Der erste Schritt zur Heilung ist die Einsicht, krank zu sein. Zumindest gilt dieser Grundsatz in der Psychologie. Und gestern stand in der “Bild am Sonntag” ein längerer Text über den Verdacht der Schleichwerbung für IKEA u.a. in der “PRO 7-Reality-Show ‘Sarah & Marc in Love'” und entsprechende Ermittlungen der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg. Dort heißt es dann:
“Nicht nur öffentlich-rechtliche, sondern auch private Sender müssen Werbung und Programm trennen. Werbung muß kenntlich gemacht werden.”
Nun, es ist schön zu sehen, dass dieser Gedanke zumindest dem einen oder anderen bei “Bild” bekannt ist. Noch dazu, da man über einen Sender berichtet, an dem die Axel Springer AG beteiligt ist (und der bald vollständig zum eigenen Konzern gehören soll). Umgesetzt jedoch wird der Gedanke offensichtlich eher, nunja, schlampig. Weswegen sich bei Bild.de, wo der “BamS”-Text im Wortlaut übernommen wurde, ein Link-Kasten namens “Promiquiz” findet (siehe Ausriss), der direkt zu einem gewerblichen Angebot der Firma GD Gameduell führt.
Gameduell seinerseits weist auf seiner Website ausdrücklich darauf hin, dass Bild.T-Online ein “Kooperationspartner” ist und Kooperationspartner eine “attraktive Vergütung” erhalten. Fast unmittelbar neben dem nicht gekennzeichneten Werbelink bei Bild.de wiederum heißt es über die umstrittene Pro7-Serie:
“Nach BamS-Informationen erregten neben der Ikea-Folge auch Szenen mit Produkten von Dr. Oetker und Mondamin sowie ins Bild gestellte Bierflaschen die Aufmerksamkeit der Medienwächter.”
Ja, und nach Bildblog-Informationen hat die Vermischung von Werbung und Programm auch bei Bild.de schon die Aufmerksamkeit von Medienwächtern erregt. Doch manchmal dauert es mit der Heilung eben etwas länger.
Dieses lustige Foto zeigt Bild.de heute über einer Geschichte, die von sogenannten “Flitzern” erzählt, die dem Verein Hansa Rostock 20.000 Euro Schadenersatz zahlen müssen, weil sie bei einem Bundesligaspiel am 25. Oktober 2003 auf das Spielfeld gelaufen waren.
Im Text heißt es:
Drei Flitzer, die im Bundesligaspiel gegen Hertha BSC auf den Rasen des Ostseestadions tobten, müssen 20.000 Euro zahlen.
Da fragt man sich, warum auf dem Foto im Hintergrund ein Schalke-04-Transparent hängt. Und warum der Torwart, der am linken Bildrand zu sehen ist, ein Schalke-Trikot trägt und Schalke-Torwart Frank Rost so verdammt ähnlich sieht. Und man denkt sich möglicherweise, dass Bild.de sich im Spiel geirrt hat. Wäre ja möglich.
Stimmt aber gar nicht. Die drei verurteilten Flitzer liefen tatsächlich beim Spiel Hansa Rostock gegen Hertha BSC auf den Rasen. Nur waren das ganz andere Flitzer — und sie waren nicht mal nackt.
Aber vielleicht meint man bei Bild.de ja, mit dem Einleitungssatz schon deutlich gemacht zu haben, dass es sich bloß um ein Symbolfoto handelt:
Egal ob nackt oder bekleidet…
Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Tobias J.
Nachtrag, 15.05 Uhr:
Das von Bild.de abgebildete Foto stammt übrigens aus dem Spiel Schalke 04 gegen den FC Fulham, das im Juli dieses Jahres im österreichischen Kapfenberg ausgetragen wurde. Und es zeigt “drei englische Flitzer”, wie Bild.de damals wusste.
Vor kurzem sagte uns Edda Fels, die Sprecherin der Axel Springer AG: Die Pflicht, redaktionelle und werbliche Texte zu trennen, gelte auch für Bild.de. Und als eine Maßnahme, um sie besser zu erfüllen, würden Mitarbeiter von Bild.de seit einiger Zeit nur noch entweder journalistische oder werbliche Texte schreiben.
Dann wüssten wir gerne, in welche Kategorie die (uns einschlägigbekannte) Mitarbeiterin Nicole Geiger fällt. Im Lebenslauf auf ihrer Homepage nennt sie sich “selbständige Journalistin”, und das, was sie aktuell für Bild.de geschrieben hat und in diesem Augenblick sogar Aufmacher auf der Startseite ist, sieht tatsächlich danach aus:
Der zugehörige Artikel wiederholt die Forderung des designierten Wirtschaftsministers Glos aus der “Bild am Sonntag”, in Deutschland Urlaub zu machen, und behauptet: “Bild.T-Online hat für Sie die 10 schönsten Reiseziele in Deutschland zusammengestellt.”
Wer sich dann aber durch die empfohlenen Ziele klickt, erfährt nicht nur, dass das Berliner Nachtleben “einzigartig” ist, die Lage von Schloss Neuschwanstein “einmalig” und das Wetter von Sylt “traumhaft”, sondern findet auch zu jedem Reiseziel einen Link mit passendem Reiseangebot und dem Satz: “Hier gleich buchen”.
Anscheinend hatte aber nur ein einziges Unternehmen interessante Angebote für Deutschland-Reisen. Sämtliche zehn Empfehlungen führen zum Bild.de-Partner TUI; keine einzige zu einem anderen Reiseveranstalter. Wenn die Bild.de-Leser hier fleißig klicken und buchen, hilft das vielleicht ein bisschen der deutschen Wirtschaft und Herrn Glos, ganz sicher aber TUI und Bild.de.
In einer großen Geschichte empört sich “Bild” heute über die “Gemeine Bilanz der Amtszeit unserer Kanzler-Gattin” (was ein bisschen irreführend ist, weil “Kanzler-Gattin” gar kein “Amt” ist) und fragt:
Warum fallen die Frauen jetzt über Doris her?
Anlass für den “Bild”-Artikel ist eine Abrechnung mit Schröder-Köpf im gestrigen Magazin der “Süddeutschen Zeitung”. “Bild” zitiert daraus ausführlich und schreibt dann:
Der Artikel im SZ-Magazin ist der bisherige Höhepunkt der gnadenlosen Abrechnungen von Frau zu Frau. In der linken “tageszeitung” hatte sich zuvor die Journalistin Bettina Gaus über den Einfluß der mächtigen Kanzlergattin lustig gemacht: “Schröders schnelle Eingreifpuppe”.
Und das stimmt sogar. Der Artikel von Bettina Gaus ist allerdings fast drei Jahre alt: Er erschien am 28.11.2002. Zuvor sind noch die Dinosaurier ausgestorben.
Vor drei Wochen baten wir Mathias Döpfner, den Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer AG, um eine Erklärung, warum er öffentlich die Vermischung von redaktionellen und kommerziellen Inhalten “brandgefährlich” nennt, genau diese Vermischung aber das Geschäftsmodell der Springer-Tochter Bild.T-Online zu sein scheint. Unser zentrales Beispiel war der Erotik-Bereich von Bild.de, in dem journalistische Inhalte nicht von Werbung zu unterscheiden waren.
Seitdem hat sich in diesem Bereich von Bild.de etwas geändert. Genau genommen ist dies hinzugekommen:
Konzernsprecherin Edda Fels sagt, das habe nichts mit unserem Offenen Brief zu tun, auf den wir im übrigen keine Antwort erwarten sollten. Sie sagt außerdem, sie wolle nicht auf unsere konkreten Beispiele eingehen, aber einige grundsätzliche Dinge klären: Obwohl die Internetfirma Bild.T-Online AG nur eine 63-Prozent-Tochter des Springer-Konzerns sei, fühle sie sich den “publizistischen Richtlinien” Springers mitsamt dem Trennungsgebot von Redaktion und Werbung verpflichtet. Andererseits müsse man auch dem speziellen Nutzungsverhalten im Internet Rechnung tragen. Hier würden andere “Spielregeln” gelten, was aber keine Ausrede zu einer Vermischung von Redaktion und Werbung darstellen solle.
Das ist vage, es gibt aber auch Konkreteres: Am 20. September gab die Axel Springer AG bekannt, man habe die Organisationsstruktur von Bild.T-Online so geändert, dass sie “noch stärker” eine “konsequente Trennung von Redaktion und werblichen Inhalten” reflektiere. Das soll nach den Worten von Fels auch beinhalten, dass es nun keine Bild.de-Redakteure mehr gibt, die sowohl werbliche als auch redaktionelle Texte schreiben. Die “technische Umsetzung” der neuen Richtlinien für die Trennung von Redaktion und Werbung sei aber schwierig, und es könne noch einige Zeit dauern, bis sie vollständig sei.
Fakt ist: Anders als noch vor zwei Wochen lässt einen das Erotik-Portal von Bild.de nicht mehr in dem Glauben, es gehe hier um irgendwie geartete redaktionelle Inhalte. Fakt ist auch: Noch sind lange nicht alle werblichen Links wie vorgeschrieben (und angeblich angestrebt) als solche gekennzeichnet.
Dass Bild.de, wie es aussieht, gerade ein bisschen mehr Wert auf eine Trennung von Redaktion und Werbung legt, soll auch mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden zusammenhängen: Gregor Stemmle, der von “Bild” kommt, führt seit 1. Juni das Unternehmen. Und auch das Urteil des Berliner Landgerichtes gegen einen typischen Schleichwerbefall bei Bild.de dürfte eine Rolle spielen. Schließlich ist die Trennung nicht nur guter Stil, sondern gesetzlich vorgeschrieben.
Und wir fassen zusammen: Falls Mathias Döpfner es ernst meint mit seiner Warnung vor der “brandgefährlichen” Vermischung kommerzieller und redaktioneller Inhalte, ist das offenbar nicht nur ein Appell an andere, sondern nicht zuletzt auch an sein eigenes Haus.
PS: Aktuell informiert Bild.de über eine finnische Studie, wonach “ungerechte Chefs” angeblich das Leben verkürzen. Zum Thema hat Bild.de einen Kasten “Ihr Recht” mit vier Links eingebaut (Ausriss links). Die ersten beiden sind reine Werbelinks, der dritte führt zu einem offensichtlich durch kommerzielle Interessen desselben Werbepartners inspirierten redaktionellen Beitrag, der vierte zu einem redaktionellen Text. Zu unterscheiden sind sie nicht.
Nachtrag, 1. November. Vier Tage lang hatte der lustig gemischte Werbe-Redaktions-Kasten auf der Seite gestanden. Am Tag, nachdem wir darüber berichteten, ist er entfernt worden. Wenn der Weg zu einem Online-Angebot Bild.de, das dem Gesetz und den behaupteten eigenen Ansprüchen genügt, darüber führt, dass erst jeder einzelne Verstoß öffentlich gemacht werden muss, wird es ein langer Weg.
Herrn Dr. Mathias Döpfner
Axel Springer AG
Axel-Springer-Straße 65
10888 Berlin
Sehr geehrter Herr Dr. Döpfner,
in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa haben Sie in der vergangenen Woche die Vermischung kommerzieller und redaktioneller Inhalte “brandgefährlich” genannt. Sie sagten, Medien, die die Grenzen aufweichten, drohten sich damit selbst den Ast abzusägen. Sie plädierten für eine “sehr strikte” Trennung.
Herr Döpfner, kennen Sie das Internetangebot von Bild.T-Online? Es handelt sich dabei um ein Joint Venture, an dem das von Ihnen geführte Unternehmen Axel Springer 63 Prozent der Anteile hält. Es gibt dort eine Rubrik namens “Erotik”, die sich in ihrer Aufmachung in keiner Weise von Rubriken wie “Nachrichten” oder “Sport” unterscheidet. Die einzelnen Menüpunkte sind wie redaktionelle Menüpunkte gestaltet; die einzelnen Teaser in diesem Ressort sehen exakt so aus wie Teaser, die in anderen Ressorts zu redaktionellen Beiträgen führen.
Der “Aufmacher” im Ressort Erotik heißt aktuell (10. Oktober, 21 Uhr): “Richtig dicke Möpse! Dicke HUPEN”. Ein Klick führt zum gleichnamigen Angebot der Firma Telecall unter der Adresse “sexdate.de”, das unter anderem “heißen Livesex” verspricht.
Der im Stil eines Artikelanreißers gestaltete Teaser daneben zeigt eine Frau, die unter der Überschrift “Das Privatcam-Portal” verspricht: “Ich schenk’ Dir bis zu 40 Euro!” Ein Klick führt zum Angebot “Sex and the Web” der Schweizer Firma Aximus, die unter anderem “aufwendig produzierte Erotikfilme in der Hardcore-Version: ungeschnitten und unzensiert” verkauft.
Der scheinbar redaktionelle Teaser darunter lockt mit einer “Neuen Erotik-Videothek: XXX-Movies — 40.000 Filme online”. Er führt zu einem kostenpflichtigen Angebot von Telecall.
Wer auf den Teaser “Nur ein Klick zum Seitensprung” klickt, bleibt zunächst auf den Seiten von Bild.T-Online. In der Aufmachung eines redaktionellen Artikels heißt es dort: “Weil’s so schön anonym ist… Seitensprung bei Bild.T-Online! (…) Mit dem neuen Seitensprung-Service auf Bild.T-Online geht’s jetzt ganz einfach, sicher und unbemerkt!” Das Wort “Werbung” oder “Anzeige” steht nicht auf dieser Seite. Auch nicht über dem Link, mit dem man “zu deinem Seitensprung” kommt. Er führt zum kostenpflichtigen Angebot flirtpub.de der Firma Bosner Onlineservice.
Die weiteren “Überschriften”, die im redaktionellen “Erotik”-Ressort von Bild.T-Online zu finden sind, führen unter anderem zu den sämtlich kostenpflichtigen Angeboten “stripfun.com”, “Lesbenspecial Chrissy & Mia” (Beate Uhse), “Sex Trainingskamp” und “videodevil.de”. Die redaktionell wirkende “Seitensprung-Suche”, bei der der Nutzer eingeben kann, ob er männlich oder weiblich ist, einen Mann oder eine Frau sucht und er Wert auf ein Bild legt — sie führt ebenfalls zu flirtpub.de.
Keiner der genannten Teaser und Artikel ist an irgendeiner Stelle auf Bild.T-Online mit den Worten “Anzeige”, “Werbung”, “Shop” o.ä. gekennzeichnet. Es gibt bei Bild.T-Online keine Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten. Einige Werbelinks sind zwar mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet. Das führt allerdings dazu, dass die vielen Werbelinks, die nicht mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet sind, in ihrer Gestaltung noch irreführender sind.
Beim “Erotik”-Ressort handelt es sich übrigens, anders als bei der Rubrik “Shopping”, nicht um ein reines Werbeportal. Einige der redaktionell gestalteten Teaser führen nicht zu kommerziellen Angeboten, sondern tatsächlich zu redaktionellen Texten, etwa über Themen wie “Welche Sex-Pille soll man(n) nehmen?” oder: “Was Männer im Bett wirklich wollen”. Ähnlich vollständig ist die Vermischung im Ressort “Singles”, das gerade eine redaktionell gestaltete “neue Serie” über “Sexy Singles” begonnen hat, hinter der sich in Wahrheit Werbung für “Friendscout24” verbirgt. Auch hier gibt es keine Möglichkeit, Werbung und Redaktion voneinander zu unterscheiden.
Auf den Seiten, mit denen der “Verband Deutscher Zeitschriftenverleger” (VDZ) für “Crossmedia”-Werbung wirbt, finden sich unter anderem die Kampagnen “Kochbuch für Deutschland” und “Küche für Deutschland” von Bild.T-Online mit jeweils einem Werbepartner. Dort wird als einer der Vorteile dieser Aktionen genannt:
“Aktionen für Deutschland” werden im Stil redaktioneller Beiträge erklärt und beworben.
In der “Animation der Kampagnenmechanik” wird die Grenzen verwischende Technik detailliert demonstriert. Zum Angebot gehört ein “Online-Special mit eigener Subnavigation” — gemeint ist ein Menüpunkt in der Seitennavigation, der nicht als Anzeige gekennzeichnet ist, sondern wie ein Menüpunkt aussieht, der zu redaktionellen Angeboten führt. Als Teil der Werbekampagne führte Bild.de (im redaktionellen Teil) ein “Gewinnspiel” durch, bei dem die Bild.T-Online-Leser in einem “großen Foto-Wettbewerb” “Deutschlands schönstes Küchengirl” wählten.
In der Demonstration, wie für das “Kochbuch für Deutschland” geworben werden konnte, ist von der “Anbindung an redaktionell gestaltete, werbliche Artikel zum Thema” die Rede. Das Internetportal Bild.T-Online verwischt also nicht nur die Grenzen zwischen redaktionellen und werblichen Artikeln, sondern wirbt auch noch damit, dass und wie es die Grenzen verwischt.
Herr Döpfner, weil wir gerne glauben wollen, dass es sich bei Ihren Aussagen vergangene Woche gegenüber dpa nicht nur um wohlfeile Worte handelt, die keine Bedeutung für die tatsächliche Arbeit in der Axel Springer AG haben, möchten wir Sie fragen:
Gilt der Trennungsgrundsatz von Werbung und Redaktion, der auch in den “journalistischen Leitlinien” von Axel Springer festgelegt ist, nicht für Online-Angebote?
Inwiefern entsprechen die oben geschilderten Beispiele Ihrer Vorstellung davon, wie Werbung und Redaktion “sehr strikt” getrennt werden?
Wie lässt es sich mit Ihren Vorgaben vereinbaren, dass bei Bild.T-Online nicht nur einzelne Werbebotschaften nicht als Werbung gekennzeichnet sind, sondern anscheinend ganze Bereiche des Angebotes auf einer systematischen Verwechselbarkeit von werblichen und redaktionellen Botschaften aufgebaut sind?
Aktuell verlinkt Bild.de wieder einen Artikel von Anfang Juni dieses Jahres. Darin ist “Bild” empört. Es sei kaum zu glauben, mit welchen “fiesen Methoden” sogenannte “Handy-Betrüger” arbeiteten. Die “Abzocker” wüssten, dass “Gefühlsreaktionen” wie Freude, Anteilnahme oder Geschmeicheltsein dazu verleiteten, “einfach zurückzurufen”. Glücklicherweise kennt “Bild” “die Tricks der miesen Betrüger” und teilt sie dem Leser mit (“hier klicken!”).
Unter anderem weiß Bild.de, dass sich hinter der Rufnummer +49137799090269 eine Fangnummer verberge, “die bei Rückruf eine bis zu einer Stunde andauernde Verbindung” aufbaue, die der Anrufer nicht selbst trennen könne.
Das klingt unheimlich “fies” und unglaublich: eine Fangnummer, die die rote Taste zum Auflegen blockiert, die Ausschalttaste deaktiviert und die Klappe zum Akkufach verklemmt, so dass man den nicht mehr herausnehmen kann?
Die Fangnummer, die einen Anruf “bis zu einer Stunde halten” kann, ist nicht nur “fies”, sondern auch eine Legende, ein sogenannter Hoax, ein Jux, Scherz, Schabernack — eine Erfindung für Leichtgläubige. Das kann man seit zweieinhalb Jahren hier oder hier nachlesen oder auch beim Schwesterunternehmen von Bild.T-Online, bei T-Mobile. Dort heißt es:
Noch ein wichtiger Hinweis: Der Anruf wird nicht bis zu einer Stunde gehalten. Dies war fälschlicherweise in einigen Meldungen und Warnhinweisen zu lesen.
Aber wer trotzdem unbedingt sein Geld loswerden will, findet dazu im Bild.de-Erotik-Ressort reichlich Gelegenheit. Einfach auf die Bilder klicken, die “Gefühlsreaktionen” hervorrufen (“Dicke Hupen”, “Die sexy Blondine will jetzt mit Dir chatten”, “Teuflisch gute Nacktfilme”).
Danke an Torsten G. für den Hinweis.
Nachtrag, 14. Oktober: Inzwischen ist der angebliche “Trick” mit der wundersamen nicht-trennbaren Verbindung bei Bild.de spurlos verschwunden.
Mist, die Vogelgrippe ist da. Also, noch nicht ganz hier, aber schon vor unserer Haustür. Jetzt sind die ersten Tiere in Rumänien an der Vogelgrippe gestorben, und Rumänien ist ja gleich… ähm… nicht so weit irgendwo im Osten, oder?
Ja, liebe Freunde von “Bild”, das, was ihr hier markiert habt (siehe Ausriss), ist allerdings Moldawien. Rumänien ist der viel größere Block links davon, quasi noch näher an uns dran.
Der gleiche Fehler findet sich auch in der gedruckten “Bild am Sonntag”, dort steht allerdings wenigstens das Wort “EUROPA” in weißen Buchstaben auf dem gleichnamigen Kontinent. Für Bild.de hat jemand die Buchstaben wegradiert und nicht gemerkt, dass dadurch Mitteleuropa merkwürdig grenzenlos geworden ist.
Es ist ja nicht so, dass sich nichts ändert. Bild.de zum Beispiel hat inzwischen eingesehen, dass es besser ist, Teaser, die zu Werbeseiten führen, durch das Wort “Anzeige” zu kennzeichnen.
Gut, vielleicht ist eingesehen das falsche Wort. Vielleicht hat es eher mit einem verlorenen Prozess in dieser Sache zu tun. Jedenfalls ist Werbung auf Bild.de wirklich häufiger als noch vor Monaten mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet. Wie hier zum Beispiel:
Aber auch wenn der lustige Pressesprecher von “Bild” so Sätze schreibt wie: “Bild.T-Online wird weiterhin gemäß der journalistischen Leitlinien von Axel Springer großen Wert darauf legen, daß Werbung auch als solche klar erkennbar ist”, heißt das keineswegs, dass Bild.T-Online nun gemäß der journalistischen Leitlinien von Axel Springer Werbung als solche klar erkennbar mache. Vielleicht wäre es zu einfach, Anzeigen einfach immer durch das Wort “Anzeige” zu kennzeichnen.
Dieser Teaser auf der heutigen Startseite jedenfalls (Ausriss rechts) ist wieder genau so ein Fall, den das Berliner Landgericht für rechtswidrig erklärt hatte. Er sieht aus wie ein Teaser für einen redaktionellen Beitrag, führt aber zu Werbung für den Reiseanbieter FlyLoco.
Übrigens gibt es dort nicht einmal, wie von Bild.de angekündigt, “Wien — 3 Tage ab 99 Euro“. Das günstigste Angebot auf der verlinkten Seite beläuft sich im Moment auf 129 Euro.
Danke an Daniel R. für den sachdienlichen Hinweis!