Das ist Unsinn. Laut US-Nachrichtensender CNN ging die kalifornische Justiz nie von einem Selbstmord des Ex-Playmates aus.* Im Gegenteil heißt es auf CNN.com ausdrücklich, dass Smith an einer unbeabsichtigten Überdosis Medikamente (“accidental drug overdose”) gestorben sei. Und anschließend beschreibt CNN sogar noch einmal ausführlich die längstbekannten Obduktionsergebnisse, aus denen der Leichenbeschauer folgert, Smith habe “nicht, wie manche behauptet hatten, versucht, sich umzubringen”.
*) Dass nun im Zusammenhang mit Anna Nicole Smiths Tod einige Arztpraxen durchsucht wurden, hat deshalb auch nichts damit zu tun, ob Smith Selbstmord begangen habe, sondern offenbar (nur) mit der Frage, wer ihr verbotene Medikamente verschrieben/besorgt hat — und anders als Bild.de gelingtesanderenMedien (wenngleich nichtallen) sogar mühelos, diesen Sachverhalt korrekt wiederzugeben.
Es war eine besondere Demonstration, die gestern in Berlin stattfand. Rund 1000 Mitarbeiter von mehreren privaten Postanbietern demonstrierten gegen höhere Löhne. Genauer gesagt: gegen einen Mindestlohn von bis zu 9,80 Euro pro Stunde.
Wie besonders die Umstände der Demonstration waren, kann man in vielen Berliner Zeitungen nachlesen. Der “Tagesspiegel” berichtet unter Bezug auf die Agentur ddp, Mitarbeiter des zweitgrößten Postanbieters PIN seien anscheinend von der Firma dazu gedrängt worden, an der Kundgebung teilzunehmen. Die Gewerkschaft Ver.di spreche von “blankem Zynismus”, weil die Mitarbeiter nur Dumpinglöhne bekämen, obwohl das Unternehmen mittlerweile “satte Gewinne” einfahre. Die “Berliner Zeitung” zitiert die Leiterin eines PIN-Briefdepots, sie habe ihre Mitarbeiter zu der Demonstration “im Auftrag von ganz oben” zusammengetrommelt. Die “taz” nennt die Kundgebung eine “Demo von oben”.
“Bild”-Leser ahnen nicht einmal etwas davon.
Dabei berichtet die Zeitung in ihrer Berliner Ausgabe heute groß über die Demo:
Die Menschen in grün auf den Fotos, das sind übrigens die Mitarbeiter der PIN-AG, einer Tochterfirma der Axel Springer AG, die die “Bild”-Zeitung herausgibt. Aber auch diese Verbindung, die vielleicht erklärt, warum “Bild” einige Besonderheiten der Demonstration verschweigt und selbst so massiv gegen den Mindestlohn kämpft, verschweigt “Bild” (anders als z.B. das Schwesterblatt “Berliner Morgenpost”).
Stattdessen schreibt “Bild” den erstaunlichen Satz:
[Einen Mindestlohn von] 9,80 Euro pro Stunde aber können sich private Anbieter nicht leisten — ihre Geschäftstätigkeit müssten sie aufgeben.
Für “Bild” ist der Verlust von Arbeitsplätzen durch den Mindestlohn nicht nur eine Möglichkeit, ein Szenario, eine Drohung oder eine von mehreren widersprüchlichen Erwartungen. Für “Bild” ist es eine Tatsache: Kommt der Mindestlohn, müssen private Briefzusteller dicht machen.
Und zum vierten Mal innerhalb von zwei Wochen wettert heute auch der “Bild”-Kommentar gegen die Mindestlöhne. Hans-Werner Sinn, Präsident des “angesehenen” (“Bild”) Ifo-Instituts München, wiederholt darin, was “Bild” bereits viele Male behauptet hat:
Mindestlöhne Gift für den Arbeitsmarkt
(…) Gesetzliche Mindestlöhne sind immer Gift für den Arbeitsmarkt und setzen gerade Geringverdiener verstärkt dem Risiko der Arbeitslosigkeit aus.
Nach unseren Berechnungen vernichtet ein bundesweiter Mindestlohn von 7,50 Euro die Stunde insgesamt 1,1 Millionen Arbeitsplätze (…).
Am Freitag berät der Bundesrat, ob ein Schwesterunternehmen der “Bild”-Zeitung in Zukunft auf Dumpinglöhne verzichten muss der Mindestlohn für die privaten Postanbieter gelten soll.
Nachtrag. Kein Tag mehr ohne Anti-Mindestlohn-Berichte:
“Bild”, 11.10.2007:
Neue Gewerkschaft gegen Mindestlohn
(…) Der Präsident des Arbeitgeberverbandes der neuen Post- und Zustelldienste, Florian Gerster, sagte gestern: “Es gibt empörte Arbeitnehmer, die sich nicht von Ver.di vertreten fühlen. Nicht auszuschließen, dass es dieser Tage zu einer Gewerkschaftsgründung kommt.” Mit dieser neuen Gewerkschaft will Gerster Gespräche über einen Tarifvertrag führen.
Wenn sich die “Bild”-Zeitung gegen die Meinung der überwältigenden Mehrheit ihrer Leser stellt, lohnt es sich fast immer, genauer hinzuschauen. Rund 90 Prozent der Deutschen sind laut einer Umfrage von Infratest dimap für Mindestlöhne entweder in allen oder bestimmten Branchen. In “Bild” stand diese oder eine ähnliche Zahl nicht. Dafür aber seit drei Wochen Tag für Tag ein beeindruckendes publizistisches Trommelfeuer gegen den Mindestlohn im Allgemeinen und bei den Briefzustellern im Besonderen.
Nein, sagen Experten! Wirtschaftsweiser Prof. Wolfgang Franz zu BILD: “Die Erfahrung zeigt, dass Mindestlöhne Jobs kosten, vor allem bei den Geringqualifizierten. Ein Mitarbeiter darf ein Unternehmen nicht mehr kosten, als er der Firma einbringt. (…)”
Nach Berechnungen des Ifo-Instituts würde ein bundesweiter Mindestlohn von 7,50 Euro/Stunde rund 1,1 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland vernichten. (…)
Welche Folgen hätte der Mindestlohn für die privaten Post-Firmen?
Laut Branchenverband DVPT würden die Kosten der Betriebe dadurch deutlich steigen. Verbandschef Elmar Müller: “Von den rund 750 privaten Post-Unternehmen müßten 200 um ihre Existenz bangen.” Tausende Jobs wären bedroht.
Prof. Ulrich Blum (54), Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle: “Forderungen nach Mindestlöhnen sind völlig falsch! Sie steigern erst Kosten, dann die Arbeitslosigkeit.”
(…) gesetzliche Mindestlöhne gefährden Arbeitsplätze. Das angesehene Ifo-Institut rechnet damit, dass die Einführung eines bundesweiten Mindesteinkommens mehr als eine Million Stellen vernichten könnte. (…)
Dass durch gesetzliche Mindestlöhne neue Jobs entstehen, ist ein Märchen. Das Gegenteil ist richtig!
“Bild”, 1. Oktober:
Ein Mindestlohn für die Post-Branche würde bis zu 50 000 Arbeitsplätze vernichten, befürchtet das Bundeswirtschaftsministerium (“Spiegel”).
BILD-Interview mit Florian Gerster (58), dem ehemaligen Arbeitsminister und Chef der Bundesagentur für Arbeit, heute Präsident des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste
(…) Ein Mindestlohn von 9,80 Euro schützt nicht die Arbeitnehmer, sondern vernichtet Arbeitsplätze.
(…) Die privaten Postkonkurrenten warnten am Wochenende erneut davor, dass eine Mindestlohn-Höhe von bis zu 9,80 Euro pro Stunde bis zu 50000 Jobs gefährdet.
Auch einen Mindestlohn gibt es nicht zum Nulltarif. Wenn der Staat festsetzt, was ein Arbeitnehmer zu bekommen hat, wird mancher Chef seinen Laden zumachen müssen und Angestellte vor die Tür setzen. (…)
Mindestlohn ohne “Mindestgewinn” kostet Arbeitsplätze, belastet die Sozialkassen und würgt den Aufschwung ab.
In den ganzen drei Wochen lässt “Bild” keinen einzigen unabhängigen Experten zu Wort kommen, der sich für den Mindestlohn ausspricht. (Dabei gibt es siedurchaus, und sie verweisen zum Beispiel auf die positiven Wirkungen, die der Mindestlohn auf den Arbeitsmarkt in Großbritannien und den USA gehabt habe.) Nur DGB-Chef Michael Sommer wird mit einem kurzen Plädoyer für den Mindestlohn zitiert.
Der “Bild”-Leser findet in dieser Zeit auch keinen Hinweis darauf, was “Bild” motivieren könnte, so massiv gegen den Mindestlohn zu kämpfen. Dabei gibt es eine einfache Antwort: Die Axel Springer AG, die “Bild” herausgibt, hat vor einem Vierteljahr für eine halbe Milliarde Euro die Mehrheit an der PIN-AG erworben, einem privaten Briefzusteller. Die PIN-AG ist mittlerweile der zweitgrößte deutsche Anbieter und hat mehr als 7000 Mitarbeiter.
Wie “Bild” erklärt, die eigenen Interessen nicht offenlegen zu müssen
“Wenn über das Thema Mindestlöhne berichtet wird, ist das nicht ein Thema der PIN, sondern betrifft in erster Linie alle privaten Postdienstleister…”
“Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich gegenüber “Report Mainz”
Das ARD-Magazin “Report Mainz”, berichtete gestern ausführlich über die Anti-Mindestlohn-Kampagne der “Bild”-Zeitung und anderer Springer-Blätter. Dort sagte der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel, Springer spekuliere bei der PIN-AG auf Niedriglöhne, sonst gehe die Kalkulation des Unternehmens nicht mehr auf (PIN-Mitarbeiter berichteten gegenüber “Report Mainz” und “Plusminus” von Stundenlöhnen von unter 5 Euro.). Ein Sprecher der Gewerkschaft Ver.di sagte “Report Mainz”, “der Druck auf die Journalisten” bei Springer, im Interesse des Post-Engagements des Verlages zu berichten, sei “sehr groß”. Er sprach von “Aktionärsjournalismus”.
Der von “Bild” in den vergangenen drei Wochen viermal in Sachen Mindestlohn zitierte Präsident des neuen Arbeitgeberverbandes “Neue Brief- und Zustelldienste”, Florian Gerster, ist übrigens laut “FAZ” auf Druck von Springer an diese Position gekommen.
Das stand gestern auf der Titelseite der “Bild”-Zeitung. Und es stimmt — wenn man sich der “Bild”-Auffassung anschließen will, dass zwei “immer mehr” sind. Denn die einzige seriöse Datengrundlage für die “Bild”-Behauptung ist ein Bericht des “Tagesspiegel”, nachdem die Neuapostolische Kirche zwei ihrer Berliner Gotteshäuser an muslimische Gemeinden verkauft hat.
Da hört es aber schon auf mit der Seriosität. So schreibt “Bild” (und davon findet sich nichts im “Tagesspiegel”-Artikel):
Aus Mangel an Kirchgängern wollen auch katholische und evangelische Kirche in den nächsten Jahren rund 10 000 Gotteshäuser schließen. Demgegenüber wächst die Zahl muslimischer Gebetsstätten rapide: “159 Moscheen mit Minaretten gibt es schon, dazu 2500 Gebetshäuser. Und weitere 128 sind im Bau”, berichtet Salim Abdullah vom Islam-Archiv Deutschland.
Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat man die Zahl 10.000 schon öfter gelesen, weiß jedoch nicht wo sie herkommt. Ein Sprecher zu uns:
Die Zahl geistert seit rund zwei Jahren durch die Presse, aber wir haben dazu nie Zahlen bekannt gegeben. Von unseren 23 bis 25.000 Gebäuden liegt die Zahl derer, die wir aufgeben müssen im untersten Promillebereich.
Und auch bei der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) kann man sich die Zahl nicht erklären und verweist auf eine Pressemitteilung aus dem Jahr 2005, in der es heißt:
Für die kommenden 10 Jahre wird damit gerechnet, dass weniger als 3 % der Kirchengebäude nicht mehr der Feier der Liturgie dienen werden. Es handelt sich bundesweit um etwa 700 Kirchengebäude, deren Bedeutung und Verwendung sich ändern werden.
Das heiße allerdings nicht, dass diese 700 Gebäude auch verkauft würden, ergänzt eine Sprecherin uns gegenüber.
Aber selbst wenn die Zahl 10.000 eine Grundlage hätte: Der von “Bild” implizit hergestellte Zusammenhang zu der vermeintlich “rapide” wachsenden Zahl “muslimischer Gebetsstätten” existiert nicht: Sowohl von der DBK als auch von der EKD gibt es Empfehlungen, keine Kirchen an islamische Gemeinden abzugeben. Und selbst der von “Bild” zitierte Leiter des Islam-Archivs* in Soest, Salim Abdullah, ist laut dpa offenbar der Meinung, dass die “Übernahme christlicher Gotteshäuser” von “untergeordneter Bedeutung” sei.
*) Zahlen des Islam-Archivs kommen zwar immer wieder in Presseberichten vor, es ist aber zweifelhaft, ob man sich auf sie zu verlassen kann. So nannte die “Zeit” die bundesweiten Konvertiten-Zahlen des Islam-Archivs für das Jahr 2004 bis 2005, die der “Spiegel” im Januar veröffentlicht hatte, “Fantasiezahlen”, deren Seriosität offenbar selbst islamische Verbände bezweifeln.
Dabei basierten die vom “Spiegel” veröffentlichten Zahlen auf einer Studie des Islam-Archivs, die immerhin vom Bundesinnenministerium (BMI) im Rahmen einer Projektförderung finanziert wurde. Allerdings wurde die Studie bislang vom BMI “nicht freigegeben”, bestätigt uns eine Sprecherin des BMI den “Zeit”-Artikel. Das Islam-Archiv sei der Bitte, “methodische Fehler” in der Konvertiten-Studie zu beseitigen über Monate nicht nachgekommen.
Womit wir dann wieder bei “Bild” wären. Die schreibt nämlich auf Seite 3 der Berlin-Ausgabe, “Schon 8500 Berliner” seien “zum Islam gewechselt”. “Bild” gibt zwar keine Quelle für diese Zahl an, hat sie aber offenbar von Mohammed Herzog, dem Gründer und Leiter der Islamischen Gemeinschaft deutschsprachiger Muslime Berlin (IGDMB). Und der sagte uns auf Nachfrage, woher er wiederum die Zahlen habe: vom Islam-Archiv in Soest.
Mit Dank an Kai B. für den sachdienlichen Hinweis.
Vielleicht ist es ja etwas Pathologisches, eine Sucht. So wie Alkoholiker kein Bier stehen und Kleptomanen keine Handtasche hängen lassen können, so kann “Bild” kein Unwetter vorüberziehen lassen, ohne Unsinn darüber zu schreiben.
Im März berichtete das Blatt über den Extremwetterkongress in Hamburg, schob dem Meteorologen und Hurrikan-Experten Thomas Sävert falsche Zitate über einen angeblichen “Hurrikan-Alarm auf Mallorca” unter und bebilderte den Hurrikan-Artikel auch noch mit einem Tornado (wir berichteten). Die Rechtsabteilung des Wetterdienstes Meteomedia, bei dem Sävert angestellt ist, hat sich nach seinen Worten damals massiv bei der “Bild”-Zeitung beschwert.
Im Juni rief “Bild” dann einen “Tornado-Alarm über Deutschland” aus und machte sich immerhin die Mühe, die dünne Geschichte wenigstens mit einem Tornado zu bebildern — wenn auch mit einem kanadischen (wir berichteten ebenfalls). Immerhin kam Sävert in dem Artikel nicht vor — wegen der Geschichte vom März, sagt er, habe er ein Interview mit “Bild” abgelehnt.
Am Donnerstag nun ereignete sich ein schweres Unwetter über Mallorca; die Insel wurde offenbar von einem oder mehreren Tornados getroffen.
Für die “Bild”-Zeitung bestätigt das Unwetter nun genau das, was sie schon im März herbeiphantasiert hatte. Sie macht heute mit dem Thema auf(siehe Ausriss), zeigt im Inneren noch einmal den falschen und falsch bebilderten Hurrikan-Artikel von damals und schreibt:
Schon beim Extremwetter-Kongress im März in Hamburg sprach Hurrikan-Forscher Thomas Sävert von gewaltigen Wirbelstürmen, die aufgrund des Klimawandels über dem Mittelmeer entstehen können: Pro Jahr ziehen bis zu 3 Hurrikane über die Mittelmeer-Region. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis einer Mallorca trifft (BILD berichtete). (…)
Experte Sävert: Die Hurrikane im Mittelmeer seien zwar nicht so gewaltig wie die in der Karibik. Aber der Klimawandel werde dafür sorgen, dass sie immer stärker werden.
Nein. Zur Veranschaulichung noch mal das, was uns Thomas Sävert damals erklärte:
“Ich bezog eindeutig Stellung, dass es zwar hurrikanähnliche Stürme im Mittelmeerraum gibt, die aber keinesfalls die Stärke der tropischen Hurrikane erreicht und daher auch nicht als solche bezeichnet werden sollten. Die Insel Mallorca habe ich mit keinem Wort erwähnt, und ich habe auch nicht davon gesprochen, dass diese ‘Hurrikane’ stärker werden sollen. Alle Zitate sind gefälscht. Ich bin eigentlich als seriöser Wissenschaftler bekannt, der solche Aussagen, wie sie in der ‘Bild’-Zeitung getroffen wurden, nie machen würde.”
Zum aktuellen Tornado über Mallorca erklärt er uns:
“Die jüngsten Unwetter haben mit einem Hurrikan so viel zu tun wie die berühmten Äpfel mit Birnen. Es waren Unwetter, aber eben definitiv kein Hurrikan, und die aktuellen Unwetter lassen keinerlei Schluss auf das zukünftige Wetter auf der Urlaubsinsel zu.”
Sävert klagt, sein Ruf als Meteorologe leide erheblich darunter, mit solchem Quatsch wie in “Bild” zitiert zu werden; er will gegen die Zeitung vorgehen. Ohne sein falsches Zitat fehlt der Zeitung übrigens auch jeder Beleg, dass Mallorca der “Klima-Kollaps droht”, wie sie in einer weiteren Überschrift behauptet.
Aber vielleicht ist es ja etwas Pathologisches, die Sache mit “Bild” und den Unwettern. Von Krankheiten wie Alkoholismus oder Spielsucht kann man übrigens nie ganz geheilt werden. Betroffene können nur lernen, der Versuchung zu widerstehen.
Der erste Schritt ist natürlich, es zu wollen.
Übrigens: Auch die “Welt” behauptet heute unter der Überschrift “Klimaforscher erwarten regelmäßige Tornados und Hurrikans im Mittelmeer”, dass Sävert im Mittelmeerraum künftig Hurrikans erwarte, ausgelöst “durch die zunehmend stärkeren Temperaturunterschiede”. Es scheint, als sei der “Welt”-Autor der falschen “Bild”-Berichterstattung im März aufgesessen. Nachdem sich Sävert auf “Welt Online” beschwerte, wurde der entsprechende Absatz des “Welt”-Artikels dort ohne Erklärung oder Hinweis gelöscht.
Bevor wir hier aus einem “FAZ”-Interview mit dem Fotografen Jaques Langevin zitieren, schauen wir doch mal in die gestrige “Bild” — zur Erinnerung quasi:
“Bild” hatte ja vorn auf der Titelseite und weiter hinten noch einmal (siehe Ausrisse) ein großes Foto gedruckt, auf dem (wenn man’s weiß) die 1997 tödlich verunglückte Lady Diana “Minuten vor dem Unfall” bzw. “wenige Minuten vor dem Drama im Pariser Alma-Tunnel” bzw. “wenige Minuten vor dem tödlichen Unfall” zu sehen ist, denn “Minuten später krachte der Mercedes im Tunnel gegen den 13. Pfeiler” — und “BILD beantwortet die wichtigsten Fragen dazu”.
Und einige der “Bild”-Fragen sind richtig gut:
(1) “Wen sehen wir auf dem Bild?” (2) “Wo und wann ist das Foto entstanden?” (3) “Welche Situation dokumentiert das Foto?”
ad (1): “Bild” schreibt: “Den Wagen steuert Henri Paul. (…) Prinzessin Diana (…) ist deutlich (…) zu erkennen. Sie ist nicht angegurtet! Sie dreht sich von den Kameras weg, nach hinten, schaut über ihre linke Schulter aus dem Rückfenster. In der Scheibe spiegelt sich der Scheinwerfer eines Motorrads.”
ad (2): “Bild” schreibt: “Am 31. August, ca. 0.20 Uhr. Diana und Dodi verließen (…) das Ritz-Hotel in Paris. (…) Die Gruppe nahm den Hinterausgang. In 50 Meter Entfernung wartete der französische Fotograf Jacques Langevin auf der Straße. Als die Diana-Limousine vorbeiraste, drückte er auf den Auslöser.”
ad (3): “Bild” zitiert den einen Fotografen der britischen Boulevardzeitung “Sun”: “(…) Fahrer Henri Paul sieht aus, als habe er fast Spaß an der Situation, den Fotografen davonzurasen. Diana schaut sich nach den Fotografen um. Wahrscheinlich war sie besorgt, wollte sehen, wie nah die Verfolger schon sind.” Und “Bild” schreibt selbst: “Das letzte Foto vor dem Crash: Diana sitzt (…) auf der Rückbank (…), ist nicht angeschnallt. Sie guckt durch die Heckscheibe, ob sie verfolgt wird. (…) Wenige Minuten nach diesem Foto raste der Wagen gegen einen Tunnelpfeiler.”
Und nun vergleichen Sie bitte die Vorstellung, die Sie von der Situation im Kopf haben, mit dem folgenden Auszug aus dem FAZ-Interview mit dem Fotografen:*
Die Fotos habe ich am Hinterausgang des Hotels Ritz gemacht, in der Rue Cambon, kurz bevor der Mercedes losfuhr. Der Wagen stand also noch?
Ja (…).
*) Nachtrag, 14.45 Uhr: In einem “Bild”-Infokasten (“Franzose schoss Sensations-Fotos”) finden sich zudem drei O-Töne des Fotografen Langevin , die er, so “Bild”, 1997 “gegenüber BILD” geäußert habe. Erstaunlicherweise können wir die “gegenüber BILD”-Zitate im “Bild”-Archiv nirgends finden, sondern nur sehr ähnlich klingende Langevin-Aussagen aus einem Interview der Zeitung “Liberation”, aus dem “Bild” am 4.9.1997 ausführlich zitierte.
Immer schneller und jederzeit reagieren (nzz.ch, Patrick Donges, Otfried Jarren und Martina Vogel)
Das Mediensystem beeinflusst die Politik erheblich. So müssen Parteivertreter heute ständig erreichbar und jederzeit in der Lage sein, zu einem Thema schnellstmöglich eine Position zu formulieren.
Web für 0 (freitag.de, Katrin Schuster)
Auf die Frage, wie man als Zeitung im Internet Geld verdienen kann, gibt es eine neue Antwort: alles freigeben.
Weltweite Werbung geht ins Netz (handelsblatt.com, Massimo Bognanni)
Mit Blick auf das rasante Wachstum strotzen Onlinewerber derzeit vor Selbstbewusstsein: ?Die größten Fische fängt man im Internet? – so warb die Branche gestern auf der Online-Marketingmesse OMD in Düsseldorf. Und die jüngsten Trends zeigen: Es sind immer mehr die globalen Gewässer, in denen werbetreibende Unternehmen mit ihren Kampagnen fischen.
InnenLEBEN (zeit.de/leben, Videos)
Warum reizt einen Autor eine bestimmte Geschichte? Was ist ihm während der Recherche passiert? Und welche Begegnungen haben ihn besonders berührt? Autoren des ZEITmagazins LEBEN geben im Video-Interview Einblicke in das “Innenleben” ihrer Reportagen.
Im Gespräch: Mathias Plica über die Web 3.0 Studie (media-treff.de, Video, Christian Schmitt, 6:28 Minuten)
Webcast von der OMD: Interview mit Mathias Plica, der die CHIP Xonio Web 3.0 Studie vorstellt.
Markt und Medien (spiegel.de, Video, Yasemin Yüksel, 3:00 Minuten) Das Fachchinesisch in der Werbebranche.
Wir fassen zusammen: Vorgestern veröffentlichte “Bild” einige Zahlen, die wie jedes Jahr und bereits im Juni vom Bundesarbeitsministerium veröffentlicht worden waren. “Bild” machte die Zahlen zur Titelschlagzeile, stellte mit den Zahlen unzulässige Vergleiche an und kam zu irreführenden Schlüssen (wir berichteten). Im Laufe des Tages mussten Nachrichtenagenturen ihre voreiligen Übernahmen der “Bild”-Version um deutliche und berechtigte Dementis erweitern, und verschiedene Medien erkannten im “Bild”-Bericht eine “Farce”, eine “ungenießbare Suppe” und “viel Falsches”.
Und “Bild”?
“Bild” fasst das alles heute ebenfalls zusammen — in einem Satz:
*) “Skandal” hier offenbar im Sinne von bewusste Verwirrung.
**) “enthüllt” hier offenbar im Sinne von verursacht.
Literatur als Lebenslüge (telepolis.de, Tom Appleton)
Unternehmer, die schreiben oder sagen, was ein bisschen Kohle bringt.
Blogger gegen die Bigotten (spiegel.de, Marc Pitzke)
Schwule Schwulenhasser sind sein Ziel. Der Blogger Mike Rogers hat schon 33 Politiker geoutet, viele Karrieren gekippt, zuletzt US-Senator Craig – widerlegen konnte ihn noch keiner. Schon droht er die Veröffentlichung weiterer Namen an.
Ungeklärte Fragen um Blocher-TV (tagesanzeiger.ch, Annetta Bundi)
Bundesrat Blocher gibt dem Schaffhauser Fernsehen jede Woche ein Interview, das über andere Kanäle weiterverbreitet wird. Eine heikle Sache.
Der Blätterwald im Sturmwind (nzz.ch, ras.) “Das klassische, nicht mit oberflächlichen Reizen operierende Informationsgeschäft droht an den Rand gedrängt zu werden.”
Journalisten bloggen (dasmagazin.ch, Thomas Zaugg) Journalisten und Blogger aller Länder tretet vor eure Haustür! Ein Aufruf.
focus.de setzt auf Verbraucher-Communities (turi-2.blog.de, Video, 3:35 Minuten)
Jochen Wegner, Chefredakteur von Focus Online, zieht eine positive Bilanz des communityorientierten, neuen Focus.de-Auftritts und will die Nutzer künftig noch stärker einbinden: 2008 will Wegner mehrere Verbraucher-Communities bei Focus Online ausbauen, in denen sich die Nutzer über Erfahrungen mit Produkten, Dienstleistungen und Services austauschen können.
Keine Angst vor Bürgernähe (nzz.ch, Roger Blum und Marlis Prinzing) Das Wort Bürgerjournalismus ist in fast aller Munde: Die Laien übernehmen. Im professionellen Journalismus hingegen herrscht Skepsis allein schon gegenüber mehr Bürgernähe. Dabei könnten sich Bürgerjournalismus und bürgernaher Journalismus gut ergänzen.
Sehen und gesehen werden (tagesspiegel.de, Verena Friederike Hasel und Tim Klim) Pixel oder nicht? Der deutsche Pressekodex gerät ins Spannungsfeld zwischen Recht am eigenen Bild und öffentlichem Interesse. Die Terrorverdächtigen und ihr Bild in den Medien.
“Junge Freiheit” mügelt sich durch (taz.de, Andreas Speit)
Machen nur FDP-Leute die Rechtspostille gesellschaftsfähig? Eine Grünen-Politikerin bestreitet wissentliche Autorenschaft für das Blatt.
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Einem überrumpelten Urlauber aus Kanada wird ein Fernsehleihgerät zum Verhängnis. Und auch Sozialleistungsempfänger und Obdachlose verschont die GEZ nicht mit Forderungen der besonderen Art. Neues aus dem absurden deutschen Gebührenwald.