Suchergebnisse für ‘falschmeldung’

Konflikt bei der “taz”, Rezos Antwort, Kritik zum Hasskriminalitätsgesetz

1. Schwerer Konflikt bei der “Taz”
(sueddeutsche.de, Elisa Britzelmeier & Jens Schneider)
Der Konflikt um eine umstrittene Kolumne in der “taz” über die Polizei scheint mittlerweile völlig eskaliert. Eine Mitteilung im Hausblog der “taz”, eine Stellungnahme der Chefredaktion und verschiedene Gegenstimmen (so die von Bettina Gaus und die von Stefan Reinecke) lösen sich ab, nun wolle angeblich sogar Innenminister Seehofer mit einer Anzeige reagieren.
Weiterer Lesehinweis: Darf die “taz” Yaghoobifarah kritisieren? (NDR.de, Daniel Bouhs & Inga Mathwig).

2. Die dümmsten und lustigsten Reaktionen
(youtube.com, Rezo, Video: 32:09 Minuten)
In seinem Video “Die Zerstörung der Presse” rechnete Youtuber Rezo mit verschiedenen Medien ab. Dies betraf nicht nur den Boulevard und Titel der Regenbogenpresse, sondern auch ernst zu nehmende Presseorgane und Redaktionen. Ein Dreh- und Angelpunkt seines Videos war eine Recherche, bei der sich der Youtuber angeschaut angeschaut hatte, wie über ihn berichtet wurde. Laut Rezo habe die Berichterstattung von “FAZ” und “Welt” eine hohe Fehlerquote aufgewiesen. Beide Medien reagierten auf die Vorwürfe: Die “FAZ” mit einem halbstündigen “Gegen-Video”, die “Welt” mit einem “Faktencheck” aus ihrer Sicht. Nun hat Rezo mit einem erneuten Video geantwortet, das den Eindruck einer zweiten “Zerstörung der Presse” aufkommen lässt.

3. Zahl der Bilder von Kindesmissbrauch im Netz in Coronakrise stark gestiegen
(spiegel.de, Max Hoppenstedt)
In der Zeit der Corona-Pandemie sei die Zahl der im Netz geteilten Bilder von Kindesmissbrauch sprunghaft angestiegen, so ein Bericht der EU-Polizeibehörde (PDF). Max Hoppenstedt erzählt von den wichtigsten Erkenntnissen der Ermittlerinnen und Ermittler und weist zum Schluss seines Artikels auf die #Say-No-Kampagne von Europol (englisch) hin.

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4. Wie es ist, ohne Chefredaktion zu arbeiten
(journalist.de, Laurenz Schreiner)
An der Deutschen Journalistenschule wird nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch gearbeitet: Ein Teil der Ausbildung umfasse die Produktion eines eigenen Magazins. Dieses Jahr habe sich die Lehrredaktion für ein neues Modell der Zusammenarbeit und gegen die üblichen Funktionsbezeichnungen sowie eine Chefredaktion entschieden. Laurenz Schreiner erzählt, wie es mit dem kollaborativen Team-Modell geklappt hat.

5. Das Gesetz, das Daten sammelt, statt Hass zu verhindern
(zeit.de, Henrik Oerding)
Vergangenen Donnerstag hat der Bundestag das “Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität” beschlossen, trotz einiger Bedenken von Fachleuten im Vorfeld. Das neue Gesetz sei zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht, wie Hendrik Oerding in seiner Analyse konstatiert: “Es verhindert Hass im Internet nicht, sondern gräbt bedenklich große Löcher in den Datenschutz aller Nutzerinnen: Es zwingt Internetseiten zur Datenspeicherung, erlaubt dem Bundeskriminalamt (BKA) Passwörter anzufordern und macht soziale Netzwerke zu Pseudopolizisten.”

6. John Bolton: «Grossartig für die USA» – und jetzt glaubwürdig?
(infosperber.ch, Christian Müller)
Donald Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton hat ein Buch über seine Zeit mit dem US-amerikanischen Präsidenten geschrieben, das in zahlreichen Medien bereits vor Erscheinen für viel Aufmerksamkeit sorgt. Christian Müller rät den erwartungsvollen Trump-Kritikern jedoch, “die Geisteshaltung des Autors nicht zu vergessen – oder sich das Lesen ganz zu ersparen”. Bolton habe vor seinem Amtsantritt als Chairman des Think-Tanks “Gatestone Institute” gewirkt, einer ganz rechten Denkfabrik, die unter anderem für die Veröffentlichung anti-muslimischer Artikel bekannt ist.
Weiterer Lesehinweis (Archiv): Die Geschichtenerzähler: Beim “Gatestone Institute” entstehen Falschmeldungen, die bis nach Deutschland wandern (correctiv.org, Till Eckert & Cristina Helberg & Tania Röttger).

“Bild”-Buhrow, Ohrfeige für Storymachine, Hutbürger reloaded

1. Berliner Justizbeamter behindert ZDF-Dreh bei Prozess gegen einen Rechtsextremisten
(netzpolitik.org, Daniel Laufer)
Als ein ZDF-Fernsehteam gestern von einem Prozess gegen einen Rechtsextremisten berichten wollte, wurde es von einem Berliner Justizbeamten an der Arbeit gehindert und körperlich angegangen. Obwohl sich das Team um den Journalisten Arndt Ginzel zuvor ordnungsgemäß beim Landgericht für die Dreharbeiten akkreditiert hatte. netzpolitik.org zeigt Videoaufnahmen des Vorgangs, die an die absurden Szenen mit dem “Hutbürger” erinnern (“Sie haben mich ins Gesicht gefilmt!”). Ein Sprecher des Justizsenators habe Aufklärung versprochen: “Selbstverständlich wird der Fall aufgearbeitet.”

2. “Unprofessionell und leichtfertig”: Ethikwächter rügen Storymachine
(stern.de, Hans-Martin Tillack)
Der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) versteht sich als Selbstkontrollorgan der PR-Wirtschaft. In dieser Funktion hat sich der DRPR mit den Aktivitäten der Berliner Agentur Storymachine zur medialen Vermarktung der viel diskutierten Heinsberg-Studie befasst und eine Rüge ausgesprochen. Die Agentur habe “leichtfertig und unprofessionell agiert und zu einer nachhaltigen Verunsicherung der Öffentlichkeit beigetragen”. Storymachine wolle nun rechtliche Schritte gegen das Kontrollorgan prüfen. Hans-Martin Tillack geht in seinem Beitrag auch auf die Hintergründe der Agentur ein, die 2017 vom ehemaligen “Bild”-Herausgeber Kai Diekmann, dem Eventmanager Michael Mronz und dem ehemaligen stern.de-Chef Philipp Jessen gegründet worden ist und mittlerweile 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen soll. Außerdem hat sich Tillack angeschaut, für wen die umtriebige PR-Agentur noch alles arbeitet beziehungsweise arbeitete. Mit dabei: die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die die Agentur-Dienste jedoch privat bezahle.

3. Kampagne statt Kritik: Was bei «Bild» vs. Drosten schief lief
(medienwoche.ch, Sarah Kohler)
Im Zusammenhang mit den Angriffen der “Bild”-Medien auf den Virologen Christian Drosten erklärt Sarah Kohler die wissenschaftliche Veröffentlichungspraxis über Vorabveröffentlichungen (Preprints) und den sich daran anschließenden Begutachtungsprozess. Kohler konstatiert: “Die Kampagne der Boulevardzeitung basierte auf einer verzerrten Sichtweise auf das moderne Wissenschaftssystem. Diskussion und Kritik sind eine Notwendigkeit für die Wissenschaft. Deswegen ist Kritik an wissenschaftlichen Studien, zumal an deklarierten Vorabveröffentlichungen, nicht die Zurschaustellung eines Mangels. Sie dient vielmehr dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt. Die «Bild»-Zeitung stellt also einen normalen Vorgang als Problem dar, indem sie die Kritik an einem vorläufigen Befund als absolut hinstellt.”

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4. Warum vor allem Männer uns das Virus erklären
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:00 Minuten)
Bei vielen Medien werden die Chefposten von Männern besetzt, und auch in den Medien selbst kommen Frauen seltener zu Wort als Männer. Letzteres falle gerade während der Corona-Pandemie auf: Interviewt würden fast immer männliche Experten. Es sei ein strukturelles Problem, dem sich aber konkret begegnen lasse. Der Verein ProQuote stelle beispielsweise eine Liste von qualifizierten Corona-Expertinnen zur Verfügung.

5. Rezo-Zerstörung der Presse: Ein Faktencheck
(berliner-zeitung.de, Kai-Hinrich Renner)
Der Youtuber Rezo hat in seinem aktuellen Video zahlreichen Medien vorgeworfen, fehlerhaft über ihn berichtet zu haben, und dies in einer Excel-Tabelle dokumentiert. Die “Berliner Zeitung” sei auf eine Falschmeldungsquote von 55 Prozent gekommen – ein Wert, den das Medium nicht auf sich sitzen lassen will.

6. ARD-Chef macht gratis Programm für “Bild”
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Warum schreibt ein ARD-Vorsitzender und WDR-Intendant ausgerechnet für ein unseriöses Presseorgan wie “Bild”? Diese Frage hat sich Stefan Niggemeier bei der Lektüre eines “Bild”-Artikels von Tom Buhrow gestellt und sie, zusammen mit einigen anderen Fragen, flugs an den WDR weitergeleitet. Die Antwort fiel knapp aus und entsprach inhaltlich einem “weil er es kann”. Niggemeier kommentiert: “ARD und ZDF sind seit Jahren Ziel von Kampagnen der ‘Bild’-Zeitung. Die ‘Bild’-Zeitung ist seit Jahrzehnten Symbol für Verantwortungslosigkeit im Journalismus. Der WDR-Intendant und amtierende ARD-Vorsitzende aber hat kein Problem damit, sich unentgeltlich in den Dienst dieses Mediums zu stellen.”

Heinsberg und die “Storymachine”, Corona-Stillstand, 100 Jahre Kicker

1. Offene Fragen: Sportmanager Mronz und die Heinsberg-Studie
(sportschau.de, Niklas Schenk)
Rund um die sogenannte “Heinsberg-Studie” von Hendrik Streeck, Chefvirologe der Uni Bonn, tauchen allerhand Fragen auf, die nichts mit den medizinischen Ergebnissen zu tun haben, sondern sich auf einen Nebenaspekt beziehen: “Warum ist eine PR-Agentur an einer wissenschaftlichen Studie beteiligt? Wer hat [Michael] Mronz und seine Firma ‘Storymachine’ beauftragt? Wer bezahlt diese?”
Weitere Lesehinweise: Kritik und Zweifel an Studie aus Heinsberg (sueddeutsche.de, Kathrin Zinkant) und auf “Meedia” hat sich einer der “Storymachine”-Betreiber geäußert: “Heinsberg Protokoll”: Zum ersten Mal spricht Philipp Jessen über ein Storymachine-Projekt.

2. Im Stillstand der Städte
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Stadt- und Kulturmagazine trifft die derzeitige Lage besonders hart, da kaum noch Werbung für Veranstaltungen, Restaurants, Partys oder sonstige Events geschaltet wird. Boris Rosenkranz hat sich bei einigen Magazinen umgehört, wie sie mit der Krise umgehen.

3. Corona-Falschmeldungen erreichen ein Millionenpublikum
(sueddeutsche.de, Simon Hurtz & Hannes Munzinger)
Eine der “Süddeutschen Zeitung”, NDR und WDR vorliegende Analyse hat Videos und Artikel erfasst, die bei Faktenchecks als irreführend oder falsch gekennzeichnet wurden, und deren Ausbreitungswege ausgewertet. Die Corona-Krise mache Menschen besonders anfällig für Falschinformationen: Die betreffenden Videos würden millionenfach geklickt. Löschungen gälten in der Szene als besonderes Merkmal der Glaubwürdigkeit, und Faktenchecks könnten nur einen Bruchteil der Nutzerinnen und Nutzer erreichen.

4. Virale Propaganda
(netzpolitik.org, Daniel Laufer & Jan Petter)
Die rechte Szene habe ein Propagandaportal mit rechtsradikalen und rassistischen Botschaften gestartet, das sich vornehmlich an junge Leute richte und dabei auf die typischen Stilelemente wie Listen, Quizspiele und gut teilbare Grafiken setze. Recherchen von netzpolitik.org und “Bento” würden zeigen, dass der Gründer der Seite seit Jahren in der rechten Szene aktiv sei: “Er und seine Mitstreiter:innen haben nicht nur enge Verbindungen zu AfD-Politikern und der Jungen Alternative (JA), sondern auch ins rechtsextreme Milieu rund um die Identitäre Bewegung (IB) und zu anderen Medien, die teils vom Verfassungsschutz beobachtet werden.”
Weiterer Lesehinweis: Warum Rechtsextremisten Mythen zu Corona verbreiten (kattascha.de, Katharina Nocun).

5. Breitbart ist wieder da – und Facebook hilft tatkräftig mit
(nzz.ch, Marc Neumann)
Facebook stellt sich gern als Plattform dar, das alles Menschenmögliche gegen die Verbreitung von “Fake News” unternehme. Für Irritation sorgt da die Aufnahme des verschwörungstheoretischen und rechtsextremen Mediums “Breitbart” in das Nachrichtenangebot “Facebook News”. Wie immer hat man zur Verteidigung einen schön klingenden Grund zur Hand: Das Netzwerk wolle damit für “Standpunktdiversität” sorgen.

6. 100 Jahre Kicker: Ein Sportmagazin schreibt Geschichte
(ardmediathek.de, Andreas Kramer, Video: 41:24 Minuten)
Das Fußballmagazin “Kicker“ wird 100 Jahre alt. Anlässlich des runden Geburtstags berichtet eine TV-Doku über Geschichte, Gegenwart und Zukunft der bekannten Fußballzeitschrift. Was sind die Konstanten, was hat sich verändert? Der Beitrag ist eine bunte und abwechslungsreiche Collage mit vielen Informationen und Anekdoten aus der langen Historie.

Corona und die Medien, Falsche Sat.1-Polizistinnen, Der schwarze Kanal

1. Pandemie veranschaulicht Lücke
(taz.de, Said Rezek)
Anlässlich der vielen herumschwirrenden “Fake News”, Falschmeldungen und Verschwörungstheorien zum Coronavirus plädiert Said Rezek für die Vermittlung von mehr Medienkompetenz. Das mache “zwar niemanden gegen das Coronavirus immun, aber immerhin sind dann alle gegen Fake News gewappnet. So kann jeder User durch Nutzung seriöser Quellen zur Informationsbeschaffung dazu beitragen, die Verbreitung von Covid-19 zu verlangsamen, die medizinische Versorgung zu verbessern und Panik zu verhindern. Letztlich steht und fällt alles mit Bildung.”
Weiterer Lesehinweis: Das European Journalism Observatory beschreibt in einer Serie, wie weltweit über die Corona-Pandemie berichtet wird (bisher erschienene Beiträge: Großbritannien, Finnland, Schweden, Russland, Brasilien und Ägypten).
Beim “Spiegel” berichten die Korrespondenten in einem Video (3:54 Minuten) von ihrem Alltag aus verschiedenen Weltstädten.
Die “Medienwoche” beschäftigt sich mit einer anderen Gefahr: In mehreren Ländern erhöben Gesundheitsbehörden Smartphone-Daten, um Bewegungsprofile der Bevölkerung zu erstellen und Infektionsketten zurückzuverfolgen. Adrian Lobe fragt: “Mit Big Data gegen Corona: Weniger Datenschutz für mehr Seuchenschutz?”
Gute Fragen hat auch Jakob Buhre beim Pressebriefing des Robert Koch Instituts gestellt. Es geht um den Sprachgebrauch und die Abgrenzung der beiden Begriffe “Erkrankung” und “Fälle”.
Europaweit bleiben die Menschen zuhause und bringen mit ihrem steigenden Internet-Konsum die Netze an ihre Belastungsgrenzen. Um die Infrastruktur zu schützen, reduziere der Streamingdienst Netflix ab sofort seine Bitrate für Streams in Europa (dwdl.de, Thomas Lückerath).
Trotz coronabedingter fußballfreier Zeit würden sich Welt.de und t-online.de auf ein heißes Fußball-Wochenende vorbereiten und entsprechende Vorberichte veröffentlichen. Schuld ist eine Kombination aus Roboterjournalismus und Unaufmerksamkeit (uebermedien.de, Jürn Kruse).

2. Sat.1 schickt falsche Polizistinnen nach Connewitz – und hat nun Ärger mit dem Gesetz
(uebermedien.de, Aiko Kempen & Henrik Merker)
Der Fernsehsender Sat.1 hat zwei Reporterinnen in nachgemachten Polizeiuniformen in den Leipziger Stadtteil Connewitz geschickt. Insgesamt drei Drehtage lang zogen die verkleideten Frauen durch das Leipziger Szeneviertel, samt Kamerateam und Security-Crew. Das Ziel: Eine Art skandalisierender Kriegsbericht aus einer angeblichen No-go-Area. Das löst moralisch-ethische Fragen aus — und das Interesse von Staatsanwaltschaft und Polizei für das Vorgehen von Sender und Fernsehteam.

3. Vor 60 Jahren startete “Der schwarze Kanal”
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 4:55 Minuten)
Vor 60 Jahren wurde in der DDR das erste Mal “Der schwarze Kanal” ausgestrahlt, eine Sendung, die vorgab, sich kritisch mit dem Westfernsehen auseinanderzusetzen. Moderiert von Karl-Eduard von Schnitzler, der die Ausschnitte mal polemisch, mal geradezu hasserfüllt kommentierte. Brigitte Baetz erinnert an eine Propagandasendung aus den finstersten Ost-West-Zeiten.

4. Gerade jetzt ist Wissenschaftsjournalismus unerlässlich
(fachjournalist.de, Holger Wormer & Sascha Karberg)
Eigentlich müsste in den jetzigen Zeiten der Wissenschaftsjournalismus blühen, denn es bestehe ein großer Bedarf an fundierter Berichterstattung, doch das Gegenteil sei der Fall. Holger Wormer und Sascha Karberg beschreiben in ihrem einem Buch entnommenen Text, worin die Probleme bestehen und wie man ihnen begegnen könnte. Zwei Kulturen müssten sich einander annähern: “der naturwissenschaftlich geprägte Berichterstattungsstil des Wissenschaftsressorts und der traditionelle, eher geisteswissenschaftlich oder ›literarisch‹ geprägte Journalismustypus der übrigen Ressorts”.

5. “Grundwerte mutig verteidigen”
(kontextwochenzeitung.de, Minh Schredle)
Rassisten eine Bühne zu bieten habe nichts mit Ausgewogenheit zu tun, so der “Monitor”-Moderator Georg Restle im Interview mit dem Wochenmagazin “Kontext”: “Ich glaube, es braucht auch unter Kolleginnen und Kollegen ein klares Verständnis dafür, dass es nichts mit Ausgewogenheit und Perspektivenvielfalt zu tun hat, rechtsextreme Positionen zu verbreiten. Das haben wir bei ‘Monitor’ schon 2016 kritisiert, als es um Talkshow-Auftritte von AfD-Politikern ging. Ich habe den Eindruck, dass sich diese Auffassung, wenn auch noch nicht überall, aber doch langsam durchsetzt, und hoffe, dass daraus auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden.”

6. Der US-“Playboy” war kein “Tittenmagazin”, sondern eine politische Streitschrift
(meedia.de, Ben Krischke)
Man kann an dem US-Magazin “Playboy” sicherlich vieles kritisieren. Anlässlich der Einstellung der Printausgabe in den USA ist Ben Krischke in seinem Nachruf jedoch gnädig und fokussiert sich auf die positiven Aspekte: “Der US-‘Playboy’ war nie ein aufpoliertes ‘Schmuddelblatt’ oder ein chauvinistisches ‘Tittenmagazin’, sondern eine lustvolle Streitschrift. Er lichtete einerseits nackte Frauen in erotischen Posen ab. Andererseits druckte Hefner von Anfang an umstrittene Werke bekannter Schriftsteller wie Ray Bradbury, der in seiner Dystopie ‘Fahrenheit 451’ gegen die Zensur anschrieb. Oder einen Text von Charles Beaumont, der eine Welt erdachte, in der Homosexualität normal ist und Heterosexualität als abartig gilt.”

Sabotage-Kampagne, Manifest der Freien, Framen für Fortgeschrittene

1. Eine rechte Sabotage-Kampagne will ARD und ZDF zu Fall bringen
(buzzfeed.com, Felix Huesmann)
Rechtskonservative, Neurechte und Rechtsextreme haben seit langer Zeit einen erklärten Lieblingsgegner: den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bei der Bekämpfung von ARD und ZDF greift die Allianz auf die unterschiedlichsten Mittel zurück — vom Zahlen der Beiträge in Cent-Stücken bis hin zum massenhafte Einreichen von Datenschutzanfragen. Felix Huesmann hat sich die Sabotage-Kampagne näher angeschaut.

2. Wie Facebook und Youtube mit Fakes zum Coronavirus umgehen
(deutschlandfunk.de, Henning Hübert, Audio: 6:09 Minuten)
In den Zeiten von Corona häufen sich in den Sozialen Medien die Falschmeldungen. Wie geht eine Plattform wie Facebook mit den Fakes um? Der Deutschlandfunk hat sich mit Martin Fehrensen vom Social Media Watchblog über Strategien und Maßnahmen zur Bekämpfung von falschen Inhalten unterhalten.
Weiterer Lesehinweis: Wie Rechte das Coronavirus zur Hetze gegen Flüchtlinge benutzen (blog.zeit.de, Frank Jansen).

3. Manifest der Freien
(freischreiber.de)
Der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten Freischreiber appelliert mit einem “Manifest der Freien” an alle Medienhäuser, ihre freien Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen besser gegen Bedrohungen aus dem Internet zu schützen: “Wir sind freie Journalist*innen geworden, weil wir diesen Beruf lieben. Wir wollen für ihn aber nicht durch die Hölle gehen, wenn uns der Hass trifft. Stellt euch vor uns, eindeutig und unmissverständlich.”

4. Klaas Heufer-Umlauf entschuldigt sich “ohne jede Ironie”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Klaas Heufer-Umlauf hat knapp eine Woche nach Bekanntwerden der Fake-Vorwürfe gegen ihn und Joko Winterscheidt um Entschuldigung gebeten, und zwar “ohne jede Ironie”. Und er hat dabei angefügt, er habe sich für die Verhandlung bei Richter Alexander Hold “schon mal nen Rollator bersorgt”, wohl eine launige Anspielung auf Harvey Weinsteins Prozessauftritte. Spätestens dieser Satz zeigt, wie man diese “Ohne jede Ironie”-Entschuldigung einordnen kann.

5. Framen für Fortgeschrittene
(taz.de, Eric Wallis)
“Ein besonders schmieriger Euphemismus unserer Zeit ist das Wort ‘Sachpolitik’. Ein hehrer Anwender der Vokabel ist Friedrich Merz. Aber das Wort wird von vielen Politikschaffenden gebraucht. Und immer wieder schleusen sie das Wort in Medienüberschriften und -formate ein.” Eric Wallis hat sich angeschaut, mit welchen Vokabeln operiert wird, wenn von “Politik” die Rede ist. Das reicht von “Parteipolitik” und “Symbolpolitik” bis hin zu besagter “Sachpolitik”.

6. Coverfotos stammen nur selten von Frauen
(spiegel.de, Elisa von Hof & Angela Ölscher)
Die Fotos auf den Titelbildern deutscher Zeitschriften stammen mehrheitlich von Männern. Das ergibt eine Analyse des “Spiegel” und des Deutschen Journalisten-Verbands Hamburg, die über 500 Cover des vergangenen Jahres auswerteten.

Unehrliche Unterhalter, Schäbige Gewaltausbrüche, Sexszenen-Expertin

1. Das Ende von Joko & Klaas als ehrliche Unterhalter
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier kommentiert den Fall der reihenweise zusammengetricksten und geschummelten Videos von Joko & Klaas: “Es war immer schon ein atemberaubender Spagat, dass Joko und Klaas gleichzeitig die albernsten, pubertärsten, extremsten Späße machen und sich glaubwürdig gesellschaftspolitisch engagieren konnten. Dieser Spagat funktionierte auch deshalb, weil die beiden Protagonisten für ehrliche Unterhaltung standen — sei es durch schlichte, eindimensionale Spaß-Aktion oder durch ein cleveres, ironisches, oft genug entlarvendes Spiel mit dem Medium und seinen Regeln. Beide Seiten ihrer Prominenz, die reine Spaß-Existenz und die engagierte Persönlichkeit, beruhen auf dem Vertrauen, dass sie das Publikum nicht für dumm verkaufen. Damit ist es erstmal vorbei.”
Weiterer Lesehinweis: Ausgerechnet an dem Tag, an dem der Schwindel um die Joko-&-Klaas-Videos aufgedeckt wurde, verkündete das Grimme-Institut, wer seine begehrten Preise bekommen soll. Joko & Klaas sollen einen erhalten, aber nicht für eine ihrer Fernsehshows, sondern für ihre 15 Live-Minuten bei ProSieben. Und ab hier ging bei Bild.de und Welt.de einiges durcheinander. Stefan Niggemeier fragte dazu gestern auf Twitter: “Ist es nicht irre, dass diese Falschmeldung, dass #LateNightBerlin wegen der Fake-Vorwürfe der Grimme-Preis aberkannt worden sei, bei der @Welt auch nach 7 Stunden immer noch nicht korrigiert wurde? Merkt da niemand irgendwas?”

2. Die schäbigen Gewaltausbrüche des Patrick Losensky
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
Sollte man über die Gewaltausbrüche des Rappers Fler berichten oder ihn mit medialer Nichtbeachtung strafen? Für Sebastian Leber gehören die Vorgänge öffentlich gemacht: “Weil es Menschen gibt, die real von ihm bedroht, sexistisch beleidigt und verprügelt werden. Weil sich diese Betroffenen alleingelassen fühlen. Und weil Strafrahmen in der Vergangenheit offenbar so wenig ausgeschöpft wurden, dass Fler nicht einmal Reue zeigt und seine Opfer nach Taten sogar öffentlich verhöhnt.”

3. Die zweifelhaften Zocker-Ratschläge der “Bild”
(ndr.de, Philipp Eckstein & Stella Peters & Jan Lukas Strozyk)
Online-Glücksspiel ist in Deutschland, außer in Schleswig-Holstein, illegal. Dennoch trommele die “Bild”-Redaktion mit ihrer werblichen Berichterstattung für diverse Online-Casino-Angebote. Ein NDR-Team ist der Sache nachgegangen und hat Beteiligte und Behörden dazu befragt. Die Glücksspielaufsicht prüfe Schritte gegen “Bild”. Die weist jeden Vorwurf empört zurück: Man berichte über Glückspiel “ausgesprochen verantwortungsvoll.”

4. Leipziger Buchmesse 2020 abgesagt: »Sicherheit geht vor«
(buchreport.de)
Rund 280.000 Besucherinnen und Besucher wurden zur diesjährigen Leipziger Buchmesse erwartet, etwa 2500 Aussteller wollten dort den Lesern und Leserinnen ihr Angebot näherbringen. Doch gestern wurde das wichtige Branchenereignis abgesagt. Das Gesundheitsamt Leipzig sei “der Aufforderung des Bundesgesundheits- und des Bundeswirtschaftsministeriums gefolgt, wonach eine Rückverfolgbarkeit von Kontaktpersonen bei Großveranstaltungen gewährleistet sein muss. Es empfahl dringend, dass jeder Messeteilnehmer schriftlich belegen muss, nicht aus definierten Risikogebieten zu stammen oder Kontakt zu Personen aus Risikogebieten gehabt zu haben.” Da dies nicht zu bewerkstelligen sei, habe man die Buchmesse schweren Herzens abgesagt.

5. Berliner Verlag: Wer ist schuld am Abgang Thiemes?
(newsroom.de)
Über die Gründe des Abgangs des kurzzeitigen Chefredakteurs von “Berliner Zeitung” und “Berliner Kurier” sind sich die Beteiligten uneinig: Während die Verleger Silke und Holger Friedrich mitteilen, dass Ex-Chefredakteur Matthias Thieme aus persönlichen Gründen ausgeschieden sei, entgegnet dieser über einen Anwalt, es habe sich um betriebliche Gründe gehandelt.

6. Expertin für Sexszenen im Film: Deutschlands erste Intimitätskoordinatorin
(rnd.de, Tilmann P. Gangloff)
In den USA sei es schon gang und gäbe, nun soll es diese Praxis auch hier geben: Deutschlands erste “Intimitätskoordinatorin” will Schauspieler und Schauspielerinnen bei Sexszenen im Film beraten.

Alternative Realität, Kneipenwirt, Behauptungsjournalismus

1. Gezielte Falschmeldungen über Amokfahrt
(tagesschau.de, Patrick Gensing)
Nach der Amokfahrt von Volkmarsen gab es im Internet wilde Spekulationen über die Hintergründe. Ein gerne verwandtes, zusammenfantasiertes Narrativ: Der Täter habe einen Migrationshintergrund, es habe sich um einen islamistischen Anschlag gehandelt. Selbst mit den größten Bemühungen um Aufklärung und Information dringe man manchmal nicht in die alternative Realität mancher Nutzerinnen und Nutzer vor, so Patrick Gensing: “Einige Nutzer vertrauen einer anonymen Webseite aus dem Ausland mehr als sämtlichen Polizisten und Reportern, die vor Ort arbeiten. In Kommentaren werfen sie Polizei, Regierung und Medien vor, sie würden gemeinsam agieren und Informationen zurückhalten, um die Menschen zu belügen. So wachsen Verschwörungstheorien — und geglaubt wird nur noch das, was ins eigene Weltbild passt.”

2. Zensur und Einschränkung von Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen wendet sich gegen die chinesische Zensur im Rahmen der Berichterstattung über das Coronavirus. Anfang Februar seien sogar mehrere Journalisten und politische Kommentatoren festgenommen worden. ROG-Geschäftsführer Christian Mihr: “Vollständige Transparenz und eine informierte Öffentlichkeit können verhindern, dass sich Gerüchte verbreiten und die Krise damit verschärfen. Dafür müssen Medienschaffende ungehindert recherchieren können.”

3. Wie Zuckerberg von Hass und Lügen profitiert
(faz.net, Christopher Lauer)
In seinem Gastbeitrag für die “FAZ” stellt Christopher Lauer einen interessanten Vergleich an: “Wir müssen uns Mark Zuckerberg also als einen Wirt vorstellen, in dessen Restaurant sich Nazis, Rechtsextreme und Verschwörungsideologen treffen, andere Gäste bedrohen und beleidigen, sich im Restaurant zu Straftaten verabreden, der aber, statt sich seines Hausrechts zu bedienen und die Idioten einfach rauszuschmeißen, mehr Regulierung fordert. Ach so, wenn die Polizei in seiner Wirtschaft vorbeikommt und fragt, wer sich da denn letzte Woche bei ihm getroffen habe, gibt es dann auch immer nur die Antwort ‘Bitte schicken Sie uns ein internationales Rechtshilfeersuchen’. Auch die Gäste, die bei ihm beleidigt und bedroht worden sind, bekommen nichts anderes zu hören.”

4. Bitte lauter!
(sueddeutsche.de, Kathrin Hollmer)
Viele TV-Zuschauerinnen und -Zuschauer würden sich regelmäßig über Probleme mit der Akustik beschweren — die Dialoge seien unverständlich, die Sprache werde von Geräuschen überlagert. Kathrin Hollmer ist dem Problem nachgegangen, das viel mit Technik zu tun hat. Bei der Verbesserung des Bildes habe es in den vergangenen Jahren große Verbesserungen gegeben, nur beim Ton scheue man anscheinend Mühe und Investitionen.

5. ARD will an verlängerten “Tagesthemen” festhalten
(deutschlandfunk.de, Bettina Köster, Audio: 5:52 Minuten)
Bei ARD und ZDF gibt es Zoff: Die ARD will die “Tagesthemen”-Ausgabe am Freitag um eine Viertelstunde verlängern, was zu einer Kollision mit dem parallel im ZDF stattfindenden “Heute Journal” führt. Bettina Köster hat mit ARD-Chefredakteur Rainald Becker über den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkonflikt gesprochen.

6. Behauptungsjournalismus
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer beschäftigt sich mit dem “Behauptungsjournalismus”, der nach folgendem Prinzip funktioniere: “Ich spreche einer Person oder einem Ding eine Funktion oder Eigenschaft [zu], die sie nicht besitzt — und hoffe, dass die Leser doof genug sind, dies nicht zu bemerken.” Damit es nicht bei einer bloßen Behauptung bleibt, bringt Knüwer drei Beispiele mit: einen Beitrag aus dem “Business Insider”, ein Fundstück aus dem Düsseldorfer “Express” und einen Textauszug aus Gabor Steingarts “Morning Briefing”.

Hasskriminalitätsgesetz, Neues Ekelfernsehen, “Kulturmarxismus”

1. Was Sie über das Gesetz gegen Hasskriminalität wissen müssen
(spiegel.de, Patrick Beuth)
Am heutigen Mittwoch will das Bundeskabinett ein viel diskutiertes Gesetz verabschieden: jenes “zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität”. Patrick Beuth erklärt, in welchen Teilbereichen der Gesetzesentwurf umstritten ist und von welchen Gruppen Kritik geäußert wird.
Weiterer Lesehinweis: Zusätzliche Staatsanwälte und Richter: Gesetz gegen Hass im Netz kostet Justiz rund 24 Millionen Euro (meedia.de).

2. Neue Antworten?
(deutschlandfunk.de, Claudia van Laak, Audio: 6:03 Minuten)
Beim “radioeins- und Freitag-Salon” in der Berliner Volksbühne trafen am Montag Medienunternehmerinnen und -unternehmer aufeinander: Moderator Jakob Augstein hatte das Verleger-Ehepaar Silke und Holger Friedrich zum Gespräch eingeladen. Claudia van Laak hat für den Deutschlandfunk genau hingehört. Wer den kompletten Live-Mitschnitt nachhören möchte: Auf der radioeins-Webseite zum Talk gibt es die Audiodatei zum Direktanhören oder Herunterladen.

3. Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten
(mdr.de, Ralf Heimann)
Ralf Heimann hat sich angeschaut, wie in den Medien über das Darknet berichtet wird: Meist als Tummelplatz für Gestalten finsterer Straftaten wie Drogen- und Waffenhandel sowie Kindesmissbrauch — eher selten als Ausdruck von Demokratie und Freiheit. Das habe damit zu tun, dass oftmals nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten seien.

4. Corona: Der schwierige Kampf gegen Krankheitsmythen
(medienwoche.ch, Sabrina Heike Kessler)
Sabrina Heike Kessler erklärt, warum es wissenschaftliche Fakten so schwer gegen Gerüchte und Falschmeldungen haben. Aktueller Anlass sind die vielen Krankheitsmythen, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus im Umlauf sind: “Dass Menschen in Gesundheitsfragen an Fake News glauben, erklärt sich mit dem menschlichen Wunsch, gesund zu sein, zu bleiben oder werden zu wollen und der Angst vor Krankheit und Tod. Schon evolutionär ist der Mensch darauf angelegt, mit der eigenen Gesundheit besser nicht zu experimentieren, sondern sich auf das zu verlassen, was andere denken, empfehlen und tun.”

5. Für die WELT, die sich gerne als tradionsreiches Blatt des deutschen Liberalismus feiert …
(twitter.com, Robert Fietzke)
Im aktuellen Text von “Welt”-Kolumnist Don Alphonso ist von “Kulturmarxismus” die Rede (Kolumnen-Überschrift: “Die Leitkulturorgie nach den kulturmarxistischen Merkelpartys”). Ein vergifteter Begriff, wie Robert Fietzke in einem Twitter-Thread schreibt: “Für die WELT, die sich gerne als tradionsreiches (sic) Blatt des deutschen Liberalismus feiert, schreibt nach wie vor ein Mann, der ganz nonchalant antisemitisch aufgeladene Kern-Begriffe der extremen Rechten wie ‘Kulturmarxismus’ droppt.” Danach geht es mit der lesenswerten etymologischen Einordnung des Wortes weiter.

6. Inzest und emotionale Erpressung: Das neue Ekelfernsehen
(dwdl.de, Alexander Krei)
RTL und Sat.1 würden bei ihren Realityshows aktuell auf fragwürdige Figuren und kalkulierte Tabubrüche setzen — ein unethisches und verantwortungsloses Verhalten, wie Alexander Krei findet: “Wenn sich die beiden großen Privatsendergruppen demnächst also mal wieder für ihr großes Verantwortungsgefühl rühmen, sollte man sie mit den jüngsten Fehlbesetzungen von ‘Bachelor’ und ‘Big Brother’ konfrontieren, die Anstand und Moral vermissen lassen.”

Unwort des Jahres, Assanges Hinrichtung auf Raten, Herrenwitz

1. Selbstverliebte Männer
(taz.de, Ingo Arzt)
Eine Jury aus vier SprachwissenschaftlerInnen und einem Journalisten hat entschieden: Unwort des Jahres ist “Klimahysterie” (Pressemitteilung als PDF). Im Interview mit dem “Spiegel” erklärt Jurychefin Nina Janich, warum das Wort irreführend und diskreditierend sei: “Wenn man die Klimadebatte mit einem Wort wie Hysterie in Zusammenhang bringt, dann diskreditiert man die Debatte, indem man sie pathologisiert und wie eine kollektive Psychose behandelt. Damit werden in der Konsequenz alle, die sich für Klimaschutz engagieren, als Hysteriker abgestempelt. Irreführend ist der Begriff deshalb, weil die Klimadebatte auf Basis wissenschaftlicher Ergebnisse geführt wird, mit dem Wort Hysterie wird sie aber in einen Krankheitsbereich verschoben.” “taz”-Redakteur Ingo Arzt kommentiert: “Auch FDP-Neoliberale, CDU-Konservative und diverse Journalisten nutzten es, denn sie eint mit den Rechtspopulisten das dumpfe Gefühl, dass ihnen da jemand die argumentative Lufthoheit geraubt hat. ‘Hysterie’ als Kampfbegriff gegen eine größtenteils weibliche Klimabewegung lag da auf der Hand.”

2. Gericht stärkt Faktenchecks von Correctiv
(correctiv.org, David Schraven)
Wie “Correctiv”-Chef David Schraven berichtet, habe das Landgericht Mannheim die Klage des Blogs “Tichys Einblick” auf eine einstweilige Verfügung abgewiesen (Urteil als PDF). Bei “Tichys Einblick” hatte man sich an “Correctivs” Faktencheck für Facebook gestört. Die Entscheidung sei auf 45 Seiten ausführlich und umfassend begründet. Trotzdem hätten Tichys Anwälte angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Der Streit wird also vermutlich fortgeführt.

3. Julian Assanges Hinrichtung auf Raten
(deutschlandfunkkultur.de, Milosz Matuschek)
Nach einem langjährigen Aufenthalt in der Botschaft Ecuadors sitzt Wikileaks-Gründer Julian Assange nun in einem Hochsicherheitsgefängnis in Großbritannien. Der UN-Folterbeauftragte Nils Melzer spreche in diesem Zusammenhang von “psychologischer Folter”. Trotz dieses Vorwurfs würden sich nur wenige Journalistenverbände für Assanges Freilassung einsetzen. Der Publizist und Jurist Milosz Matuschek spricht in seinem Kommentar von einem Totalversagen: “Wäre Julian Assange in einem Keller über Monate eingesperrter, gequälter Hund — wir hätten vermutlich längst einen Prozess gegen die Tierquäler, eine Verschärfung des Tierschutzgesetzes und ‘Donnerstage für Doggen’-Demos gesehen. Doch Assange ist — zu seinem Pech — leider ein Mensch. Und zwar einer, der sich bei Mächtigen nicht beliebt gemacht hat.”

4. Liebe Kollegen der @berlinerzeitung …
(twitter.com, Julius Betschka)
Julius Betschka wirft der “Berliner Zeitung” in einem Twitter-Thread vor, zum wiederholten Mal Falschmeldungen über die Mordrate in Berlin zu verbreiten: “Jeder macht Fehler. Man kann sich korrigieren und entschuldigen. Aber anstelle einer Entschuldigung wird hier eine unhaltbare These mit wiederholt falschen Fakten und besonders markigen Worten verteidigt. Verstehe ich nicht, liebe @berlinerzeitung.”
Lesehinweis zum Hintergrund: Berlin doch nicht Mordmetropole Europas (uebermedien.de, Stefan Niggemeier).

5. “Deutschland sticht absolut heraus”
(deutschlandfunk.de, Bettina Schmieding, Audio: 6:30 Minuten)
Bettina Schmieding hat sich im Deutschlandfunk mit der Wissenschaftlerin Susanne Fengler unterhalten, die sich mit ihrem Co-Autor Marcus Kreutler die Berichterstattung über Geflüchtete genauer angeschaut hat (“Stumme Migranten, laute Politik, gespaltene Medien”). In Deutschland werde zwar intensiv über Migration und Flucht berichtet, aber dies erfolge sehr selektiv. So kämen Migranten und Geflüchtete nur in einem Viertel der Berichte als zentrale Akteure vor. Auch Herkunft und Kontext sowie der Status — Geflüchteter oder Migrant — seien oft kein Thema, so Fengler.

6. Herrenwitz: Keine Partei wird anteilig häufiger von Männern gewählt
(einfacherdienst.de)
Welche Partei wird laut offizieller Wahlstatistik des Bundeswahlleiters am meisten, nämlich zu zwei Dritteln, von Männern gewählt? Ist es die AfD? Oder vielleicht die FDP? Nein, es handelt sich dabei um die Satirepartei Die Partei mit ihren Spitzenleuten Martin Sonneborn und Nico Semsrott. Das krasse Geschlechter-Ungleichgewicht bei der Wählerschaft soll sich jedoch ändern. Laut Semsrotts Pressesprecherin Isabel Prößdorf stelle man sich nun “immer die Frage, ob Frauen aber auch Personen, die sich selbst als divers bezeichnen würden, genug in unsere Aktionen miteingebunden sind und sich angesprochen fühlen.” Männer seien dabei egal, “die werden von der AfD und CSU schon genug vertreten.”

Neurechte Schmähgemeinschaft, Mordmetropole, “Homo-Milieu”

1. Berlin doch nicht Mordmetropole Europas
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Ist Berlin tatsächlich die “Hauptstadt der Tötungsdelikte”, wie es kürzlich in den Blättern des Berliner Verlags hieß? Stefan Niggemeier ist der Meldung nachgegangen und kommt, so viel kann verraten werden, zu einem gänzlich anderen Schluss.

2. Die Schmähgemeinschaft der neuen Rechten
(netzpolitik.org, Daniel Laufer)
Über mehrere Jahre habe der Sprachwissenschaftler Joachim Scharloth Artikel und Kommentare rechter Internetportale gesammelt und ausgewertet. Die neue Rechte definiere sich vor allem über Beleidigungen und herabwürdigende Sprache und könne daher als “Schmähgemeinschaft” bezeichnet werden. Allein für Angela Merkel habe Scharloth über 1000 Beschimpfungen gefunden. Insgesamt habe er bei seiner Bestandsaufnahme mehr als 30.000 unterschiedliche Schimpfwörter erfasst.
Weiterer Lesehinweis: Soleimani: «Tot» und «Tötung» oder «Mord» und «ermordet»: “Der Sprachgebrauch deckt auf, welche Medien nicht im Klartext informieren, wenn es um die befreundeten USA geht.” (infosperber.ch, Urs P. Gasche).

3. Im ZDF ist das “Homo-Milieu” noch lebendig
(queer.de)
Obwohl seit Jahren kritisiert, tauchen in Medienberichten und Pressemitteilungen immer noch Begriffe wie “Homo-Milieu”, “Homosexuellen-Milieu” oder “Schwulen-Milieu” auf. Jüngst sei der Begriff in einer (laut queer.de ansonsten empfehlenswerten) ZDF-Doku über den Mord an Walter Sedlmayr verwendet worden.

4. Ohne bösen Vorsatz
(deutschlandfunk.de, Mirjam Kid & Annika Schneider, Audio: 7:29 Minuten)
Der Deutschlandfunk hat mit “Buzzfeed”-Redakteur Marcus Engert über eine Falschmeldung beziehungsweise ungenaue Meldung der Leipziger Polizei und deren Folgen unterhalten. Engerts Rat: Journalistinnen und Journalisten sollten die Social-Media-Accounts der Polizei nicht als privilegierte Quellen betrachten und entsprechende Meldungen gegenrecherchieren.

5. Stimmungsmache im Netz: “Die Empörungsmaschinerie sprang an”
(t-online.de, Nicole Diekmann)
Eine offensichtlich ironisch gemeinte Bemerkung bescherte der ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann vor einem Jahr einen gewaltigen Shitstorm. Gerade haben wir mit dem Satireliedchen von der Oma als “Umweltsau” einen ähnlichen Vorgang erlebt. Diekmann attestiert den Sendern Fehleinschätzungen und eine katastrophale Krisenkommunikation: “Keine Frage danach, ob womöglich eine Agenda hinter einem Shitstorm steckt. Ob im Netz dazu aufgerufen wurde, in Zuschauerredaktionen anzurufen. Stattdessen hektischer Aktionismus, der eben denen in die Hände spielt, die die Algorithmen verstanden haben und sie zu ihren Zwecken zu nutzen wissen. Noch immer fällt man auf sie herein und macht im Zweifel alles nur noch schlimmer mit aussichtslosen Versuchen, die neuen Dynamiken mit den traditionellen Instrumenten in den Griff zu kriegen. In etwa so, als würde man ein Pferd vor ein liegengebliebenes Auto spannen.”

6. Glaskugelige Kaffeesatzlesereien 2020
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer hat turnusgemäß die Glaskugel aus dem Schrank geholt und wirft einen Blick auf mögliche Medienentwicklungen des bevorstehenden Jahres. Er geht dabei auch schonungslos seine Prognosen des Vorjahres durch: Knüwer kommt auf einen Endstand von 1,5 zu 7,5 Punkten (“So, verzeihen Sie das Wort, beschissen daneben lag ich noch nie”). Wie auch immer die nächste Auswertung ausfällt: Seine aktuellen Prognosen sind dennoch lesenswert.

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