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Zum Gespött der Menschheit

Liebe Madonna,

bestimmt haben Sie sich heute morgen erschrocken, als Sie in der “Bild”-Zeitung lasen, dass Sie vor “1,4 Milliarden Zuguckern in 17 Ländern zum absoluten Gespött der ’13. MTV Europe Music Awards'” wurden. “Bild”-Kolumnistin Christiane Hoffmann war davon so beeindruckt, dass sie gleich drei Ausrufezeichen hinter Ihren Namen setzte!!!

Madonna, wir können Sie beruhigen. Die Sendung hatte keine 1,4 Milliarden Zuschauer. Sie hatte, wie viele Nachrichtenagenturen schrieben, 1,4 Milliarden potenzielle Zuschauer. Oder wie die MTV-Pressestelle formulierte: “1,4 Milliarden Menschen weltweit konnten die Show auf ihren Fernsehgeräten empfangen.” Die allermeisten davon haben das aber sicher nicht getan. Sondern in Deutschland zum Beispiel lieber “Donna Leon: Das Gesetz der Lagune”, “Popstars” oder “Navy CIS” gesehen.

Sie wurden also vor viel weniger Zuguckern, als “Bild” schreibt, zum absoluten Gespött, dafür aber — und nun kommt die schlechte Nachricht, liebe Madonna — in viel mehr Ländern. Die Show wurde nämlich nach Angaben von MTV nicht in 17, sondern in 179 Staaten übertragen.

Danke an Michael S.

“Bild” bindet weißem Reh einen Bruno auf

Mit Kindern und Tieren kannst du nicht verlieren.
(“Eherne Regel des Journalismus”, zitiert nach “Der Spiegel”)

Bis vorgestern war die Welt eigentlich noch ganz in Ordnung. Es gab da ein weißes Reh im Hirschgrund bei Oberlungwitz. Eine Seltenheit, ohne Frage, aber allzu große Aufregung gab es nicht. Bloß vereinzelt berichteten Medien über das Albino-Reh, das wohl so um den 25. Oktober zum ersten Mal gesichtet wurde.

Seit vergangenen Mittwoch ist das anders. Seither herrscht Aufregung. “Streit um Abschuss von Albino-Reh”, “Weißes Reh soll sterben”, “Jäger wollen Albino-Reh abschießen”, “Drama um das Rehweißchen vom Erzgebirge” oder “Tod für ‘Rehweißchen’?” lauten plötzlich die Überschriften in vielen Zeitungen. Sogar das Fernsehen hat darüber berichtet.

Warum plötzlich diese Aufregung?

Na, wegen “Bild”. Die nahm sich des Themas nämlich am Mittwoch an — auf bewährte Art. Schon auf der Titelseite witterte sie (wie berichtet) einen neuen “Fall Bruno?” und schrieb:
"Jagd auf weißes Bambi"

Im Innenteil fand sich die Überschrift:
"Jäger sollen süßes weißes Bambi erschießen"

Neben diese Überschrift platzierte “Bild” ein Foto von Günter Giese, dem Präsidenten des Jagdverbandes Sachsen. “Bild” zitierte ihn mit den Worten:

“Das weiße Reh ist eine Mutation. Und die gehören nicht in die Wildnis, sie müssen geschossen werden.”

Uns sagte Giese zwar, er habe das “so nie” gegenüber der “Bild”-Zeitung gesagt, sondern lediglich geäußert, dass er persönlich ein solches Tier in seinem Jagdrevier nicht dulden würde. Aber darum geht es gar nicht. “Bild” jedenfalls sprach von einem “Abschussbefehl”, den es nicht gibt, und zitierte noch einen Experten, der wegen des Albino-Rehs den Rehbestand gefährdet sah.

In der Folge haben sich auch das Sächsische Umweltministerium, der Naturschutzbund (Nabu) und weitere Experten zu dem Tier geäußert. Die Meinungen gehen auseinander. Jagdpächter Ralf Georgi allerdings, in dessen Revier sich das weiße Reh befindet, bleibt bei dem, was er am Mittwoch schon in “Bild” erklärte:

“Wenn einer in meinem Revier das Reh heimlich schießt, ist das Wilderei. Mich stört das weiße Bambi nicht!”

Damit war eigentlich schon alles über das “Drama” um Rehweißchen gesagt: Es gibt kein Drama, solange Georgi an seinem Entschluss festhält, wie auch Jagdpräsident Giese schon gestern via dpa klargestellt hatte: “Die Entscheidung, [das Reh] zu schießen, liegt einzig bei dem Revierpächter oder -besitzer.”

Immerhin: Diese Information kommt in dem ein oder anderen Medienbericht durchaus vor, allerdings hat sie natürlich kaum eine Chance durchzudringen gegen Überschriften wie “Weißes Reh soll sterben” oder “Tod für ‘Rehweißchen’?”

So geht das eben: “Bild” macht eine Tiergeschichte zur Seite-1-Schlagzeile, spitzt zu, übertreibt, verdreht und schon ist aus der “Bild”-Frage nach dem neuen “Fall Bruno” tatsächlich ein “Fall Bruno” geworden — auch, wenn die beiden Fälle (außer ihrem waidmännischen Sujet) nichts gemeinsam haben. Wahrscheinlich ist man bei “Bild” darauf auch noch stolz.

P.S.: Heute berichtet “Bild” natürlich auch wieder über das weiße Reh. Im Text heißt es unbeirrt, “wie BILD berichtete, will der sächsische Jagdpräsident Dr. Günter Giese (69) das süße Reh abschießen lassen”, und die Überschrift lautet: “Alle wollen weißes Bambi retten”. Nun ja, es müsste nicht gerettet werden, hätte “Bild” es nicht in Gefahr in die Schlagzeilen gebracht.

Kurz korrigiert (278-280)

Und anders als Bild.de schreibt…

…spielte Boris Karloff nicht Frankenstein, sondern Frankensteins Monster.

…spielten Spencer Tracy und Lana Turner nicht Dr. Jekyll and Mr. Hyde — Tracy spielte natürlich Jekyll und Hyde.

…war es nicht Dr. Seltsam, der im gleichnamigen Film versuchte, einen Atomkrieg auszulösen, sondern General Jack D. Ripper.

Danke an die vielen Hinweisgeber! Ja, da ist noch vieles andere abwegig in der Liste auf Bild.de, aber belassen wir es dabei.

Nachtrag, 20.05 Uhr. Einen haben wir dann — mit Dank an Harald G. — doch noch: Das sind nicht mal Spencer Tracy und Lana Turner auf dem Foto! Das Bild stammt aus der zehn Jahre älteren Jekyll-and-Hyde-Verfilmung mit Fredric March und Miriam Hopkins.

Die Hubertus-Legende-Legende von “Bild”

“Bild” wittert heute einen neuen “Fall Bruno”, weil Jäger ein “süßes weißes Bambi erschießen” sollen. Allerdings, so “Bild”, habe sich bislang “niemand gefunden, der den Herzlos-Befehl ausführen will”. “Bild” meint zu wissen warum:

Weidmänner kennen den Aberglauben: "Wer ein weißes Reh schießt, stirbt innerhalb eines Jahres. Oder einer aus der Familie des Jägers findet den Tod."

Und “Bild” glaubt sogar, den Ursprung dieses Aberglaubens zu kennen:

Ursprung ist die Hubertus-Legende. Sie besagt, dass der heidnische Hubertus seinen Spieß auf einen weißen Hirsch schleuderte. Die Lanze traf das Tier, verwandelte sich in ein Kruzifix.

Nun ist ein Hirsch zwar nicht unbedingt ein Reh, und wer weiß schon, ob der Aberglaube tatsächlich auf die Hubertus-Legende zurückzuführen ist, aber sei’s drum. Denn erstens ist es mindestens umstritten, ob Hubertus einem weißen Hirsch begegnete (manche meinen, die Darstellungen von weißen “Hubertus-Hirschen” seien auf die Unkenntnis von Künstlern zurückzuführen). Und zweitens weiß wohl nur “Bild”, was es mit dieser ominösen Lanze auf sich hat, die sich in ein Kruzifix verwandelt haben soll. Eigentlich besagt die Legende nämlich, dass Hubertus gerade auf den Hirsch anlegen wollte, als er entdeckte, dass dieser ein leuchtendes Kreuz zwischen den Geweihstangen trug. So kann man das auch überall nachlesen.

Michelle Godot

Irgendwann wird es bestimmt soweit sein. Irgendwann wird Michelle Hunziker wieder “Deutschland sucht den Superstar” moderieren. Vielleicht nicht nächstes Jahr, vielleicht nicht überüberübernächstes. Aber wenn es dann soweit sein sollte, wird die “Bild”-Zeitung sagen können: Bei uns stand es zuerst.

Schon am 19. November 2005 hatte “Bild” nach einem “Check” festgestellt, dass “die schöne Michelle” im Vergleich mit der “Käse-Tussi” Tooske Ragas die bessere Moderatorin der Sendung ist, und forderte: “Schickt die Käse-Tussi nach Hause”.

Zwei Wochen später schien es fast soweit zu sein:

Schöne Michelle zurück zu Superstars?

Okay, die Rückkehr verzögerte sich noch ein bisschen. Aber im Januar 2006 schien es fast soweit zu sein:

RTL will ihre Vorgängerin Michelle Hunziker wieder ins Programm nehmen. Muß die Käse-Tussi jetzt zurück nach Holland?

Ein wesentliches Indiz für die bevorstehende Rückkehr sah “Bild” übrigens in der Tatsache, dass RTL “die schöne Michelle” “zurück ins Programm” hole: “Die Schweizerin soll neben Hape Kerkeling (41) die neue Tanzshow ‘Let’s Dance’ moderieren.” Neben Hape Kerkeling (41) moderierte dann allerdings nicht Michelle, sondern Nazan Eckes.

Nun ist fast ein Jahr rum, die neue “Superstar”-Saison beginnt, und “Bild” eröffnet sie heute (traditionell, möchte man fast sagen) mit dieser Schlagzeile:

Käse-Tussi schwanger! Kommt jetzt Michelle?

“Bild” schreibt:

Nach der Schwangerschaft von “Superstar”-Moderatorin Tooske Ragas (32) soll Michelle Hunziker (29) als Ersatz bereitstehen. (…)

RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer vielsagend zu BILD: “Wir hoffen, dass Tooske moderiert. Aber Michelle ist natürlich eine sehr charmante und gute Moderatorin.”

Vielsagend, soso. Uns sagte Frau Eickmeyer heute auf Nachfrage: “Michelle ist bei uns nicht im Gespräch.”

Forsetzung folgt.

Ein hartnäckiger Irrtum

Blöd, dass niemand bei “Bild” liest, was Bild.de so schreibt.

Denn am 29. September stand unter der Überschrift “Die größten Irrtümer der Allgemeinbildung” bei Bild.de:

"Die größten Irrtümer der Allgemeinbildung"

Und heute steht in “Bild” (und bei Bild.de):
"Wie voll sind Kirchen am Reformationstag?"

Mit Dank an Valeri K. für den sachdienlichen Hinweis.

Falsch sparen mit “Bild”

“Jeden zehnten Euro vom Einkommen sparen die Deutschen schon – oft aber falsch!”, stellte die “Bild”-Zeitung gestern fest und leistete ihren Beitrag dazu, dass das so bleibt.

Wer 1000 Euro zu 3,5 bzw. 3,55 Prozent Zinsen anlegt, bekommt nach einem Jahr nicht 1050 Euro bzw. 1055 Euro, wie sie vorrechnete, sondern 1035 Euro bzw. 1035,50 Euro.

Mit dem Geldmarktkonto der Dresdner Bank, das “Bild” empfiehlt, kann man aber trotz 3,5 Prozent Zinsen aus 1000 Euro in einem Jahr nicht 1035 Euro machen — das Angebot läuft nämlich nur bis Ende April, also ein knappes halbes Jahr. Aus 1000 Euro werden in dieser Zeit laut Dresdner Bank 1015 Euro (Stand: heute), eine Verlängerung oder Wiederholung zu diesen Konditionen ist ausgeschlossen.

Danke an Christhart B., Thorsten D., Martin B., Mike S., Frank J., Peter T. und vor allem Janine K.!

Kurz korrigiert (275-277)

Gut, dann gehen wir die Sachen schnell durch:

Der Komiker Sacha Baron Cohen, dessen Film “Borat” morgen in die deutschen Kinos kommt, hat — anders als “Bild” gestern schrieb — nicht in Oxford studiert, sondern in Cambridge.

Das Drama “Nicht alle waren Mörder” läuft heute abend — anders als “Bild” heute schreibt — nicht im ZDF, sondern in der ARD.

Und König Artus, der drittwichtigste Mann auf der Liste der “101 wichtigsten Menschen, die nie gelebt haben” (Tiere, Maschinen u.ä. inklusive), Antoine Fuqua spielte 2003 König Arthurist — anders als Bild.de schreibt — nie von Antoine Fuqua gespielt worden. Fuqua war Regisseur des Films “King Arthur”. Das Foto zeigt den Hauptdarsteller Clive Owen.

Danke an Sebastian D., Clemens H., Thorsten E., Thomas H., Michael S., Marcel G., Markus H., Benni M., Mitya K., Stephan T., Michaela B., Ron, Jens L., Uli Z. und Daniel M.!

Nachtrag, 13.35 Uhr. Bild.de hat “Antoine Fuqua” durch “Clive Owen” ersetzt…

Nachtrag, 16.20 Uhr. … und aus “ZDF” “ARD” gemacht.

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