Archiv für Vermischtes

Kurz korrigiert (437)

Es gibt bei Preisverleihungen nicht viel, was einen daran interessiert:

  • Wie war’s?
  • Und wer hat gewonnen?

Die Antwort auf die erste Frage ist Ansichtssache. (Aber wenn die Bild.de-Redaktion meint, der “Deutsche Fernsehpreis” gestern abend auf RTL sei mit 3,43 Millionen Zuschauern “ein echter Straßenfeger” gewesen… na, denn.)

Die Antwort auf die zweite Frage ist vielleicht entscheidender. Und dennoch heißt’s auf Bild.de seit heute Nacht in einer “Fotogalerie”:

"Beste Kochshow -- Gewinner:

Ach, hätten sich die Bild.de-Redakteure doch einfach nur ihre zweite “Fotogalerie” zum Thema angeschaut! Heißt es dort doch unter einem weiteren Tim-Mälzer-Foto korrekt:

"Seine Freundin Nina Heik lächelt, aber Tim Mälzer guckt, als habe man ihm die Suppe versalzen. Mit dem Preis klappt es bestimmt ein anderes Mal"

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Nachtrag, 18.30 Uhr: Bild.de hat den Fehler inzwischen korrigiert.

Knast-Mädchen Reloaded

Erinnern Sie sich noch an Melanie W. aus Marzahn? Im Jahr 2005 berichtete “Bild” mehrfach über das Mädchen, das in Brasilien wegen Drogenschmuggels im Gefängnis saß und angeblich zur “Miss Knast” gewählt wurde. Außerdem fantasierte “Bild” von einer möglichen Model-Karriere nachdem Melanie es auf das Cover der brasilianischen Zeitschrift “Trip” geschafft hatte (wir berichteten).

Zwei Jahre später gibt es “Exklusiv in BILD” (in der Berlin-Ausgabe ganzseitig und auf der Titelseite) Neuigkeiten — und alte Falschinformationen. Neu ist: Melanie wurde aus dem Gefängnis entlassen. Teils alt und falsch und teils neu und falsch ist dies:

"2005 wurde sie zur Miss Knast gewählt"

Die blonde Schönheit kam in die Endauswahl, begeisterte die Jury (…). Sie gewann!

Erstens wurde Melanie, wie gesagt, nicht zur Miss Knast gewählt, und zweitens wurde sie nicht im Jahr 2005 nicht zur Miss Knast gewählt, sondern im Jahr 2004. Das konnte man übrigens auch in der “Bild”-Zeitung nachlesen. Dort hieß es im November 2005 in einer recht abenteuerlich formulierten Meldung:

Jung, sexy, Verbrecherin — Brasilien hat eine neue “Miss Knast”! Die deutsche Titelverteidigerin Melanie [W.], 2. der Miss-Wahl 2004* (BILD berichtete), mußte ihre Krone abgeben.

*) Auch der 2. Platz ist aller Wahrscheinlichkeit nach falsch. Dem “Tagesspiegel” hatte Melanie im Oktober 2005 erzählt, dass die “Miss-Knast”-Geschichte nicht stimmte: “Die angebliche Miss Knast Brasilien landete in der Endauswahl der Schönheiten auf den hinteren Plätzen.”

Kurz korrigiert (436)

“Du stehst halt ständig unter Beobachung, vor allem von diesen Korinthenkackern da von BILDblog. Und die sind halt gnadenlos. Also die decken halt jeden noch so kleinen Schreibfehler auf, also kannste nix machen….”

[Der langjähriger “Bild”-Lokalreporter] Timo S. hatte Frankfurt einfach zur Hauptstadt von Hessen gemacht, BILDblog merkte das sofort, Timo S. recherchierte:

“Ich hab’ doch nochmal in Wikipedia nachgeguckt und also die BILDblogger hatten leider Recht: Es ist tatsächlich Wiesbaden. Und wenn du sowas täglich hast, das macht dich fix und fertig, ne.”
(Aus einem satirischen Beitrag des NDR-Medienmagazins “Zapp”)

Und nun zum Papst.

Bild.de schreibt heute:

"Am 30. April 2005, erst drei Tage vor seinem Tod, sei der Papst mit einer Sonde zur künstlichen Ernährung ausgestattet worden, sagt Dr. Lina Pavanelli:

Das wäre in der Tat viel zu spät gewesen. Anders als Bild.de glaubt, war der Papst am 30. April 2005 nämlich schon seit 28 Tagen tot.

Mit Dank an Timo R. und Dirk U. für den Hinweis.

Nachtrag, 17.13 Uhr: Bild.de hat das Datum nun am Anfang des Texts komplett gestrichen. Weiter unten, in einem Zitat eines Vatikan-Sprechers heißt es jedoch: “Der Papst ist lange vor dem 30. April mit der erforderlichen Sonde ausgestattet worden (…).”

Nachtrag, 17.40 Uhr: Jetzt wurde auch das Zitat des Vatikan-Sprechers vollständig entfernt.

Über die Kreditwürdigkeit von “Bild”

Das Schöne an exklusiven Vorabmeldungen der “Bild”-Zeitung für nachrichtenhungrige Agenturen und Online-Medien ist, dass sie aus ihnen regelmäßig zwei Geschichten machen können. Eine, in der sie die “Bild”-Informationen weiterverbreiten. Und kurz darauf eine weitere, in der sie die “Bild”-Informationen richtigstellen.

Das hier ist auch so ein Fall. Gestern berichtete “Bild”-Chefreporterin Verena Köttker:

188 Milliarden Risiko-Kredite bei deutschen Banken!

Bonn — Bei den Banken in Deutschland schlummern Risiken in dreistelliger Milliardenhöhe! Nach internen, vorläufigen Zahlen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beliefen sich die “faulen Kredite” im vergangenen Jahr insgesamt auf rund 188 Milliarden Euro. (…)

Die Nachrichtenagenturen AP und ddp machten daraus schon am Sonntagmittag Meldungen. Die “Bild”-Behauptung wurde wie üblich ungeprüft von diversen OnlineMedien übernommen und fand sich am Montag unter anderem in der “Financial Times Deutschland” — ohne den relativierenden Zusatz von AP: “Bei der BaFin war am Sonntag zunächst niemand für eine Stellungnahme erreichbar.”

An der “Bild”-Meldung stimmt nicht viel. Die 188 Milliarden Euro beziehen sich nicht auf das vergangene Jahr, sondern auf 2005. Es handelt sich nicht um eine “interne, vorläufige Zahlen”, sondern eine Angabe aus dem BaFin-Geschäftsbericht 2006 (Seite 131, pdf). Der ist bereits im Mai dieses Jahres veröffentlicht worden, und auch die 188 Milliarden Euro sind seitdem nicht unentdeckt geblieben: Der NDR zum Beispiel nannte sie in einem Bericht am 30. Mai 2007.

Und auch der Eindruck, den “Bild”, AP und ddp wecken, dass es sich bei den 188 Milliarden um eine besonders hohe Zahl handele, ist falsch. Der BaFin-Geschäftsbericht (siehe Ausriss) zeigt, dass sie einem deutlichen Rückgang gegenüber den Vorjahren entspricht.

Am Montagvormittag hatten die Agenturen dann endlich jemanden bei der BaFin für eine Stellungnahme erreicht. Eine Sprecherin sagte, dass sich die “faulen Kredite” nach vorläufigen Berechnungen 2006 sogar nur noch auf 150 Milliarden Euro beliefen — das ist der niedrigste Stand seit acht Jahren.

Und AP und ddp meldeten plötzlich, irgendwie unter Bezug auf “Bild” und gleichzeitig als Korrektur: “Volumen notleidender Kredite bei deutschen Banken gesunken” und “Weniger faule Kredite bei deutschen Banken”.

Mit Dank an Alexander N. und die “Süddeutsche Zeitung”.

The Short Happy Life of Tom Cruise

“Bild”-Überschrift vom 20.8.2007:

“Bild”-Überschrift vom 22.8.2007:

“Bild”-Überschrift vom 28.8.2007:

“Bild”-Überschrift vom 6.9.2007:

“Bild”-Überschrift vom 8.9.2007:

“Bild”-Überschrift vom 18.9.2007:

“Bild”-Überschrift von heute:

(Eins von den Dingen passt natürlich nicht zu den anderen.)

Ein bisschen TEXT muss sein

Stellen Sie sich vor, Sie sind Fotobetexter bei Bild.de!

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen vor Ihrem Bildschirm und haben da diese fünf Fotos, auf denen der bekannte “Schmuse-Bade” [sic] Roberto Blanco gemeinsam mit ein paar leicht bekleideten Frauen zu sehen ist. Sie wissen wie immer NICHTS über die Umstände. Kein leichter Job. Und nachdem Sie sich an vier Fotos bereits vollkommen verausgabt haben (“SIE schwingt die Peitsche, ER grinst und stützt sich vorsichtshalber ganz fest aufs Geländer”), ist da noch dies:

Und jetzt?

“Roberto lacht: ‘Das Muttermal da sieht ja aus wie ich — ganz schwarz!'”

Nee, nee.

“Der Rückenkrauler von Mexiko…”

Auch nicht, nein!

Der Fotobetexter von Bild.de jedenfalls hat sich überraschenderweise für folgende, schönheitschirurgisch schwer nachvollziehbare Variante entschieden:

"Da lacht er! Am Ende hat sich

Ach, hätte er doch bloß bei den Kollegen der “Bild”-Zeitung nachgefragt! Denn entweder die haben im Bildtexte-Ausdenken mehr Erfahrung, oder sie waren tatsächlich vor Ort. Zumindest steht heute in der München-Ausgabe (Überschrift “Ein bisschen NACKT muss sein”) neben demselben Foto schlicht:

Für das Dessous-Model gab’s von dem Schlagerstar ein Autogramm auf den Rücken

Mit Dank an Marko H. für Hinweis & Handyfoto.

Nachtrag, 21.9.2007: Bild.de hat nachgebessert und…
… das Wörtchen “Schmuse-Bade” korrigiert.

Abgestaubt und aufgewirbelt

Schon blöd, aber irgendwie scheint Bild.de den “Riesen-Wirbel” um die US-Reality-Show “Kid Nation” ein bisschen verpasst zu haben. Denn heute, einen Tag nach der Ausstrahlung der ersten Folge, berichtet Bild.de so über die Sendung:

"Riesen-Wirbel um US-Reality-Show

Nun, den Riesen-Wirbel gab es tatsächlich. So schreibt Bild.de zutreffend:

Seit die Pläne des Senders, der eigentlich als eher konservativ gilt, bekannt wurden, schlagen die Wellen in den USA entsprechend hoch: “Kinderarbeit” und “Ausbeutung” — wettern viele Eltern. Andere sehen gar einen gigantischen Menschenversuch mit 40 jungen Menschen, die sich in dieser Einöde durchbeißen müssen.

Nur war das, bevor irgendjemand die Show überhaupt gesehen hatte. Heute, einen Tag später, sind sich viele amerikanische Medien ziemlich einig, dass die Aufregung wohl etwas übertrieben war. Die Nachrichtenagentur dpa schreibt:

Die umstrittene neue US-Reality-Serie “Kid Nation” (…) ist überwiegend kritisch aufgenommen worden. “Die Show zu sehen, hat so viel Spaß gemacht wie übermüdete Kinder zu sitten, die zu viele Süßigkeiten gegessen haben”, befand die Zeitung “The Boston Globe” nach dem Start der Serie am Mittwochabend. “The Toronto Star” nannte die Sendung “manipulativ und langweilig”. Und mehrere Kritiker bemängelten die wie auswendig gelernt klingenden Statements der Kinder. (…) Die Show wirke wie eine von unsichtbaren Erwachsenen überwachte reale Welt, urteilte die “New York Times”. “Das wirkliche Rätsel ist, ob die sorgfältig ausgesuchten, aufgeweckten kleinen Gesichter wirklich als Kinder angesehen werden können — tatsächlich sind es Kinder-Schauspieler bei ihrem ersten Dreh.”

Und “Spiegel Online” weiß sogar unter der Überschrift “Getürkte Klassenfahrt ins Einsiedlerleben” über die vermeintliche Geisterstadt, in der gedreht wurde, folgendes zu berichten:

Bonanza City “am Ende der Welt” (CBS) ist in Wahrheit die Bonanza Creek Ranch, eine Miet-Filmkulisse in der Nähe des Flughafens von Santa Fé, nur wenige hundert Meter vom Freeway I-25 entfernt.
(Links von uns.)

Bei Bild.de heißt es indessen:

Der Zustand der Geisterstadt: schockierend — verfallene Hütten, Staub, Schmutz, Hitze.

Mit Dank an Patrick K. und Micha für den sachdienlichen Hinweis.

“Bild” nicht “in den Knast gewandert”

Am Dienstag besuchte der Manager des 1. FC Köln, Michael Meier, die Justizvollzugsanstalt Attendorn. Mit dabei: FC-Fanchef Rainer Mendel, Diakon Werner Schrage sowie die Lokalpresse natürlich. Und anschließend zitierte die “Westfalenpost” Organisator Schrage mit den Worten:

“Es war eine gelungene Veranstaltung.”

Aber auch die “Bild”-Zeitung berichtet in ihrer Köln-Ausgabe (vergleichsweise groß) über den Lokaltermin:

Nach unseren Informationen war “Bild” zwar nicht vor Ort, erweckt mit ihrer Berichterstattung aber auch nicht wirklich den Eindruck, vor Ort gewesen zu sein.

Im Gegenteil: Hätte “Bild” sich selbst auf den Weg gemacht, anstatt anschließend bloß von Meier, Mendel und Schrage erzählen zu lassen, wie’s war, wäre dem Reporter vielleicht auch aufgefallen, dass es sich bei der abgebildeten “JVA Attendorn” nicht um die JVA Attendorn handelt, sondern um das knapp 50 Kilometer entfernte Untere Schloss in Siegen.*

*) Zwar gibt es auf dem Gelände des Siegener Schlosses eine Nebenstelle der Attendorner JVA, stattgefunden hat die Veranstaltung dort jedoch nicht.

Mit Dank an Olav L. für Hinweis & Scan.

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