Forscher der Uni Nyström in Schweden scheinen mit einem Experiment bewiesen zu haben — Fastfood macht nicht immer dick! Das berichtet das angesehene Fachmagazin “New Scientist”. (Hervorhebung von uns.)
Nun. Das berichtet das angesehene Fachmagazin nicht. Nyström ist nämlich nicht der Name der Uni, sondern der Name des Forschers. Die Uni heißt Linköping. Und so steht es natürlich — außer in “Bild” — seit Ende Januar auch weltweit in quasi allen anderen Berichten.
Nachdem die schwedischen Musiker Benny Andersson und Björn Ulvaeus ihrer Kollegin Madonna im letzten Jahr für deren Song “Hung Up” die Verwendung eines Melodiebogens aus dem ABBA-Klassiker “Gimme, Gimme, Gimme” gestattet hatten, behauptet die “BamS” heute, Madonna habe “als Erste und Einzige” die Erlaubnis bekommen, “Songs der Pop-Legende ABBA zu benutzen”.
Aber was ist dann mit der Behauptung des “Hamburger Abendblatts”* vom 20.10.2005, es sei “das zweite Mal, daß die Schweden einem anderen Künstler erlaubten, ABBA-Musik zu benutzen”? Oder mit der “Welt”*? Die behauptete am 7.11.2005 ebenfalls korrekt: “Erst das zweite Mal nämlich haben Benny & Björn von Abba ein Sample aus ihrer Schöpfung freigegeben.”
Mit Dank an Sebastian D. für den Hinweis.
*) Aus der Fülle von Quellen, welche die heutige “BamS”-Behauptung widerlegen, haben wir hier spaßeshalber beispielhaft zwei Publikationen ausgewählt, die wie die “BamS” zum Axel-Springer-Konzern gehören.
Nachtrag, 19.11.2006: In ihrer Korrekturspalte schreibt die “BamS” heute über ihre Madonna-Behauptung: “Das stimmte nicht. Die Hip-Hop-Gruppe ‘The Fugees’ (1997) und die Popsängerin Tanita Tikaram (1998) waren die ersten, für die ein ‘ABBA’-Sample offiziell freigegeben wurde. Madonna kam danach.” Woher die “BamS” die Tikaram-Info hat, wissen wir nicht. Aber vielleicht haben sich ja Andersson und Ulvaeus selbst geirrt, als sie dem “Telegraph” (hier nochmals der Link) über Madonnas ABBA-Sampling sagten: “This is only the second time we have given permission.” Und dass der Fehler nach wie vor unkorrigiert bei Bild.de (hier nochmals der Link) steht, hat wahrscheinlich auch irgendeinen Sinn…
Ins Große durchs Ganze (brandeins.de)
Gegen Globalisierung, heißt es, gibt es nur zwei Mittel: mitmachen oder abdichten, seine Identität verlieren oder sein Geschäft. Besser klappt es umgekehrt: Die Welt erschließt sich durch Unterschied und Wettbewerb. Auf kleinstem Raum. In der Region.
Tagesschau in die Zeitung (werbewoche.ch)
Sender im Ausland tuns schon längst. Spät nachts wirbt jetzt auch SF für Schweizer Zeitungen.
Schmutzige Worte (berlinonline.de)
Aus Angst vor der konservativen Medienbehörde setzen US-Sender den Dokumentarfilm “9/11” ab.
Verflixt, wo war ich doch gleich? (tagesanzeiger.ch)
Zerstreutheit ist weit verbreitet. Ein eigens gegründeter Verein in Schweden erfreut sich regen Zulaufs. Die komischsten Erlebnisse dieser Zerstreuten sind in einem Buch vereint.
Zwölf Minuten und 58 Sekunden, (weltwoche.ch)
so lange werden Sie ungefähr brauchen, um folgenden Text zu lesen. Wenn Sie dies im Wartezimmer tun, wird der Arzt Sie schneller holen. Finden Sie das Thema uninteressant, werden Sie denken, er hätte Sie vergessen.
Heute beschäftigen wir uns mit Symbolen. Symbole sind eine feine Sache, weil man damit komplexe Dinge so ausdrücken kann, so dass sie auf der ganzen Welt verstanden werden.
Okay, nicht unbedingt von jedem, und das ist das Problem von Symbolen.
Dieses hier rechts zum Beispiel. Bild.de hält es für das Symbol für Weiblichkeit.
Außer für Männlichkeit steht der Kreis mit dem Pfeil übrigens auch für Mars und für Eisen und unter anderem in Schweden für die Stahlindustrie, und deshalb wählte sich die schwedische Automarke Volvo das Symbol für ihr eigenes Logo und schmückte damit schon vor fast 80 Jahren den Kühlergrill ihrer Modelle. In der ein oder anderen Form tut es das bis heute bei allen Volvos.
Und deshalb ist das, was Bild.de heute unter der Überschrift “Alle Bilder, alle Infos zur wahrscheinlich schnellsten Zigarre der Welt” über den neuen Volvo T6 Roadster schreibt, ganz besonders großer Unsinn:
Danke an Andreas U. für den Hinweis!
Nachtrag, 9. November, 10.50 Uhr: Der Männerbeauftragte von Bild.de ist zum Dienst erschienen und hat den Text ändern lassen:
Die “Bild”-Zeitung. Erst seit einem Tag Papst, und schon alle Hände voll zu tun. Zum Beispiel den Mit-Papst Benedikt XVI. vor fiesen Angriffen zu schützen. Und die sind nirgends schlimmer als im Inland. Außer im Ausland.
60 Jahre nach Kriegsende zerrt das Blatt die Jugend des Papstes ins Rampenlicht, drängt ihn in die Nazi-Ecke: “Es gab Fan-Gesänge für den Ex-Feindsoldaten im Zweiten Weltkrieg, der jetzt Papst Benedikt XVI. ist.”
Um zu behaupten, dass die “Sun” den Papst in eine Nazi-Ecke drängt, muss man allerdings, wie “Bild”, den Schluss des “Sun”-Artikels ignorieren. Er lautet:
Er war 14, als er gezwungen wurde, der Hitler-Jugend beizutreten. Später war er deutscher Flak-Helfer — bevor er desertierte.
In ihrem Kommentar fügt die “Sun” in Bezug auf die Position Ratzingers zu moralischen Fragen hinzu:
Wir applaudieren einem Mann, der erkannt hat, dass Werte nicht verhandelbar sind.
Auch skandinavische Zeitungen “verzerren” nach Ansicht von “Bild” Ratzingers Vergangenheit:
Das „Aftonbladet“ (Schweden) schreibt: “Der neue Papst war in Hitlers Armee Kindersoldat. (…) Am Ende packte er es nicht mehr, und er desertierte.”
Fest steht: Der neue Papst war in Hitlers Armee Kindersoldat. Am Ende packte er es nicht mehr, und er desertierte. Offen ist: Welchen Teil dieser Aussage findet “Bild” ehrenrührig?
Am Dienstagabend überfährt ein Mercedes-Testfahrer in Mittelschweden eine Fußgängerin. Am Donnerstag kennt “Bild” bereits die Unfallursache:
Die Überschrift lässt keinen Zweifel: Der Mercedes war zu schnell.
Auch am Tag darauf tut “Bild” alles, um diesen den Eindruck zu verstärken (alle Hervorhebungen von uns):
Mußte eine Mutter sterben, weil sich ein Mercedes-Testfahrer überschätzte? Am Dienstag rauschten elf schicke Mercedes (neue S-Klasse, neue R-Klasse) durch die Kleinstadt Ytterhogdal in Mittelschweden. (…)
Geht jetzt die ganze Raser-Diskussion wieder los?
Samstag. “Bild” setzt seine Berichterstattung mit einem Artikel über Testfahrer fort. Tenor: Die rasen und trinken; kein Wunder, dass es zu solchen Unfällen kommt.
Sie führen ein Leben auf der Überholspur, immer am Limit, immer in Gefahr: Testfahrer, die für internationale Automobilkonzerne, für Reifenhersteller oder Bremsenbauer Prototypen probefahren. Jetzt starb in Schweden eine Passantin, weil ein Mercedes-Testfahrer von der Straße abkam (BILD berichtete). Traumberuf oder lebensgefährliche Raserei? (…)
Mit schwarz getarnten Autos jagen sie über Teststrecken und öffentliche Straßen: die Testfahrer der Automobilkonzerne.
Ja: Vielleicht, möglicherweise, eventuell ist der Mercedes zu schnell gefahren. Radio Schweden International berichtet allerdings, dass die Wagenkolonne, in der der Unglückswagen fuhr, nach Zeugenaussagen nur mit etwa 55 Stundenkilometern auf einer 70er-Strecke unterwegs war. Auch Alkohol sei nicht im Spiel gewesen. Stattdessen wird in Schweden über eine mögliche Unglücksursache diskutiert, die die “Bild” in ihrer Fixierung aufs “Rasen” bislang nicht einmal erwähnt hat*: Der Unglückswagen fuhr mit Ganzjahresreifen, die angesichts der Witterung in Schweden eine äußerst schlechte und gefährliche Wahl seien.
Am Freitag veröffentlicht “Bild” außerdem dieses Foto mit der Überschrift “Hier wird der Todes-Fahrer abgeführt”. Richtig ist, dass gegen den Mann ermittelt wird und er befragt wurde. Dass er in Gewahrsam genommen worden sein soll, wie die “Bild”-Überschrift behauptet, also quasi verhaftet, ist eine “Information”, die “Bild” exklusiv hat. Überhaupt können vermutlich nur “Bild”-Redakteure auf diesem Foto einen Polizisten erkennen, der den Mercedes-Fahrer gerade abführt.
(Inzwischen ist bei Bild.de das Foto entfernt worden, die falsche Überschrift ergibt nun gar keinen Sinn mehr.)
Danke an Jörg J. und Uwe K.
Nachtrag, 27.2.: Offenbar ist uns entgangen, dass “Bild” in der allerersten Meldung einen Polizisten zitiert, der dort bereits auf das Reifenproblem zu sprechen kam. Um so unverständlicher aber, dass “Bild” diesen Umstand hernach zu Gunsten der angeblichen “Raserei” komplett aus den Augen verlor.