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Kriegsberichterstattung

Ja, dieser “Preiskrieg der Elektro-Giganten” (O-Ton: Bild.de) ist wirklich ‘n Ding! Da verkaufte der “Mediamarkt” (O-Ton: Bild.de) am vergangenen Montag alles “ohne Mehrwertsteuer”, und am gestrigen Dienstag der “Konkurrent Saturn” (O-Ton: Bild.de) lauter Sachen “zum Einkaufspreis”, woraufhin sich Bild.de anschickte, “die wichtigsten Fragen rund um den Preiskrieg der Elektronik-Giganten(O-Ton: Bild.de) zu beantworten bzw. von Christian Fronczak vom Bundesverband der Verbraucherzentrale beantworten zu lassen. Soweit so gut.

Nur für den nicht weniger wichtigsten Hinweis, dass der Bild.de-Partner Mediamarkt und “Konkurrent” Saturn sich ja eigentlich gar keinen “Preiskrieg” liefern, weil doch Mediamarkt und Saturn beide zum Metro-Konzern gehören, dafür war (anders als etwa in den Online-Versionen der “Süddeutschen Zeitung”, der “Kölnischen Rundschau”, der “Norddeutschen Neuesten Nachrichten”, des “Handelsblatts”, der “Neuen Westfälischen”, des “Kölner Stadtanzeigers”, der “Mitteldeutschen Zeitung”, der “Rhein Zeitung”, der “Märkischen Oderzeitung”, der “Volksstimme”, der “Leipziger Volkszeitung”, der “Allgäuer Zeitung”, der “Hessischen Allgemeinen”, der “Westfalenpost”, der “Lausitzer Rundschau”, des “Iserlohner Kreisanzeigers”, der “Schwäbischen Zeitung”, der “Westdeutschen Zeitung”, der “Wendlinger Zeitung”, der “Backnanger Kreiszeitung”, der “Oberhessischen Presse”, der “Nürtinger Zeitung”, der “Ostthüringer Zeitung”, der “Stuttgarter Nachrichten”, der “Hamburger Morgenpost”, der “WAZ”, der “Thüringischen Landeszeitung”, der “Lübecker Nachrichten”, der “Aachener Zeitung”, der “Wormser Zeitung”, der “Offenbach Post” oder beispielsweise der “Welt”) in der multimedialen Erweiterung von Europas größter Tageszeitung aber offenbar kein Platz. Schade.

Unbezahlbare Berichterstattung

Artikel zu produzieren, die kommerzielle und journalistische Interessen vermischen, inaktuell sind oder fehlerhaft, das gehört bei “Bild” zum täglichen Alltag. Manchmal aber packt auch die “Bild”-Redakteure der Ehrgeiz. Dann strengen sie sich richtig doll an und produzieren ein Stück, das alles gleichzeitig enthält. Ein inaktuelles, fehlerhaftes Stück Schleichwerbung quasi.

Und das in einem Artikel, das weniger als 50 Wörter lang ist. Es geht um den heutigen “Gewinner des Tages”:

Er macht das Fernsehen in Deutschland wieder spannend: Manuel Cubero (41), Vizepräsident Digital TV bei Kabel Deutschland, bringt 30 neue Sender auf unsere Bildschirme! Für nur 9 Euro/Monat können Kabelnutzer die neuesten Hollywood- und Disney-Streifen sehen. Dazu Doku-Filme, “Playboy-TV” und “BibelTV”.

BILD meint: Besser als ständige Wiederholungen!

Erstens. Sinn des Textes ist es offensichtlich, freundlich darauf hinzuweisen, dass ein kommerzielles Unternehmen ein bestimmtes Produkt zum Kauf anbietet. Solche Texte nennt man gemeinhin nicht “Artikel”, sondern “Anzeigen” und nicht “Journalismus”, sondern “Werbung”. Zeitungen haben nach dem Pressekodex dafür Rechnung zu tragen, dass man das eine vom anderen unterscheiden kann. Das gilt auch für “Bild”.

Zweitens. Das Angebot “Kabel Digital HOME”, das in “Bild” beschrieben wird, ist kein neues Angebot, sondern besteht seit fast einem Vierteljahr. Am 27.09.2004 hatte Kabel Deutschland seine Einführung bekannt gegeben. Mitte November bereits hatte (wie berichtet) bild.de in einer Anzeige in einem Artikel darüber berichtet dafür geworben.

Drittens. Kabel Deutschland bringt keineswegs “30 neue Sender” auf unsere Bildschirme. Bei den Sendern handelt es sich zum Teil um längst bestehende Programme wie 13th Street, Sci Fi, Planet und Bibel-TV. Kabel Deutschland selbst wirbt aus guten Grund nicht mit 30 “neuen”, sondern “zusätzlichen” Kanälen.

Viertens. Im 9-Euro-Paket von Kabel Deutschland laufen keineswegs die “neuesten Hollywood- und Disney-Streifen”. Als seine Weihnachtshighlights bezeichnet Kabel Deutschland selbst die Filme Jurassic Park I bis III (1998 bis 2001) und “Der letzte Kaiser” (1987).

Fünftens. “Bild” schreibt, das Programm sei “besser als ständige Wiederholungen”. Tatsächlich besteht es im Wesentlichen aus ständigen Wiederholungen. Der Kanal “Kinowelt TV” z.B. zeigt “legendäre Hollywoodstreifen”, “Klassiker” und “Spielfilmhighlights aus einer der größten Filmbibliotheken Deutschlands”. “BBC Prime” wiederholt beliebte BBC-Programme. Der Sci-Fi-Kanal wiederholt im Dezember 6 “Star Trek”-Filme. Kein Kanal im Paket zeigt auch nur annähernd so wenige Wiederholungen wie ARD, ZDF, RTL, Sat.1 und Pro Sieben.

Fazit: Da muss aber richtig was schief gelaufen sein bei “Bild”. Denn es wäre ja undenkbar, dass man sich als Unternehmen die anlasslose Erklärung zum “Gewinner des Tages” in “Bild” einfach erkaufen kann. Und dass man die Fehler quasi gleich mitkauft, durch die das Angebot in einem noch besseren Licht als in der eigenen Werbung dasteht. Und dass man sich sogar den Zeitpunkt der Erwähnung noch aussuchen kann: aus journalistischer Sicht verspätet, aber gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsfest.

Eine Zensur, die nicht stattfand, findet nicht statt

“Über jeden Erfolg muss mit dem Zuschauer
stets neu verhandelt werden.” (Bernd Gäbler)

Aber vergessen wir mal kurz den nichtigen Anlass und fassen zusammen: Zwei Tage hintereinander erschien “Bild” mit ebenso riesigen wie irreführenden Titelgeschichten zum selben Thema (bzw. machte aus einem inszenierten und irreführend wiedergegebenen Sachverhalt Schlagzeilen). Einzige Grundlage für die ganze Aufregung: die Formulierung “BILD erfuhr” und das Wörtchen “angeblich”, sonst nichts. Zwei Tage später dann sagen die von “Bild” sinnloserweise Angeprangerten in “Bild”:

“Das Echo auf die BILD-Berichte war so überwältigend, daß…”

Mit anderen Worten:
Ausriss: mediapilot.de, Text: BILD wirkt!
 
Oder etwa nicht? Schließlich zeigt der zur ProSiebenSat.1 Media AG gehörige, kommerzielle TV-Sender Sat.1 in seinem Zweiteiler “Schöne Witwen küssen besser” nun also doch eine kurze Szene, in der die Schauspielerin Sophie Schütt unbekleidet an einem Pool entlangschlendert und die laut “Bild” einer vermeintlichen “Nackt-Zensur” zum Opfer gefallen wäre, laut Sat.1 jedoch bloß “für die Handlung nicht so wichtig” war.

Doch wenn es beim werbefinanzierten Programmanbieter Sat.1 heißt, der Sender wolle damit “dem Wunsch der Zuschauer gerne nachkommen”, will man gar nicht erst spekulieren, wer sich dabei wohl alles hinter wessen Rücken ins Fäustchen lacht. Der Axel Springer Verlag jedenfalls, in dem “Bild” erscheint, ist mit 11,48 Prozent an der ProSiebenSat.1 Media AG beteiligt. Eine Zensur hingegen findet nicht statt.

“BamS” ist lieb zu ihren Nächsten

Am 6. Dezember ist “Nikolaus”. Und wer wissen will, was es mit dem Heiligen Nikolaus auf sich hat, dessen mutmaßlicher Todestag vor über 1.600 Jahren am 6. Dezember gefeiert wird, kann das hier sehr schön nachlesen. Und wer dann noch wissen möchte, was aus dem Nikolaus geworden ist, klicke bitte hier. Oder hier. Oder aber hier und hier: ein schnapsnasiger, vollständig säkularisierter Weihnachtsmann in Coca-Cola-Rot eben, was manche schlimm finden, angesichts des echten, legendären, heiligen Bischofs Nikolaus von damals, im 4. Jhd., aus Myra in der Türkei, dem heutigen 70-Millionen-Staat, in dem inzwischen weniger als 0,2 Prozent Christen leben und über den (Achtung Überleitung!) in der gestrigen “BamS” folgendes zu lesen war:

Zwar kann nicht wirklich die Rede davon sein, dass in der Türkei Christen “schikaniert” würden (jedenfalls nicht stärker als die über 69 Millionen Moslems im Land), wie auch der zur Schlagzeile gehörige, dreiseitige “Bild am Sonntag-Report” deutlich machte. Zusammenfassend hießt es dort: “Rechtlich ist das alles sehr kompliziert hier, man wird auch genau kontrolliert. Aber das wird alles aufgewogen durch die sehr freundliche und menschliche Art der Türken.” Und im dazugehörigen “BamS”-Interview sagte Kardinal Karl Lehmann sogar ausdrücklich, es habe “der einzelne in der Türkei das Recht, seinen Glauben frei zu wählen”. Doch obwohl wir spätestens aus dem “BamS”-Report wissen, dass es aufgrund einer rigiden Trennung von Religion und türkischem Staat alle Glaubensgemeinschaften schwerer haben als anderswo, stand neben der Illustration einer in Ketten gelegten Bibel (siehe oben oder hier):

“In der Türkei, dem Land der prächtigen Moscheen, wird der christliche Glauben durch eiserne Gesetze angekettet”

Und das ist so scheinheilig, das wir (Ende des Exkurses!) wieder zurückkommen können zum Heiligen Nakolaus Nikolaus, der ja in der katholischen Kirche sogar als “apostelgleich” verehrt wird und bis 1969 mit einem “allgemein gebotenen Feiertag” bedacht wurde usw.: Denn zehn Seiten vor dem lobbyistisch anmutenden “Christen”-Text, der so oder so ähnlich (nur eben mit einer angemesseneren Überschrift) auch in jedem Kirchenblättchen abgedruckt sein könnte, stand in der “BamS” noch was ganz anderes – über den “Nikolaus” “Nakolaus” nämlich, “der ganz besondere Männerwünsche wahr werden lässt”…

Und darüber (siehe Ausriss) haben sich der Herrn Lehmann und andere Bekannte aus dem illustren Bibelkreis von “BamS”-Herausgeber Kai Diekmann dann bestimmt noch viel mehr gefreut, hohoho…
 
 
Nachtrag: Bei Bild.de gibt’s mittlerweile außerdem noch dies, bzw. dies, dies, dies, dies, dies, dies, dies, dies, dies, dies und dies, in der Montags-“Bild” wiederum eine “Nikomaus” als barbusiges Seite-1-Girl (ohne Abb.).

Eigenanzeige

Diese Anzeige stand heute in “Bild” (Berlin-Ausgabe, Seite 12).

Wir haben unseren Lösungsvorschlag einfach mal eingetragen:

Informationsvorsprung mit vier Buchstaben: BLOG

“Super unterhaltsam”

Eine durchschnittliche Schlagzeile bei Bild.de, mit der “die multimedialen Erweiterung der Marke BILD” auf einen der stets unabhängigen und überparteilichen Artikel in “Bild” oder “BamS” hinweisen will, sieht so aus:

Oder so:

Vielleicht auch so:

Oder beispielsweise so:

Oder etwa so?

Nein! Denn hinter dieser Ankündigung finden sich bloß allerhand Texte über ein Kabelfernsehangebot namens “Kabel Digital”, die sich optisch und inhaltlich kaum von den Promo-Texten auf der “Kabel Digital”-Website unterscheiden. Vor allem aber, dass dann auch noch “Bild.T-Online-Redakteur Andreas Koesler” ins Spiel kommt (“Bild.T-Online-Redakteur Andreas Koesler hat einen Tag lang getestet, wie gut das Angebot wirklich ist”), der das alles “super unterhaltsam” findet, hat mit der im Pressekodex (Ziffer 7) festgeschriebenen “Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken” endgültig nur noch wenig zu tun. Und vielleicht sogar gar nichts.

Nachtrag, 10:54: Naja, die augenscheinliche Vermischung von Inhalt und Werbung bei Bild.de hat sogar noch weniger mit dem Pressekodex zu tun als behauptet, sorry. Denn für Diensteanbieter wie Bild.de gilt ja der Mediendienstestaatsvertrag, in dessen Paragraph  13 es allerdings ebenfalls ausdrücklich heißt: “Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein.”

Outing

Dass “Bild” in ihrer “In & Out”-Liste gelegentlich den Eindruck erwecken kann, es werde dort die Grenze zur Schleichwerbung überschritten, ist journalistisch gesehen bedenklich, aber bekannt. Am gestrigen Donnerstag zum Beispiel war für “Bild” die am Montag erscheinende “‘BILD-Volksbibel’ zum Supergünstigpreis von 9,95 Euro” ganz doll “in”.

Aber dass gestern in der (derzeit von Kai Diekmann geleiteten) “Bild” als erstes “Der gegelte Wet-Fett-Look auf dem Kopf” auf der “out”-Seite steht, gibt einem dann doch zu denken

Mit Dank an Gunther S. für den sachdienlichen Hinweis.

We (and he) are the Champions XVI

1.) Am gestrigen Mittwoch machte “Bild” mal nicht sich selbst (oder den Axel Springer-Verlag) zum “Gewinner” des Tages, sondern einen gewissen Wendelin Wiedeking, und schrieb dazu:

“Übrigens: Vergangenes Jahr ging die hohe Auszeichnung an BILD. BILD meint: Ein würdiger Nachfolger!”

(Stattdessen stand auf der “Bild”-Titelseite nur eine Kurzfassung dieser oder dieser oder dieser Version dieser Pressemitteilung über die “Axel Springer AG auf Erfolgskurs!”)

2.) Am heutigen Donnerstag hingegen macht “Bild” wiederum nicht sich selbst (usw.) zum “Gewinner” des Tages, sondern zum nunmehr achten Mal in diesem Jahr Helmut Kohl.

We are the Champions XIII

06.09.: Christian Kracht, “Der Freund” (Axel Springer)
10.09.: “Welt kompakt” (Axel Springer)
15.09.: “Auto Bild.de Automarkt” (Axel Springer)
17.09.: “Welt” (Axel Springer)
18.09.: Dieter Stolte (Axel Springer)
21.09.: Claus Strunz (Axel Springer)
28.09.: Hans-Olaf Henkel (Axel-Springer-Autor)
30.09.: Volker Koop (Axel Springer)
05.10.: Georg Kofler (Axel-Springer-Geschäftspartner)
08.10.: “Rolling Stone” (Axel Springer)
18.10.: Dietrich Grönemeyer (Axel Springer-Autor)
22.10.: “Bild”-Bestseller-Bibliothek (Axel Springer)
Aktueller Neuzugang als “Gewinner des Tages”:
26.10.: Peter Hahne (Axel Springer-Autor, schreibt jede Woche in der “BamS” die Kolumne “Gedanken am Sonntag”)

Nachtrag, 0:46: So gesehen wird’s allmählich Zeit, dass sich auch Hellmuth Karasek in die illustre “Gewinner”-Schar einreiht; “Literatur-Papst”, “TV-Star” und “Buch-Papst Deutschlands” ist er laut “Bild” von heute schließlich schon – und bekanntlich nicht nur das…

“Bild” berichtet über Lidl

Ach ja, und dann ist da ja noch dieser Artikel auf Seite 8 der “Bild” (Berlin-Ausgabe), den man auch online nachlesen kann. “Bild” berichtet darin über die Billigsupermarkt-Kette Lidl, deren Filialen neuerdings auch eine Tageszeitung im Sortiment haben. Den beispielhaften Kundenreaktionen zufolge, anhand derer “Bild” seine Berichterstattung veranschaulicht, handelt es sich dabei um “eine Supersache”. Ja, man kann sagen: “Bild” zufolge sind die drei befragten Frauen ausnahmslos begeistert. Und “Bild” ist’s auch, was wenig verwundert, weil es sich bei der bei Lidl verkauften Tageszeitung, über die “Bild” berichtet, selbstverständlich um “Bild” selbst handelt, wie sich bei der “Bild”-Lektüre schnell herausstellt, weil “Bild” in dem “Bild”-Artikel sieben Mal erwähnt und drei Mal abgebildet wird.

Und weil das, wie gesagt, so eine “Supersache” ist, so “klasse” und, laut “Bild”, so eine “große Freude an den Kassen des Lebensmitteldiscounters LIDL”, zitieren wir zum Schluss auch nur ganz kurz aus dem Pressekodex:

“Verleger und Redakteure (…) achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.”

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