Suchergebnisse für ‘Presserat’

Desinformations-Organ “Bild”, Paid Content der Verlage, Buchmesse

1. “Bild” schiebt Karl Lauterbach falsche Aussage unter, die er nicht gemacht hat
(uebermedien.de, Frederik von Castell)
Die “Bild”-Redaktion hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach in einer Schlagzeile eine Aussage untergeschoben, die dieser nie getätigt hat. Frederik von Castell ist der Sache nachgegangen und hat die entsprechenden Stellen um Stellungnahmen gebeten. Sein Fazit: “Was bleibt, ist eine nachweislich nicht den Sachverhalt wiedergebende Überschrift, die eifrig geteilt und als Aussage Lauterbachs wahrgenommen wird. Wer eine Aussage in dieser Weise verfälscht, wie es ‘Bild’ getan hat, muss sich auch den harten Vorwurf der Desinformation gefallen lassen.”

2. Bild ist eine Rügenpresse!
(katapult-magazin.de, Lilly Graschl & Daniela Krenn & Fahima Makanga)
“Die Bild hat es geschafft, 26 von den 60 verteilten Rügen des Presserats 2021 abzubekommen. Was es dazu braucht? Die konstante Missachtung des Pressekodex.” Das “Katapult”-Magazin hat die Informationen des Deutschen Presserats in eine Grafik umgesetzt, die auf eindrucksvolle Weise zeigt, wer Deutschlands meistgerügtes Medium ist.
Weiterer Lesehinweis: Das Geschäft mit Falschbehauptungen und Verstößen gegen die Branchenregeln scheint ein lukratives zu sein: Bonusrunde: Den Springer-Vorstand erwarten 88,8 Millionen Euro (kreiss.de, Markus Wiegand).

3. Warum Paid Content Verlage (so) nicht retten wird
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
“Betrachtet mit den Mitteln der Betriebswirtschaft kann Paid Content in seiner aktuellen Form nicht funktionieren”, lautet die These von Thomas Knüwer, für die er in einem ausführlichen Beitrag viele Argumente aufzählt. Er diskutiert dort auch die immer wiederkehrenden Vorschläge einer Nachrichten-Flatrate und eines Einzelartikelverkaufs. Außerdem zeigt Knüwer die mangelhafte Service-Orientiertheit vieler Verlage auf, die ihre Prozesse immer noch nicht an aktuelle Erfordernisse angepasst hätten.

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4. Heinrich Breloer wird 80: Der Mann, der das Dokudrama erfand
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider & Sebastian Wellendorf, Audio: 6:06 Minuten)
Heinrich Breloer gilt als der Erfinder des Filmgenres Dokudrama und wurde für seine Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Nun ist er 80 Jahre alt geworden – für den Deutschlandfunk ein schöner Anlass, an Breloers Arbeit und dessen Einfluss auf die nach ihm kommenden Filmemacher und Filmemacherinnen zu erinnern: “Sein Werk legte den Grundstein für ein ganzes Genre: Das von ihm erfundene Dokudrama ist heute weit verbreitet. Auf Streaming-Plattformen finden sich unzählige Beispiele, und selbst für Netzwerke wie Instagram wird Zeitgeschichte inzwischen dramaturgisch aufbereitet”.

5. Zeitgenosse der Tiefen und Untiefen deutscher Geschichte
(tagesspiegel.de, Hermann Rudolph)
Der ARD-Journalist und Publizist Peter Merseburger ist im Alter von 93 Jahren in Berlin gestorben. Hermann Rudolph erinnert an den Mann, der in den 1970er-Jahren zu einer der zentralen Figuren der kritischen Fernsehberichterstattung wurde: “Als Leiter von ‘Panorama’, dem Magazin des NDR, war er damals eine höchst streitbare – und umstrittene – Größe, der mit in charakteristischer Manier vorgeschobenen Kopf die Republik gleichsam auf die Hörner zu nehmen schien.”

6. buchmesse_popup in Leipzig vom 18.-20. März 2022
(buchmarkt.de)
Nach der Absage der Leipziger Buchmesse haben sich über 50 Verlage zusammengetan und bieten eine Alternativveranstaltung an. Mit dabei sind unter anderem die Aufbau Verlage, C.H.Beck, Hanser, Jung und Jung, Kampa, Kanon, Katapult, Klett-Cotta, Kunstmann, Mare, Matthes & Seitz, Schöffling, Suhrkamp/Insel, Verbrecher, Voland & Quist und Wagenbach. Die “buchmesse_popup” findet vom 18. bis 20. März dieses Jahres in Leipzig statt.

Schuld und Bühne, Problematische “Heldenküche”, Übersetzungspanne

1. Schuld und Bühne
(sueddeutsche.de, Georg Mascolo)
Nachdem die deutsche Medienaufsicht dem russischen Staatssender RT DE den Live-Sendebetrieb untersagte, hat die russische Regierung das Büro der Deutschen Welle in Moskau schließen lassen. Wie konnte es zu dieser Eskalation kommen? Georg Mascolo hat den Streit rekonstruiert.

2. Ein Nein zur Aufklärung
(taz.de, Anina Ritscher)
In einer Volksabstimmung hat sich eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer gegen eine ausgebaute staatliche Subvention für Medien ausgesprochen. Anina Ritscher führt dies auch auf die Stimmungsmache bei Demos gegen die Corona-Maßnahmen zurück: “Dort warben Transparente schon Monate vor der Abstimmung mit dem Slogan ‘Nein zu Staatsmedien’. Die über zwei Jahre hinweg hartnäckig verbreitete Rhetorik von ‘Lügenpresse’ und ‘Systemmedien’ scheint zu fruchten.”

3. Felix Neureuther lässt sich auch als TV-Experte nicht den Mund verbieten
(tagesspiegel.de, Senta Krasser)
Als ehemaliger Skirennfahrer und mehrfacher Olympiateilnehmer ist der ARD-Wintersport-Experte Felix Neureuther begeisterungsfähig und kritisch zugleich. In der sehenswerten Doku “Spiel mit dem Feuer – Wer braucht noch solche Spiele?” stellte er den Verantwortlichen mutig kritische Fragen. Dennoch ist er in gewisser Weise Teil des Systems, wie Senta Krasser kommentiert: “Von den lukrativen Potenzialen der Fernsehvermarktung und des Sponsorings im Wintersport, die er in ihrer Gigantomanie so vehement anprangert, profitiert Felix Neureuther natürlich ebenso, wenn nicht noch mehr wie seinerzeit die Werbefiguren Mittermaier-Neureuther.”

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4. Sammler, kein Jäger: Wie “bissig” ist der Presserat?
(de.ejo-online.eu, Erik Benger)
Seit Beginn der Corona-Pandemie nimmt die Zahl der Beschwerden, die beim Deutschen Presserat eintreffen, zu – allein 2020 seien mehr als 4.000 eingegangen. Im “EJO”-Interview gibt Manfred Protze, langjähriges Mitglied des Presserats, eine Einschätzung zur aktuellen Lage und Bedeutung der Organisation. Es geht dabei auch um den oft vorgebrachten Vorwurf, beim Presserat handele es sich um einen zahnlosen Tiger.

5. Die problematische Bilanz von “Rosins Heldenküche”
(dwdl.de, Peer Schader)
Für Peer Schader bleibt nach Abschluss des TV-Projekts “Rosins Heldenküche” (Kabel Eins) gleich in mehrfacher Hinsicht ein fader Beigeschmack. Das betrifft zum einen die Kandidaten, bei denen es sich teilweise um Laiendarsteller handelte, und zum anderen den wenig überzeugenden und unsouveränen Umgang des namengebenden Sterne-Kochs Frank Rosin mit seinen Schützlingen. Die Sendung sei zudem “ein Paradebeispiel dafür, wie sehr Reality-Fernsehen mit seinem behauptetem Anspruch absaufen kann, wenn die Verantwortlichen kein Vertrauen darin haben, ihre Geschichte für ein wiederkehrendes Publikum zu erzählen”.

6. Twitter sperrt Nutzer nach peinlicher Übersetzungspanne
(spiegel.de, Jörg Breithut)
In der deutschen Grammatik ist “die” ein bestimmter Artikel, in einem englischen Kontext kann “die” als Aufforderung zum Sterben aufgefasst werden. Dieser Umstand ist einem Twitterer zum Verhängnis geworden: Eine Mischung von deutschen und englischen Worten in einem Tweet hat den automatischen Hassfilter anspringen lassen und führte zur (mittlerweile aufgehobenen) Sperrung des Accounts.

“Bild” sinnentstellend, Bedrohte BBC, Werbung im Zwielicht

1. Presserat: Bild-Schlagzeile zu Klimaschutz und Arbeitsplätzen war sinnentstellend
(riffreporter.de, Daniela Becker)
Im September haben wir hier im BILDblog über die verzerrte Wiedergabe eines Interviews mit dem Gewerkschaftschef Jörg Hofmann berichtet (“Bild”-Verzerrung kostet richtige Klimaschutz-Aussage), in der die “Bild”-Redaktion eine Aussage Hofmanns nahezu ins Gegenteil verkehrt hatte. Nun hat der Presserat “Bild” dafür eine Rüge erteilt. Daniela Becker von den “RiffReportern” ordnet den Vorgang ein, erklärt die Hintergründe und weist darauf hin, dass der gerügte Beitrag bei Bild.de bis heute unverändert online stehe – ohne dass dort die Entscheidung des Presserats auch nur mit einer Silbe erwähnt werde.

2. BBC soll ab 2027 keine Gebühren mehr fordern dürfen
(zeit.de)
Die britische Regierung will laut Medienberichten die Gebührenfinanzierung der BBC abschaffen. Sie plane in einem ersten Schritt, die BBC-Finanzen für zwei Jahre einzufrieren und das bisherige Finanzierungsmodell anschließend ganz zu beenden. Der Sender solle sich künftig durch Abos und eine Teilprivatisierung finanzieren. Die BBC und andere Kritiker der geplanten Maßnahme sehen die Qualität des Programms bedroht und befürchten als Folge einen großen Personalabbau.

3. Hedwig Bollhagen trägt Breitbart
(taz.de, Steffen Grimberg)
Viele Unternehmen sind sich gar nicht im Klaren darüber, dass ihre onine geschaltete Werbung dank automatisierter Prozesse auch auf fragwürdigen Websites ausgespielt wird – darunter rechtsradikale Seiten voller Hass, Verschwörung und Desinformation. Die Initiative “Stop. ­Funding. Hate. Now!” macht die Firmen regelmäßig auf das Problem aufmerksam und führt Buch über die betreffenden Medien.

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4. Was ist Hassrede?
(sebastianmeineck.wordpress.com)
Wenn von “Hassrede” gesprochen wird, ist nicht immer das Gleiche gemeint. Ein genauer Blick auf das Wort und dessen Bedeutungen könne helfen, die gemeinten Probleme besser zu verstehen, findet der Journalist Sebastian Meineck: “Wer von Hassrede spricht und dabei ganz sicher auch auf Diskriminierung aufmerksam machen möchte, muss das wohl dazu sagen – ansonsten könnte das durch den inzwischen diffundierten Begriff von Hassrede übersehen werden.”

5. Erfolg für Verleger Holger Friedrich: Die Zeit muss Gegendarstellung drucken
(kress.de, Markus Wiegand)
Holger Friedrich, Eigner des Berliner Verlags (unter anderem “Berliner Zeitung”), ist gerichtlich gegen die “Zeit” vorgegangen. Diese hatte im November über die Stimmung beim Berliner Verlag berichtet und sich zur dortigen wirtschaftlichen Situation geäußert. Mit zwei seiner ursprünglich vier Gegendarstellungspunkten sei Friedrich erfolgreich gewesen, berichtet kress.de. Das gerichtliche Nachspiel sei damit noch nicht beendet.

6. Selbstironie zum Geburtstag: Wie die “Apotheken Umschau” sich als “Rentner-Bravo” feiert
(rnd.de, Imre Grimm)
Die “Apotheken Umschau”, Deutschlands reichweitenstärkstes Gesundheitsmagazin, wird scherzhaft oft als “Rentner-Bravo” bezeichnet. Zum 66. Geburtstag des Hefts hat sich die Redaktion einen besonderen Spaß erlaubt: Auf zehn Seiten gibt es Medizinthemen in “Rentner-Bravo”-Optik. Imre Grimm hat sich das Experiment im Rahmen einer kleinen Stilkritik angeschaut.

Deutscher Schlafrat, Verhöhnung unserer Werte, Aloha Heja He

1. Deutscher Presserat rügt “Bild” mehrfach, lässt sich jetzt aber erstmal Zeit
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Der Deutsche Presserat hat bekanntgegeben, dass er ein Beschwerdeverfahren gegen “Bild” und Bild.de zum Artikel “Die Lockdown-Macher” eingeleitet habe. Grundlage seien die mittlerweile 94 Beschwerden, darunter welche von mehreren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie der Berliner Humboldt-Universität. Der Presserat wolle den Fall auf seiner nächsten Sitzung entscheiden, das wäre dann der 24. März 2022. Boris Rosenkranz schriebt dazu: “Offenbar ist es dem Organ der freiwilligen Selbstkontrolle nicht möglich, einen fragwürdigen Artikel wie diesen, der öffentlich bereits breit diskutiert wurde und eine aktuelle gesellschaftliche Debatte betrifft, zum Anlass eines beschleunigten Verfahrens zu nehmen, um schnell zu einer Entscheidung zu kommen.”

2. Verhöhnung unserer Werte
(zeit.de, Eugen Ruge)
Der Schriftsteller Eugen Ruge kommentiert die jüngste Entscheidung eines britischen Gerichts, dass der WikiLeaks-Gründer Julian Assange an die USA ausgeliefert werden könne: “In diesen Tagen, Wochen und Monaten wird eine Weiche gestellt. Wenn Assange ausgeliefert und verurteilt wird, ohne dass die europäische Politik ernsthaft zu intervenieren versucht, disqualifiziert sie all ihre künftigen Warnungen im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit in anderen Ländern zu hohlem Gerede.”

3. “Falter” gewinnt gegen ÖVP
(taz.de, Ralf Leonhard)
Die Wiener Wochenzeitung “Falter” darf laut einem letztinstanzlichen Urteil weiterhin behaupten, dass die ÖVP Wahlkampfkosten falsch gebucht und die Öffentlichkeit über die wahren Kosten des Wahlkampfes 2019 absichtlich getäuscht habe. Ralf Leonhard, Auslandskorrespondent der “taz”, fasst zusammen: “Mit dem Spruch des Obersten Gerichtshofes ist die Schmach jetzt komplett.”

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4. Die neuen Regierungssprecher
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein)
Mehr als ein Jahrzehnt war Steffen Seibert als Regierungssprecher tätig und in dieser Zeit bei mehr als 1.000 Bundespressekonferenzen zugegen. Nun hat Steffen Hebestreit das Amt des Regierungssprechers und des Chefs des Bundespresseamtes übernommen. Stellvertreterin beziehungsweise Stellvertreter sind zwei ehemalige “Spiegel”-Leute: die von den Grünen nominierte Christiane Hoffmann und der von der FDP nominierte Wolfgang Büchner. Der Deutschlandfunk stellt die drei neuen Medien-Verantwortlichen vor.

5. Roman Rafreider nach “ZiB Flash”-Moderation von ORF-Aufgaben entbunden
(derstandard.de)
Der ORF-Moderator Roman Rafreider wurde von allen Aufgaben entbunden, nachdem er im offensichtlich alkoholisierten Zustand in der Sendung “ZiB Flash” die Nachrichten verkündete. Der ORF bedauere den Vorfall und prüfe dienstrechtliche Konsequenzen. In der Mediathek des ORF war die Sendung nach kurzer Zeit nicht mehr abrufbar, entsprechende Youtube-Mitschnitte hat der Sender löschen lassen.

6. Achim Reichel hat mit “Aloha Heja He” einen Hit in China
(spiegel.de)
Der 77-jährige Achim Reichel hat in China einen Überraschungshit gelandet. Dort ist sein Shantysong “Aloha Heja He” gerade schwer angesagt, ein Lied, das bereits 30 Jahre auf dem Buckel hat. Wie kommt es, dass das Lied dort plötzlich so populär ist?

Ausgezeichneter Journalismus, “Klima vor acht”, Ampel-Symbolik

1. 84 Presserat-Beschwerden gegen “Bild”-Bericht
(sueddeutsche.de, Anna Ernst)
Gegen den vielfach kritisierten “Bild”-Artikel “Die Lockdown-Macher” liegen beim Deutschen Presserat bereits 84 Beschwerden vor. Presseratssprecherin Sonja Volkmann-Schluck erklärt: “Die Beschwerdeführer kritisieren, es werde der falsche Eindruck erweckt, dass Wissenschaftler Corona-Maßnahmen beschließen, für die aber die Politik verantwortlich ist. Dies schüre Verschwörungstheorien und sei zudem ein Aufruf zur Hetze gegen Wissenschaftler.”

2. Deutscher Reporter:Innen-Preis 2021
(reporter-forum.de)
Es muss eine Menge Arbeit gewesen sein, die vielen Einreichungen für den Reporter:Innen-Preis 2021 zu sichten und zu bewerten. Nun hat die zuständige Jury zwölf Reportagen, Essays, Podcasts und Multimedia-Projekte ausgezeichnet (PDF). Alle Nominierten und ihre 102 Beiträge, Werkstattgespräche mit den Preisträgerinnen und Preisträgern sowie die Aufzeichnung der Preisgala sind online abrufbar.

3. Weniger Sprüche, mehr tun: Klima vor acht setzt Themen
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Die Initiative “Klima vor acht” hat mit ihrer Forderung nach einer kurzen Klimasendung im Ersten viel Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt und traf letztendlich auf Gehör, wenn auch bei einem anderen Sender: Zweimal in der Woche gibt es bei RTL nun das “Klima Update”. Timo Niemeier schildert, wie es der Initiative gelang, die Thematik auch im Fernsehen voranzubringen.

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4. Unsere Einnahmen und Ausgaben und was eine Stunde netzpolitik.org kostet
(netzpolitik.org, Stefanie Talaska)
netzpolitik.org ist laut Eigenbeschreibung ein “Medium für digitale Freiheitsrechte”. Die Redaktion befasst sich unter anderem mit staatlicher Überwachung, Open-Source-Software, Telekommunikationsgesetzen sowie schöpferischem Gemeingut und einer freien Wissensgesellschaft. Das Angebot von netzpolitik.org finanziert sich fast komplett aus Spenden von Lesern und Leserinnen. Stefanie Talaska schlüsselt die Einnahmen und Ausgaben des Vereins auf, bei dem viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davor geschützt werden müssten, sich zu sehr selbst auszubeuten.

5. Keynote von Zoë Beck: Sexismus in der Buchbranche
(blog.buecherfrauen.de, Zoë Beck)
Die Keynote zur Eröffnung der Jahrestagung der “BücherFrauen” wurde in diesem Jahr von der Autorin, Verlegerin und Übersetzerin Zoë Beck gehalten und stand unter der Überschrift “Sexismus in der Buchbranche”. Sexismus habe eine Menge mit Sichtbarkeit zu tun: “Unsere weibliche Sichtbarkeit wird nicht von uns bestimmt, sondern vom männlichen Blick. Was dieser Blick sehen will, und das muss sich natürlich nachhaltig ändern. Ich sage nachhaltig, weil es dank der Frauenbewegung schon eine Sichtbarmachung von Frauen in der Kunst-, Musik-, Literatur-, Wissenschaftsgeschichte usw. gab. Nur wurden diese Frauen dann seltsamerweise wieder vergessen. Weil sie dann doch nicht in die Geschichtsbücher und Anthologien aufgenommen wurden oder in den Kanon, der für Schulen und Universitäten gilt. Wir erleben gerade eine neue Welle der Sichtbarmachung. Und wir müssen dafür sorgen, dass es diesmal bei der Sichtbarkeit bleibt.”

6. Die Paprika-Kugelschreiber-Servietten-Koalition: Die 13 dollsten Ampel-Symbolfotos
(uebermedien.de)
Berichterstattung über die Ampel-Koalition kommt vielfach nicht ohne Symbolbilder aus. Oft wirkt es jedoch recht bemüht, was die Symbolbild-Komponisten da an roten, gelben und grünen Gegenständen oder Symbolen zusammenpacken. “Übermedien” zeigt 13 besonders eindrucksvolle Beispiele.
Weiterer Lesehinweis: Im Interview erklärt die dpa-Fotochefin Silke Brüggemeier, wie man Symbolfotos moderner und journalistischer produzieren kann. “Symbolbilder sind ein bisschen in Verruf geraten”: Von Ampeln und anderem Gemüse (uebermedien.de, Stefan Niggemeier).

Kritik an “Bild”, Gewalt und Übergriffe, Lauterbach

1. Wissenschaftsorganisationen üben scharfe Kritik an “Bild”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Unter der Überschrift “Die Lockdownmacher” (Unterzeile: “Experten-Trio schenkt uns Frust zum Fest”) zeigte die “Bild”-Redaktion Fotos von drei Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen. Dazu wurden in der Print-Version drei weihnachtliche Geschenkpakete mit den Aufschriften “Geschenke-Kauf 2G”, “Familienfest nach Corona-Regeln” und “Kino-Verbot für Ungeimpfte” gezeigt. Darauf hat nun die Allianz der Wissenschaftsorganisationen mit einer Stellungnahme reagiert. Derartige Artikel könnten “zu einem Meinungsklima beitragen, das an anderer Stelle bereits dazu geführt hat, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sahen oder mit ihr bedroht wurden. Solche Formen der Auseinandersetzung sind aus Sicht der Allianz in keiner Weise akzeptabel und widersprechen den Grundregeln einer freien und offenen Gesellschaft sowie den Grundprinzipien unserer Demokratie.”
Weiterer Lesehinweis: Auch die Berliner Humboldt-Universität hat mit einer Stellungnahme reagiert und zusätzlich beim Deutschen Presserat Beschwerde eingelegt.

2. Neue Normalität
(taz.de, Erica Zingher)
Journalistinnen und Journalisten haben es zunehmend schwerer, unbeschadet über “Querdenker”-Demos und Coronaleugner-Proteste zu berichten. Sie werden dort regelmäßig verbal und körperlich angegangen. Auch in den vergangenen Tagen gab es an verschiedenen Orten Attacken, teilweise aus dem rechtsextremen Spektrum. Erica Zingher kommentiert: “Wenn Jour­na­lis­t:in­nen von rechtsradikalen Gruppen gezielt angegriffen und bei ihrer Arbeit behindert werden, ist das nicht nur staatliches Versagen. Nicht nur die Polizei ist zu verurteilen, weil sie nicht ausreichend Schutz gewährleistete. Das Versagen fand schon viel früher statt, als es ein gewisser Teil der Gesellschaft akzeptabel fand, diese Menschen bei ihrem Protest mitlaufen zu lassen und ihre Anwesenheit ganz bewusst zu normalisieren.”
Weiterer Lesehinweis: Jörg Reichel von der Gewerkschaft DJU kritisiert, dass es bei Corona-Kundgebungen oft keine Konzepte zum Schutz der Berichterstattenden gebe, und nimmt die Polizei in die Pflicht: Hohe Risiken für Berichterstattende (deutschlandfunk.de, Christoph Sterz, Audio: 4:57 Minuten).
Außerdem: “Die ‘Querdenken’-Szene radikalisiert sich immer weiter. Gewalteskalationen bei den Demos der Maßnahmen-Kritiker:innen gehören mittlerweile zur Normalität. Bei einer Demo in Berlin am 4. Dezember griffen Neonazis wiederholt Journalist:innen an. In Wien waren Identitäre und Rechtsextreme treibende Kraft einer Demo mit mehr als 40.000 Teilnehmenden und griffen wiederholt Polizist:innen an” – Gewalt und Übergriffe bei Demos in Berlin und Wien (belltower-news.de, Stefan Lauer).

3. Wie Regierungssprecher Steffen Seibert die Pressefreiheit eingeschränkt hat
(freitag.de, Sebastian Friedrich)
Der scheidende Regierungssprecher Steffen Seibert hatte gestern seinen letzten Auftritt in der Bundespressekonferenz, bei dem er sich mit ein paar mahnenden Worten an die Hauptstadtpresse verabschiedete. Seibert erfährt für seine langjährige Tätigkeit viel Lob. Der Journalist Sebastian Friedrich hat jedoch ganz andere Empfindungen: “Für mich wird er als derjenige in Erinnerung bleiben, der 31 Kolleg*innen und mir 2017 die Presse-Akkreditierung für den G-20-Gipfel in Hamburg entzogen – und damit die Pressefreiheit eingeschränkt hat.”

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4. “Patriarchalisch geprägte Unternehmenskultur”
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic)
In einem offenen Brief an den ZDF-Verwaltungsrat haben 200 Mitarbeiterinnen eine Parität in der Geschäftsleitung des Senders gefordert. “Süddeutsche”-Autorin Aurelie von Blazekovic ist der Frage nachgegangen, wie es bei den Spitzen der öffentlich-rechtlichen Sender um die Geschlechtergerechtigkeit steht.

5. Ampel-Koalition gegen Einschüchterungsklagen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Ein Bündnis aus Medien- und Nichtregierungsorganisationen begrüßt das Vorhaben der Ampel-Koalition, europaweit Maßnahmen gegen Einschränkungen der Freiheitsrechte, zum Beispiel durch missbräuchliche Klagen (sogenannte SLAPPs), zu unterstützen. SLAPP ist die englische Abkürzung für eine strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung (Strategic Lawsuit Against Public Participation). SLAPPs dienen dazu, Medienschaffende sowie Aktivistinnen und Aktivisiten einzuschüchtern und von ihrer Arbeit abzuhalten.

6. Die Talkshows müssen jetzt Trauer tragen…
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Joachim Huber beschäftigt sich in seiner Glosse mit dem Wechsel von Karl Lauterbach an die Spitze des Gesundheitsministeriums: “Die Talkshows müssen jetzt Trauer tragen. Ihr bester Gast, Publikumsliebling Karl Lauterbach, zieht aus den Fernsehstudios aus und im Gesundheitsministerium ein. Die Nachricht soll zu Panikattacken bei ‘Anne Will’ geführt haben, Markus Lanz will seiner Sendung am Dienstag im Karl-Lauterbach-T-Shirt vorsitzen, ‘Maybrit Illner’ ihren Talk am Donnerstag in ein Best-of-Karl verwandeln.”

Bild.de zeigt das blutüberströmte Gesicht eines getöteten 9-Jährigen

Inzwischen haben sie das Foto an der entsprechenden Stelle verpixelt. Aber am Samstag war auf der Startseite von Bild.de, an oberster Stelle, das blutüberströmte Gesicht eines zuvor getöteten 9-Jährigen zu sehen:

Screenshot Bild.de - H. tötete im Blutrausch zwei Menschen - Interview mit einem Kindermörder - Der Herne-Killer spricht zum ersten Mal über seine schickierenden Verbrechen

Alle Unkenntlichmachungen in diesem Screenshot stammen von uns: beim Namen des verurteilten Täters, bei dessen Alter, bei dessen Gesicht, bei dessen blutverschmierter Hand. Und auch die Verpixelung am linken Bildrand, wo sonst das Gesicht eines der Opfer, des bereits erwähnten 9-jährigen Kindes, zu erkennen wäre, ist von uns. Bei Bild.de war all das zu sehen. Nach Beschwerden hat die Redaktion zumindest das Gesicht des getöteten Kindes verpixelt.

Im Artikel schreibt “Bild”-Reporter Frank Schneider zu diesem Foto:

Die Morde von Herne schockierten auch deshalb, weil [H.] während und nach seinen Bluttaten Sprachnachrichten postete, sich in Chaträumen mit Fotos brüstete, die ihn an den Tatorten zeigten. Die blutgetränkten Hände, sein diabolisches Grinsen – ein einziger Albtraum.

Das, was der Mann im März 2017 noch selbst erledigen musste, übernahmen am Samstag Schneider und dessen “Bild”-Redaktion: Sie verbreiteten diesen “einzigen Albtraum”, sie zeigten einen Mörder in der von ihm gewählten triumphierenden Pose, sie halfen ihm dabei, sich viereinhalb Jahre später noch einmal mit der Tat zu brüsten.

Auch der Text bietet H. die große Bühne. “Aber wie begegnet man einem Menschen, den wohl kein Mensch je wieder sehen möchte?”, fragt sich “Bild”-Autor Schneider zu Beginn seines Artikels. Die Antwort der “Bild”-Medien lautet offenbar: Indem man diesem Menschen und seinen Gedanken, Rechfertigungen, abstrusen Aussagen möglichst viel Sichtbarkeit verschafft.

Der Doppelmörder bedauert sich selbst:

… schreibt Schneider zum Beispiel. Und lässt den Doppelmörder dann in einem Zitat sich selbst bedauern.

[H.] versucht zu dozieren, seine Sätze elegant zu formulieren – und bemerkt nicht, was für einen kranken Unsinn er redet.

… schreibt Schneider. Und zitiert H. im Anschluss mit krankem Unsinn.

Dann gibt er seinem Opfer eine Mitschuld:

… schreibt Schneider. Und lässt den Täter in einem Zitat dem 9-jährigen Opfer eine Mitschuld geben.

An einer anderen Stelle des langen Artikels darf H. damit angeben, dass er als Kampfsportler viele Messerstriche in einer Minute schaffe. “Offenbar registriert [H.] meine Fassungslosigkeit”, schreibt Frank Schneider dazu, was ihn aber nicht davon abhält, diese unsägliche Prahlerei zu verbreiten. Und so geht es bis zum Schluss weiter:

Die Gesprächszeit geht zu Ende, eine Botschaft will mir der Kindermörder noch mit auf den Weg geben:

… und natürlich verbreiten Schneider, Bild.de und Bild am Sonntag, wo der Artikel ebenfalls erschienen ist, auch noch diese letzte Botschaft.

Eigentlich, so scheint es, sind H. und dessen Opfer aber nur Mittel zum Zweck – für Werbung in eigener “Bild”-Sache. Über weite Strecken stehen gar nicht der “Herne-Killer” oder die zwei von ihm getöteten Menschen im Mittelpunkt, sondern der “Bild”-Reporter:

Es ist ein beklemmendes Gefühl, als ich entlang der hohen Mauer mit Überwachungskameras und Natodraht zum Gefängnis-Eingang gehe. Ein Kindermörder hat mich zum Gespräch gebeten.

… heißt es ganz am Anfang des Textes. Und weiter:

Gleich treffe ich also den Doppelmörder von Herne.

Ich war als Reporter dabei, als SEK-Polizisten den Killer tagelang im Ruhrgebiet jagten. Ich traf die Mütter der Opfer – und die fassungslose Mutter des Täters.

Ich betrete den modernen Gefängnis-Komplex durch eine Panzerglas-Tür, dann muss ich alles abgeben, nur Stift und Schreibblock darf ich behalten.

In einem Info-Kasten etwas weiter hinten im Artikel gibt es die Auflösung – es handelt sich um Reklame für den “Bild”-Fernsehsender:

Sehen Sie die Doku “Mein größter Fall”: “Die Bestie von Herne” am […] bei BILD im TV

Mit Dank an die Hinweisgeber!

Nachtrag, 28. Oktober: In der “Süddeutschen Zeitung” ist heute ein Interview mit dem neuen “Bild”-Chefredakteur Johannes Boie erschienen (online nur mit Abo lesbar). Darin geht es unter anderem auch um die Kritik, die wir in diesem Beitrag geäußert haben (auch wenn das BILDblog nicht explizit erwähnt wird). Auf die Frage …

In der Kritik steht Bild auch immer wieder wegen sensationslüsterner und grenzwertiger Berichterstattung, Rügen des Presserats werden nicht veröffentlicht. Erst diese Woche zeigte Bild das unverpixelte Bild eines ermordeten Neunjährigen. Bleibt das alles so?

… antwortet Boie:

Nein, das war ein schlimmer Fehler. Ich habe am selben Tag intern neue Regeln eingeführt, die die Berichterstattung bei schweren Kriminalfällen und Minderjährigen betrifft, unter anderem ein Sechs-Augen-Prinzip und eine technische Änderung in der Fotodatenbank. Der Fall zeigt allerdings zu einem kleinen bisschen auch, wie wir kritisiert werden: im Netz verbreiten unsere Kritiker nun die Grafik von Bild, auf der sie eine große Fläche gekennzeichnet haben. Da denkt jeder: Bild hat das Mordopfer groß und deutlich erkennbar gezeigt. Tatsächlich ging es um eine winzige schemenhafte Fläche im Hintergrund, die mit bloßem Auge kaum zu sehen war. Trotzdem war es ein schwerer Fehler, deshalb die klaren Maßnahmen.

Das klingt erstmal nicht schlecht.

Zwei Anmerkungen hätten wir allerdings zu Johannes Boies Aussage: Auch sein Vorgänger Julian Reichelt versprach in der Vergangenheit, “neue Kontrollmechanismen dazwischenschalten” zu wollen, nachdem “Bild” kräftig danebengelangt hatte. Man muss aus unserer Sicht also erstmal schauen, inwieweit Boies Maßnahmen wirklich etwas bringen. Und zu Boies Vorwurf der unfairen Kritik: Sowohl hier im Beitrag als auch bei Twitter schreiben wir, dass die von uns verpixelte Fläche nicht nur das 9-jährige Mordopfer verdeckt (dazu schreiben wir extra: “am linken Bildrand”), sondern auch das Gesicht des Täters und dessen blutverschmierte Hand.

Bericht über “Bild” gestoppt, “Fair-lesen”, Dreh-Ende der Drehenden

1. Ippen stoppt Investigativ-Berichte über “Bild”-Chef Reichelt
(dwdl.de, Alexander Krei)
Nun beschäftigt sich sogar die “New York Times” mit den Gepflogenheiten bei “Bild” und der Rolle von Springer-CEO Mathias Döpfner. Eines der Details aus dem Compliance-Verfahren gegen “Bild”-Chef Julian Reichelt: Dieser soll laut “New York Times” einer seiner Liebschaften gefälschte Scheidungspapiere vorgelegt haben. Aber auch sonst birgt der Artikel jede Menge Sprengstoff und eine Art Nebenhandlung: Bei der deutschen Ippen-Verlagsgruppe habe zeitgleich zur “NYT”-Veröffentlichung eine aufwändige Investigativrecherche über Reichelts mutmaßlichen Machtmissbrauch erscheinen sollen. Die Veröffentlichung sei jedoch in allerletzter Sekunde vom 81-jährigen Verleger gestoppt worden. Das Investigativ-Team hat daraufhin einen Protestbrief an den Verleger und die Geschäftsführung verschickt.
Tipp: Wer den Artikel der “New York Times” in deutscher Übersetzung lesen möchte, könnte dafür das Übersetzungstool DeepL ausprobieren, das nach subjektiver Empfindung des “6-vor-9”-Kurators die besten Ergebnisse liefert.

2. Schreiben ist nicht umsonst
(initiative-fair-lesen.de)
In einem offenen Brief sprechen sich zahlreiche Autorinnen und Autoren, Verlage und Buchhandlungen gegen die angebliche “Zwangslizenzierung” ihrer Inhalte aus und meinen damit die Möglichkeit öffentlicher Bibliotheken, E-Books für ihre Nutzerinnen und Nutzer zu lizenzieren. Das Anliegen der Initiative und die erhobenen Behauptungen werden derzeit kontrovers diskutiert – nur zwei Beispiele: Zu den Kritikern gehört Enno Park (“pure Propaganda von Teilen der Verlagsbranche”), zu den Befürwortern Hanser-Verleger Jo Lendle (“im Kern aber trifft es die Sache”).

3. Ein klares “Nein” zur Einflussnahme
(freischreiber.de)
Im Interview mit dem “journalist” verteidigte ein Rechtsanwalt vor einigen Tagen die sogenannten Verschwiegenheitsvereinbarungen und gab zu, dass er diese auch dazu nutzt, um Medienschaffende zu lenken oder zu benutzen beziehungsweise um Berichterstattung zu verhindern. Die Freischreiber finden, das darf nicht sein, und wenden sich mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit: “Die Pressefreiheit, die Unabhängigkeit der Berichterstattung müssen in einer Demokratie für alle heilig sein”.

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4. “Bild” findet nach Jahren erstmals Platz im Blatt für Presserats-Rügen
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Eigentlich sollen Rügen des Presserats vom betroffenen Medium zeitnah veröffentlicht werden, doch der “Bild”-Redaktion scheint diese Vorgabe relativ egal zu sein. Über Jahre druckt man dort keine der Rügen ab, die man sich wegen der eigenen Verstöße gegen den Pressekodex eingefangen hat. Und wenn man es dann doch tut, dann so, dass es möglichst keiner mitbekommt. Medienkritiker Stefan Niggemeier ist der Sache auf den Grund gegangen.

5. Einer der Wichtigsten
(taz.de, Klaus Hillenbrand)
Am Freitag vergangener Woche ist der Journalist Gerd Ruge im Alter von 93 Jahren gestorben. In seinem Nachruf würdigt Klaus Hillenbrand das Leben des Reporters und schließt mit den Worten: “Gerd Ruge hat den Deutschen beigebracht, sich nicht so wichtig zu nehmen in der Welt. So, wie er selbst sich nicht so wichtig genommen hat. Dabei war er einer der Wichtigsten.” Weitere Nachrufe auf Gerd Ruge finden sich unter anderem beim “Spiegel” und bei der “Tagesschau”.

6. “Drehende”: Verein wettert gegen vermeintliche Gendersprache beim ZDF – und blamiert sich
(rnd.de)
Der Verein Deutsche Sprache kämpft seit Jahren gegen genderneutrale Sprache in den Medien. Begriffe wie etwa “die Radfahrenden”, die alle Geschlechter inkludieren sollen, bezeichne der Verein auf seiner Website als “lächerliche Sprachgebilde” und rufe dort zum Widerstand dagegen auf. Nun wettert der Verein gegen die vom ZDF verwendete Formulierung “Drehende”, übersieht dabei aber peinlicherweise, dass es sich um das Wort “Dreh-Ende” handelt.

Wollte CIA Assange töten?, Rügenmeister “Bild”, Impflügen

1. Das Schweigen der US-Medien zu Julian Assange
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Bettina Köster, Audio: 7:25 Minuten)
Es sieht tatsächlich so aus, als habe der US-Geheimdienst CIA den Wikileaks-Gründer und Whistleblower Julian Assange entführen und ermorden wollen. Das lässt jedenfalls eine aufwändige Recherche von einem ganzen Team renommierter Investigativ-Journalisten vermuten, die mit insgesamt 30 ehemaligen Beamten gesprochen haben. Im Deutschlandfunk ordnet Holger Stark, stellvertretender Chefredakteur der “Zeit”, den Vorfall ein. Stark hat selbst schon zu Wikileaks publiziert (“Staatsfeind Wikileaks: Wie eine Gruppe von Netzaktivisten die mächtigsten Nationen der Welt herausfordert”).
Weiterer Lesetipp zum Hintergrund von Anfang 2020: Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, erzählt von den Erkenntnissen seiner Untersuchung im Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange. Seiner Ansicht nach habe die schwedische Polizei die Vergewaltigungsvorwürfe herbeikonstruiert: Beweise seien manipuliert, Aussagen umgeschrieben worden. Julian Assange werde bei einer Auslieferung in die USA kein rechtsstaatliches Verfahren bekommen. Er werde auch jetzt nicht rechtsstaatlich fair behandelt, sondern auf verschiedene Weise psychologisch gefoltert (republik.ch, Daniel Ryser & Yves Bachmann).
Unbedingt empfehlenswert auch: Der Besuch von Nils Melzer beim Youtube-Format “Jung und Naiv” im August dieses Jahres (youtube.com, Tilo Jung).

2. ARD und ZDF gehen gegen Bild TV wegen Wahlberichterstattung vor
(meedia.de)
Es zeichnete sich in den vergangenen Tagen ab: ARD und ZDF gehen wegen der Übernahme von Sendematerial am Wahlabend gegen den Fernsehsender “Bild TV” vor. Von der ARD heißt es: “Wir haben uns entschlossen, rechtlich gegen Bild TV wegen der aus unserer Sicht rechtswidrigen Übernahme unserer Berichterstattung vorzugehen.” Auch das ZDF habe per anwaltlichem Abmahnschreiben seinen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz geltend gemacht. Ein Sprecher von “Bild TV” habe mitgeteilt, dass man das juristische Vorgehen von ARD und ZDF “prüfe”.
Weiterer Lesehinweis: Bild hat 2021 bereits 13 Rügen kassiert (statista.de, Mathias Brandt).

3. Ganz schön deprimierend, oder?
(zeit.de, Eike Kühl)
Instagrams Mutterkonzern Facebook hat in den Jahren 2019 und 2020 für den internen Gebrauch Studien über den Einfluss von Instagram auf die psychische Gesundheit seiner Nutzerinnen und Nutzer durchführen lassen. Die Ergebnisse sind alarmierend, werden von Facebook jedoch heruntergespielt. Die Studien seien nur durchgeführt worden, um die Wahrnehmung der Nutzerinnen und Nutzer zu verstehen, so das Unternehmen: Sie würden keine kausalen Behauptungen zwischen Instagram und einem Wohlbefinden herstellen. Und obwohl in den Titeln der Begriff “psychische Gesundheit” stehe, sei damit keine formale und medizinische Definition gemeint. Für “Zeit-Online”-Autor Eike Kühl klingt das “mindestens unglücklich, eher aber nach faulen Ausreden: Was in den Folien steht, ist so eigentlich gar nicht gemeint und auf gar keinen Fall zur Ableitung irgendeines Fazits geeignet? Souverän geht anders.”

Bildblog unterstuetzen

4. YouTube verbietet Impflügen
(netzpolitik.org, Rahel Lang)
Youtube hat gemeinsam mit internationalen und lokalen Gesundheitsorganisationen sowie mit Fachleuten neue Richtlinien entwickelt, die bestimmen, wie die Plattform mit falschen Behauptungen zu Impfungen umgeht: “In Zukunft sollen auf der Videoplattform keine Inhalte zu finden sein, die fälschlicherweise behaupten, dass Impfungen gefährlich sind, chronische Krankheiten auslösen, oder die Ansteckungsgefahr nicht abmildern. Außerdem löscht YouTube jegliche Desinformationen, die falsche Inhaltsstoffe der Vakzine angibt. Die neuen Richtlinien unterbinden damit unter anderem die medizinisch inkorrekte Aussage, dass zugelassene Impfstoffe Autismus oder Krebs verursachen würden.”

5. funk wird 5: “Wir wollen noch journalistischer werden”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Kristin Blum und Philipp Schild leiten das öffentlich-rechtliche Jugendangebot “funk” und haben dafür einen jährlichen Etat von 45 Millionen Euro zur Verfügung. Im Interview mit “DWDL” sprechen sie darüber, wie sie den Content auf verschiedene Plattformen verteilen, warum sie nicht mehr herkömmlichen Serien einkaufen und was sie sich für die nächste Zeit vorgenommen haben.

6. Warum die Trennung zwischen Werk und Autor*in nie ganz gelingen kann
(eleabrandt.de)
“Kann man ein Buch feiern und hypen, obwohl man weiß, dass die Person, die es verfasst hat, problematische Ansichten vertritt oder schrecklicher Dinge beschuldigt wird? Und welche Rolle spielt der historische Kontext dabei?” Die Schriftstellerin Elea Brandt betrachtet das Problem aus verschiedenen Blickwinkeln und liefert wertvolle Anregungen für eine Entscheidung, die schlussendlich jeder und jede mit sich selbst ausmachen muss.

Die Opfer von “Bild” (12)

In einer früheren Ausgabe dieser Rubrik haben wir über die Willkür geschrieben, mit der “Bild” Fotos von Verbrechensopfern (nicht) verpixelt. Während zum Beispiel zwei Frauen, die in Kiel ermordet wurden, konsequent ohne Verpixelung gezeigt wurden, wurde das Gesicht eines Mannes, der in Berlin ermordet wurde, konsequent unkenntlich gemacht.

Zwei Wochen später änderte die Redaktion dann plötzlich den Kurs – und zeigte auch den Mann ohne jede Unkenntlichmachung:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Prozess gegen Kannibalen von Pankow - Todesrätsel um Opfer [Name]", dazu ein Porträtfoto des Mannes
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag von uns.)

Insgesamt veröffentlichten die “Bild”-Medien in jener Woche (30. August bis 5. September) mindestens 20 Mal Fotos von Menschen, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind. Sowohl in der Printausgabe als auch online erschienen zum Beispiel Fotos einer Frau, die mutmaßlich von ihrem Ehemann ermordet wurde:

Ausriss aus der BILD-Zeitung: "So quälte der Killer-Zahnarzt seine schöne Frau", dazu ein großes Foto der Frau sowie ein kleines Foto ihres Ehemanns

Und Fotos einer Frau, die von ihrem Ehemann erschossen worden sein soll:

Ausriss aus der BILD-Zeitung: "Ehefrau erschossen, weil sie Taschentücher herumliegen ließ", dazu ein Foto des Hauses, in dem die Tat stattfand, sowie ein großes Foto der Frau

Gedruckt wurde auch ein Foto einer Frau und ihres Babys, die an einer Bushaltestelle ums Leben kamen:

Ausriss aus der BILD-Zeitung: "Mutter und Baby an Haltestelle totgefahren", dazu mehrere Fotos des Unfallorts sowie ein großes Foto der Mutter uns ihres Kindes

Bild.de zeigte auch das Gesicht eines Rettungsschwimmers, der vom Blitz erschlagen wurde:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "US-Rettungsschwimmer vom Blitz getroffen - tot", dazu ein großes Foto des Mannes

Und das einer Frau, die von ihrem Ehemann durch eine Explosion getötet worden sein soll:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Ehefrau und Hund in die Luft gejagt - Drei Tatorte, eon Todesdrama", dazu ein Foto des zerstörten Hauses sowie ein Foto der Frau, ihres Mannes und ihres Hundes, sowie das BILD-Plus-Logo

Und das Foto eines Vaters und seines Kindes, die in einer Kellerwohnung ertrunken sind:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Dramatische Flut in New York - Familie ertrinkt in Kellerwohnung", dazu ein Foto der zerstörten Wohnung sowie ein Foto des Mannes und seines Kindes

***

Drei Monate lang haben wir diese Praxis nun etwas genauer beobachtet. In dieser Zeit haben die “Bild”-Medien mindestens 355 Mal Fotos von Menschen gezeigt, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind. In 40 Fällen von Minderjährigen.

In 22 Fällen waren die Gesichter verpixelt, in elf Fällen die Augen. In 322 Fällen verzichtete “Bild” auf jede Unkenntlichmachung.

Nur in 14 Fällen haben Angehörige der Veröffentlichung laut “Bild”-Angabe zugestimmt.

***

Nach einem Verbrechen oder Unglück in Social-Media-Profilen zu wühlen und daraus Fotos der Opfer zu veröffentlichen, ist redaktioneller Alltag bei “Bild”. Häufig erscheinen solche Fotos ohne jede Verpixelung und ohne Zustimmung der Angehörigen oder Hinterbliebenen.

In vielen Fällen werden Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder sogar von Reportern bedrängt, damit sie Fotos der Menschen herausrücken, die sie gerade verloren haben.

“Bild” begründet die Veröffentlichung solcher Bilder damit, dass “nur so” die Tragik “deutlich und fassbar” werde.

Wie jedoch viele Betroffene selbst darüber denken, kann man zum Beispiel hier nachlesen. Dort sagt der Vater eines Mädchens, das beim Amoklauf von Winnenden getötet wurde und deren Foto in den Tagen darauf immer wieder in der “Bild”-Zeitung erschien:

Die “Bild”-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder [unserer Tochter] erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt. Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.

Pressekodex Richtlinie 8.2

Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

In einem Interview in unserem Buch sagt ein anderer Betroffener, dessen Bruder bei einem Skiunfall gestorben ist und später ohne Erlaubnis der Angehörigen groß auf der Titelseite der ”Bild”-Zeitung zu sehen war:

Das war eines der schlimmsten Dinge an der Geschichte: Dass die “Bild” die Kontrolle darüber hat, mit welcher Erinnerung mein Bruder geht. Dass das letzte Bild von der “Bild”-Zeitung kontrolliert wird und nicht von ihm selbst oder von uns.

Auch in anderen Medien kommt es vor, dass solche Fotos veröffentlicht werden. Doch niemand macht es so häufig und so eifrig wie “Bild”. Mehr als die Hälfte aller Rügen, die der Presserat je gegen die “Bild”-Medien ausgesprochen hat, bezog sich auf die unzulässige Veröffentlichung von Opferfotos.

Um zu verdeutlichen, in welchem Ausmaß “Bild” auf diese Weise Profit aus dem Leid von Menschen zieht, wollen wir hier regelmäßig dokumentieren, wie häufig die “Bild”-Medien solche Fotos veröffentlichen.

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