Bremen ist das kleinste deutsche Bundesland. Es liegt auf der Deutschlandkarte etwa an der selben Stelle, an der vorne in “Asterix”-Büchern das kleine gallische Dorf verzeichnet ist. Wenn der Bremer Bürgermeister nicht gerade versehentlich amtierender Bundespräsident wird, kriegt der Rest der Republik wenig von dem kleinen Stadtstaat mit. What happens in Bremen stays in Bremen.
Der stellvertretende Fraktionschef der CDU in der Bremer Bürgerschaft, Heiko Strohmann, hatte am 12. August insgesamt 90 Personen, darunter etwa 75 Muslime, zum abendlichen Fastenbrechen im Ramadan eingeladen.
Verschiedene Vertreter der Bremer CDU fanden das zu viel des Guten und erklärten etwa, für ein friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen sei es “nicht erforderlich, dass die CDU als Veranstalter muslimische Rituale wie das Fastenbrechen durchführt”. Die Kosten von 3.000 Euro können bei der Kritik auch eine Rolle gespielt haben.
Malte Engelmann, Vorsitzender der CDU-Nachwuchsorganisation “Junge Union” in Bremen und ehemaliges Mitglied der Bürgerschaft, fand die Kritik engstirnig und wohl irgendwie auch islamfeindlich, jedenfalls schrieb er einen Blog-Eintrag zu dem Thema, der als Satire-Versuch verstanden werden muss. Und weil Ironie (oder das, was manche dafür halten) immer das denkbar schlechteste Stilmittel für jedwede Form der Auseinandersetzung ist, musste das gründlich schief gehen.
Überschrieben hat er den Eintrag nämlich so:
Engelmann meinte offenbar, die Haltung seiner Parteikollegen gegenüber Muslimen ähnele denen der Nationalsozialisten gegenüber Juden. Vielleicht eine etwas zu steile These und womöglich ein bisschen zu plakativ formuliert.
Doch als Medien und CDU-Mitglieder auf Engelmanns Blog-Eintrag aufmerksam wurden, beklagten sie nicht etwa den überzogenen Nazi-Vergleich, sie meinten, etwas ganz anderes entdeckt zu haben:
Wenn das Zitieren von Nazi-Parolen mit einer “Verbreitung” derselben gleichzusetzen ist, hätte sich der “Weser Kurier” in diesem Moment ebenfalls schuldig gemacht. In ihrem kleinen Werbeteaser im Internet (“Mehr zu diesem Thema lesen Sie am Mittwoch im WESER-KURIER.”) zitiert die Zeitung ein namentlich nicht näher genanntes CDU-Mitglied mit den Worten, es handele sich um “eine Entgleisung, die durch nichts zu rechtfertigen sei”.
Malte Engelmann zitierte der “Weser Kurier” auch — höchst irreführend:
Engelmann selbst kommentiert die Diskussion um seine Person im Internet mit den Worten: “Naja, also zu Heiko. Wollte in einen Dialog mit den Museltypen treten. Ja, voll dumm. Also Kinder: Es gibt in unserer Welt Muselleute. Die sind wie Christen, nur halt muselig. Und die feiern so doofe Sachen wie Ramadan.”
Engelmann hatte mit diesen Worten nicht etwa “die Diskussion um seine Person” “kommentiert”, die Sätze stammen vielmehr aus seinem sarkastischen Blog-Eintrag. Die Kurzmeldung ist beim “Weser Kurier” inzwischen offline.
In der Folge berichtete der “Weser Kurier”, über die Kritik an Engelmanns Wortwahl durch Vertreter der Partei “Die Linke” (“Das Iftar-Mahl mit einer judenfeindlicher Parole zu kommentieren, lasse sich nicht als ‘Sarkasmus’ entschuldigen”) und der CDU (“Fraktionsvize Heiko Strohmann, der in dem Text direkt angesprochen war, stoppte sofort seine ‘Freundschafts’-Verbindung mit Engelmann bei Facebook – andere CDU-Abgeordnete folgten.”).
Wer den Original-Eintrag nicht kannte und nur im “Weser Kurier” davon las, musste annehmen, dass da tatsächlich ein innerer Reichspropagandaminister aus Engelmann hervorgebrochen sei:
Er hatte einen Internet-Text mit “Deutsche! Kauft nicht beim Juden” eingeleitet und dann unter anderem ergänzt: “Koch nicht für den Muselmann!!!” (…)
Für seinen Internet-Beitrag, den er als Ironie verstanden wissen möchte, erntete Malte Engelmann harte Kritik.
Engelmann selbst zitierte der “Weser Kurier” mit den Einschätzungen, sein Text sei “überspitzt” und “unklug” gewesen.
Da war “Bild” in seiner Regionalausgabe schon auf den Empörungszug aufgesprungen:
Immerhin hatte “Bild” Engelmanns ursprüngliche Intention verstanden:
Auf seiner Internetseite schießt er in einem Artikel scharf gegen einen Bremer Parteifreund, wirft ihm eine islamfeindliche Gesinnung vor.
Doch Engelmann vergreift sich dabei im Ton, eröffnet den Aufsatz mit den Worten: “Deutsche! Kauft nicht beim Juden!” Ein übler, judenfeindlicher Spruch der Nazis aus dem jahr 1933
Gestern trat Engelmann dann von allen Ämtern zurück, was der dpa-Landesdienst Niedersachsen wie folgt berichtete:
Der Bremer CDU-Nachwuchspolitiker Malte Engelmann (32) hat am Donnerstag nach heftiger interner Kritik an einem umstrittenen Nazi-Zitat alle Parteiämter niedergelegt. Engelmann hatte in seinem Internet-Tagebuch ein Essen der Bremer CDU-Bürgerschaftsfraktion zum islamischen Fastenmonat Ramadan mit den Worten kommentiert: “Deutsche! Kauft nicht beim Juden!!! Äh, ich mein: Heiko!!! Koch nicht für den Muselmann!!!” Gemeint war der stellvertretende CDU-Fraktionschef Heiko Strohmann, der zum Fastenbrechen eingeladen hatte.
Engelmann teilte am Donnerstag auf seiner Homepage mit, seine Wortwahl sei satirisch gemeint, aber unangemessen und falsch gewesen. Deswegen lege er alle Parteiämter nieder. Engelmann koordinierte die Arbeit der CDU-Nachwuchsorganisation in der Metropolregion Bremen.
Den zweiten Absatz hat Bild.de einfach weggelassen und erweckt so den Eindruck, Engelmann sei nicht nur juden-, sondern auch islamfeindlich.
Mit Dank an den “Falken”.