Ein Freund von mir hat vor Jahren eine gute Erfahrung mit einem Heilpraktiker gemacht. Er fühlte sich immer kränklich, hatte sich ein paar Mal untersuchen lassen, aber die Ärzte konnten nichts finden. Dann gab ihm jemand den Tipp, es mal bei einem Heilpraktiker zu probieren. Das tat er. Der Mann unterhielt sich mit ihm und schon nach einem kurzen Gespräch war er sich sicher, die Ursache des Problems gefunden zu haben. Er fragte meinen Freund: “Wissen Sie, was Ihnen fehlt?” Und gab die Antwort gleich selbst: “Zink.”
(Foto: Jean-Marie Tronquet)
Meine Freund war skeptisch, dachte aber: “Warum nicht? Ich probier das einfach Mal.” Er kaufte das Präparat, das der Heilpraktiker ihm empfohlen hatte, achtete in den Wochen darauf ein bisschen mehr auf seine Ernährung als sonst, und tatsächlich: Bald ging es ihm insgesamt besser.
Bis hierher klingt das noch alles ganz gut. Allerdings hat die Zink-Behandlung eine Nebenwirkung, die bis heute andauert. Wenn irgendjemand in der Gegenwart meines Freundes über ein Leiden klagt, Rückenschmerzen, eine Erkältung, plötzliche Schweißausbrüche oder ein Pochen im Zahn, hört er sich die Schilderung der Symptome geduldig an und stellt schließlich die Frage, die auch ihm gestellt wurde:
“In letzter Zeit spüre ich beim Treppensteigen immer so ein Ziehen in der rechten Schulter.”
“Vor allem im Winter hab’ ich Nierenschmerzen.”
“Wenn ich Fisch esse, spielt mein Magen verrückt.”
“Weißt du, was dir fehlt? Zink!”
Bislang hielt ich das lediglich für eine eigentümliche Marotte, aber dann las ich in der Zeitung die folgende Meldung. Und jetzt vermute ich, das Problem könnte doch etwas weiter verbreitet sein — und vor allem nicht nur meinen Freund betreffen.
In der kurzen Meldung stand, Forscher hätten herausgefunden, dass ein Trauma nach einem Unfall etwas weniger schlimm ausfallen könne, wenn die Menschen danach Tetris spielen.
Um ehrlich zu sein, ein bisschen hoffte ich, einen Fehler gefunden zu haben — einen Aprilscherz, der mit zwei Tagen Verspätung an irgendwem vorbei in die Zeitung gerutscht ist, aber im Internet inzwischen längst aufgeklärt wurde. Ich googlete das Ganze. War aber nicht so.
Auch der “Deutschlandfunk” meldete:
Ich fand allerdings noch eine andere Meldung. In der ging es um die Frage:
Intuitiv würde man eher vermuten, dass dieses Spiel Schlafstörungen verursacht, aber wenn es stimmt, was in diesem Text steht, scheint es unter gewissen Umständen auch ein Mittel dagegen zu sein.
Doch das ist noch nicht alles. Tetris kann offenbar noch viel mehr:
Und wenn man sich früher zwischen Kontaktlinsen und einer Brille entscheiden musste, dann hat man inzwischen noch eine dritte Möglichkeit:
Ich dachte darüber nach, ob es in der Wissenschaft vielleicht ganz ähnlich läuft wie bei meinem Freund mit dem Zink-Syndrom. Die Forscher sitzen mittags in der Kantine zusammen. Der verzweifelte Parkinson-Experte schüttet dem gut gelaunten Trauma-Fachmann sein Herz aus: “Seit Jahren suchen wir jetzt nach einem Mittel, aber wir kommen einfach keinen Millimeter weiter.” Und der Trauma-Forscher hat sofort eine Idee: “Wisst ihr, was euren Patienten fehlt?”
“Ähm, vielleicht Zink?”
“Nee. Ein Gameboy.”
Ich suchte weiter, und plötzlich war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob so ein Mechanismus nicht tatsächlich existiert.
Und nachdem man jahrelang probiert hat, sich die Zigaretten mit allem Möglichen abzugewöhnen, liest man nun: Es wäre so einfach gewesen.
Auch auf anderen Gebieten scheint das Spiel ein Wundermittel zu sein. Vielleicht lesen wir irgendwann die Nachricht:
Experte: Tetris gute Alternative zum Gymnasium.
Dafür würde jedenfalls diese Meldung sprechen:
Und wenn auch das mit den Betablockern stimmt, warum sollte Tetris dann nicht auch Aspirin ersetzen können?
Dann bräuchten wir sonntagsmorgens endlich keine Pharma-Produkte mehr, sondern könnten auf jedem Geburtstag so viel durcheinandertrinken, wie wir wollten. Wir müssten eben nur darauf achten, dass der Gameboy nach dem Aufwachen neben dem Bett liegt und genügend Akku hat.
So weit ist die Forschung aber noch nicht. Wenn man “Aspirin” und “Tetris” bei Google eingibt, findet man lediglich einen 17 Jahre alten Werbespot, in dem das Unternehmen “Bayer” für seine Schmerztabletten wirbt — mit einer Szene, die Tetris nachempfunden ist. Man könnte den Spot auch so verstehen, dass Aspirin gegen Tetris hilft, aber das ist wohl anders gemeint. Über den umgekehrten Zusammenhang erfährt man jedenfalls nichts. Und auch auf einige weitere Fragen fehlen bislang die Antworten:
Immerhin für die Unfall-Patienten gibt es jetzt eine gute Nachricht: Das Trauma fällt etwas weniger schlimm aus, wenn man nach dem Unfall ein paar Runden Tetris spielt. Aber es ließe sich unter Umständen vollständig vermeiden, wenn man komplett auf Tetris verzichtet. Dann baut man vielleicht erst gar keinen Unfall.