Archiv für 6 vor 9

Keine Mikrofonhalter, Unklare Zukunft, Antifeminismus-Doku

1. “Wir sind keine Mikrofonhalter”
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert, dass die Bundesregierung nur noch Erklärungen an die Medien herausgebe und keine Fragen der Journalistinnen und Journalisten beantworte. Der DJV bezeichnet dies als eine “kommunikativen Einbahnstraße”. Die Medien hätten ein Recht auf Information: “Wir sind keine Mikrofonhalter. Wer glaubt, so mit den Medien umgehen zu können, hat die Rolle des Journalismus als kritische Institution in der Demokratie nicht verstanden”, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

2. Wenn Medien als Gegner wahrgenommen werden
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Sebastian Wellendorf, Audio: 7:43 Minuten)
Der Deutschlandfunk greift eine Studie der Universität Hohenheim auf, die zeige, dass etwa ein Fünftel der Deutschen ein rechtspopulistisches Weltbild habe und sich von klassischen Nachrichtenmedien fernhalte. Etwa ein Viertel der Befragten sei der Meinung, “Medien und die Politik arbeiten Hand in Hand, um die Meinung der Bevölkerung zu manipulieren”, und: “Medien bringen nur, was die Herrschenden vorgeben”. Wie können Medien dem entgegnen? Indem sie zum Beispiel Positionen und politische Prozesse besser erklären, so der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider.

3. Unbequeme Wahrheiten aussprechen
(taz.de, Leif Kramp & Stefan Weichert)
In der “taz” plädieren Leif Kramp und Stefan Weichert für einen Journalismus, der sich stärker am Gemeinwohl orientiert und weniger an Reichweite und Klicks: “Wir brauchen einen neuen ‘alten’ Journalismus, der sich an ethischen Grundtugenden und demokratischen Werten orientiert, der die Menschen dadurch überzeugen kann, dass er ganzheitlich und transparent agiert, dass er Kontexte diskutiert. Und dass er sich frei von Abhängigkeiten macht – von Geldgebern, ökonomischen Launen, politischen Einflüssen und den digitalen Infrastrukturen des US-amerikanischen Tech-Kapitalismus.”

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4. Beten wir für eine bessere Doku über Antifeminismus
(uebermedien.de, Lisa Kräher)
Eine “Y-Kollektiv”-Doku geht der Frage nach, was Antifeminismus mit rechter Ideologie zu tun hat. Ein wichtiges Thema, wie Lisa Kräher bei “Übermedien” findet, dessen filmische Umsetzung jedoch von starker Kritik begleitet werde. Kräher hat sich die Kritik an der Doku angesehen und sortiert, was daran aus ihrer Sicht berechtigt ist und was nicht.

5. Unklare Zukunft für “Meedia” und “Blickpunkt Film”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie Timo Niemeier bei “DWDL” berichtet, steht der Verlag hinter den Redaktionen von “Meedia” und “Blickpunkt Film” unter der Kontrolle eines Insolvenzverwalters, die Zukunft der Medienmarken sei ungewiss. Ursprünglich habe die Geschäftsführung versucht, das Unternehmen in Eigenregie zu sanieren, was sich jedoch als aussichtslos erwiesen habe.

6. Schülerzeitungen als Teil der Demokratie
(verdi.de, Susanne Stracke-Neumann)
Der Schülerzeitungswettbewerb in Brandenburg für das Jahr 2022/2023 habe ungewöhnlich wenige Einsendungen, mit nur 17 teilnehmenden Zeitungen von Schülerinnen und Schülern. Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg und Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke betonten die wichtige Rolle dieser Zeitungsprojekte für die demokratische Mitbestimmung und Meinungsbildung an Schulen. Beim Wettbewerb habe ein besonderes Augenmerk auf dem Thema Urheberrecht bei redaktionell verwendeten Fotos gelegen. Die Liste aller Preisträger gibt es hier (PDF).

Ex-BSI-Chef vs. ZDF, Minderjährige und Pornos, Websites sperren KI aus

1. Ehemaliger BSI-Chef Schönbohm will 100.000 Euro vom ZDF
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Nachdem Jan Böhmermann ihm in einer Folge des “ZDF Magazin Royale” eine zu große Nähe zu einem Verein mit angeblichen Kontakten zum russischen Geheimdienst vorgeworfen hatte, fordert Arne Schönbohm, ehemaliger Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), 100.000 Euro Entschädigung vom ZDF. Schönbohms Anwalt argumentiere, dass das ZDF den Ruf und die Karriere seines Mandanten zerstört habe. Das ZDF habe die Forderungen jedoch zurückgewiesen.

2. Mehr als ein Drittel der Minderjährigen hat Pornos gesehen
(spiegel.de)
Eine von der Landesanstalt für Medien NRW in Auftrag gegebene Studie zeige, dass mehr als ein Drittel der Minderjährigen zwischen 11 und 17 Jahren schon einmal pornografische Filme gesehen hat, sei es freiwillig oder unfreiwillig. Der Konsum von Pornografie beeinflusse das Verhalten von Kindern und Jugendlichen: “Fast die Hälfte der Jungen gab an, dass sie beim Versenden erotischer Nachrichten Handlungen oder Begriffe verwendeten, die sie aus den Pornos kennen (46 Prozent). Bei Mädchen sei dieser Zusammenhang deutlich schwächer ausgeprägt (17 Prozent).”

3. Rechtsextreme sind keine guten Interviewpartner*innen.
(neuemedienmacher.de)
Der Artikel auf neuemedienmacher.de diskutiert, wie Journalistinnen und Journalisten verantwortungsvoll über die AfD und rechtsextreme Gruppierungen berichten können. Die “Neuen deutschen Medienmacher*innen” betonen, wie wichtig es sei, marginalisierte Gruppen in den Fokus zu rücken, und warnen davor, antidemokratischen Akteuren eine Plattform zu bieten. Außerdem gibt es fünf konkrete Tipps für die Berichterstattung über Rechtsextreme, darunter die Notwendigkeit von Kontextualisierung und Transparenz.

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4. Newsletter Netzwerk Recherche 224
(netzwerkrecherche.org, Anna Behrend)
Wie immer eine Empfehlung wert, nicht nur für investigativ arbeitende Journalistinnen und Journalisten: der Newsletter des Netzwerk Recherche. In der aktuellen Ausgabe stimmt Anna Behrend die Leserinnen und Leser auf die kommenden Konferenzwochen ein und verrät ihre Tipps des Monats. Außerdem gibt es wie gewohnt einen Überblick über medienrelevante Nachrichten, Veranstaltungen, Preise und Stipendien.

5. Wie der Konstruktive Journalismus gegen die Nachrichtenmüdigkeit wirken kann
(de.ejo-online.eu, Pauline Wörsdörfer)
Pauline Wörsdörfer geht der Frage nach, ob der Konstruktive Journalismus ein Mittel zur Bekämpfung der sogenannten Nachrichtenmüdigkeit sein kann. Konstruktiver Journalismus konzentriere sich auf Lösungsansätze und positive Perspektiven, um die Leserschaft zu ermutigen und gesellschaftliche Probleme anzugehen. Studien würden zeigen, dass diese Form des Journalismus bei den Leserinnen und Lesern positive Emotionen auslöse und so der Nachrichtenmüdigkeit entgegenwirken könne.

6. Bild, Spiegel, Amazon.de: Reichweitenstarke deutsche Websites sperren OpenAI’s GPT Bot aus
(omr.com, Roland Eisenbrand)
Roland Eisenbrand beschäftigt sich mit den Überlegungen von Websitebetreibern, wie man mit Künstlichen Intelligenzen (KI) wie ChatGPT umgehen soll. Viele große deutsche Medienhäuser und Marken hätten bereits Maßnahmen ergriffen, um den GPT Bot der Firma OpenAI von ihren Seiten fernzuhalten.

Equal-Pay-Streit, Schweigen und weitermachen, Zensur-Browser

1. ZDF einigt sich mit Journalistin
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Annika Schneider, Audio: 8:09 Minuten)
Nach achtjährigem Rechtsstreit haben sich die Journalistin Birte Meier und ihr ehemaliger Arbeitgeber ZDF in einem Equal-Pay-Streit auf einen Vergleich geeinigt. Meier verklagte das ZDF, nachdem sie herausgefunden hatte, dass sie deutlich weniger Geld verdiente als ihre männlichen Kollegen mit gleichen Aufgaben und gleichem Status als fest-frei Beschäftigte. Die genaue Vergleichssumme wurde nicht veröffentlicht, der Fall gelte aber als wichtiger Schritt im Kampf um Lohngerechtigkeit.
Siehe dazu auch die Stellungnahme der am Verfahren beteiligten Gesellschaft für Freiheitsrechte: “Equal Pay: Jahrelanger Rechtsstreit mit ZDF endet mit Vergleich”.

2. Schweigen und weitermachen
(taz.de, Florian Bayer)
Wie vor eineinhalb Wochen in den “6 vor 9” zu lesen war, sind die ORF-Nachrichten auf zwei prorussische Propagandavideos hereingefallen. Die Aufnahmen seien fälschlicherweise als Beispiele für Zwangsrekrutierungen in der Ukraine ausgestrahlt worden, sollen aber unter anderem die Festnahme eines russischen FSB-Spions gezeigt haben. Florian Bayer kritisiert in der “taz” den seiner Meinung nach wenig souveränen Umgang des österreichischen Senders mit dem Fehler.

3. Neues Gesetz in Frankreich will Browser zur Zensur verpflichten
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Ein in Frankreich geplantes Gesetz soll Webbrowser dazu verpflichten, von der Regierung erstellte Sperrlisten zu implementieren, um bestimmte Webseiten zu blockieren. Mozilla, die Stiftung hinter dem Firefox-Browser, warne davor, dass diese Maßnahme autoritären Regimen die Zensur erleichtern und die bisherige Zensur von der Ebene der Internet Service Provider auf die Ebene der Browser verlagern könnte. Die Mozilla Foundation habe daher eine Petition gegen den Gesetzesentwurf gestartet.

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4. 50 Jahre Bildung!
(medienbildungshub.de)
Der Artikel auf medienbildungshub.de beleuchtet die 50-jährige Geschichte des Grimme-Instituts, das 1973 als Adolf-Grimme-Institut gegründet und von seinem Gründer Bert Donnepp als “Modellversuch im Bildungswesen” bezeichnet wurde. Neben der Verleihung des Grimme-Preises betreibt das Institut unter anderem wissenschaftliche Forschung zu Medien und Bildung und beschäftigt sich mit den Herausforderungen neuer Medientechnologien.

5. X erlaubt in den USA wieder politische Werbung
(zeit.de)
Die ehemals als Twitter bekannte Online-Plattform X hebt das 2019 vom damaligen Twitter-Chef eingeführte Verbot politischer Werbung in den USA auf. Das Unternehmen betont, dass es Regeln für die bezahlte Verbreitung politischer Botschaften geben werde, einschließlich des Verbots falscher oder irreführender Informationen. Auch die Sicherheitsabteilungen der Plattform würden ausgebaut. Vor nicht allzu langer Zeit hatte es auch dort einen massiven Stellenabbau gegeben.

6. Spiegel-Gruppe übernimmt RTL-Anteile an “11 Freunde”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie “DWDL” unter Bezug auf eine “Spiegel”-Meldung berichtet, hat die “Spiegel”-Gruppe die Mehrheitsanteile am Fußballmagazin “11 Freunde” übernommen, die zuvor von Gruner + Jahr beziehungsweise RTL gehalten wurden. Die Übernahme soll nach Zustimmung der Kartellbehörden vollzogen werden, über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. “Spiegel” und “11 Freunde” wollen unabhängig voneinander arbeiten, aber Synergien bei digitalen Produkten, Vertrieb und Werbung nutzen.

Radio-Razzia rechtswidrig, Kritik an “SZ”, Auf ein Stück Erdbeertorte

1. Razzia bei Radio Dreyeckland war rechtswidrig
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Wie netzpolitik.org berichtet, habe das Landgericht Karlsruhe die Hausdurchsuchungen beim Freiburger Sender Radio Dreyeckland (RDL) letztinstanzlich für rechtswidrig erklärt. Dies hätten der Sender und die juristisch beteiligte Gesellschaft für Freiheitsrechte mitgeteilt. Die Durchsuchungen waren erfolgt, nachdem RDL einen Link zum Archiv der 2017 verbotenen Internetseite linksunten.indymedia.org veröffentlicht hatte. Das Gericht habe betont, dass die Durchsuchungen mehrere Grundrechte verletzt hätten und eine einschüchternde Wirkung ausüben könnten.

2. Kritik an der Berichterstattung der SZ
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Sören Brinkmann, Audio: 8:12 Minuten)
Am Samstag berichtete die “Süddeutsche Zeitung” über ein antisemitisches Flugblatt (nur mit Abo lesbar), das vor rund 35 Jahren in einem bayerischen Gymnasium gefunden und mit dem heutigen stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger in Verbindung gebracht wurde. Aiwanger bestreitet, das Flugblatt verfasst zu haben. Stattdessen sagt sein Bruder, er sei der Urheber. Die Art der Berichterstattung hat Kritik hervorgerufen. Stefan Niggemeier erklärt im Interview mit dem Deutschlandfunk, worum es im Einzelnen geht und was die “Süddeutsche” seiner Meinung nach hätte besser machen können.

3. Auf ein Stück Erdbeertorte bei ganz normalen Leuten
(uebermedien.de, Lisa Kräher)
Bei “Übermedien” kritisiert Lisa Kräher die Berichterstattung der “Zeit” über Menschen, die 2020 versucht haben, das Reichstagsgebäude in Berlin zu stürmen. Kräher bemängelt, dass die Redaktion den Beteiligten eine große Plattform biete, ohne deren Motive und Hintergründe ausreichend kritisch zu hinterfragen. Sie argumentiert, dass die Darstellung verharmlosend wirken könne und die tatsächlichen Probleme nicht angemessen adressiere. Besonders kritikwürdig seien aus ihrer Sicht die von der “Zeit” in deren Social-Media-Kanälen verwendeten Zitatkacheln.

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4. “Hier findet Entgrenzung statt”
(taz.de Wilfried Urbe)
Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, spricht im Interview mit der “taz” über die Herausforderungen von Hass und Desinformation im Internet. Er betont, dass die Gesellschaft zunehmend Verantwortung übernehme, indem sie entsprechende Hassbotschaften melde. Die NRW-Initiative “Verfolgen statt nur Löschen” habe bereits zu zahlreichen Ermittlungsverfahren und Verurteilungen geführt: “Nachdem wir 2018 starteten, haben wir inzwischen 1.500 Anzeigen an das LKA NRW beziehungsweise das BKA weitergeleitet. Daraus sind 900 Ermittlungsverfahren entstanden und 400 Beschuldigte identifiziert worden. Aktuell laufen 52 Anklagen, bisher kam es zu 38 Verurteilungen.”

5. Länder wollen Intendantengehalt im RBB-Staatsvertrag deckeln
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Wie Joachim Huber beim “Tagesspiegel” berichtet, sieht der neue Staatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) eine Gehaltsobergrenze für die Intendanz von 180.000 Euro vor – deutlich weniger als das derzeitige Gehalt der Senderchefin Katrin Vernau von 295.000 Euro. Die Ziele der Reform seien eine bessere Kontrolle, höhere Wirtschaftlichkeit und mehr Transparenz im Sender. Neben der Gehaltskürzung seien auch strukturelle Veränderungen wie die Verschlankung der Senderspitze und die Professionalisierung der Aufsichtsgremien geplant.

6. Youtuber sind keine Journalisten
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert ein Urteil des Verwaltungsgerichts Minden, das einen Youtuber mit professionellen Journalistinnen und Journalisten gleichstelle. Das Gericht habe laut “FAZ” entschieden, dass es für die unterstellte Pressetätigkeit ausreichend sei, einen Youtube-Kanal zu haben, und die Reichweite des Kanals dabei unerheblich sei. Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall findet das befremdlich und “verhaltensoriginell”. Er fragt unter der etwas generalisierend wirkenden Überschrift “Youtuber sind keine Journalisten”: “Wie will man eigentlich noch journalistische Angebote von lustigen Katzenvideos und anderem Klamauk unterscheiden?”

Doppelter Schirach, “Bravo” und die Fußballer, KI in der Medienaufsicht

1. “Auf die Community angewiesen”
(taz.de, Carolina Schwarz)
Das feministische “Missy Magazine” feiert sein 15-jähriges Bestehen, steht aber vor finanziellen Herausforderungen. Die Produktionskosten seien aufgrund der Papierkrise und der Inflation gestiegen, die Inflation habe gleichzeitig zu “signifikant mehr Abokündigungen” im ersten Halbjahr 2023 geführt. Carolina Schwarz hat sich mit den beiden “Missy”-Chefinnen über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ihres Magazins unterhalten.

2. Der doppelte Schirach
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Der bekannte Autor Ferdinand von Schirach hat ein neues Buch veröffentlicht und wurde vom “Stern” interviewt. Das Gespräch weise jedoch viele Ähnlichkeiten mit einem früheren Interview von Schirach im “SZ-Magazin” auf, beobachtet Stefan Niggemeier, sowohl in den Zitaten des Autors als auch in der Darstellung. Niggemeier kommentiert: “Verblüffenderweise ist jedes der Zitate, die der ‘Stern’ in seinem Schirach-so-privat-wie-noch-nie-Artikel besonders hervorhebt, eines, das sich mehr oder weniger wörtlich schon im ‘SZ-Magazin’ fand.”

3. Das BKA nutzt KI in der Medienaufsicht
(verdi.de, Günter Herkel)
Die Medienwächter der Landesanstalt für Medien NRW kooperieren seit Mai 2022 mit dem Bundeskriminalamt; diese Kooperation sei inzwischen auf alle Medienanstalten in Deutschland ausgeweitet worden. Bei dem Versuch, Kriminalität, Hass und Hetze im Internet zu bekämpfen, komme auch eine Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz: Die Software KIVI sucht online nach strafbaren Inhalten. Es gebe jedoch Bedenken hinsichtlich der Effektivität des Tools, möglicher Voreingenommenheit der KI und einer eventuellen Ausweitung des Einsatzes in autoritären Systemen. Günter Herkel hat Stimmen und Argumente zusammengetragen.

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4. Internetseiten mit “SEO-freundlich” umgeschriebenen Nachrichten von KI entdeckt
(heise.de, Martin Holland)
Im Internet tauchen immer mehr Websites auf, die von KI-Textgeneratoren umgeschriebene Nachrichten etablierter Medien veröffentlichen, um Einnahmen aus Online-Werbung zu erzielen. Dies habe die US-amerikanischen Firma NewsGuard festgestellt und darauf hingewiesen, wie schwierig es sei, derartige Inhalte zu identifizieren – es sei denn, der umgeschriebene Text enthalte Phrasen von Chatbots wie ChatGPT, die nicht entfernt wurden (beispielsweise: “Note: As an AI language model, I don’t have personal preferences or opinions. I have just tried to rephrase the title in a grammatically correct and alternative way.”).

5. Die Uhr tiktokt
(zeit.de, Pauline Schinkels)
TikTok-Nutzerinnen und -Nutzer in der Europäischen Union können künftig personalisierte Vorschläge ausschalten und stattdessen regional oder international beliebte Videos sehen. Dieser Schritt sei eine Reaktion auf den Digital Services Act der EU, der Online-Plattformen zu mehr Transparenz und Kontrolle durch die User verpflichte. Trotz der Möglichkeit, den personalisierten Feed abzuschalten, erwarte der Medienforscher Stephan Dreyer, dass viele weiterhin die personalisierten Empfehlungen bevorzugen werden, da diese relevanter und ansprechender seien. Pauline Bartels fasst in ihrem Beitrag zusammen, was an TikTok sonst noch kritisiert wird.

6. Nicht warm, son­dern heiß
(11freunde.de, Andreas Bock)
Andreas Bock beschreibt bei “11 Freunde”, wie Fußballer in den 1970er-Jahren auch durch die Jugendzeitschrift “Bravo” zu Teenie-Schwärmen wurden. Insbesondere Hansi Müller gewann mehrfach den “Bravo Otto”, eine Trophäe, die bis dahin vor allem an Schauspieler und Musiker vergeben worden sei. Aber auch andere Fußballspieler wie Karl-Heinz Rummenigge seien von der Jugendzeitschrift mit viel medialer Aufmerksamkeit bedacht worden.

KW 34/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Sollten Medien das Wort “Clan-Kriminalität” streichen?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 15:11 Minuten)
Die “Frankfurter Rundschau” (“FR”) hat beschlossen, den Begriff “Clan-Kriminalität” nur noch in Ausnahmefällen zu verwenden, da er Menschen stigmatisiere und “politisch missbraucht” werde (siehe die “6 vor 9” vom 16. August). Die Entscheidung wurde maßgeblich von der “FR”-Volontärin Yağmur Ekim Çay beeinflusst, die betont, dass Journalisten und Journalistinnen darauf achten sollten, wie sie über Themen sprechen und welche Begriffe sie verwenden. Im “Übermedien”-Podcast spricht Holger Klein mit ihr darüber, wie das Thema auf die Agenda kam, wie die redaktionsinterne Diskussion und die Entscheidungsfindung verliefen und welche Reaktionen es gab.

2. Clickworker – Ausgebeutet für künstliche Intelligenz
(swr.de, Christian Kretschmer, Audio: 28:45 Minuten)
Diese Woche empfahlen wir in den “6 vor 9” einen tagesschau.de-Beitrag von Christian Kretschmer über die Rolle und Situation von Clickworkern bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI). Clickworker, oft aus Ländern wie Kenia oder Kolumbien, trainieren Maschinen, indem sie Daten für KI-Systeme sammeln, und sind oft prekären Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen ausgesetzt. Trotz ihrer entscheidenden Rolle bei der Entwicklung von KI berichten viele von Ausbeutung, Perspektivlosigkeit und intensiver digitaler Überwachung. Im SWR-Beitrag kann man Kretschmer auf seiner Recherchereise nach Kenia begleiten, wo er mit zahlreichen Betroffenen gesprochen hat.

3. Sechs Frauen werfen «Republik»-Reporter sexuelle Belästigung vor
(srf.ch, Salvador Atasoy & Oliver Kerrison, Audio: 28:48 Minuten)
In einer Spezialausgabe des SRF-Medientalks geht es um mutmaßliche sexuelle Belästigungen durch einen bekannten Schweizer Journalisten und die Folgen für die Betroffenen. Die Recherche beleuchtet die “Strukturen hinter den mutmaßlichen Übergriffen” und diskutiert, warum die Betroffenen bisher gezögert haben, rechtliche Schritte einzuleiten. Dabei wird ausdrücklich betont, dass bei allem die Unschuldsvermutung gilt.

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4. Zwischen Milliardengeschäft und öffentlichem Anspruch – Sportübertragungen im TV
(ardaudiothek.de, BR24 Medien, Ingo Lierheimer, Audio: 24:41 Minuten)
Es ist ein krasses Ungleichgewicht: Während die TV-Rechte der vergangenen Fußball-Weltmeisterschaft der Männer rund 200 Millionen Euro einbrachten, waren es für die TV-Rechte der Fußball-WM der Frauen vergleichsweise magere, geschätzte fünf Millionen Euro. Das BR24-Medienmagazin wirft einen Blick auf das Geschäft mit den Übertragungsrechten von Sportereignissen und die offensichtliche Schieflage. Der Medienwissenschaftler Thomas Horky bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, dass es im deutschen Sportfernsehen vor allem drei Sportarten gebe: “Fußball, Fußball und Fußball”.
Weiterer Hörtipp: Bundesliga: Profitabel dank TV-Rechten (deutschlandfunk.de, Sebastian Wellendorf, Audio: 23:53 Minuten).

5. Medien im Exil – Freier Journalismus nach dem russischen Angriffskrieg
(deutschlandfunk.de, Axel Schröder, Audio: 18:58 Minuten)
Die Deutschlandfunk-Sendung “Hintergrund” thematisiert die schwierige Situation kremlkritischer Medien, die in Russland unter enormem Druck stehen und denen oft nur der Weg ins Exil bleibt. Es kommen russische Medienmacher und -macherinnen sowie Betroffene zu Wort, die unter abenteuerlichen und prekären Umständen ins Ausland übersiedeln mussten.

6. Videospiele und Journalismus? Die Gamescom in Köln
(sr.de, Thomas Bimesdörfer & Florian Mayer, Audio: 20:12 Minuten)
Anlässlich der in Köln stattfindenden Gamescom, der größten Videospielmesse der Welt, hat sich die SR-Mediensendung “Cross und Quer” mit Heiko Klinge, Chefredakteur des Videospielmagazins “GameStar”, über das Thema “Videospiele und Journalismus” unterhalten: Wo stehen Videospiele gesellschaftlich aktuell? Wie hat sich die Branche verändert? Und wie passt da der Journalismus rein?

Strafanzeige gegen Reichelt, Vom Winde verdreht?, Causa Mockridge

1. NDR erstattet Strafanzeige gegen Julian Reichelt
(spiegel.de, Anton Rainer)
Wie der “Spiegel” berichtet, hat der Norddeutsche Rundfunk (NDR) bei der Berliner Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen den ehemaligen “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt gestellt. Der NDR werfe Reichelt vor, in einem früheren Prozess gelogen zu haben, als er eidesstattlich versicherte, keine “diversen Affären” mit Mitarbeiterinnen des Springer-Konzerns gehabt zu haben. Als Beweis führe der NDR die eidesstattliche Versicherung einer betroffenen Frau an, die ihre Angaben durch einen Chatverlauf zwischen ihr und Reichelt bestätigt sieht.

2. Vom Winde verdreht? Mediale Narrative über Windkraft, Naturschutz und Energiewandel
(otto-brenner-stiftung.de, Georgiana Banita)
Die Kulturwissenschaftlerin Georgiana Banita hat im Auftrag der Otto Brenner Stiftung untersucht (PDF), wie Qualitätszeitungen “über klimapolitische Hoffnungen, ökonomische Erwartungen, wissenschaftliche Notwendigkeiten und umwelt- beziehungsweise gesundheitspolitische Bedenken” im Kontext der Windenergie berichten. Banita identifiziert “wiederkehrende Narrative, Mythen und Verzerrungen in der Berichterstattung” und betont, dass die mediale Debatte um Windenergie als Kulturkampf geführt werde.

3. Mockridge gegen “Spiegel”: Jetzt geht’s erst richtig los
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Der “Spiegel” veröffentlichte im September 2021 einen Artikel über den Comedian Luke Mockridge, in dem Vergewaltigungsvorwürfe einer Ex-Freundin thematisiert wurden. Mockridge ging juristisch gegen die Berichterstattung vor und war im sogenannten Verfügungsverfahren zunächst erfolgreich, wodurch wesentliche Teile des Artikels verboten wurden. Nun beginne das Hauptsacheverfahren, in dem es auch um die Frage geht, wie ausgewogen und sorgfältig das Nachrichtenmagazin berichtet hat. Timo Niemeier ordnet den Rechtsstreit und seine möglichen Folgen ein.

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4. Ein Schuss, kein Tor, die Bayern
(uebermedien.de, Andrej Reisin)
Bei “Übermedien” beschäftigt sich Andrej Reisin mit einem Vorfall, bei dem während des Bundesligaspiels zwischen dem FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach ein Polizist einen Schuss abgegeben haben soll, der einen leeren Transporter eines Fanclubs traf. Die meisten Medienberichte dazu stützten sich auf eine Pressemitteilung der Polizei, die den Schuss als unbeabsichtigt darstellte und von vier verletzten Beamten berichtete. Reisin kritisiert die unkritische Übernahme der Polizeidarstellung durch viele Redaktionen und betont, dass solche Vorfälle einer genaueren Untersuchung und Berichterstattung bedürfen, insbesondere wenn die Polizei selbst involviert ist.

5. Schluss mit Willkürhaft
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) protestiert gegen die nach einem Geheimprozess beschlossene Verlängerung der Untersuchungshaft für Evan Gershkovich, Korrespondent des “Wall Street Journal” in Moskau. Gershkovich, dem die russischen Behörden Spionage vorwerfen, soll weitere drei Monate im berüchtigten Lefortowo-Gefängnis bleiben. Der stellvertretende DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster kritisiert die Vorwürfe als absurd und sieht Gershkovich “als Bauernopfer für die diplomatischen Spannungen zwischen den USA und Russland”.
Weiterer Lesetipp: Im Interview mit der “Jungle World” berichtet die russische Investigativjournalistin Jelena Kostjutschenko über ihre mutmaßliche Vergiftung und ihre Erfahrungen mit dem russischen Geheimdienst. Bemerkenswert ist ihre Antwort auf die Frage, ob sich ihre Einstellung zu Russland in den vergangenen eineinhalb Jahren geändert habe: “Nein. Ich liebe mein Land, ich möchte dort leben und arbeiten. Für mich sind Russland und diejenigen, die versucht haben, mich zu töten, nicht ein und dasselbe. Es ist dumm und sinnlos, Journalisten zu töten. Der Journalismus bildet nur die Realität ab, und die verändert sich nicht durch die Ermordung von Journalisten.”

6. Wie Klickarbeiter in Kenia ausgebeutet werden
(tagesschau.de, Christian Kretschmer)
Tagesschau.de beschäftigt sich mit der Rolle und der Situation von Clickworkern bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI). Die Klickarbeiter, oft in Ländern wie Kenia oder Kolumbien ansässig, trainieren Maschinen, indem sie Daten für KI-Systeme sammeln, sind aber oft prekären Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen ausgesetzt. Trotz ihrer entscheidenden Rolle bei der Entwicklung von KI berichten viele von Ausbeutung, Perspektivlosigkeit und intensiver digitaler Überwachung: “Es hat etwas von Sklavenarbeit. Denn die Menschen hier haben keine andere Wahl. Es gibt kaum Jobs”, so ein Betroffener.

24-Stunden-Frist, DLF bedauert Gewaltaufruf, Gelöschte Kritik

1. ver.di kritisiert Kanzleramt wegen 24-Stunden-Frist zur Kommentierung des BND-Gesetzes
(dju.verdi.de, Daniela Milutin)
Das Bundeskanzleramt habe betroffenen Verbänden und Organisationen, einschließlich der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, lediglich 24 Stunden Zeit gegeben, um den Referentenentwurf zur Überarbeitung des BND-Gesetzes zu kommentieren. Christoph Schmitz, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, kritisiert diese kurze Frist und betont, dass das BND-Gesetz die Rechte von Journalistinnen und Journalisten nicht ausreichend schütze, was bereits zu Kritik vom Bundesverfassungsgericht geführt habe. Die dju fordert das Kanzleramt auf, die Frist zur Stellungnahme anzupassen und die Verbände angemessen zu beteiligen.
Weiterer Lesehinweis: Bundeskanzleramt simuliert Verbändebeteiligung mit 24-Stunden-Frist (netzpolitik.org, Markus Reuter).

2. LinkedIn löscht sachliche Kritik an AfD
(netzpolitik.org, Tomas Rudl)
Wie netzpolitik.org berichtet, hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch auf LinkedIn vor einer Zusammenarbeit mit der AfD gewarnt. Sein Beitrag sei daraufhin von der Plattform wegen angeblicher Hassrede gelöscht worden. Mesarosch klage nun mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gegen die Löschung, da er die Maßnahme als Einschränkung seiner Meinungsfreiheit sieht. Die GFF argumentiert, dass Plattformen nicht willkürlich vorgehen dürfen und in Mesaroschs Beitrag keine Herabwürdigung zu erkennen ist.

3. Außergerichtlich geeinigt
(taz.de, Christian Rath)
Der Axel-Springer-Verlag und der geschasste “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt haben ihren arbeitsgerichtlichen Streit mit einem Vergleich beigelegt, wodurch Reichelt seine Abfindung von zwei Millionen Euro behalten könne. Der ursprünglich für den 15. November angesetzte Prozess sei abgesagt worden; die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin gegen Reichelt wegen Betrugs würden hingegen weiterlaufen. Die Kontroverse hatte mit Vorwürfen des Machtmissbrauchs gegen Reichelt begonnen. Als Gerüchte aufkamen, dass Reichelt nach seiner Entlassung anderen Medien Unterlagen aus seiner Springer-Zeit angeboten haben könnte, habe der Verlag die Abfindung infrage gestellt.

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4. DLF bedauert gesendeten Gewaltaufruf gegen Selenskyi
(dwdl.de, Manuel Weis)
Im Deutschlandfunk (DLF) wurde eine Hörermeinung ausgestrahlt, in der gefordert wurde, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj “lebendig zu vierteilen”. Diese Passage der Sendung “Kontrovers” sei mittlerweile entfernt worden, der Sender habe für den Vorfall um Entschuldigung gebeten. Der DLF habe die Ausstrahlung als “Fehler eines erfahrenen Redaktionsteams” bezeichnet und interne Gespräche angekündigt, um zu klären, wie es dazu kommen konnte.

5. Fußball-Experten ohne Distanz?
(deutschlandfunk.de, Constantin Eckner, Audio: 5:14 Minuten)
Der Deutschlandfunk beschäftigt sich mit dem Transferjournalismus, also der Berichterstattung über Spielerverkäufe im Profifußball (siehe dazu auch die “6 vor 9” vom 16. August). Das Interesse an den millionenschweren Deals sei immens, die journalistische Neutralität gerate dabei jedoch manchmal in den Hintergrund, so Sportjournalist Constantin Eckner: “Transfers sind gewiss ein besonderes Spektakel. Dieses mit ausreichender journalistischer Distanz zu beobachten, ist mitunter die größte Herausforderung.”

6. Die Formel 1 und das gute Gefühl, dass jederzeit etwas passieren könnte
(uebermedien.de, Sebastian Hotz)
Im Rahmen der “Übermedien”-Serie “Geheimen Leidenschaften” reflektiert Sebastian Hotz, bekannt als “El Hotzo”, seine Faszination für die Formel 1 trotz der offensichtlichen moralischen und ökologischen Bedenken, die der Sport mit sich bringe. Für ihn liege die Magie unter anderem “in den gewaltigen Anstrengungen, die Fernsehsender auf der ganzen Welt auf sich nehmen, um diesen Sport vollends zu vermarkten und aus perfekten Athleten, die in perfekten Autos perfekte Runden um perfekte Strecken drehen, irgendetwas aufregendes zu machen. Und darauf falle ich nur allzu gerne rein.”

Gluckernde Güllepumpe, Geseufztes Halleluja, Klimajournalismus

1. Andreas Ellermann und die Güllepumpe aus Trash
(uebermedien.de, Peter Breuer)
Bei “Übermedien” beschäftigt sich Peter Breuer mit der medialen Selbstvermarktung des Andreas Ellermann, der sich durch seine Beziehungen zu Prominenten wie Patricia Blanco und Nadja Abd el Farrag in die Schlagzeilen der Boulevardpresse katapultiert hat. Breuer kritisiert die Redaktionen für ihre Bereitschaft, Ellermanns Inszenierungen zu verbreiten und bezeichnet die Beziehung zwischen Ellermann und den berichtenden Medien als “Perpetuum mobile” und “gluckernde Güllepumpe aus Trash, die bereits mit minimaler Nährstoffanreicherung ein unfassbares Textwachstum düngt”.

2. Klimajournalismus – über Herausforderungen und Perspektiven eines zukunftsträchtigen Ressorts
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Die Klimajournalistin Annika Joeres spricht im Interview über die Entwicklung und Herausforderungen ihres Themenfeldes. Sie betont, dass Klimajournalismus nicht nur über physikalische Gesetzmäßigkeiten berichtet, sondern auch kritisch hinterfragt, welche politischen und wirtschaftlichen Interessen die Klimapolitik beeinflussen. Und sie hat einen Tipp für junge Journalistinnen und Journalisten: “Wer sich für den Klimajournalismus interessiert, sollte sich in die Europapolitik im Zusammenhang mit der Klimakrise einarbeiten. Da wird dringend Nachwuchs gebraucht!”

3. Ein geseufztes Halleluja zum Geburtstag: Wo steht Bild TV?
(dwdl.de, Alexander Krei)
Mit großen Ambitionen startete der Springer-Konzern vor zwei Jahren sein Projekt “Bild TV”. Zum Jubiläum zieht Alexander Krei eine Zwischenbilanz. Die aktuellen Entwicklungen und Entscheidungen des Senders lassen in ihm Zweifel aufkommen, ob “Bild TV” langfristig in der Medienlandschaft bestehen kann: “In zwei Jahren steht die nächste Bundestagswahl an. Dass es dann noch einmal eine ‘Kanzlernacht’ bei Bild TV geben wird, darf bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist da schon, dass dann mal wieder ein Film über das Schwarze Loch gesendet wird. Wenn überhaupt.”

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4. “Clankriminalität”: Berichten, aber wie?
(deutschlandfunk.de, Luise Sammann, Audio: 5:57 Minuten)
Im Deutschlandfunk geht es um die Berichterstattung über “Clankriminalität”. Obwohl das Wort von Medien und Polizei häufig verwendet werde, gebe es keine einheitliche Definition. Oft werde der Begriff mit einer bestimmten ethnischen Herkunft in Verbindung gebracht, was zu Diskriminierung und Pauschalisierung führen könne. Experten empfehlen, dass Redaktionen differenzierter berichten und auch nicht-kriminelle Familienmitglieder zu Wort kommen lassen sollten.

5. “Frankfurter Rundschau” ohne Tarif
(taz.de, Caspar Shaller)
Die “taz” berichtet über den Tarifkonflikt bei der “Frankfurter Rundschau” (“FR”). Die Gewerkschaften Verdi und DJV würden eine Rückkehr in die Tarifbindung fordern, was die Geschäftsführung des Blattes ablehne. Die “FR” sei vor zehn Jahren aus der Tarifbindung ausgestiegen, was dazu führe, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vergleich mehrere hundert Euro weniger im Monat bekämen. Die Eigentümerin der Zeitung, die Ippen-Gruppe, argumentiert, die “FR” könne sich höhere Gehälter nicht leisten, was die Gewerkschaftsvertreter bezweifeln. Sie fordern mehr Transparenz über die finanzielle Situation des Unternehmens.

6. Wenn Pointen von damals heute aufregen
(tagesspiegel.de, Ariane Bemmer)
Der WDR hat alte Sendungen von Otto Waalkes und Harald Schmidt in der eigenen Mediathek mit einem Hinweis versehen, dass einige Passagen heute als diskriminierend empfunden werden könnten. Dafür wurde der Sender in Sozialen Medien heftig kritisiert. Zu Unrecht, findet Ariane Bremmer. Sie spricht in diesem Zusammenhang von einem Akt der Rücksichtnahme: “Es wird damit nichts zensiert, es wird nichts ungeschehen gemacht, es wird nichts zurückgenommen.”

AfD in den Medien, Presserecht ausgehebelt, “Spiegel” vs. Steingart

1. Berichterstattung über die AfD: “Der Medienopfer-Mythos fruchtet bei ihren Anhängern”
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
In einem Interview mit dem Kommunikationsberater Johannes Hillje beschäftigt sich der “Tagesspiegel” mit der Berichterstattung über die AfD und dem “Medienopfer-Mythos” der Partei. Hillje identifiziert rückblickend drei Phasen des journalistischen Umgangs mit der AfD: Erstens die mediale Verstärkung der rechtspopulistischen Rhetorik, zweitens eine Phase mit mehr journalistischer Verantwortung und drittens eine Phase der Orientierungslosigkeit, in der Medien wieder verstärkt über die AfD berichten. Er betont, dass die AfD die Normen der demokratischen Öffentlichkeit sprenge und einige Redaktionen nach wie vor Schwierigkeiten hätten, den Extremismus der Partei richtig einzuordnen.

2. Journalistenschelte überzogen
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert die pauschalen Vorwürfe von Springer-Chef Mathias Döpfner gegen Journalistinnen und Journalisten. Döpfner hatte in einem Beitrag in der “Welt” Medienschaffenden, insbesondere jenen, die sich um den Politikbetrieb in Berlin kümmern, eine Mitschuld am Aufstieg der AfD gegeben und behauptet, sie würden zu Aktionismus und überzogenen moralischen Erwartungen an Politikerinnen und Politiker neigen. Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall sagt, dass Döpfners Kritik in Einzelfällen zutreffen möge, sie zeichne aber insgesamt ein Zerrbild der Medienlandschaft.

3. Wenn Vereinsrecht Presserecht aushebelt
(verdi.de, Stefan Mey)
“In der deutschen Rechtsordnung gibt es also eine Hintertür, mit der sich eine Grundsäule des Rechtsstaats aushebeln lässt. Über ein wenig aufregend erscheinendes Gebiet namens Vereinsrecht lässt sich die Pressefreiheit hacken. Diese ‘Sicherheitslücke’ sollte dringend geschlossen werden.” Stefan Mey weist auf eine aus seiner Sicht gefährliche Schwachstelle unseres Rechtsstaates hin.

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4. Wie der “Spiegel” an Gabor Steingarts Bullshit scheiterte
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Bei “Übermedien” beschäftigt sich Stefan Niggemeier mit einem Konflikt zwischen dem Nachrichtenmagazin “Spiegel” und dem Medien-Start-up “Media Pioneer” von Gabor Steingart. Der “Spiegel” kritisiere Steingarts Unternehmen und werfe ihm vor, dass Firmen und Vereine durch die Buchung von Steingarts “Medienschiff” für Veranstaltungen möglicherweise auch eine redaktionelle Vorzugsbehandlung erhalten könnten. Niggemeier stellt die Recherche des “Spiegel” infrage und betont, dass viele der vom “Spiegel” aufgeworfenen Punkte entweder irrelevant oder unbewiesen seien. Sein Fazit: “Die unendlich lange ‘Spiegel’-Geschichte ist vor allem ein erschütterndes Dokument einer gescheiterten Recherche.”

5. New York Times gegen ChatGPT
(deutschlandfunk.de, Doris Simon, Audio: 5:43 Minuten)
Die “New York Times” (“NYT”) soll eine Urheberrechtsklage gegen das US-Unternehmen OpenAI prüfen, das hinter der Künstlichen Intelligenz (KI) ChatGPT steht. Die KI sei auch mit Texten der “NYT” trainiert worden, so der Vorwurf. Doris Simon berichtet für den Deutschlandfunk aus Washington und weiß mehr über den Streit und seine möglichen Folgen.

6. Weniger Geld für Demokratie-Projekte?
(youtube.com, Monitor, Herbert Kordes & Till Uebelacker & Laurie Stührenberg, Video: 7:53 Minuten)
Die Bundesregierung plant, die Finanzierung von Projekten, die sich für Demokratie und gegen Rechtsextremismus engagieren, zu kürzen. Hintergrund ist der Versuch, die sogenannte Schuldenbremse einzuhalten. Das treffe unter anderem die Organisation HateAid, die Betroffenen von rechter Hetze im Internet hilft, und die Bundeszentrale für politische Bildung mit zahlreichen Unterprojekten. Die Kürzungen seien ein falsches Signal und eine Gefahr für die Demokratie, kritisiert der “Monitor”-Beitrag.

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