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“Was wird aus der kleinen Elisabeth?”

Berlin, den 16. August 2005

An den
Deutschen Presserat
Postfach 7160
53071 Bonn

Beschwerde

Sehr geehrte Damen und Herren,

die “Bild”-Zeitung zeigt mit großer Konsequenz immer wieder Fotos von der einjährigen Tochter der Frau, die in der Nähe von Frankfurt/Oder neun ihrer Kinder getötet haben soll. Gezeigt wird das Kleinkind am 9. August auf Seite 6 in der Badewanne (“Was wird aus der kleinen Elisabeth?”), am 10. August auf Seite 7 auf dem Arm ihrer Mutter (“Todes-Mutter bricht mit ihrer Familie!”), am 15. August auf Seite 8 ebenfalls auf dem Arm ihrer Mutter (“Todesmutter weint im Knast um ihre Kinder”) (alle Seitenangaben Ausgabe Berlin-Brandenburg). Die Fotos sind nicht verfremdet, das Mädchen ist vor allem auf dem Foto in der Badewanne eindeutig zu identifizieren.

Laut Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes genießen Kinder einen besonderen Schutz gegenüber Veröffentlichungen in der Presse. Nach dem Pressekodex ist die Abbildung von Opfern und Tätern in der Berichterstattung über Straftaten in der Regel nicht gerechtfertigt (Richtlinie 8.1, Ziffer 1) und bei Familienangehörigen, die mit der Straftat nichts zu tun haben, grundsätzlich unzulässig (Richtlinie 8.1, Ziffer 3). In der Vergangenheit hat der Presserat auch Veröffentlichungen von Fotos von Kindern, selbst wenn ein Balken über die Augen gelegt wurde (was “Bild” nicht getan hat), als unzulässig gerügt.

Mit freundlichem Gruß
BILDblog.de

Nachtrag, 19. August: Am 18. August war das Gesicht des Mädchens in der “Bild” Berlin-Brandenburg ungekenntlich gemacht.

Symbolfotos XII – XIV

So richtig nachvollziehbar ist es nicht, warum “Bild” am 3. August einen Bericht über Zerkarien im Kellersee bei Eutin (Kreis Ostholstein) mit einem Foto vom Großen Plöner See in Plön (Kreis Plön) bebilderte.

Dass die “Bild”-Zeitung darüber hinaus am 7. Februar einen Artikel über “Terror-Schüler” an einer Berufsbildenden Schule in Hannover mit einer Fotomontage bebilderte, die gar nicht die Berufsbildende Schule, sondern stattdessen das unbescholtene Bismarck Gymnasium zeigte, wurde jedenfalls jüngst vom Deutschen Presserat missbilligt, weil sowas nämlich gegen Ziffer 2 und Richtlinie 2.2 des Pressekodex verstößt.

Aber das ist noch nichts gegen das, was “Bild” da am 22. Juli in ihrer Stuttgart-Ausgabe angestellt hatte: Unter der Überschrift “Masken-Mann jagt kleine Mädchen” hatte “Bild” nämlich über einen “unheimlichen Masken-Mann” bzw. “Masken-Gangster” berichtet, der in Ditzingen (Kreis Ludwigsburg) sein Unwesen getrieben habe. Illustriert war die Meldung mit folgendem “Foto”*:

Was “Bild” nicht wissen konnte, aber die “Stuttgarter Zeitung” inzwischen zu berichten weiß: Die Geschichte vom “Masken-Mann” war offenbar “frei erfunden”, weshalb es um so merkwürdiger ist, dass “Bild” dennoch ein “Foto” von ihm drucken konnte…

Mit Dank an Philipp G, Sascha V. und Heiner S. sowie die “Stuttgarter Zeitung” (und bildblock.de) für die Mithilfe.


*) Wir bitten die schlechte Qualität des “Fotos” zu entschuldigen. Falls jemand den “Masken-Mann” in besserer Qualität griffbereit haben sollte, würden wir uns freuen.

Wo Schwulsein nicht normal ist

Bei manchen Artikeln in “Bild” ist es schwer, zurückhaltend und sachlich zu bleiben. Versuchen wir es trotzdem.

Auf Seite 1 der heutigen “Bild”-Zeitung ist neben der halbnackten Mandy (23), die sich gerade zwischen die Beine greift, und über einem Artikel “Nasa sucht Außerirdische auf Saturn-Mond” ein Foto von einer Hinrichtung abgebildet.

Die Überschrift lautet:

Hier werden zwei Kinderschänder gehängt

Und der vollständige Artikel geht so:

Teheran — Ihre Augen sind verbunden, die vermummten Henker legen ihnen die Stricke um den Hals: Wenige Sekunden später sind diese beiden Kinderschänder tot. Die jungen Männer waren von einem iranischen Gericht zum Tode verurteilt worden, weil sie einen 13jährigen Jungen entführt und vergewaltigt haben sollen.

Wäre die “Bild”-Zeitung nicht die “Bild”-Zeitung, hätte sie vielleicht nicht einfach unkritisch die offizielle iranische Version der Geschichte übernommen. Sie hätte darauf hingewiesen, dass die beiden getöteten “jungen Männer” zur Tatzeit noch minderjährig waren. Sie hätte die Gehenkten nicht zweimal “Kinderschänder” genannt, als sei diese Tatsache in einem rechtsstaatlichen Verfahren bewiesen worden, denn es gibt Berichte, die diesen Vorwurf zweifelhaft erscheinen lassen. Sie hätte darauf hingewiesen, dass schon einvernehmliche homosexuelle Handlungen im Iran mit dem Tode bestraft werden können und genau dies auch der Grund für die Hinrichtung gewesen sein könnte.

Vielleicht hätte auch noch ein Wort des Entsetzens in den “Bild”-Artikel gepasst. Oder nur ein Zitat aus dem Statement von Amnesty International, das die Hinrichtungen verurteilt. Oder ein Hinweis auf die internationalen Zweifel an dem Verfahren und Proteste gegen das Urteil. Oder die Schätzung der britischen Homosexuellen-Organisation “Outrage!”, wonach von den 100.000 Menschen, die im Iran seit 1979 hingerichtet wurden, 4.000 wegen angeblicher homosexueller Handlungen hingerichtet wurden, darunter politische Gegner.

Aber vielleicht hätte es auch schon gereicht, wenn “Bild” zwei Jugendliche, die möglicherweise nur deshalb sterben mussten, weil sie homosexuell waren, nicht nach ihrem Tod noch als “Kinderschänder” bezeichnet hätte.

Wie es sich liest, wenn “Bild” sich von staatlichen Entscheidungen distanzieren möchte, kann man übrigens auf Seite 2 derselben Ausgabe sehen:

“Schwul sein ist ganz normal” — Riesen-Ärger um Homo-Fibel für Lehrer

(…) In dem Handbuch, das noch die im Mai abgewählte rot-grüne Landesregierung herausgegeben hat, werden Pädagogen dazu angehalten, im Unterricht Sätze zu vermitteln wie: “Mein Schatz, schwul zu sein ist ganz normal.”

Aber das ist natürlich ein ganz anderes Thema.

Vielen Dank an Michael M., Johannes S., Tobias B. und andere.

Nachtrag, 10.1.2006:
Im Anschluss an eine Beschwerde hat der Presserat die Veröffentlichung eines (zu obiger Überschrift gehörigen) Agenturfotos in “Bild” missbilligt*. In der Begründung heißt es:

“Die Darstellung der beiden Männer, wie ihnen Schlinge um den Hals gelegt werden, ist – egal vor welchem Hintergrund dies passieren mag – unangemessen sensationell. Nach Meinung der Beschwerdekammer hätte dieses Foto in der Form nicht veröffentlicht werden sollen. Daher sieht die Beschwerdekammer in der Veröffentlichung des Fotos einen Verstoß gegen die Ziffer 11 des Pressekodex. Auch wenn dieses Foto von einer Agentur verbreitet wird, liegt es immer im Ermessen der Redaktion, selbst zu entscheiden, ob sie solches Material veröffentlichen will oder nicht. Eine Agentur kann und muss grundsätzlich Materialien liefern, wie in diesem Fall auch das Foto. Die Redaktion selbst muss dann jedoch entscheiden, ob eine Veröffentlichung des Agenturmaterials notwendig ist oder nicht.”

*) Eine Missbilligung ist für das betroffene Medium folgenlos.

Wo Menschenverachtung beginnt (Nachtrag)

Am 20. Juni hatte die “Süddeutsche Zeitung” über den Prozess gegen den mittlerweile verurteilten Kindermörder Marc Hoffmann berichtet und “Bild” in diesem Zusammenhang zu Recht Menschenverachtung vorgeworfen. Auch, weil “Bild” Marc Hoffmann mehrfach als “fette Bestie” bezeichnet hatte.

Inzwischen sieht es ganz so aus, als hätte man sich bei “Bild” den Vorwurf zu Herzen genommen. Jedenfalls kommen die jüngsten Artikel in “Bild” und auf Bild.de, die über die Verurteilung Hoffmanns berichten, ohne menschenverachtende Formulierungen aus.

Außerdem hat sich online ein Artikel verändert, der am 9. Juni bei “Bild” und Bild.de erschienen war. Die Überschrift lautete damals:

Warum schützt der Richter die fette Bestie?

Mit Veröffentlichungsdatum 29. Juni heißt es jetzt bei Bild.de:

Warum schützt der Richter diesen Kindermörder?

Außerdem hieß es ursprünglich eingangs des Textes:

Er schnappte sich Levke (8) und Felix (8), mißbrauchte und ermordete die Kinder brutal – die fette Bestie Marc Hoffmann (31).

Online beginnt der Artikel nun folgendermaßen:

Er schnappte sich Levke (8) und Felix (8), mißbrauchte und ermordete die Kinder brutal – Kindermörder Marc Hoffmann (31).

Und dort, wo es früher hieß, “Die Bestie hatte gehofft, in eine geschlossene Anstalt zu kommen (…)”, steht online jetzt dies:

Der Mörder hatte gehofft in eine geschlossene Anstalt zu kommen (…)

In gewisser Weise ist das erfreulich. Es gibt jetzt, so könnte man sagen, ein bisschen weniger Menschenverachtung im Hause “Bild”. Einerseits.

Andererseits macht es einen Unterschied, ob Bild.de rein faktische Fehler in längst erschienen Artikeln korrigiert oder einen längst erschienenen Artikel nachträglich so verändert, dass er viel harmloser klingt und plötzlich — anders als die Original-Version — weitgehend im Einklang mit dem Pressekodex steht.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Tobias M.

Zwei Rügen für “Bild”

Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen.

So lautet die Ziffer 8 des Pressekodex. Wegen Verstößen dagegen hat der Presserat Anfang Juni zwei nicht-öffentliche Rügen gegen die “Bild”-Zeitung ausgesprochen.

In einem Fall hatte “Bild” mit Namen und Foto über den Unfall eines Arztehepaares berichtet, bei dem die Ehefrau ums Leben kam. Ein öffentliches Interesse an der Identifizierung habe nicht bestanden. “Bild” habe die Geschichte zudem “unangemessen sensationell aufbereitet”. In einem anderen Fall ging es um die Auswirkungen von Hartz IV auf eine Familie. Der Ehemann sei mit der Berichterstattung ausdrücklich nicht einverstanden gewesen, trotzdem nannte “Bild” Namen und Wohnort und zeigte ein Foto.

Allgemein  

Die bittere Rache II

Dass die Springer-Blätter politisch auf einer Linie fahren, ist nicht neu, auch nicht, dass sie sich gegenseitig helfen, indem sie die selben Texte drucken. Dass die Bild-Zeitung aber ihre Macht missbraucht, um das rechtswidriges Vorgehen eines Hausblättchens zu rächen, ist eine neue Qualität.

Schreibt die “Berliner Zeitung” in einem Artikel über die “widerliche Kampagne”, die “Bild” gerade (wie berichtet) gegen die Schauspielerin Alexandra Neldel fährt.

Der Hintergrund: Die Springer-Jugendzeitschrift “Yam” hat — offenbar rechtswidrig — ein acht Jahre altes Nacktfoto veröffentlicht, das Neldel exklusiv für den “Playboy” gemacht hat. Als die Schauspielerin jetzt juristisch dagegen vorging, zeigte “Bild” ebenfalls die nackte Neldel vom “Playboy”-Cover. Dabei hat laut “Berliner Zeitung” ein Gericht dem Blatt die Veröffentlichung der “Playboy”-Fotos schon 1998 ausdrücklich verboten. Neldels Anwalt sagt, “Bild” habe “in Kenntnis des Verbots gegen Recht und Gesetz verstoßen”.

Im vergangenen Jahr hat “Bild” bereits eine ähnliche Kampagne gegen die Schauspielerin und frühere Porno-Darstellerin Sibel Kekilli gefahren. Dafür wurde sie vom Presserat im Dezember 2004 gerügt. Auch über ein halbes Jahr später hat “Bild” diese Rüge — entgegen den Gepflogenheiten und der eigenen “journalistischen Richtlinien” — noch nicht im Blatt abgedruckt.

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Hunger nach Kannibalismus

Man will es bei “Bild” offenbar einfach nicht einsehen, deshalb noch mal: Wer kein Menschenfleisch verzehrt, ist kein Kannibale.

Und trotzdem stand in der gestrigen Berliner “Bild”-Ausgabe diese Doppelseite:

Das Wort “Kannibale” findet sich dort nicht nur in der Überschrift, sondern auch in zwei Bildunterzeilen – und im Text wird Ralf M. weitere vier mal als Kannibale bezeichnet. Und das, obwohl “Bild” nebenan sogar einen Auszug der Anklage abdruckt, aus der sich deutlich entnehmen lässt, dass es eben nicht zu Kannibalismus kam. Man muss also davon ausgehen, dass “Bild” den Angeklagten absichtlich und wider besseres Wissen als Kannibalen bezeichnet.

Außerdem geht es hier mal wieder um Ziffer 13 des Pressekodex’. Obwohl dort und in den Richtlinien dazu eindeutig festgelegt ist, dass Verdächtige vor einem gerichtlichen Urteil nicht als Schuldige hingestellt werden dürfen, tut “Bild” mal wieder genau das (wie sich auch in der Online-Version des Berichts auf Bild.de nachlesen lässt).

Möglicherweise kann man auch darüber streiten, ob die Fotos, die “Bild” zur Illustration des Artikels gewählt hat, Ralf M. aussehen lassen, wie ein Raubtier im Käfig. Man kann darüber streiten, ob es wirklich notwendig und angemessen ist, detaillierte, “grausige” (“Bild”) Auszüge der Aussage des Gerichtsmediziners abzudrucken. Und man kann darüber streiten, ob man Ralf M.s Geständnis, das “Bild” im Wortlaut abdruckt, tatsächlich als “Grusel-Geständnis” qualifizieren muss. Es gibt jedenfalls Passagen darin, die dem Eindruck widersprechen, es handele sich bei dem Angeklagten um ein gewissen- und willenloses Monster:

“Ich selbst stehe den Vorwürfen fassungslos gegenüber und finde nur unzureichende Erklärungen, wie es überhaupt so weit kommen konnte. (…)
Mir ist bewußt, daß dieser Teil meines Ichs medizinisch behandelt werden muß. Ich hoffe, mit Hilfe von Ärzten irgendwann einmal wieder ein normales Leben führen zu können.
Für die von mir begangene Tat schäme ich mich. (…)
Mir ist bewußt, welch schwere Schuld ich auf mich geladen habe. (…)
Bis zu der Tat habe ich irrig geglaubt, meine Fantasien im Griff zu haben. (…)
Ich weiß, daß ich in den nächsten Jahren unter gesicherten Bedingungen behandelt werden muß.”

Wie gesagt, “Bild” druckt all das im Wortlaut ab, und schreibt trotzdem darüber:

Sperrt ihn weg, er hat wieder Hunger!

Und in eine Bildunterzeile:

Offenbar hat er immer noch Hunger auf Menschenfleisch

Oder in der Bild.de-Version:

Denn Ralf M. hat immer noch Hunger auf Menschenfleisch!

Ob also die Art und Weise, wie “Bild” die Geschichte präsentiert, entwürdigend ist, und ob sie den Angeklagten Ralf M. wie einen tumben Zombie darstellt, der einzig und allein von seinem Hunger auf Menschenfleisch getrieben ist, darüber müsste man jetzt vermutlich immer noch streiten — wenn auch nur mit “Bild”.

Nachtrag, 6.5.:
Man könnte glatt meinen, “Bild” versuche heute sich für ihre “Kannibalen-Berichterstattung” zu rechtfertigen. Auf Seite acht der Berliner “Bild”-Ausgabe steht nämlich ein fast ganzseitiger Artikel, der die Überschrift trägt, “Jetzt winselt der Berliner Kannibale! Ich fühle mich wie ein gefährliches Tier im Käfig”. Und im Text wird Ralf M. folgendermaßen zitiert: “Ja, ich bin ein Kannibale, und ich fühle so wie einer.” Aber, liebe “Bild”-Mitarbeiter, mal angenommen, irgend eine geistig derangierte Person käme auf die obskure Idee, sich als “Bild”-Chefredakteur und Herausgeber zu bezeichnen, würden Sie ihn dann auch so nennen und darstellen?

Frannie Avery beim Sex – jetzt auf DVD!

Die härtesten Sex-Szenen der schönen Meg Ryan

Heißer Sex in den wildesten Stellungen – so sexy und nackig haben wir Meg Ryan bislang nur im Kino sehen können! Doch ab heute gibt es den Film “In the Cut” mit Hollywood-Schauspielerin (“Harry & Sally”) auf DVD. Und nicht nur das: BILD zeigt Bilder der schärfsten F***-Szenen und verrät, wie Sie sich den Weg in die Videothek sparen und den Sex-Thriller sogar online ausleihen und ungestört auf dem Computer ansehen können. (…)

Schon möglich, dass die hier vorangestellten Sätze den Eindruck erwecken, “Bild” mache darin Werbung für eine DVD und eine Online-Videothek. Doch der Eindruck trügt. Die vorangestellten Sätze stammen nämlich gar nicht aus der “Bild”-Zeitung. Stattdessen sind sie frei erfunden, um zu demonstrieren, wie es hätte aussehen können, wenn eine Boulevardzeitung wie “Bild” Ihren Lesern mitteilen möchte, dass Kopien des Kinofilms “In the Cut” aus dem Jahr 2003 ab heute käuflich zu erwerben und (bereits seit dem 10. Februar) auszuleihen oder online herunterzuladen sind. Das hätte dann zwar immer noch verdammt nach einem unlauteren Deal mit dem DVD-Vetrieb EuroVideo und dem Internet-Videoverleih Amango.de ausgesehen, widerspräche womöglich dem Pressekodex Ziffer 7, dem Mediendienstestaatsvertrag § 13 und/oder den im Abschnitt “Werbung” formulierten journalistischen Leitlinien des Axel Springer Verlags, wäre aber zumindest sachlich richtig.

In Wirklichkeit hat sich “Bild” jedoch für die mutmaßlich irreführende Überschrift “So hart liebt’s die schöne Meg Ryan” entschieden und die Werbung Berichterstattung online mit einer, ähm, vielversprechenden Bilderschau (ähm, siehe Ausriss) angereichert, die ebenfalls den sinnfälligen Unterschied zwischen Schauspielerin (Meg Ryan) und Rolle (Frannie Avery) ignoriert und sich “So liebt die schöne Meg Ryan” nennt, obwohl das natürlich völliger Quatsch ist.

“Bild” versteht Rüge nicht

In Sachen Sibel Kekilli ist man bei “Bild” noch nicht bereit, klein bei zu geben. Die Nachrichtenagentur epd berichtet folgendes: Anwälte des Springer-Verlages prüfen derzeit Schritte gegen die einstweilige Verfügung des Berliner Kammergerichts, die dem Blatt (wie gesagt) den Abdruck eines Fotos und einer Bildunterschrift untersagt, durch die die Schauspielerin “in höhnischer Weise herabgesetzt und verächtlich gemacht” worden sei.

Und auch die Rüge des Presserates in dieser Angelegenheit mag man bei “Bild” nicht hinnehmen. Obwohl es “fairer Berichterstattung” entspräche, öffentliche Rügen im Blatt selbst abzudrucken und obwohl der Springer-Verlag in seinen “Journalistischen Leitlinien” ausdrücklich Bezug nimmt auf die publizistischen Grundsätze des Pressekodex, hat “Bild” die inzwischen zwei Monate zurückliegende Rüge nicht abgedruckt. Immerhin hat sich der Verlag aber inzwischen eine originelle Begründung dafür ausgedacht und sie epd genannt:

… aus der Rüge sei für die Redaktion “nicht eindeutig” hervorgegangen, über welche Verfehlungen sie die Leser hätte informieren sollen. Sie habe daher den Presserat gebeten, die Ausführungen zu präzisieren.

Die “Ausführungen” des Presserates, die den “Bild”-Verantwortlichen nicht präzise genug waren, lauteten im Kern:

Natürlich kann über die Vergangenheit einer Schauspielerin berichtet werden. Dabei ist aber zu beachten, dass in der Berichterstattung die Persönlichkeit der Betroffenen nicht mit den Rollen, die sie gespielt hat, identifiziert wird. (…)

Das öffentliche Interesse deckt eine Form der Berichterstattung nicht, in der die Persönlichkeit der Betroffenen auf das reduziert wird, was man über diese in den Klappentexten von Pornofilmkassetten lesen kann.

Zu befürchten ist, dass “Bild”-Veranwortliche das tatsächlich einfach nicht verstehen.

(Weitere Texte zum Thema: Sensation: “Bild” druckt Kekilli-Rüge, Presserat: Mehr Rüge muss nicht sein.)

neu  

“Bild” verletzt Menschenwürde

Den vorläufig letzten Porno-Witz über Sibel Kekilli hat “Bild” vor nicht einmal zwei Wochen gemacht, am 17. Januar 2005. Damals saß die Ehefrau des Bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber beim Deutschen Filmball neben der “Preisträgerin des Goldenen Bären und Ex-Porno-Darstellerin”. Und weil sie sagte: “Mein Mann kennt ihren Film”, schrieb “Bild” dahinter: “Welchen verriet sie nicht” und verdrehte das Zitat zur Überschrift: “Frau Stoiber outete ihren Mann als Kekilli-Fan”.

Höhepunkt einer mehrmonatigen Kampagne von “Bild” gegen Kekilli war allerdings, als das Blatt am 2. November 2004 ein Foto aus einem Porno-Film abdruckte, das sie beim Geschlechtsverkehr von hinten zeigt. Damit illustrierte “Bild” die Nachricht, dass Kekilli mit dem Bambi ausgezeichnet werde — wegen ihrer “eindringlichen Darstellung” in dem preisgekrönten Film “Gegen die Wand”.

Wie nennt man solche “Berichterstattung”? Kekilli nannte sie eine “dreckige Hetzkampagne” und “Medienvergewaltigung”. Der Deutsche Presserat nannte sie eine Entwürdigung und Verletzung der Menschenwürde. Jetzt hat auch das Berliner Kammergericht Worte gefunden: Sie sei “Teil einer Kampagne”, mit der Kekilli “in höhnischer Weise herabgesetzt und verächtlich gemacht” worden sei. “Ein derartiger Eingriff in die Würde eines Menschen” sei durch die Freiheit der Berichterstattung “nicht mehr gedeckt”.

Das berichtet der “Tagesspiegel” heute. Das Gericht habe “Bild” nun die Veröffentlichung und Verbreitung des Nacktfotos untersagt. Sonst drohten 250.000 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft.

Übrigens hat “Bild” nach unserem Wissen bis heute nicht über die öffentliche Rüge berichtet, die der Presserat in der gleichen Sache schon am 2. Dezember 2004 ausgesprochen hat. Solche Rügen abzudrucken, entspricht laut Pressekodex “fairer Berichterstattung”.

(Weitere Texte zum Thema: “Bild” versteht Rüge nicht, Sensation: “Bild” druckt Kekilli-Rüge, Presserat: Mehr Rüge muss nicht sein.)

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