Archiv für Merkwürdiges

Blut ist dicker als Bohlen

Im Frühjahr hatte Dieter Bohlen eine Idee.

“Bild” nannte sie am 15. März: “Bohlen ist jetzt 1414-Reporter!” — und zeigte ein paar Fotos von Bohlen und seiner Freundin (“Bild” nennt sie “Carina”), von denen “Bild” und Bohlen behaupteten, er habe sie selbst auf den Malediven “mit Selbstauslöser” fotografiert.

Knapp einen Monat später war Bohlen zu Gast in der ZDF-Show “Johannes B. Kerner” und erklärte nach einigem Gefrotzel den “Sinn dahinter”:

Bohlen: Also meine Freundin wird ja gejagt von Paparazzis. Jeden Tag. Und wenn du natürlich selber Fotos…
Kerner: Das heißt, die fahren jeden Tag hinter ihr her, egal wo sie hinfährt und holen sie ab bei dir zuhause…
Bohlen: Ja, pass auf… ich komm aus der Tennishalle raus, seh’ mein’twegen Paparazzi, mach’ so ‘ne Fresse. Du kannst denen ja nicht mit ‘nem Tennisschläger ein’ über’n Schädel zieh’n — würd’ ich ganz gerne machen, weil es nervt total.
Kerner: Is’ auf lange Sicht kein gutes Rezept.
Bohlen: Wie, das mit’m Tennisschläger? Nee, genau. Und dann kommst du, guckst du raus und guckst böse. So. Und dann fotografieren die dich — bumm: Bohlen guckt böse. (Macht eine Schlagzeilengeste in die Luft.) “Das Doppelleben von Dieter Bohlen! In seinem Privatleben ist er überhaupt nie lustig! Er ist total deprimiert! Er liegt am Boden!” Und so weiter. Die Scheiße muss ich mir doch nicht immer geben. Dass ich da am Boden lieg’ und wer weiß was. Und wenn wir jetzt ab und zu, Carina und ich, ‘n paar Privatfotos einfach rausgeben, ist dieser Druck auf diese Paparazzis auch nicht mehr so da, weil dann können die ihre blöden Fotos hoffentlich irgendwann nicht mehr verkaufen.

Genutzt hat das offenbar nichts. Denn “Bild” orakelt heute:

"NACKTFOTOS AUFGETAUCHT"

(…) Ui-ui-ui, was ist denn DA bloß passiert? Es sind Nacktfotos von Pop-Produzent Dieter Bohlen (53) und seiner Freundin Carina (23) aufgetaucht, die das Pärchen nahtlos brutzelbraun gebraten und splitterfasernackt in einer Bucht auf Mallorca zeigen.

Die Nackig-Bilder wurden von einer Berliner Zeitung gedruckt – und sind auch im Internet (…) zu bewundern.

Bohlen, der auf Mallorca urlaubt, ist entsetzt, hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Er ließ die Veröffentlichung der Fotos verbieten und sogar Schmerzensgeld verlangen. (…)

“Bild” zeigt die “Nackig-Bilder” nicht, sondern findet es “erstaunlich, dass Bohlen wegen der Nacktfotos so heftig reagiert”, und spekuliert anschließend eifrigst über eine angebliche Busen-OP von Bohlens Freundin. Außerdem druckt “Bild” — quasi als “Fotobeweis”-Ersatz — eines der Bohlenschen 1414-Fotos aus vom März (“Ihr Busen ist offensichtlich sehr gewachsen”). Dass die Busengrößenfrage damals für “Bild” kein Thema war, bleibt seltsamerweise unerwähnt.

Merkwürdig auch: Bei der von “Bild” anonymisierten Berliner Zeitung handelt es sich um das “Bild”-Schwesterblatt “B.Z.”, wo die Nacktfotos von Dieter Bohlen auf der Titelseite der "B.Z."“Nackig-Fotos” vorgestern Titelstory waren. Die “B.Z.” schrieb: “Robinson Bohlen zeigt sein nacktes Badeglück” — und hatte allzu pikante Körperstellen mit kleinen gelben Sonnensymbolen unkenntlich gemacht (siehe Ausriss).

Und: Auf der Internetseite der “B.Z.” ist der Artikel nicht mehr verfügbar. Und heuteblog.de, wo die “B.Z.”-Titelseite in einem Blogeintrag abgebildet war, hat das Titelseiten-Bild geschwärzt, nachdem man dort gestern “gegen 21.30 Uhr von der B.Z.-Redaktion (…) gebeten bzw. aufgefordert [worden sei], diesen Ausriss zu entfernen”. “Bild” hingegen gibt (anders als Bild.de übrigens) heute eine komplette Webadresse an, auf der ausschließlich Faksimiles des “B.Z.”-Berichts zu sehen sind — hochgeladen von einem anonymen Nutzer, der in seinem Profil Vor- und Nachnamen von Bohlens Freundin verwendet und über “sich” schreibt: “Offener Typ, Kontakfreudig, Spaß am Leben!!!! Ich bin Weiblich und Vergeben. bei Hamburg, Deutschland”

Was für eine knifflige Situation: Da gibt es also “Nackig-Fotos”, wie gemacht für “Bild”. Andererseits gibt es da ja diese langjährige Freundschaft zwischen “Bild” und “Pop-Titan” — und der will die Fotos offenbar partout nicht in der Zeitung sehen — auch nicht in der “B.Z.”. Aber die Fotos zu verurteilen als “Aufnahmen aus dem Privatbereich, die kein Mensch von sich in der Zeitung sehen möchte”, klappt auch nicht, weil es sich bei “der Zeitung” ja ausgerechnet ums “Bild”-Schwesterblättchen handelt. Ein Dilemma! Und der Ausweg? Ein abstruser Gedanke:

Da wird man die “B.Z.”-Fotos doch wohl nicht selber ins Internet gestellt haben.
 
Nachtrag, 17.6.2007: Inzwischen finden sich auch auf der von “Bild” angegebenen Internetadresse keine Inhalte mehr. Dort heißt es nur noch, der Nutzer sei “nicht mehr (…) aktiv”. Bild.de hat den Hinweis auf den Namen der Internetseite inzwischen getilgt, den Text entsprechend angepasst. Dort heißt es nun nur noch:

Die Nackig-Bilder wurden von einer Berliner Zeitung gedruckt – und waren auch im Internet zu bewundern.

Mehr dazu hier.

“Bild” sieht mehr als 120.000 Augenzeugen

Am Samstag veranstaltete die Supermarkt-Kette Rewe auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg für ihre Kunden das “Rewe Family”-Sommerfest. Das ist vielleicht nicht unbedingt ein Thema, das in die Zeitung muss — aber die Hamburg-Ausgabe der “Bild”-Zeitung war Medienpartner und berichtete deshalb am Montag mit einem kleinen Artikel über die Veranstaltung:

Rekord auf dem Heiligengeistfeld

(…) Die Supermarkt-Kette hatte ordentlich Promis und Programm für die vielen kleinen Gäste und ihre Eltern aufgefahren. Auf der Bühne standen DJ Ötzi, Monrose, Orange Blue und Nevio. (…)

Und neben einem Foto mit Monrose-Fans (siehe Ausriss) stand:

Großer Jubel beim “Monrose”-Gig auf dem Heiligengeistfeld

Dass es großen Jubel gab, wollen wir nicht ausschließen — aber wohl nicht “beim ‘Monrose’-Gig”. Die Popgruppe Monrose stand nämlich im Stau und erreichte das Heiligengeistfeld erst um 19 Uhr — eine Stunde nach Veranstaltungsende, wie uns von Veranstalterseite bestätigt wurde.

In einem Monrose-Fanforum (wo man übrigens gleich von zwei Staus spricht) heißt es sogar, die Ankunft der Band, die für die ausharrenden Fans noch Autogramme schrieb und mit ihnen für Fotos posierte, habe sich bis 21 Uhr verzögert. Da war der “Bild”-Reporter vermutlich schon längst woanders.

Mit Dank an Chris für Hinweis & Scan.

Nachtrag, 15.6.2007 (wieder mit Dank an Chris für Hinweis & Scan): Sechs Tage nach der Veranstaltung, vier Tage nach dem “Bild”-Bericht und nur zwei Tage, nachdem wir berichtet hatten, heißt es heute in “Bild”: “Leider ist uns bei der Berichterstattung ein Fehler unterlaufen”. Anders als “angekündigt” (!), so “Bild”, seien Monrose nicht aufgetreten usw. usf.

Jetzt spricht Kubica auch in BILDblog

Lange, womöglich stundenlang, hatten die Reporter gestern vor dem “Hôpital du Sacrè-Coeur” in Montreal gewartet und gewartet — und dann, endlich, kurz nach 18 Uhr (MESZ), erschien der polnische Formel-1-Pilot Robert Kubica, der tags zuvor einen spektakulären Unfall überlebt hatte, in der Eingangstür.

Bereits eine Stunde vorher hatte die Nachrichtenagentur dpa angekündigt, Kubica werde offenbar alsbald aus dem Krankenhaus entlassen, und sogar einen ersten (laut dpa “von BMW so übermittelten”) O-Ton vermeldet:

“Mir geht es gut. Mir tut nichts weh. Vielen Dank an die ganze medizinische Betreuung an der Strecke und im Krankenhaus”, sagte der Pole am Montag. Der BMW-Fahrer kündigte an: “Nun fliege ich nach Indy und will Rennen fahren.”

Dann aber stand er endlich da vorm Krankenhaus. Und wenig später meldete die Nachrichtenagentur Reuters, was Kubica den wartenden Reportern in die Mikrofone, Diktafone und TV-Kameras gesagt hatte:

“As you see I’m quite in good shape and I’m hoping (to be) going to Indianapolis if the doctors will say OK for my driving,” Kubica told reporters outside Montreal’s Sacre-Coeur Hospital. “I feel very good. I was very lucky — big accident, but fortunately, nothing hurt.”

Und Kubicas Arbeitgeber BMW zitierte ihn anschließend sogar in einer Pressemitteilung [pdf] mit ganz ähnlichen Worten:

“Ich habe keine Schmerzen, und es geht mir gut. Ich möchte mich bedanken für die rundum gute medizinische Betreuung, die große Aufmerksamkeit und die guten Wünsche, die ich bekommen habe. Mario Theissen und andere Teammitglieder haben mich besucht, und bei Jarno Trulli möchte ich mich auch für seinen Besuch bedanken. Ich freue mich, dass ich das Krankenhaus so schnell wieder verlassen konnte und werde mich nun auf das Rennen in Indianapolis vorbereiten.”

So, und nun zu “Bild”.

Denn in einer Art Vorabmeldung hieß es bereits gestern auf Bild.de:

"Nach Horror-Crash (...) spricht BMW-Pilot Kubica in BILD"

“Mir geht es gut. Mir tut nichts weh. Danke an die medizinische Betreuung und an Jarno Trulli, der mich hier in der Klinik besucht hat.” (…) Nur wenige Stunden nach seinem Horror-Crash beim Großen Preis von Kanada in Montreal sprach der Pole mit BILD*. (…) Kubica zu BILD*: “Ich fliege jetzt nach Indy und möchte Rennen fahren.”

Und in der heutigen Printausgabe legt “Bild” noch einmal nach:

Kubica sprach vor der Klinik ganz kurz mit den wartenden Journalisten. Zu BILD* sagte er: “Ich habe riesiges Glück gehabt. Es war ein sehr großer Unfall. Aber es geht mir gut.” (…) Kubica: “Ich fliege nun nach Indianapolis und möchte Rennen fahren. Der Arzt hier in der Klinik hat mir gesagt, dass ich Okay bin.”

*) Alle Hervorhebungen von uns.

Mit Dank an Nils K. für die Anregung.

“Bild” entdeckt Jacinta Kerabu

Laut “Bild” gibt es da also eine 42-jährige Kenianerin namens Jacinta Kerabu, die seit Mitte der 80er Jahre in Nairobis Slum-Viertel Majengo als Prostituierte arbeitet. Das Besondere an der Frau, die “Bild” Jacinta Kerabu nennt, fasste “Bild” gestern in ihrer AfrikaAusgabe dahingehend zusammen, “dass Jacinta kein Aids bekommen kann”.

Das klingt nach einer wissenschaftlichen Sensation!

Und um so erstaunlicher ist es deshalb, dass der einzige Treffer, den diverse Datenbanken und Google dazu liefern, eine eher beiläufige Meldung in der “Taipei Times” zu sein scheint, veröffentlicht offenbar im August 2006, in der es ebenfalls heißt, dass sich die 42-jährige Jacinta Kerabu — obwohl seit Mitte der 80er Jahre Prostituierte in Majengo — erstaunlicherweise nicht mit dem HI-Virus infiziert habe.

Andererseits berichtete der britische “Daily Telegraph” schon im April 2006 von einer 45-jährigen Frau namens Salome Simon, die — obwohl seit Mitte der 80er Jahre als Prostituierte in Majengo tätig — offenbar immun gegen das HI-Virus sei (und veröffentliche ein Foto, das der Jacinta Kerabu aus “Bild” erstaunlich ähnlich sieht).

Die “Neue Zürcher Zeitung” (nicht frei online) wiederum berichtete bereits im Juli 1998 von einer damals 35-jährigen Frau, die — obwohl seit Mitte der 80er Jahre als Prostituierte in Majengo tätig — “offenbar gegen das Virus, das die Immunschwächekrankheit auslöst, resistent” sei. Die “NZZ” nannte sie Mariam Chepkemoy.

Und die Nachrichtenagentur dpa wusste sogar schon im Juni 1996 über eine Prostituierte in Majengo (dpa nannte sie schlicht “Lucy”) zu berichten, “sie solle immun sein gegen das todbringende HI-Virus” — und kein Einzelfall. Zudem ließ dpa schon damals nicht unerwähnt, dass das “Rätsel” immerhin seit Mitte der 80er Jahre u.a. von Wissenschaftlern der Universitäten von Nairobi, Oxford, Manitoba und Washington untersucht werde.

Insofern jedenfalls mag es nicht verwundern, dass die kleine Gruppe der offenbar HIV-resistenten Prostituierten von Majengo seither in zahlreichen Artikeln der Tages- und Fachpresse weltweit immer wieder für Schlagzeilen sorgte.

Verwunderlich ist eigentlich nur, dass “Bild” gestern behauptete:

Nun entdeckten Wissenschaftler, dass Jacinta kein Aids bekommen kann.
(Hervorhebung von uns.)

Mit Dank an Bloggwurst.de für die Anregung.

Wie “Bild” mit alten Fehlern umgeht

Weil ein “Amok-Fahrer” gestern vor einem Gerichtsgebäude mit einer Bierflasche in der Hand fotografiert wurde zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, berichten heute verschiedene Medien noch einmal über den Unfall, bei dem der “Amok-Fahrer” im Januar 2006 einen Berliner tödlich verletzte. Auch “Bild” berichtet und schreibt:

Beifahrer Christian S. (31) wurde aus dem Auto geschleudert und starb vor Ort.

Direkt daneben druckt “Bild” dann zur weiteren Illustration noch die damalige, inzwischen fast 16 Monate alte Schlagzeile:

"Betrunkener rast mit fast 100 Km/h einen Fußgänger tot"

Und so berichtete “Bild” am 9. Januar 2006 auch:

“Dort [am Unfallort] lief gerade Christian S. (41) über die Kreuzung. Das Auto erfasste den Fußgänger. Er wurde meterweit durch die Luft geschleudert, krachte auf den Harten Asphalt. (…) Der Notarzt versuchte den Fußgänger zu reanimieren. Es klappte nicht.”

 
Seltsam, nicht wahr? Zumal heute in “Bild” nirgends von einem toten “Fußgänger”, sondern nur vom toten “Beifahrer” die Rede ist…

Nun ja, ein Anruf bei der Berliner Polizei klärt auf: Die “Fußgänger”-Version entsprang einer Zeugenaussage, entstammte einer Polizeimeldung, wurde damals nicht nur von “Bild” weiterverbreitet — und hat sich erst im Nachhinein als falsch herausgestellt (und wurde anscheinend nicht korrigiert).

Worin allerdings der Sinn bestehen soll, die alte, falsche Schlagzeile ohne irgendein erklärendes Wort heute noch einmal rauszukramen und herzuzeigen, weiß wohl nur “Bild”.

Kai Diekmann verringert die “Distanz zur Politik”

“Wir wollen weiterhin die Themen setzen,
über die Deutschland spricht. Daher ist es wichtig,
dass wir dort sind, wo die Nachrichten entstehen.”
(“Bild”-Chef Kai Diekmann im Mai 2007 über den
“Wunsch der Redaktion”, nach Berlin umzuziehen)

Gestern abend hat der Vorstand der Axel Springer AG (“gegen den Willen der Redaktionen”) den angekündigten Umzug der Redaktionen von “Bild” und “Bild am Sonntag” nach Berlin beschlossen. Ein gute Gelegenheit also, mal kurz daran zu erinnern, was “Bild”-Chef Kai Diekmann noch im März 2005 in einem Interview über Berlin und Hamburg zu sagen hatte:

medienhandbuch.de: Sehr geehrter Herr Diekmann, der Axel-Springer-Verlag hat sich nach der Wiedervereinigung verstärkt auf den Standort Berlin konzentriert. Die “Welt”-Zentralredaktion ist an die Spree gezogen. Was hält die “Bild”-Bundesredaktion in Hamburg?

Bild-Chefredakteur Kai Diekmann: Die Hamburger Ausgabe von “Bild” ist immer noch die mit großem Abstand profitabelste und personell stärkste. Hiervon profitiert auch die Bundesredaktion. Bei aller Attraktivität von Berlin sollte man im übrigen nicht vergessen, dass Axel Springer seine Wurzeln in Hamburg hat und die großen Titel hier gegründet wurden.

(…)

medienhandbuch.de: Welche Vorzüge bietet Hamburg als Medienstandort, besonders für Verlage und Druckhäuser? Welche Nachteile?

Diekmann: Erstens: Die hohe Attraktivität der Stadt. Zweitens: Das schlechte Wetter. Sonnenschein lässt Menschen an alles denken, aber nicht an Arbeit. Drittens: Die Distanz zur Politik. Nachteile fallen mir keine ein.

Aber dass man nicht alles, was der “Bild”-Chef sagt, auch glauben sollte, ist ja bekannt.

Mit Dank an David N. für den Link.

Welt.de ersetzt Kai Diekmann durch Knut

Vorgestern sorgte ja ein Weblog-Eintrag des “Welt am Sonntag”-Redakteurs Alan Posener für einigen Wirbel, weil er sich kritisch mit dem “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann auseinandergesetzt hatte. Groß war der Wirbel aber insbesondere, nachdem Poseners Beitrag, erschienen im Angebot von “Welt Online”, gelöscht worden war, weil “die Axel Springer AG” darin “die Entgleisung eines einzelnen Mitarbeiters” bzw. “eine höchst unkollegiale Geste” entdeckt zu haben glaubte (wir berichteten).

Heute nun entdecken wir im Satire-Ressort von Welt.de folgende (lustig gemeinte) Umfrage:

Die Abstimmung sah allerdings gestern (wie wir aus glaubhafter Quelle erfuhren und uns verschiedene Suchmaschinen bestätigen) noch anders aus. Nämlich so:

Mit Dank an Ralph K. für den Hinweis!

Nachtrag, 15.5.2007: Wie die Abstimmung ausging, ist nicht bekannt. Sie wurde heute durch eine neue ersetzt. Zuletzt aber lag Kai Diekmann Knut mit 49 Prozent der abgegebenen Stimmen fast uneinholbar vorn.

Der große Montagsmädchen-Schwindel

Hinweis: Der folgende Eintrag kann Spuren von Irrelevanz enthalten.

In der ehemals umstrittenen RTL2-Show “Big Brother”, in der man jungen Menschen eine Zeitlang beim Wohnen zuschauen kann, ist derzeit unter den Kandidatinnen eine gewisse Doreen, die von RTL2 häufig “Bild”-Girl genannt wird, weil sie “aus 41 Teilnehmerinnen zum Bild-Montagsmädchen 2006 gewählt wurde” (Quelle: big-brother.de).

Und tatsächlich: Seit dem 16. Januar 2006 sucht die “Bild”-Zeitung ja “ganz normale Frauen, die zeigen wollen: Ich bin auch sehr sexy”, um sie montags und zumeist barbusig auf der “Bild”-Titelseite aufzubilden. Am 11. September 2006 traf es Doreen. Am 29. Dezember dann forderte “Bild” ihre Leser dazu auf, unter den “nackten Mädels auf der Titelseite” (Kai Diekmann) das “schönste Montagsmädchen von BILD” zu wählen. Und bereits am 3. Januar dieses Jahres stand das Ergebnis fest: Mit rasanten “8,12%” (und einem Abstand von 0,5% vor der Zweitplatzierten) gewann… Doreen, das “BILD-Montagsmädchen”.

Wie “Bild” einen Mann für das Montagsmädchen suchte

“So sexy, so allein — BILD sucht für das Montagsmädchen einen Mann. (…) Wenn SIE Doreen kennenlernen möchten, schreiben SIE an [email protected]. Wir leiten die Mails an Doreen weiter.”
(“Bild” vom 5.1.2007)

“Alle wollen das Montags-Mädchen von BILD — Single Doreen (23) macht die Männer verrückt”
(“Bild” vom 6.1.2007)

“BILD-MONTAGSMÄDCHEN DOREEN — Das 1. Rendezvous”
(“Bild” vom 8.1.2007)

“BILD-Montagsmädchen Doreen trifft Heiko — Mit dem Bestatter will ich nicht in die Kiste”
(“Bild” vom 11.1.2007)

“Das BILD-Montags-Mädchen ist immer noch Single — Welcher Mann macht sie am meisten an? (…) 600 Männer haben sich bei montagsmä[email protected] gemeldet: Sie wollen Doreen unbedingt kennenlernen. (…) Doreen hat für BILD noch mal 5 Bewerber rausgefischt.”
(“Bild” vom 24.1.2007)

Doch mit Doreens Sieg war die Sache für “Bild” noch nicht erledigt, im Gegenteil: Denn nun schickte “Bild” das “BILD-Montagsmädchen” zum “Bild”-Freund “Starfriseur” Udo Walz, ließ Doreen “den neuen Busenschmuck” testen, begleitete sie zum Fotoshooting einer Männerzeitschrift und suchte zwischenzeitlich ihren “verlorenen Halbbruder” (“André, wenn du das liest, melde dich bei BILD!”). Vor allem aber suchte “Bild” in großzügig bebilderten Berichten tagelang, aber erfolglos “einen Mann” für Doreen (siehe Kasten).

Und auch, als das “BILD-Montagsmädchen” plötzlich “Big Brother”-Kandidatin war, berichtete “Bild”:

Die Friseurin aus Jena, von BILD-Lesern zum schönsten Seite-1-Girl gewählt, zeigte gleich nach dem Einzug beim Duschen ihren Traumbusen – pflegt ihn, rubbelt ihn kräftig ab. Single Doreen hat Sinan (29, aus Duisburg) sofort den Kopf verdreht. (…) Hat Doreen ihren Traummann ausgerechnet im TV-Knast (zuletzt über 1 Mio. Zuschauer) gefunden? Knallt es bald richtig bei Big Brother? Doreen hatte schon lange keinen Sex (…).

Heute aber berichtet “Bild” nicht.* Dabei gäbe es allem Anschein nach durchaus Neuigkeiten — zumindest für Karsten aus Hessen, Chris aus Sarasota/USA, Stefano aus Boston/USA, Hermann aus Augsburg, Martin aus Rees, Frankie aus Hamburg, Sebastian aus Leipzig und all die anderen, die an der “BILD sucht für das Montagsmädchen einen Mann”-Aktion Anteil genommen hatten (und deren Zuschriften “Bild” zum Teil nicht nur an Doreen weiterreichte, sondern auch in “Bild” veröffentlichte). Und für “Bild”. Die Neuigkeiten stehen seit gestern z.B. bei Bild.de und lauten:

Nach Sex mit Sinan: Doreen lässt ihren Freund sitzen

(…) Sie hat endlich zugegeben, was sie so lange verheimlichen konnte. Sie war längst kein Single mehr. “Big Brother” holte den Freund am Montag in die Live-Show. Da erklärte Hobby-DJ Sebastian unter Tränen, er liebe Doreen seit zwei Jahren. Nur ihrer Model-Karriere zuliebe habe das Paar die Beziehung geheim gehalten.

Interessant, oder? Doch, doch! Denn entweder hat hier eine 23-jährige Friseurin aus Jena die “Bild”-Zeitung über Monate hinters Licht geführt. Oder nicht.

Mit Dank an Raimo W. und Klaus H. für den Hinweis.

*) Nachtrag, 3.5.2007 (mit Dank an Markus E. für Hinweis und Scan): Zumindest im Raum Thüringen hatte gestern auch die gedruckte “Bild” unter der Überschrift: “Seite-1-Girl serviert Freund eiskalt ab” berichtet: “Container-Luder Doreen (23) hat entschieden: (…) Kurzzeit-Container-Liebe statt Langzeitbeziehung. (…) Zwei Jahre war sie mit dem DJ zusammen, verheimlichte die Beziehung.” Wem sie ihre Beziehung “verheimlichte”, steht aber auch in der “Bild”-Thüringen nicht.

Wie die “BamS” mit Keith Richards trauert II

Es ist noch nicht einmal vier Monate her, da behauptete der “Bild am Sonntag”-Chef Claus Strunz in seiner Kolumne “Der Chefredakteur antwortet”, die “BamS” verfolge die Arbeit von BILDblog “wohlwollend”. (Der Anlass damals: ein Fehler im BILDblog.) Aber:

Das wohlwollende Verfolgen unserer Arbeit ist offenbar folgenlos.

So hatte die “BamS” vor einer Woche ihre letzte Seite großzügig mit Paparazzifotos bebildert, auf denen angeblich der Rockmusiker Keith Richards zu sehen war, wie er (“TOTAL ENTSPANNT”) “in der Sonne Floridas” liege, sich (“TOTAL ERFRISCHEND”) “mehrere Dosen Bier” gönne und es sich (“TOTAL ZUFRIEDEN”) “richtig gut” gehen lasse. Kurzum:

Richards ist zufrieden, lächelt entspannt in die Sonne.

In Wahrheit aber (BILDblog berichtete) war am Tag vor Erscheinen der “BamS” Keith Richards’ schwerkranke Mutter gestorben, der “Rock-Opa” hatte zuvor in London am Sterbebett bis zu ihrem Tod gewacht. Der Mann auf den Fotos hingegen war, wie uns die Agentur, von der die “BamS” die Paparazzifotos hatte, im Nachhinein mitteilte, nur ein “Keith-Richards-Double”, auf das ein Paparazzo reingefallen war. Man habe, hieß es zerknirscht, die Bilder deshalb zurückgezogen.

Und es mag sein, dass man in der “BamS” in der vergangenen Woche kein BILDblog gelesen hat. Offensichtlich aber nicht nur das. Denn auch viele andere deutsche und internationale Medien berichteten über den Tod von Richards Mutter — ja, sogar in der Schwesterzeitung “Bild” erschien vergangenen Mittwoch eine kleine Meldung mit der Überschrift “Keith Richards trauert um seine Mutter”. Und bei Bild.de, wo man die “BamS”-Falschmeldung zunächst übernommen hatte, wurde die Seite inzwischen “aus dem redaktionellen Angebot (…) herausgenommen”. Das alles hätte der “Bild am Sonntag” zumindest zu denken geben können…

In der heutigen “BamS” aber finden die Leser weder im “Leser-Forum”, in dem manchmal auch kleinere “Korrekturen” abgedruckt werden, noch sonstwo* in der Zeitung einen Hinweis auf den bedauerlichen Fehler.

*) Auf der letzten Seite, wo vor einer Woche noch die falschen Richard-Fotos zu sehen waren, steht heute, dass Pamela Anderson auf ihrer Internetseite von einem Besuch in einem russischen Waisenhaus berichtet. Die Überschrift der “Bild am Sonntag” zu dieser Meldung lautet übrigens:"Pam Anderson -- Ein (Adoptiv-)Baby von Putin!"

Nachtrag, 2.5.07 (Mit Dank an Günter V. und Axel S.): Laut einem Bericht der österreichischen Boulevardzeitung die “Neue” handelt es sich bei dem Keith-Richards-Double aus der “BamS” übrigens um den Vorarlberger Sigi Amann.

Neu: Nichts Neues von Beckenbauer über “Klinsi”

Auf Bild.de steht heute, dass Ex-Fußballbundestrainer Jürgen Klinsmann “nach Informationen der BILD-Zeitung” offenbar doch Trainer des britischen Fußballclubs Chelsea London werden könnte. Weiter heißt es dort, Franz Beckenbauer habe sich in der britischen “Sun” von heute zu dem Thema geäußert:

Kaiser Franz in der “Sun”: “Er müsste aus Kalifornien nach England umziehen. Ein Klub in einer Liga mit 20 Mannschaften, die auch Weihnachten und Neujahr spielt, dazu die nationalen Cup-Wettbewerbe und die Champions League — das ist nicht aus der Ferne zu handhaben. London frisst dich auf mit Haut und Haaren. Da kann man nicht wie als deutscher Teamchef zwischendurch in Amerika ausspannen.” Beckenbauer weiter: “Zwei Jahre in Chelsea können dich genauso fertig machen wie vier Jahre bei einem anderen Klub.”

Das kommt uns irgendwie bekannt vor:

Chelsea bedeutet: Komplett-Umzug von Kalifornien nach London. Eine Liga mit 20 Klubs, Spiele am zweiten Weihnachtstag und Neujahr, mehrere nationale Pokalwettbewerbe und die Champions League. Als Zugabe noch die wenig zimperliche englische Presse. London frisst dich auf mit Haut und Haaren, da hat man keine Zeit — wie als Bundestrainer — in Amerika zu entspannen. (…) Bei den Erwartungen in Chelsea sind zwei Jahre als Trainer so aufreibend wie vier bei einem anderen Klub.

"Exklusiv: Kaiser Franz schreibt in BILD"So stand’s gestern in “Bild”. “Exklusiv” aufgeschrieben von “Kaiser Franz” (siehe Ausriss). Und es sind bei Weitem nicht die einzigen Beckenbauer-Zitate aus der heutigen “Sun”, die quasi identisch sind mit dem, was Beckenbauer gestern in der “Bild”-Zeitung geschrieben hatte. Das hätte man leicht rausfinden können, denn der exklusive “Bild”-Text von Beckenbauer ist auf Bild.de sogar direkt verlinkt.

Aber offenbar zitiert man bei “Bild” lieber die “Sun” als sich selbst. Man weiß ja nie.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Andreas U.

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