Katastrophe für den Dokumentarfilm, historische Floskel, MV-“Katapult”

1. Die “authentischere” Realität
(taz.de, Peter Weissenburger)
Peter Weissenburger kommentiert die in großen Teilen geskriptete und inszenierte NDR-Doku “Lovemobil” über Sexarbeiterinnen: “Am Ende ist es eine Katastrophe für den Dokumentarfilm und das Vertrauen zwischen Filmemacher*in­nen und Redaktionen. Vor allem aber für Debatten über Sexarbeit. Die sind ohnehin verzerrt von klischierten fiktionalen Darstellungen. Wenigstens dem, was sich als Fakt verkauft, sollte man trauen können.”
Weiterer Lesehinweis: “Lovemobil”-Macherin gibt Dokumentarfilmpreis zurück (dwdl.de, Uwe Mantel).

2. NYT-Korrespondentin: “Stimmung in den Medien gekippt”
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 5:16 Minuten)
Der Deutschlandfunk hat sich mit Melissa Eddy, der Deutschland-Korrespondentin der “New York Times”, über ihre Sicht auf die hiesige Corona-Berichterstattung unterhalten. Eddy stellt einen Wandel in der medialen Debatte über die Pandemiebekämpfung fest: Anfangs sei die Diskussion nicht so politisch geführt worden, nun habe sich die Stimmung gedreht.

3. historisch
(journalist.de, Sebastian Pertsch & Udo Stiehl)
Sebastian Pertsch und Udo Stiehl stellen im “journalist” regelmäßig Floskeln vor, die sie nerven. Diesmal ist es das kleine Wörtchen “historisch”: “Was häufig bei diesen Verknappungen auf ‘historisch’ fehlt: Was ist denn nun so bedeutsam an der genannten Historie? Besser ergänzen und präzisieren! Zum Beispiel: Stärkster Schneefall in Madrid seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Juventus Turin zum 20. Mal im italienischen Pokal-Finale. Historisch bedeutsamer Einbruch der deutschen Wirtschaft im Jahr 2020. Wird das Adjektiv ‘historisch’ ohne Erklärung gebraucht, ist es eine nichtssagende Nullnummer.”

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4. Sorglos hassen
(faz.net, Fridtjof Küchemann)
Dem britischen “Guardian” wurde ein dreihundert Seiten starker Auszug aus den Richtlinien für Facebook-Moderatoren zugespielt, der zeigt, wie halbherzig der Social-Media-Konzern gegen Hassrede vorgeht. Fridtjof Küchemann schreibt dazu: “Selbst wenn einem der Facebook-Definition gemäß Prominenten der Tod gewünscht wird, überschreitet das erst dann eine Grenze, wenn der Angefeindete darin getaggt, also auf eine Weise markiert worden ist, die ihn unmittelbar auf diesen Beitrag hinweist. Was ein solcher Aufruf vielleicht gerade dann für die Sicherheit eines Betroffenen bedeuten kann, wenn er nicht direkt auf die Notiz gestoßen wird, ist Facebook offenbar gleichgültig.”
Weiterer Lesehinweis: “Das Bundeskartellamt will das Datensammeln von Facebook einschränken. Ob es das darf, sollten Richter in Düsseldorf klären. Doch die reichen den Fall erst mal weiter.” Facebook ist zu groß für Düsseldorf (zeit.de, Ann-Kathrin Nezik).

5. Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 195 vom 24.3.2021
(netzwerkrecherche.org, Kuno Haberbusch & Albrecht Ude)
Am 1. April feiert das Netzwerk Recherche (nr) seinen 20. Geburtstag. Im aktuellen nr-Newsletter blicken Kuno Haberbusch und Abrecht Ude auf die Gründungszeiten zurück: “Damals und heute – vieles hat sich verändert. Und manches war damals noch gar kein Thema, ist aber heute relevant und unverzichtbar. Zum Beispiel, wie der Digital-Journalismus unsere Branche bereichert, spannende Projekte liefert. Oder das Engagement für gemeinnützigen Journalismus. Oder die Bemühungen, gemeinsam mit vielen anderen die Medienkompetenz für Schüler zu stärken. Aber auch, für verbesserte Auskunftsrechte durch entsprechende Informationsfreiheitsgesetze zu kämpfen. Alles Themen und Herausforderungen, die zum Alltag unseres Vereins gehören.”

6. Warum jetzt ein regionales KATAPULT?
(katapult-mv.de, Benjamin Fredrich)
Die umtriebigen Herausgeber des “Katapult”-Magazins wollen in Mecklenburg-Vorpommern den Regional- beziehungsweise Lokalzeitungsmarkt aufmischen: “Viele Menschen in Mecklenburg-Vorpommern haben in ihrer Region nur eine einzige Regionalzeitung. Wenn’s schlecht läuft, ist es der fremdenfeindlich arbeitende Nordkurier. Wir wollen die Monopolstellung dieser Zeitung brechen und die dringend notwendige journalistische Vielfalt in die Region zurückholen! Deshalb gründen wir die neue Lokalzeitung KATAPULT MV.”