“Bild”-Briefonkel Franz Josef Wagner hat einen Helden: Bundestrainer Jogi Löw. Und Helden …
Helden schicken wir nicht einfach so in die Pampa.
Soll heißen: Wagner findet, dass Löw nach der 0:6-Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Spanien bitte, bitte nicht zurücktreten soll. In seinem heutigen Brief schreibt er:
Lieber Jogi Löw,
viele erwarten, dass Sie aufgeben nach dem Spanien-Debakel. Bitte geben Sie nicht auf! Was für ein Leben wäre es für Sie, wenn Sie aufgeben? Ein Leben der Leere. Ein Einsamkeitsgrauen. Ein Leben von Gott und den Menschen verlassen.
Ein Mensch, der aufgibt, ist verloren. Ich bin verliebt in Sieger, noch mehr verliebt bin ich in Nicht-Aufgeber.
Wenn Jogi Löw sich nicht aufgibt, dann kann vielleicht die Nationalelf wieder siegen.
Jogi Löw war ein Held. Helden schicken wir nicht einfach so in die Pampa.
Herzlichst
Franz Josef Wagner
Vor gut einem Monat, am 13. Oktober, schreibt Franz Josef Wagner ebenfalls an Jogi Löw. Auch da bestimmt im Ton, inhaltlich aber etwas anders:
Wie schnell das Licht erlischt, das einmal brannte. Jogi Löw, der Weltmeister. Jogi Löw, die Stilikone im weißen, taillierten Hemd. Populärer war kein Bundestrainer.
Leider, lieber Joachim Löw, gibt es keinen Ewigkeitsruhm. Ihre Mannschaft spielt schlecht. Sie stellen schlecht auf, sie wechseln schlecht aus. (…)
Wenn mich jemand fragt, ob ich einen neuen Bundestrainer will, dann sage ich Ja.
Die Verbindung Wagner-Löw ist wie eine Achterbahnfahrt. Im März 2019 schreibt Wagner an den Nationaltrainer und über die Spieler Serge Gnabry und Leroy Sané:
Warum hat Jogi Löw die jungen tollen Spieler nicht mit zur WM 2018 nach Russland genommen?
Sein Fehler war, dass er nicht an die Jugend glaubte. Jogi Löw ist 59. Es fällt ihm schwer, alt zu sein.
Die Spieler haben ihm seine Jugend wiedergegeben. Sie sind sein zweiter Frühling.
… was aus rein biologischer Sicht ein kleines Wunder darstellt, schließlich war der Zweite-Frühling-Jogi laut Wagner eigentlich schon längst “verwelkt”. Vier Monate vor der Löw-Auferstehung, im November 2018, schreibt der “Bild”-Kolumnist:
Lieber Joachim (Jogi) Löw,
ich muss die Natur bemühen, um Sie zu beschreiben. Es gibt die Zeit, wo die Natur erblüht, und die Zeit, wo sie verwelkt. Sie befinden sich in der Zeit des Welkens. (…)
Was mich wundert, ist, dass Sie immer noch Bundestrainer sind. Eigentlich geben nach Misserfolgen Männer, Frauen ihr Amt auf. Ich mag Joachim Löw persönlich sehr. Er ist ein netter, unterhaltsamer Mann. Aber er ist eine verwelkte Blume.
Wagners aktuelle Löw-Verteidigung ist auch deshalb eine überraschende Wendung (gut, bei Wagner vielleicht nicht so ganz überraschend), weil seine Ansage im Oktober 2018 nicht klarer hätte sein können:
Jogi Löw, das ist das Ende des Traums. Wachen Sie auf und treten Sie zurück.
Und auch im Juni 2018 klang es bei Wagner so, als könnte man Helden doch “einfach so in die Pampa” schicken:
Lieber Jogi Löw,
wenn ich jetzt schreibe, dass Sie zurücktreten sollen, dann ist mein Motiv nicht Rache, Vergeltung. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie Sie jetzt weitermachen wollen. Sie sind ein geschlagener Mann.
Mit Dank an Andreas W. für den Hinweis!