “In den vergangenen elf Tagen ließen die Taliban landesweit insgesamt neun Journalisten verhaften. Faqir Mohammad Faqirzai, Jan Agha Saleh, Haseeb Hassas, Habib Sarab, Sayed Wahdatullah Abdali, Shamsullah Omari, Wahidrahman Afghanmal, Ataullah Omar und Parwiz Sargand wurden bei Razzien in fünf afghanischen Provinzen ohne Angabe von Gründen verhaftet. Mit einer Ausnahme sind alle noch in Haft.” Der Text wirft auch einen kritischen Blick auf das Mitte Oktober 2022 angelaufene Bundesaufnahmeprogramm Deutschlands.
Noch ein zusätzlicher Hörtipp: Eine positive Nachricht aus einem völlig anderen Land: Natalie Amiri berichtet, dass die im Iran verhaftete Journalistin Nazila Maroofian offenbar wieder frei ist (deutschlandfunk.de, Audio: 5:50 Minuten).

5. Razzia bei Zeitung in Kansas sorgt für Entrüstung
(spiegel.de)
Die kleine Wochenzeitung “Marion County Record” aus dem US-Bundesstaat Kansas, die laut “New York Times” eine Auflage von etwa 4.000 Exemplaren hat, steht im Zentrum einer großen Debatte um die Pressefreiheit in den USA. Beamte hatten die Redaktionsräume des “Record” sowie das Haus des Herausgebers durchsucht und unter anderem Computer und Handys beschlagnahmt. Große Medienorganisationen sind von der Razzia entsetzt, sogar das Weiße Haus schaltete sich ein: Der Vorgang böte Grund zur Sorge. Inzwischen soll der Durchsuchungsbeschluss wieder zurückgezogen und die beschlagnahmten Geräte zurückgegeben worden sein.

6. Süchtig nach TikTok
(uebermedien.de, Armin Wolf)
In der neuen “Übermedien”-Serie “Geheime Leidenschaften” stellen “bekannte Leute Mediendinge vor, die sie mögen – obwohl man das vielleicht von ihnen nicht erwartet hätte.” Den Anfang macht der österreichische Journalist Armin Wolf, der über seine TikTok-Sucht schreibt: “TikTok ist die Hölle. Glauben Sie einem demnächst 57-Jährigen. Ich habe keine Erfahrung mit herkömmlichen Drogen oder anderen Substanzen, die süchtig machen. Aber der Algorithmus von TikTok ist die Hölle. Auf Speed.”