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“Franzi” verbietet “Bild” Paparazzi-Fotos

“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann wird nicht müde, in Kommentaren und Gastbeiträgen zu behaupten, das sogenannte “Caroline-Urteil” des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bedrohe die Pressefreiheit:

Ob einer trinkt, seine Frau schlägt, sie betrügt, ob er Wasser predigt und Wein säuft, ob also sein privates Verhalten seinen öffentlichen Verlautbarungen entspricht — all dies läßt sich fotografisch kaum noch dokumentieren.

Das ist gelinde gesagt umstritten. Was das “Caroline-Urteil” aber zweifellos untersagt, verschweigt Diekmann: die Veröffentlichung von irrelevanten, heimlich gemachten Fotos aus dem Privatleben von Prominenten. Er verschweigt es aus gutem Grund. “Bild” hält sich nicht an das Verbot.

Am 18. Juni zeigte “Bild” Paparazzi-Aufnahmen von Franziska van Almsick im Urlaub mit ihrem angeblichen neuen Freund. Und während Diekmann so tut, als könnte seine Zeitung wegen des Caroline-Urteils kriminelle Machenschaften und bigottes Handeln nicht mehr dokumentieren, dokumentiert er das völlig unspektakuläre Privatleben einer ehemaligen Leistungssportlerin – gegen ihren ausdrücklichen Willen, womit der “Bild”-Artikel sogar kokettiert:

“Über mein Privatleben sag’ ich nichts mehr.” (Franziska van Almsick)

Mußt du auch nicht, Franzi. Wir haben ja Augen im Kopf.

Nach Angaben der kommerziellen Dementi-Plattform “fairpress” hat das Berliner Landgericht “Bild” nun per einstweiliger Verfügung untersagt, den privaten Alltag van Almsicks zu zeigen. Im Gegensatz zu “Bild” hätten Zeitschriften wie “Bunte”, “BZ”, “Gala” und “Frau im Spiegel” nach Aufforderung freiwillig erklärt, solche Fotos nicht mehr zu zeigen. “Bild” habe erst vom Gericht dazu gezwungen müssen.

Eiskalt erwischt (Symbolfoto XI)

“Bild” schafft es doch immer wieder, uns zu verblüffen. Zum Beispiel mit einer Geschichte wie dieser hier:

Unser Erstaunen hat verschiedene Gründe.

Grund 1: Der “Bild”-Text beginnt folgendermaßen:

Dino-Forscher sind verblüfft, aber die Beweise sind eindeutig: Dinosaurier beherrschten einst auch die Arktis.

Nur ist es ganz und gar unwahrscheinlich, dass “Dino-Forscher” ob der gefundenen Beweise “verblüfft” waren. Schließlich wissen sie schon seit mindestens 20 Jahren, dass es in der Arktis Dinosaurier gab, wie sich beispielsweise hier nachlesen lässt. Aber nicht nur dort. In dem Artikel in “Spektrum der Wissenschaft”, auf den “Bild” sich bezieht (und der leider nur gegen Bezahlung online zu lesen ist), heißt es nämlich:

Erst seit zwanzig Jahren wissen Paläontologen, dass Dinosaurier auch im Norden Alaskas beheimatet waren.

Grund 2: “Bild” nennt die gefundenen Dinosaurier “Eis-Dinos”. Und in der Bildunterzeile steht dies:

“Eis-Dino”: Dieser monströse Albertosaurus jagte vor 75 Millionen Jahren bei eisigen Temperaturen

Auch das ist ganz und gar unwahrscheinlich. Tatsächlich lag die Jahresdurchschnittstemperatur vor 75 Millionen Jahren in Nordalaska zwischen zwei bis drei und dreizehn Grad Celsius. Das lässt sich ebenfalls hier nachlesen, oder aber in “Spektrum der Wissenschaft”:

Welches Klima herrschte in Alaska überhaupt vor 75 oder 70 Millionen Jahren? Allgemein war die Welt damals wärmer. (…) In Nordalaska wuchs ein Nadelmischwald mit sommergrünen Nadelhölzern und einem Unterwuchs von Blütenpflanzen, Farnen und Palmfarnen. Heutige Nadelwälder gedeihen (…) bei einer Jahresdurchschnittstemperatur zwischen drei und dreizehn Grad Celsius. In Nordalaska dürften demnach in der Kreidezeit etwa diese mittleren Temperaturen geherrscht haben.

Und, ohne allzu sehr ins Detail gehen zu wollen: Die Theorien dazu, wie die dort lebenden Dinosaurier den Winter überstanden (in dem die Temperaturen durchaus mal unter Null Grad fallen konnten), laufen darauf hinaus, dass sie entweder eine Art Winterschlaf machten, oder aber nach Süden wanderten. Kurz gesagt: Die “Dino-Forscher” sind sich ziemlich sicher, dass kein Dino bei “eisigen Temperaturen” jagte.

Grund 3: Richtig erstaunt waren wir aber, als wir das Bild sahen, mit dem “Spektrum der Wissenschaft” die Geschichte illustriert, auf die “Bild” sich bezieht. Es stammt von Karen Carr und sieht im Original so aus:

Das ist ja nun unverkennbar derselbe Dinosaurier, den auch “Bild” (mit dem Hinweis “Illustration, Foto: Karen Carr/Scientific, Corbis) zeigt — nur, dass er sich in einer völlig anderen Umgebung aufzuhalten scheint.

In Anbetracht der Tatsache also, dass es sich hier um eine poplige vergleichsweise unwichtige Geschichte über Dinosaurierfunde handelt, die in erster Linie für Paläontologen interessant sein dürfte, sind wir in der Tat sehr verblüfft.

Mit Dank an Kai B. für die Anregung.

Deutschlands dümmste…

Heute steht in verschiedenen “Bild”-Ausgaben ein Artikel der folgendermaßen überschrieben ist:

Und tatsächlich wurde die 8e der Oppenheim-Oberschule in Berlin Charlottenburg aufgelöst, weil von 22 Schülern 15 sitzen blieben. Von einem dieser Schüler zeigt “Bild” ein Foto, auf dem der Junge mehr oder weniger unkenntlich gemacht wurde. “Bild” nennt ihn “Ronny” mit dem Hinweis, dass der “Name geändert” wurde. Das ist ja auch nett. Wenn man nur Sechsen im Zeugnis hat, will man schließlich nicht auch noch seinen Namen in der Zeitung lesen.

Dumm nur, dass man bei “Bild” dafür gesorgt hat, dass “Ronny” sein Zeugnis geradewegs in die Kamera hält. Und oben auf diesem Zeugnis steht gut lesbar “Ronnys” echter vollständiger Name. (Etwas besser ist das übrigens in der “Bild” Berlin/Brandenburg gelöst. Dort wurde der volle Name auf dem Zeugnis geschwärzt, und der echte Vorname steht im Text.)

Nun wird die “Bild”-Berichterstattung über “Ronny” zwar wahrscheinlich (oder: hoffentlich) keine unangenehmen Folgen für ihn haben. Aber “Bild” verfährt auch in anderen Fällen so schlampig. Am 16. Juni beispielsweise, stand dieser Artikel über eine angebliche “Behörden-Schande” in “Bild”. Dazu druckte das Blatt “das herzlose Schreiben der Arbeitsagentur” ab. Darauf wurde zwar der Name der Empfängerin unleserlich gemacht — der Nachnamen des Sachbearbeiters oder der Sachbearbeiterin allerdings, der ließ sich mit wenig Mühe entziffern. Übrigens samt Telefon- und Faxnummer der zuständigen Behörde. Und das ist nun wirklich dumm.

Mit Dank an Alain K. und auch für den Scan an Stefan L.

Verwirrte “Tier Bild”-Freunde

Möglich, dass “Bild” auf der Seite eins bloß ein bisschen Werbung für die bei Axel Springer erscheinende “Tier Bild” machen wollte — und dabei sind dann einige Fakten etwas durcheinander geraten. Jedenfalls heißt es dort:

Das klingt zunächst ganz nachvollziehbar, Hundebesitzer aus Berlin zum Beispiel kennen das. Auch dort gilt ein ziemlich weitgehender Leinenzwang. Und im Text in “Bild” steht:

Das Gesetz (gilt bereits in Berlin und Halle) soll heute beschlossen werden.

Und das stimmt leider ebensowenig wie die Überschrift. Tatsächlich gilt in Hamburg nämlich derzeit schon ein Leinenzwang, der dem in Berlin geltenden sehr ähnlich ist (das lässt sich beispielsweise hier und hier nachlesen).

Deshalb verwirrt die Überschrift, die man bei Bild.de für die Werbung den fast wortgleichen Artikel (nur der Hinweis auf Halle und Berlin fehlt) gewählt hat noch mehr:

In Hamburg — Erste deutsche Stadt mit Leinenzwang für Hunde

Das ist natürlich auch Unsinn, wie wir ja schon wissen.

Tatsächlich geht es um folgendes: Die Hamburger Bürgerschaft wird heute beschließen, dass eine neue Hundeverordnung ausgearbeitet werden soll, die einen generellen Leinenzwang für Hunde vorsieht. Das bedeutet, dass alle Hunde überall an der Leine zu führen sind. Nur wer einen sogenannten “Hundeführerschein” macht, kann sich vom generellen Leinenzwang befreien lassen. Und wenn ein solches Gesetz tatsächlich wie geplant im Herbst verabschiedet wird, dann wäre Hamburg zwar immer noch nicht die “erste deutsche Stadt” mit generellem Leinezwang möglicherweise aber die erste deutsche Großstadt.

Vielleicht ist es ja auch kein Wunder, dass sowohl “Bild” als auch Bild-Online hier etwas durcheinander geraten sind. Die “Tier Bild”, auf die “Bild” und Bild.de so freundlich hinweisen, schreibt zwar was von einem “generellen Leinenzwang”, erklärt aber nicht, was das bedeutet .

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Stefan R.

Farbenblind

So, heute testen wir mal kurz die Reaktionsgeschwindigkeit von Bild.de:

Es ist 13.46 Uhr, und Bild.de berichtet unterhalb eines großen Fotos von Michael Schumachers silberfarbenem Privat-Ferrari (siehe Ausriss rechts) darüber, dass der Formel-1-Rennfahrer das abgebildete Auto bei Ebay hatte versteigern wollen, aber nicht hatte versteigern können. Im Text heißt es dazu unter anderem:

"Waren die Ferrari-Fans etwa sauer auf unseren Schumi? Fand der rote Flitzer deswegen keinen neuen Fahrer?"

Und die Uhr läuft ab… jetzt!

Mit Dank an Mischa B. für den Hinweis.

Nachtrag, 13:59:

Wiedersehen mit Belrus

Frage: Wenn die “Bild”-Zeitung ihre etwa 3,6 Millionen Käufer dazu aufruft, sich “Ihre Rundfunkgebühren zurückzuholen”, weil die Übertragung des Eurovision Song Contest “eine an Langeweile und Inkompetenz nicht zu überbietende TV-Katastrophe” gewesen sei — wieviele Leser werden den vorbereiteten Coupon ausschneiden, ausfüllen und an die ARD abschicken?

Antwort: 768.

Vielleicht entspricht diese Zahl “ganz Deutschland”. Vielleicht haben die anderen Leser aber auch gemerkt, dass der zugehörige Artikel eine an Inkompetenz nicht zu überbietende “Bild”-Katastrophe war: “Bild” nannte die Veranstaltung fälschlicherweise “European Song Contest”, erfand das Wort “Belrus”, glaubte fälschlicherweise, das sei englisch für “Weißrußland”, behauptete fälschlicherweise, das sei beim Grand-Prix eingeblendet gewesen und empörte sich fälschlicherweise, dass ARD-Kommentator Peter Urban das nicht übersetzt habe.

Volker Herres, der für die Sendung zuständige Programmdirektor des NDR, hat den 768 Gebühren-Zurückforderern jetzt einen Brief geschrieben:

Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Sie einer falschen Darstellung der “Bild”-Zeitung aufgesessen sind. (…)

Wegen der falschen Darstellungen hat das Landgericht Hamburg am 3. und 6. Juni 2005 der “Bild” per einstweiliger Verfügung eine Gegendarstellung auferlegt und die weitere Verbreitung des Artikels untersagt.

Vor diesem Hintergrund werden Sie mir zustimmen: Aufgrund eines fehlerhaften “Bild”-Artikels kann der NDR Ihnen nicht die Fernsehgebühren erstatten. Sollten Sie hingegen darüber nachdenken, wegen der irreführenden Berichterstattung den Kaufpreis der “Bild” vom 23.Mai zurückzufordern, so nenne ich Ihnen gerne die entsprechende Anschrift: Bild-Zeitung, Herrn Chefredakteur Kai Diekmann, Axel-Springer-Platz 1, 20355 Hamburg.

Zwei Rügen für “Bild”

Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen.

So lautet die Ziffer 8 des Pressekodex. Wegen Verstößen dagegen hat der Presserat Anfang Juni zwei nicht-öffentliche Rügen gegen die “Bild”-Zeitung ausgesprochen.

In einem Fall hatte “Bild” mit Namen und Foto über den Unfall eines Arztehepaares berichtet, bei dem die Ehefrau ums Leben kam. Ein öffentliches Interesse an der Identifizierung habe nicht bestanden. “Bild” habe die Geschichte zudem “unangemessen sensationell aufbereitet”. In einem anderen Fall ging es um die Auswirkungen von Hartz IV auf eine Familie. Der Ehemann sei mit der Berichterstattung ausdrücklich nicht einverstanden gewesen, trotzdem nannte “Bild” Namen und Wohnort und zeigte ein Foto.

Noch eine Woche mit “Bild”…

“Wenn alle mitmachen, werden die nächsten vier Jahre ganz sicher so erfolgreich wie die vergangenen vier Jahre.”
(“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann am 1.11.2004)

Es ist noch nicht so lange her, da hatte man ja noch rückblickend denken können, zwei Einstweilige Verfügungen gegen “Bild” sowie die Veröffentlichung von zwei Gegendarstellungen und allerhand schlechte Presse in einer einzigen Woche seien vielleicht ein bisschen viel gewesen.

Jetzt, eine Woche später, wissen wir’s besser. Denn hinzugekommen sind inzwischen: eine Unterlassungserklärung (nach der “Bild” künftig nicht mehr, wie geschehen, angebliche Fotos aus der Krankenakte von Gregor Gysi veröffentlichen wird), eine große Gegendarstellung (wonach, wie “Bild” selbst eingesteht, ein Bericht über Claudia Roth “jeglicher Grundlage” entbehrte) sowie weitere zwei Gegendarstellungen (in denen der NDR falsche Berichte zum Eurovision Song Contest richtig stellt).

Ach ja, in der “Süddeutschen Zeitung” stand am Samstag zudem eine Art Ausblick in die Zukunft. Dort nämlich hieß es:

“Die 24. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg erließ am Donnerstag auf Antrag von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt eine einstweilige Verfügung, der zufolge das Blatt einen Bericht über Beförderungen im Berliner Ministerium auf der Titelseite über dem Bruch, also in der oberen Hälfte, gegendarstellen soll.”

Wogegen sich Kai Diekmann wehrt

Heute veröffentlicht die “Frankfurter Rundschau” zu diesem Artikel eine Gegendarstellung von “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann:

Die Frankfurter Rundschau hat in der Ausgabe vom 9. Juni 2005 auf Seite 18 unter der Überschrift “Vendetta-Verdacht” einen Beitrag von Oliver Gehrs veröffentlicht, der sich u.a. mit der Bild-Zeitung befasst. Darin heißt es unter Bezugnahme auf die Bild, die Schauspielerin Alexandra Neldel sei “wochenlang” durch die Schlagzeilen gezerrt worden, nachdem sie sich gegen Nacktaufnahmen in einem anderen Springer-Blatt gewehrt habe.

Dazu stelle ich fest: Bild hat in dem von Oliver Gehrs angesprochenen Zeitraum nicht “wochenlang” über Alexandra Neldel berichtet.

Ja: Kai Diekmann ist ein ehrenwerter Mann. Nie würde er es zulassen, dass seine Zeitung eine Schauspielerin wochenlang durch die Schlagzeilen zerrt, nachdem sie sich gegen Nacktaufnahmen in einem anderen Springer-Blatt gewehrt hat. Seine Zeitung hat die Schauspielerin Alexandra Neldel nur tagelang durch die Schlagzeilen gezerrt, nachdem sie sich gegen Nacktaufnahmen in einem anderen Springer-Blatt gewehrt hat.

Symbolfoto X

“Bild” versteht es nicht: Planeten außerhalb unseres Sonnensystems lassen sich nicht nur außerordentlich schwer nachweisen, sie lassen sich auch noch schlechter fotografieren. Erstens, weil sie ziemlich weit entfernt sind, und zweitens werden sie von einem sonnenähnlichen Stern, den sie umkreisen, überstrahlt. Deshalb gibt es auch keine wirklich guten Bilder von ihnen. (Es gibt überhaupt erst ein bestätigtes Foto eines extrasolaren Planeten).

“Bild” allerdings hat auf Seite eins der heutigen Ausgabe und online ein gestochen scharfes “Foto” eines “Cousins unserer Erde” (siehe obigen Ausriss) — das, anders als “Bild” im Text behauptet, gar kein Foto ist, sondern eine künstlerische Darstellung des erdähnlichen Planeten Gliese 876 d.

Auf einem Foto (sofern es möglich wäre, eins zu machen) sähe Gliese 876 d wahrscheinlich ungefähr so aus — vielleicht aber auch ganz anders und bestimmt nicht so schön rund:


Darstellung von BILDblog

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Jan W.

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