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“Bild”-Leser wissen weniger

Anders als Mainhardt Graf Nayhauß in seiner heutigen “Bild”-Kolumne schreibt, heißt der “Schuhverkaüfer” [sic!], der bei der Europa-Premiere von “King Kong” als Berlusconi auftrat, nicht Maurizio Antonius, sondern Maurizio Antonini.

Der Mann hatte schon Nayhauß’ Kollegen Iris Rosendahl und Jürgen Wenzel schwer verwirrt: “Und plötzlich tauchte da ein Staatsgast auf”, schrieben sie am Donnerstag in “Bild” über den “herrlichen” “Berlus-King-Kong” und blieben ratlos: “Isser’s oder isser’s nicht”?

Nayhauß war einen Tag später nur wenig schlauer. Dass die Doppelgänger-Aktion ein PR-Gag für den Berlusconi-kritischen Film “Bye, bye, Berlusconi” war, wusste er entweder nicht oder fand es nicht erwähnenswert.

Die Information, dass der echte Berlusconi “derweil in der Mailänder Oper erwartet” wurde, scheint Nayhauß dagegen exklusiv zu haben. Seine Kollegin von der “Berliner Morgenpost” behauptet jedenfalls, persönlich in Rom nachgefragt und erfahren zu haben, dass Berlusconi im Palazzo Chigi, dem Sitz des Ministerpräsidenten in Rom, ein “Meeting” hatte.

P.S.: Als Punkt 10 seiner grundsätzlich aus Superlativen bestehenden “Top-10 der Woche” schreibt Nayhauß:

Der neuste Polit-Witz

… lautet: Wo geht es denn zum Aufbau Ost? Antwort: Immer den Bach runter.

Nun ja. Der stand schon am 21. Juli 2005 im “Tagesspiegel”, am 21. Januar 2005 im “Freitag” und am 11. November 2000 in der “Mitteldeutschen Zeitung”, die ihn in der “Wende-Revue” des “neuen theaters” gehört hatte.

Danke an Filippo R.!

Schlechtes Gespür

Ja, es stimmt tatsächlich, “Bild” hatte am vergangenen Dienstag exklusiv berichtet, dass der Fußballnationalspieler Kevin Kuranyi einen Werbevertrag mit der Softwarefirma Microsoft unterschrieben hat. Oder, in den Worten von “Bild”:

Im Text, dessen einzige Quellen offenbar die Vermarktungsfirma Sportfive und Kuranyi selbst sind, heißt es so schön:

Was für ein Jahr für Kevin Kuranyi. (…) und jetzt ist er auch noch der begehrteste deutsche Spieler. Sogar US-Milliardär Bill Gates will ihn! Der reichste Mann der Welt holt sich (…) die besten Spieler der Welt (…). Und aus Deutschland eben Kuranyi! Nicht Ballack, nicht Kahn — für Microsoft ist der Schalke-Stürmer der richtige Mann.

Und dann darf Sven Müller von der Vermarktungsfirma Sportfive, die laut “Bild” den Kontakt zwischen Microsoft und Kuranyi hergestellt hat, ausführlich zu Wort kommen, Kuranyi ein wenig lobhudeln und mit folgenden Worten schließen:

“Mit der Firma Rogon und Roger Wittmann hat er ein seriöses Team um sich.”

Nun ja, wir wissen zwar nicht, warum dieses PR-Gewäsch diese Information unbedingt in den Text musste, dafür aber, dass man über die Seriosität der Firma Rogon geteilter Meinung sein kann, wie sich heute beispielsweise im “Tagesspiegel” nachlesen lässt, und wie es gestern im “Kölner Express” stand.

Aber das sei hier nur nebenbei erwähnt. Ebenso wie die Tatsache, dass es sich bei dem Deal zwischen Microsoft und Kuranyi laut “Bild” um einen “Millionen-Vertrag” handeln soll, während “Express” und “Tagesspiegel” bloß von 200.000 Euro bzw. 300.000 bis 400.000 Dollar Honorar ausgehen.

Der “Express” macht auch ansonsten einen recht gut informierten Eindruck und wusste gestern schon, dass Lukas Podolski ein ähnliches Angebot der Firma Microsoft erhalten hatte:

Für Gates´ Imperium Microsoft sollte Poldi während der WM unter anderem ein Internet-Tagebuch führen. Dafür hätte der 20-Jährige 300.000 Euro kassiert. Podolskis Berater sagte ab.

In demselben Artikel konnte man gestern auch nachlesen, dass zuvor bereits Oliver Kahn und Michael Ballack entsprechende Anfragen “abgeblockt” hatten. Womit wir wieder bei “Bild” wären. Die schreibt nämlich heute, zwei Tage nach der Jubel-Meldung über den Deal zwischen Kuranyi und Microsoft und einen Tag nach dem “Express”-Artikel dies:

Aha. Der Text endet mit folgenden Worten:

Da hatten die zuerst gefragten Kahn, Ballack und Podolski ein besseres Gespür. Und das Angebot gleich abgelehnt…

Fassen wir also zusammen: Erst verbreitet “Bild” eine PR-Meldung mit Begeisterung als Exklusiv-Geschichte und überlässt die Recherche anderen. Und wenn die dann herausfinden, dass es gar keinen Grund zur Begeisterung gibt, ist “Bild” enttäuscht. Vom eigenen Überschwang bleibt bloß der Satz: “BILD berichtete exklusiv” — und Häme.

P.S.: Die Nachrichtenagentur dpa gab übrigens am Dienstag unter Berufung auf “Bild” eine Meldung heraus, die die Überschrift trug: “Kuranyi deutsche Werbe-Lokomotive für Microsoft — Millionenvertrag”. Und heute berichtet die “Netzeitung” über den “Ärger um Kuranyis Microsoft-Vertrag”. Dabei geht sie fälschlich davon aus, dass es sich bei den Absagen von Kahn, Ballack und Podolski um “Bild”-Informationen handelt. Auch nicht schön.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Hendrik G.

Kurz korrigiert (36)

Anders als Bild.de gestern berichtete, heißt der Mann, den Elton John heiraten will, nicht David Furnisch, sondern David Furnish.

Anders als Bild.de gestern berichtete, soll die Hochzeit nicht am 31. Dezember stattfinden (“am allarletzten Dezembertag, also Silvestar“), sondern am 21. Dezember.

Und anders als Bild.de gestern berichtete, ist auch das Datum, von dem an gleichgeschlechtliche Partnerschaften in England geschlossen werden können, nicht der 31. Dezember, sondern der 21. Dezember.

Danke an Olek für den Hinweis!

Nachtrag, 13.35 Uhr. Lustig: Da steht die fehlerstrotzende Meldung einen Tag lang online, aber keine 45 Minuten, nachdem wir drüber geschrieben haben, ist sie korrigiert.

Allgemein  

Kann man sich irgendwie ausmalen

“Hast du das hier gelesen? Der Marilyn Manson, dieser fiese Gruseltyp, hat geheiratet, und die Zeremonie soll unreligiös gewesen sein.” — “Echt? Woher weißt du das?” — “Steht hier bei teenhollywood.com. Krass, oder?” — “Der Hammer. Sollen wir da mal recherchieren?” — “Ach quatsch, das kann man sich ja wohl vorstellen, wie sowas aussieht, so total unreligiös, ich schreib’s schnell auf.”

Also fanden sich gestern in der Rubrik “Der neueste Klatsch aus dem Web” bei Bild.de folgende Zeilen:

Die Zeremonie fand auf einem alten Schloß in Irland an statt. Diese Tatsache plus dem gruseligen Bräutigam hört sich ja irgendwie nach einer unheimlichen Hochzeit an. Wie “Teenhollywood” meldet, soll die Trauung absolut unreligiös gewesen sein. Den Rest kann man sich ja irgendwie ausmalen — falls das nicht die Grenzen der Vorstellungskraft überschreitet.

Was konkret die “Grenzen der Vorstellungskraft” von Bild.de überschritt, lässt sich etwa so zusammenfassen: Das Paar tauschte kein Blut aus, heiratete “ganz brav und ohne große Skandale”, gab sich “ganz gesittet” und lauschte dem deutschen Revue-Sänger Max Raabe. Etwas anderes deutet übrigens auch teenhollywood.com nicht an.

Danke an Leander K. und “holy_moly”.

49,6 million ways to kill your lover

1975 glaubte der Musiker Paul Simon, es gebe doch bestimmt “50 ways to leave your lover”. Er selbst hat dann aber nicht einmal fünf gefunden, sondern, nun ja, diese:

1.) slip out the back
2.) make a new plan
3.) hop on the bus
4.) drop off the key

Aber damals gab es ja auch noch kein Google.

Sucht man mit der Internet-Suchmaschine heute nach “ways to leave your lover”, findet man in kürzester Zeit nicht nur dies, sondern auch fast 150.000 weitere Ergebnisse, woran Paul Simon natürlich nicht ganz unschuldig ist… Lässt man die Gänsefüßchen links und rechts der Wortfolge weg und sucht nach ways to leave your lover, sind es sogar weit über 60 Millionen Ergebnisse. Und ersetzt man die Gänsefüßchen durch einfache Anführungszeichen oder Apostrophe (‘ways to leave your lover’), ist die Ergebniszahl genau so riesig! (Was übrigens nicht weiter verwunderlich ist, weil die Google-Suchmaschine, der Apostrophe völlig schnurz sind, nur Ergebnisse findet, in denen irgendwo die Wörter ways, leave und lover vorkommen. Aber geschenkt: 60 Millionen ways sind knapp 60 Millionen mehr, als Paul Simon sich 1975 hätte träumen lassen, bzw. viel!)

Am gestrigen Sonntag nun berichtete die “Bild am Sonntag” über Robert James Petrick, der, wie in den Wochen zuvor auch schon hier und da zu lesen war, mit Hilfe der Internet-Suchmaschine Google den Mord an seiner Frau geplant haben soll. In der “BamS” liest sich das so:

Mordanleitung aus dem Internet - Tötete er seine Frau mit Google?

Und mal abgesehen davon, dass der Mann seine Frau gar nicht mit einer Internet-Suchmaschine, sondern mit einem Kissen umgebracht haben soll, hat die “BamS” weder Kosten noch Mühen gescheut, der Sache nachzugehen, und schreibt:

49,6 Millionen Hinweise spuckt die Internet-Suchmaschine bei “how to kill a man” (wie töte ich einen Menschen) aus.

Wie die “BamS” darauf kommt, dass es sich bei den gefunden Ergebnissen um “Hinweise” handelt, sei dahingestellt. Dass die “BamS” allerdings gar nicht nach der Wortfolge “how to kill a man” (knapp 650 Ergebnisse wie etwa dieses oder dieses) gesucht hat, sondern nach Internetseiten, auf denen irgendwo die Wörter how und to und kill und a und man zu finden sein sollen, zeugt allerdings von… zeigt sogar der in der “BamS” abgebildete Google-Screenshot: Die “BamS” hatte schlicht die falschen Anführungszeichen benutzt.

Daneben heißt es in der “BamS”:

Und das ist nun endgültig mehr als seltsam, wenn nicht gar völlig falsch. Wir jedenfalls haben keine anderen Quellen finden können, die berichten, dass Petrick selbst nach etwas so Dämlichem wie “how to kill a man” gesucht haben soll — zumindest fand sich nach Erscheinen der “BamS” bei entsprechender Google-Suche gerade mal ein einziger “Hinweis” — dieser.

Mit Dank an die zahlreichen Hinweisgeber bzw. reticon.de.

Es war einmal: ein Knast-Mädchen

Vielleicht ist es falsch, sich “Bild”-Redakteure als Journalisten vorzustellen. Bestimmt sehen sie sich eher als Geschichtenerzähler, und beim Märchen von der “hübschen Melanie”, die von “Bild” etwas irreführend “Miss Knast” genannt wird, war jetzt einfach mal eine Art Zwischen-Happy-End fällig.

Denn zur Freude der “Bild”-Zeitung hat es die 22-jährige Berlinerin, die seit zweieinhalb Jahren in Brasilien im Gefängnis sitzt, weil sie mit Kokain erwischt wurde, und zwischenzeitlich an einem “Miss Knast”-Wettbewerb teilgenommen hat, “jetzt”* auf das Cover der brasilianischen Zeitschrift “Trip” geschafft. Nun wird alles gut werden. Wenn man an Märchen glaubt. Oder der “Bild”-Zeitung.

Miss Knast macht jetzt Model-Karriere

(…) Karriere im Käfig: Verführerische Pose, heiße Spitzen-Dessous, dazu unschuldige blaue Augen und sexy Schmollmund — so macht Melanie jetzt die Brasilianer verrückt. Schon ihr Haftrichter schwärmt: “Sie ist schöner als die Bardot.”

Der Auftakt zu einer Model-Karriere — Melanies ganz große Chance?

(…) Noch bis Dezember 2007 muß sie im berüchtigten Frauenknast von Sao Paulo (649 Insassinnen) einsitzen. Dann könnte sie als Top-Model die Zelle verlassen.

“Bild”-Leser warten schon lange darauf. Schon am 21. Juni fragte “Bild”: “Ist eine Model-Karriere die große Chance der Deutschen?” Am 23. Juni schrieb “Bild”: “Jetzt träumt Melanie von einer Karriere als Model” und war sich sicher: “Um Jobangebote muß sie sich wohl dann keine Sorgen machen…”. Und bereits am 28. Juni berichtete “Bild” von dem erotischen Fotoshooting.

Die aktuelle Geschichte hat “Bild” offenkundig nicht selbst recherchiert, sondern aus der vor einem Monat erschienenen November-Ausgabe der Zeitschrift “Blond” abgeschrieben — daher stammt jedenfalls das von “Bild” leicht geänderte Zitat des Haftrichters. Aber “abgeschrieben” trifft es nicht, denn der Absatz mit dem Haftrichter geht in “Blond” noch weiter und enthält nicht ganz unwesentliche Informationen:

(…) zusammen mit einem konservativen TV-Moderator macht [der Haftrichter] gegen “Trip” mobil: eine Gefangene im Höschen, das gehe selbst in Brasilien nicht. Moralisten versus Unterhaltungsindustrie. Ein Skandal.

Der Berliner “Tagesspiegel” wusste vor einem Monat noch ein bisschen mehr über die unangenehmen Folgen des angeblichen Beginns einer strahlenden Model-Karriere:

(…) als die Fotos erscheinen, werden sie zum Politikum: Sao Paulos Tageszeitungen wettern, ob in den Gefängnissen alle alles dürften, sogar der Gouverneur von Sao Paulo gerät in Erklärungsnot. Und für Melanie wird der ersehnte Hauptgewinn erneut zur Niete: Weil im Gefängnis “ihre Extrawürste” nicht mehr auf Gegenliebe stoßen, wird “Melanie tagelang bedroht”, sagt ihr Anwalt. Dann dringt die Geschichte auch noch bis Berlin-Hellersdorf durch – das Sozialamt kürzt Melanie die Hilfe und streicht sie später ganz.

Ja, das hat “Bild” einfach weggelassen. Aber darauf kam es dann auch nicht mehr an. Denn schon die Geschichten vom ersten Platz und vom zweiten Platz bei der “Miss Knast”-Wahl seien Märchen gewesen, sagte Melanie dem “Tagesspiegel”:

Die angebliche Miss Knast Brasilien landete in der Endauswahl der Schönheiten auf den hinteren Plätzen.

*) Gleich viermal benutzt “Bild” in dem Artikel im Zusammenhang mit den Cover-Fotos das Wort “jetzt”. Die Fotos erschienen in “Trip”-Ausgabe 132. Die aktuelle Ausgabe ist 139. “Trip” ist eine Monatszeitschrift.

Danke an Max R. und Joachim W.!

Nachtrag, 25. November. Nur um genau zu sein: Der jüngste Artikel über die vermeintliche “Miss Knast” ist nicht in der gedruckten “Bild” erschienen, sondern nur bei Bild.de und vorher ähnlich in der Schwesterzeitung “B.Z.”.

Fusionshindernis “Bild”

Das Kartellamt hat massive Bedenken gegen die geplante Fusion der Axel Springer AG mit ProSiebenSat.1. Nach jetzigem Stand ist sie nicht genehmigungsfähig. Es geht um den drohenden mangelnden Wettbewerb im Fernsehwerbemarkt und im Anzeigenmarkt der überregionalen Zeitungen, vor allem aber um das Fast-Monopol der “Bild”-Zeitung im Markt der Boulevardzeitungen.

Kartellamts-Präsident Ulf Böge sagt im “Tagesspiegel”:

Bei Straßenverkaufszeitungen hat Springer mit „Bild“ 80 Prozent Marktanteil. Diese Position darf nicht durch redaktionelle oder werbliche Unterstützung des Fernsehens verstärkt werden.

Springer hatte behauptet, der Konzern gebe sich mit der Übernahme eine vergleichbare Struktur wie der Konkurrent Bertelsmann (“Stern”, RTL). Dem widerspricht Böge in der “FTD” heftig:

“Das ist der Unterschied vom Springer-Fall zu Bertelsmann, dass Springer mit der “Bild”-Zeitung eine marktbeherrschende Stellung einnimmt. Daher wäre es eine falsche Betrachtungsweise, wenn man sagen würde: Was Bertelsmann darf, muss Springer auch dürfen. (…) Die “Bild”-Zeitung könnte durch entsprechende werbliche Maßnahmen mehr Aufmerksamkeit erhalten, etwa durch Hinweise im Fernsehen darauf, was in “Bild” steht, Das würde eine sehr weit reichende Absicherung der ,Bild‘-Zeitung im Lesermarkt bedeuten – mit der Folge, dass dort noch weniger Wettbewerb herrscht.”

Der Medienkonzentrationsforscher Horst Röper erläutert in der “Frankfurter Rundschau”:

“Bild hat als die Milchkuh des Konzerns immer schon eine zentrale Stellung gehabt. Und verbunden mit der Marke Bild sind ja noch etliche weitere Aktivitäten von Springer. Die Verbundmöglichkeiten zwischen Bild und den TV-Sendern stellen die eigentliche Hürde im Fusionsverfahren dar. Diese zu entkräften, dürfte für Springer schwierig werden.”

Die “Berliner Zeitung” kommentiert:

Zwölf Millionen Menschen lesen täglich die Bild-Zeitung. Ihr Chefredakteur, Kai Diekmann, triumphierte zuletzt, “Bild” sei das neue Leitmedium der Republik. Gemeinsam mit den anderen Zeitungen und Zeitschriften aus dem Hause Springer dominiert sie nicht nur den Meinungs-, sondern auch den Anzeigenmarkt. Darf ein derart mächtiger Verlag auch noch die größte TV-Senderkette des Landes besitzen?

Nein, hat nun das Bundeskartellamt geurteilt. (…)

Erstmals hat das Kartellamt im Fall Springer/ProSiebenSat.1 medienübergreifende Aspekte bei der Beurteilung eines Fusionsvorhabens zu Grunde gelegt. Zu Recht. (…) Crossmediale Vermarktungsstrategien sind ebenso denkbar wie redaktionelle Verflechtungen und PR-Kampagnen für das jeweilige Schwesterunternehmen.

Springer wird nun also etwas von seiner Macht abgeben müssen. Das ist nicht nur gut für den Wettbewerb, sondern auch für die Meinungsvielfalt.

  

So knacken Sie den “Bild”-Kapierschutz

“So knacken Sie den CD-Kopierschutz”, lockt ein Artikel bei Bild.de. Aber keine Sorge, damit ist nicht etwa gemeint, verbotenerweise den Kopierschutz von CDs zu knacken:

Wer sich bisher geärgert hat, daß sich einige CDs nicht auf den MP3-Player überspielen lassen, kann sich jetzt an Sony BMG wenden. Die verraten nämlich per E-Mail, wie man den hauseigenen Kopierschutz umgeht.

Damit trifft Bild.de den Nagel nahezu auf den Kopf. Es geht allerdings nicht um Abspiel-, sondern um Sicherheitsprobleme: Eine Kopierschutz-Software auf den betroffenen CDs ist problematisch, weil sie sich tief im Windows-System verankert und versteckt, den Computer möglicherweise angreifbar macht und sich nicht ohne weiteres deinstallieren lässt. Und Sony BMG verspricht dummerweise auch nicht, dass jeder die CDs abspielen kann, der die Software nach der per E-Mail verschickten Methode deinstalliert hat.

Im Gegenteil:

You will, though, be unable to use the disc on your computer once you uninstall the components.

[Sie werden allerdings, sobald Sie die Komponenten deinstalliert haben, nicht mehr in der Lage sein, die CD auf Ihrem Computer zu benutzen.]

Das ist allerdings auch nicht extrem tragisch, da Sony BMG diesen Kopierschutz nicht in Deutschland, sondern nur auf amerikanischen CDs eingesetzt hat. Aber “So sorgen Sie dafür, dass Sie kopiergeschützte amerikanische CDs nicht mehr auf Ihrem Windows-Rechner abspielen können” wäre als Überschrift eben etwas zu lang gewesen.

Joschka Fischers Hochzeits-Tapes

Andreas Englisch ist “BILD-Reporter”, “BamS-Korrespondent”, “BILD-Vatikan-Experte”, “BILD-Vatikan-Korrespondent” und “BILD-Vatikan-Sonder-Korrespondent”. Laut AVAinternational.de “enthüllt Englisch die Geheimnisse, die sich hinter Fakten verbergen.”

Aber zurück zur Hochzeit von Minu Barati und Joschka Fischer. Denn wie der “Spiegel” in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, verlangt Barati nicht nur u.a. wegen einer irreführenden Foto-Montage auf der Titelseite Unterlassungserklärungen von “Bild”, sondern auch, weil “Bild”-Mann Andreas Englisch in seiner Hochzeitsberichterstattung die folgenden (zunächst gut informiert wirkenden) Sätze geschrieben hatte:

“Ein sechsköpfiges Streichorchester spielte Mozarts “Kleine Nachtmusik” und Vivaldis Frühlingsmotiv aus den “Vier Jahrezeiten”. Eine der Musikerinnen zu BILD: “Während der Feier saß Minus Töchterchen beim Bürgermeister.”
(Hervorhebung von uns.)

Und hatten nicht weltweit auch andere Medien unter Verweis auf die italienische “La Repubblica” geschrieben, zu Beginn der Zeremonie sei Mozarts “Kleiner Nachtmusik”, zum Abschluß der “Frühling” aus Vivaldis “Die vier Jahreszeiten” erklungen?

Der “Spiegel” findet die (zunächst recht harmlos wirkenden) Sätze in “Bild” dennoch “besonders pikant”. Und das mit Recht, denn wie “Bild” es geschafft hat, mit einer der Musikerinnen des sechsköpfigen Streichorchesters zu sprechen, ist mehr als rätselhaft. Laut Barati nämlich kam bei der Zeremonie, über die “Bild” so gut Bescheid zu wissen schien, die Hochzeitsmusik “vom Band”.

Und “Bild” hat laut “Spiegel” “diesen Teil der Unterlassungserklärung inzwischen unterzeichnet”. Bei Bild.de sind die Artikel über die Trauung zur Zeit “nicht verfügbar”.

Blutschande.Kinder und Volks.Glaube

“Patrick (27) und Susan (20) — seit dem
BILD-am-SONNTAG-Artikel vor einer Woche
ist kaum ein Tag vergangen, an dem nicht in
Zeitungen und TV-Beiträgen über die verbotene
Geschwisterliebe berichtet wurde.”
(“Bild am Sonntag” vom 22.8.2004)

“Bild” und “Bild am Sonntag” berichten seit August vergangenen Jahres über die von “Bild” und “Bild am Sonntag” wahlweise “Inzest-Paar”, “Inzest-Pärchen” oder “perverses Paar” genannten Geschwister Patrick Stübing und Susan Karolewski, das in den vergangenen Jahren gemeinsam vier “Blutschande-Kinder” gezeugt hat.

Am 16. August 2004 berichtete “Bild”:

Susan bekam einen Sohn. Er ist heute 3 Jahre alt, kann nicht laufen, nicht sprechen. Er ist geistig zurückgeblieben, weil seine Eltern Geschwister sind. Der Gen-Pool ist zu ähnlich! (…) Töchterchen Sarah kam zur Welt. Sie ist heute 17 Monate alt, auch sie geistig zurückgeblieben.

Am 17. August 2004 berichtete “Bild”:

Zwei ihrer Kinder sind geistig zurückgeblieben. Der Junge (3) kann noch nicht sprechen und nicht laufen. Ob das dritte Inzest-Kind (3 Monate) das gleiche Schicksal wie seine Geschwister hat, ist noch unklar.

Am 19. August 2004 berichtete “Bild”:

Zwei der Kinder sind geistig zurückgeblieben (BILD berichtete). Der älteste Sohn, Eric (3), kann noch nicht laufen, nicht sprechen.

Am 22. August 2004 berichtete “Bild am Sonntag”:

Die zwei älteren, Eric (3) und Sarah (17 Monate), leben wie das jüngste bei Pflegeeltern und sind geistig zurückgeblieben. Nur bei der kleinen Nancy (4 Monate) besteht noch Hoffnung, dass sie die verbotene Liebe ihrer Eltern ohne bleibende Schäden überstanden hat.

Am 24. August 2004 berichtete “Bild”:

Die Kinder Eric (3) und Sarah (17 Monate) sind behindert. Auch bei Nancy (4 Monate) sind Folgen der Blutschande zu erwarten (BILD berichtete).

Am 20. Oktober 2004 berichtete “Bild”:

Die Kinder sind geistig zurückgeblieben (…).

Am 22. April 2005 berichtete “Bild”:

Bei den beiden älteren Kindern steht fest: Sie sind geistig zurückgeblieben, weil die Eltern Geschwister sind und sich deren Gene zu wenig unterscheiden.

Wie “fest” das steht, ist zumindest fraglich. Denn vergangene Woche berichtete auch der “Spiegel” über Stübing und Karolewski bzw. “die im Volksglauben wurzelnde Furcht vor genetisch-biologischer Schädigung der Nachkommenschaft”. Genauer gesagt heißt es dort:

Selbst die im Volksglauben wurzelnde Furcht vor genetisch-biologischer Schädigung der Nachkommenschaft hat die naturwissenschaftliche Forschung schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts relativiert. Einen Beweis dafür, dass Inzest-Kinder von Eltern, deren Erbanlagen gesund sind, kränker seien oder eher geistig behindert als Kinder Nicht-Verwandter, gibt es nicht. Zwei der Kinder von Patrick und Susan sind völlig gesund, eines ist in der Entwicklung noch etwas hintendran. Der Erstgeborene soll an Epilepsie leiden. Doch ob das daran liegt, dass seine Eltern Geschwister sind, oder ob das Kind dessen ungeachtet an Epilepsie leidet, steht dahin.

Am deutlichsten wird der große Rechtslehrer Claus Roxin: “Der ‘Verwandtenbeischlaf’ verstößt zwar gegen ein in unserem Kulturkreis seit unvordenklichen Zeiten überliefertes Tabu, aber wer oder was dadurch geschädigt wird, ist unklar.” Ehebrecherisches Verhalten, so Roxin, könne ebenso familienzerstörende Wirkung haben wie Inzest und sei doch nicht strafbar. Auch der Hinweis auf mögliche Erbschädigungen liefere kein tragfähiges Argument, da “ein solches Kind im Regelfall genetisch nicht geschädigt ist und weil die Verhinderung erbkranken Nachwuchses auch im Übrigen von unserer Rechtsordnung nicht mit strafrechtlichen Mitteln erstrebt wird”.
(Hervorhebung von uns.)

Mit Dank an Michael G. für den Hinweis.

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