Archiv für 6 vor 9

Protest gegen “Kulturoffensive”, Europas Medien, KI-Sprachpapst

1. Sender spricht von »Kulturoffensive«, Proteste in München
(spiegel.de)
Rund 200 Menschen haben am Montag vor dem Hochhaus des Bayerischen Rundfunks (BR) in München gegen eine geplante Programmreform im Kulturbereich protestiert. In einem offenen Brief der Initiative “Störsender” kritisieren Kulturschaffende die Reform, durch die im kommenden Jahr “mehrere Stunden eigenständiges Kulturprogramm” verschwänden. Der BR spreche hingegen von einer geplanten “Kulturoffensive”.

2. ver.di fordert lückenlose Aufklärung der Verhaftung zweier Journalisten in Dortmund
(dju.verdi.de, Lisa Isabell Wahr)
Im August wurden nach Angaben der Gewerkschaft Verdi in Dortmund zwei Journalisten, die wegen eigener Recherchen vor Ort waren, in der Nähe eines Tatorts festgenommen und für 16 Stunden in Polizeigewahrsam gehalten. Während der Ermittlungen sei die Wohnung eines der Journalisten gewaltsam aufgebrochen und Arbeitsmaterial beschlagnahmt worden: “Wir bezweifeln, dass das Vorgehen verhältnismäßig war. Wenn Journalistinnen und Journalisten Sorge haben müssen, im Rahmen ihrer Berichterstattung von der Polizei in Gewahrsam genommen und über Stunden festgehalten zu werden, beschneidet sie das eindeutig in der Ausübung ihrer Tätigkeit und damit am Ende auch die Pressefreiheit.”

3. Europas Krisen und das Versagen der Medien – Die überfällige Europäisierung des Journalismus
(de.ejo-online.eu, Harald Schumann & Elisa Simantke)
“Seit Jahrzehnten berichten Europas Medien und ihre Journalistinnen und Journalisten über europäische Themen allein aus der jeweils nationalen Perspektive ihrer Sitzländer und mit geringer Kenntnis der Vorgänge in den EU-Institutionen und den jeweils anderen Staaten. Das gefährdet die europäische Demokratie – und die Pressefreiheit.” Harald Schumann und Elisa Simantke stellen verschiedene Beispiele vor, bei denen Medien in verschiedenen EU-Ländern wichtige Themen und Ereignisse falsch oder unvollständig dargestellt haben, und betonen die Notwendigkeit einer stärkeren europäischen Perspektive im Journalismus.

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4. Keine Spähsoftware gegen Journalisten
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) fordert die EU-Institutionen auf, im Rahmen des EU-Medienfreiheitsgesetzes den Einsatz von Spähsoftware gegen Journalistinnen und Journalisten zu verbieten. Der vorliegende Gesetzentwurf habe Schlupflöcher, die von den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgenutzt werden könnten. Diese Lücken müssten geschlossen werden, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall: “Sonst besteht die Gefahr, dass übereifrige Ermittler ganz legal Spionageprogramme wie etwa Pegasus benutzen und so in jeden Redaktionsrechner eindringen können.”

5. Plattformaufsicht könnte Journalisten stärken
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen unterstützt den Entwurf für das neue Digitale-Dienste-Gesetz zur Plattformregulierung, sieht aber weiteren Handlungsbedarf zum Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit: “Wenn uns Grundrechte wie Presse- und Informationsfreiheit wichtig sind, dann brauchen wir eine zentrale und durchsetzungsstarke Behörde, die die Rechte von Nutzerinnen und Nutzern gegen die Macht der Tech-Konzerne effektiv durchsetzt”, so Helene Hahn, die zuständige Referentin für Internetfreiheit bei Reporter ohne Grenzen.

6. Der künstliche Sprachpapst
(deutschlandfunk.de, Bettina Köster, Audio: 5:55 Minuten)
Der im November 2022 verstorbene Wolf Schneider gilt vielen als der “Sprachpapst” schlechthin. Ganze Generationen von Medienschaffenden haben seine Bücher gelesen. Nun sollen Schneiders Sprachempfehlungen in eine Künstliche Intelligenz einfließen, die von der “Reporterfabrik” entwickelt wird. Der Deutschlandfunk sprach mit Cordt Schnibben über das Projekt, das sich derzeit noch in der Testphase befindet.

Böhmermann-Zwist, Neue Leitlinien, Umtriebige TV-Doktoren

1. “Gerechtigkeit für alle Kriegsopfer”
(taz.de, Tigran Petrosyan)
Katerina Sergatskova, Chefredakteurin des unabhängigen Online-Mediums “Zaborona” in Kiew, spricht im Interview mit der “taz” über die Herausforderungen für Journalisten und Journalistinnen in der Ukraine. Trotz Schwierigkeiten wie dem eingeschränkten Zugang zu Kriegsgebieten und der Kommunikation mit dem Militär sieht Sergatskova auch Positives: “Der Journalismus in der Ukraine ist sehr gereift. Meines Erachtens hat sich eine große Solidarität unter den Medienschaffenden entwickelt. Sie sind bereit, sich gegenseitig zu helfen, nützliches Wissen zu teilen, voneinander zu lernen. Im Vergleich zum Anfang der Invasion sind wir heute viel besser vorbereitet und zuversichtlicher in unserem Handeln.”

2. Hat Jan Böh­m­er­mann wir­k­lich falsch berichtet?
(lto.de, Felix W. Zimmermann)
Der ehemalige Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, hat rechtliche Schritte gegen das ZDF und insbesondere gegen die Sendung “ZDF Magazin Royale” von Jan Böhmermann eingeleitet, da er sich durch die Berichterstattung falsch dargestellt fühlt. Schönbohm verlangt eine Geldentschädigung in Höhe von 100.000 Euro und wendet sich gegen bestimmte Behauptungen in der Sendung. Bei “Legal Tribune Online” hat sich der Jurist Felix W. Zimmermann den Fall angesehen und kommt zu folgendem Ergebnis: “Zusammenfassend ist die ZDF-Sendung zu Schönbohm aufgrund ihrer Einseitigkeit und Selektivität kein Ruhmesblatt für den ‘journalistischen Arm’ des ZDF Magazin Royals. Presserechtlich angreifbar ist der Bericht allerdings nicht, da er nach aktueller Kenntnislage keine falschen Tatsachenbehauptungen enthält.”
Weiterer Lesetipp: Beim “RedaktionsNetzwerk Deutschland” kommt Jan Böhmermann zu Wort: “Ein Komplott? Ein herrlich deutscher Quatsch”: Jan Böhmermann verteidigt “Cyberclown”-Recherchen (rnd.de, Imre Grimm).

3. Neue Leitlinien für Berichterstattung über assistierten Suizid
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein & Martin Krebbers)
Medien kommt bei der Berichterstattung über Suizide eine besondere Verantwortung zu, da diese zu Nachahmungstaten führen kann. Bisherige Leitlinien für Journalistinnen und Journalisten hätten den assistierten Suizid kaum berücksichtigt, dies ändere sich nun, insbesondere durch Empfehlungen aus Österreich. Dort wurde der “Leitfaden zur Berichterstattung über Suizid” (PDF) entsprechend aktualisiert: “In der medialen Berichterstattung über assistierte Suizide gelten grundsätzlich die gleichen Prinzipien wie generell in der Berichterstattung über Suizid.”
(Solltest Du Suizid-Gedanken haben, dann gibt es Menschen, die Dir helfen können, aus dieser Krise herauszufinden. Eine erste schnelle und unkomplizierte Hilfe bekommst Du etwa bei der “TelefonSeelsorge”, die Du kostenlos per Mail, Chat oder Telefon (0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222) erreichen kannst.)

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4. Journalistin Zhang Zhan: den Tod vor Augen
(reporter-ohne-grenzen.de)
In China werden kritische Medienschaffende nach wie vor gnadenlos verfolgt, wie die Fälle von Zhang Zhan, Yang Hengjun und Zhou Yuanzhi zeigen. Die Journalistin Zhang Zhan, die über die Anfänge der Covid-19-Pandemie in Wuhan berichtete, ist seit 2020 inhaftiert und durch einen Hungerstreik, mit dem sie ihre Unschuld beteuert, gesundheitlich schwer geschädigt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen fordert die Freilassung aller in China inhaftierten Journalistinnen und Journalisten und weist auf die Risiken hin, denen diese ausgesetzt sind, sowie auf die häufige Verweigerung medizinischer Versorgung durch das Regime.

5. Bekannte TV-Doktoren nehmen auch Geld von Firmen
(infosperber.ch, Martina Frei)
Bei “Infosperber” geht es um die britischen Zwillingsbrüder und Ärzte Chris und Xand van Tulleken, die häufiger im TV auftreten. Diese hätten zugegeben, Geld von Firmen für Werbung und Vorträge angenommen zu haben. So seien Chris van Tulleken “routinemäßig” 20.000 britische Pfund für einen einstündigen Vortrag angeboten worden, während sein Bruder Xand rund 100.000 britische Pfund für eine Werbekampagne für private Bluttests erhalten habe. Aber auch die Tätigkeit der im deutschen Fernsehen aktiven Ärzte Eckart von Hirschhausen und Johannes Wimmer sei nicht immer unproblematisch.

6. Kann man sich den Fußball sparen?
(verdie.de, Günter Herkel)
Sport, insbesondere Fußball, ist eines der größten Zugpferde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, entsprechend viel Geld geben die Anstalten aus, um Inhalte einzukaufen. Frauke Gerlach, Direktorin des Grimme-Instituts, schlägt nun vor, dass ARD und ZDF aufgrund der hohen Kosten für die Übertragungsrechte aus dem Bieterwettstreit um die teuren Fußballübertragungen aussteigen sollten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle sich auf ein “unabhängiges, werteorientiertes und wissensbasiertes Programm” konzentrieren. Gunter Herkel hält davon gar nichts und spricht von einem “Schlag ins Gesicht von Millionen Beitragszahler*innen, die selbstverständlich Live-Sport im öffentlich-rechtlichen TV sehen wollen.”

Polizei ermittelt gegen Böhmermann, Assange-Brief, “Titanic” funkt “SOS”

1. Wegen TV-Recherchen: Polizei ermittelt gegen Böhmermann
(dwdl.de, Alexander Krei)
Wie “DWDL” unter Verweis auf einen Beitrag von “Clap” berichtet, habe die Kölner Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen Jan Böhmermann und das “ZDF Magazin Royale” eingeleitet. Hintergrund sei offenbar die verdeckte Teilnahme eines Mitarbeiters der Sendung an einem Seminar der Psychotherapeutin Michaela Huber. Das ZDF habe die Ermittlungen bestätigt, die Vorwürfe jedoch zurückgewiesen und betont, dass die Recherche allen journalistischen Standards entsprochen habe.

2. Der Kaiserin neue Kleider
(taz.de, Steffen Grimberg)
Das Grimme-Institut, bekannt durch die Verleihung des renommierten Grimme-Preises, steht finanziell nicht gut da und verzeichnet für 2023 eine “Unterdeckung” von 323.000 Euro bei einem Gesamtetat von rund drei Millionen Euro. Trotz der finanziellen Schwierigkeiten hat die Direktorin des Instituts, Frauke Gerlach, den Wunsch nach einer dritten Amtszeit geäußert. Steffen Grimberg, der 2015 selbst den Grimme-Preis leitete, wundert sich: “Es zeugt schon von einer gehörigen Chuzpe, sich angesichts dieser Bilanz als Kandidatin für eine weitere Amtszeit zu empfehlen.”

3. Berichterstattung im Visier des Strafrechts
(verfassungsblog.de, Jens Puschke & Pascale Fett)
Im “Verfassungsblog” wird die Kritik an der Strafnorm des Paragrafen 353d des Strafgesetzbuches diskutiert, die Medienschaffende einer möglichen strafrechtlichen Verfolgung aussetzt, wenn sie Dokumente aus Strafverfahren veröffentlichen. Dies werde als “Kriminalisierung korrekter Berichterstattung” bezeichnet. Jens Puschke und Pascale Fett argumentieren, dass diese Norm die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit beeinträchtige, und fordern ihre Streichung aus dem Strafgesetzbuch.

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4. Was Journalismus von der Mediation lernen kann
(journalist.de, Ellen Heinrichs)
In der Reihe “Mein Blick auf den Journalismus” hebt Ellen Heinrichs, Geschäftsführerin des Bonn Institute, die Bedeutung von Techniken aus der Mediation für den Journalismus hervor. Heinrichs argumentiert, dass Journalistinnen und Journalisten besser zuhören und mehr Empathie zeigen sollten, da dies der Schlüssel zu relevantem Journalismus sei. Sie betont, dass Mediation und Journalismus viele Gemeinsamkeiten hätten, insbesondere im Umgang mit Konflikten, und unterstreicht die Bedeutung von Empathie, professioneller Distanz und Unparteilichkeit in beiden Berufen.

5. Offener Brief an Baerbock: Prominente fordern Unterstützung für Assange
(fr.de, Thomas Kaspar)
In einem offenen Brief fordern zahlreiche Prominente aus Politik, Kultur und Medien Außenministerin Annalena Baerbock auf, sich bei ihrem bevorstehenden USA-Besuch für Wikileaks-Gründer Julian Assange einzusetzen: “Wir teilen die Auffassung von Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und nahezu allen Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbänden weltweit, dass die Verfolgung von Julian Assange einen schwerwiegenden Angriff auf die Medienfreiheit darstellt.” Auch der Chefredakteur der “Frankfurter Rundschau” gehört zu den Unterzeichnern des Briefes, der in dem Beitrag in voller Länge dokumentiert ist.

6. Die “Titanic” sendet SOS
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Das bekannte deutsche Satiremagazin “Titanic” hat offenbar große finanzielle Schwierigkeiten. Grund seien unter anderem inflationsbedingte Kündigungen und stark gestiegene Papier- und Versandkosten. Um zumindest bis zum Jahresende weitermachen zu können, benötige der Verlag 5.000 neue Abonnements. Helfen soll nun eine Rettungs-Werbekampagne, die mit Maren Kroymann und Jan Böhmermann prominente Unterstützung hat.

KW 36/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Fiel StrgF auf einen Blender rein?
(youtube.com, Business Insider Deutschland, Video: 3:05 Minuten)
Vor gut zwei Monaten erschien auf Youtube ein Video des jungen Formats “Strg_F”, das seitdem über vier Millionen Mal aufgerufen wurde. In dem Film geht es um “Privatjets, Yachten, Kaviar” und die Frage: “Wie beeinflussen Superreiche das Klima?” Einer der Protagonisten, der 18-jährige Theo Stratmann, gibt sich darin betont großspurig, dekadent und ignorant und sorgt seit Wochen für ein enormes Echo in den Sozialen Medien und auf Youtube. Die Redaktion von “Business Insider” hat mit Theos Stratmanns Vater gesprochen, und der ist äußerst verwundert: “Mir ist es ein Rätsel, woher Theo das Geld für seinen angeblich so luxuriösen Lebensstil haben will”. “Business Insider” (“BI”) fragt sich: “Wie passt das mit der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Formats ‘StrgF’ zusammen: Ist das Format auf einen Blender reingefallen?” Mehr von der “BI”-Recherche zu Stratmann gibt es in einem weiteren Video.

2. Was macht Krisen-PR erfolgreich?
(br.de, Jonathan Schulenburg, Audio: 26:01 Minuten)
Das Medienmagazin von BR24 nimmt die Aiwanger-Affäre zum Anlass, sich mit dem Thema Krisenkommunikation auseinanderzusetzen: Wie hat Hubert Aiwanger kommuniziert? Hat er dabei Fehler gemacht? Wie haben die Medien reagiert? Unter anderem darüber spricht Jonathan Schulenburg mit dem Krisenkommunikations-Berater Markus Ewald und Frank Roselieb, Direktor des Instituts für Krisenforschung.

3. Mental Health im Journalismus
(mediummagazin.de, Olivia Samnick, Audio: 46:53 Minuten)
In der aktuellen Folge des Podcasts “Bonjourno” geht es um die Frage, wie über psychische Erkrankungen diskriminierungsfrei berichtet werden kann. Zu Gast sind die freien Journalistinnen Lisbeth Schröder und Larena Klöckner. Gastgeberin Olivia Samnick hat die Folge mit einer Triggerwarnung versehen: “Es geht gleich auch um die Berichterstattung zu Amokläufen. Wenn euch das Thema zusetzt, überspringt diese Folge oder hört sie euch in Begleitung an.”

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4. Der Wert von Kritik
(buzzsprout.com, Mary-Jane Bolten & Human Nagafi, Audio: 1:14:22 Stunden)
Der “Corporate-Theory”-Podcast behandelt das große Thema Kritik. Dazu haben sich Mary-Jane Bolten und Human Nagafi jemanden eingeladen, der seit über einem Jahrzehnt selbst als Kritiker in Medien unterwegs ist: Wolfgang M. Schmitt (unter anderem “Die Filmanalyse”): “Wir vergleichen die Rolle eines Kritikers mit der Rolle von Gestaltern in Unternehmen. Welche Rolle spielt Kritik und welche Züge nimmt sie an? Was stört so an negativer Kritik und wie können wir emotional damit umgehen? Wir sprechen über den Drang, alles immer positiv zu formulieren und dem Trend, alle Meinung als valide Meinung durchgehen zu lassen – und was das über unsere Gesellschaft aussagt.”

5. Fotos melden bei der VG Bild-Kunst
(freienpodcast.letscast.fm, Geraldine Friedrich & Francoise Hauser, Audio: 26:37 Minuten)
Der “Freien-Podcast” beschäftigt sich mit einer Situation, die sicher nicht wenige Medienschaffende kennen: “Die Frist für die Meldung an die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst rückt näher – und wie geht das nochmal? Wie melde ich und lohnt sich das überhaupt?” Sandra Freischem, Juristin bei der VG Bild-Kunst, erklärt, was genau die Verwertungsgesellschaft macht, wie man daran teilhaben kann und was bei den Meldungen zu beachten ist.

6. Wie lustig ist es, wenn der Kanzler dazu auffordert, über ihn zu spotten?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 12:23 Minuten)
Nach einem Unfall beim Joggen trägt Bundeskanzler Olaf Scholz aktuell eine Augenklappe. In einem Tweet schrieb er (oder sein Social-Media-Team): “Wer den Schaden hat… Bin gespannt auf die Memes.” Der frühere “Titanic”-Chefredakteur Tim Wolff spricht im “Übermedien”-Podcast darüber, woran man einen guten Witz erkennt, und ob es vielleicht Leute oder Institutionen gibt, die todernst sein sollten: “Wenn ein Kanzler so etwas in die sozialen Medien gibt und sagt: Hier, macht mal Witze, dann hat sich die ganze Öffentlichkeit in eine Art ‘Titanic’-Redaktionssitzung verwandelt.” Das könne niemand wollen.

Lin­de­manns Nie­der­lage, Radiopreis, “Großangriff auf das Medienkartell”

1. Lin­de­mann mit Nie­der­lage gegen Süd­deut­sche Zei­tung
(lto.de, Felix W. Zimmermann)
Wie bei “Legal Tribune Online” zu lesen ist, hat das Landgericht Frankfurt einen Unterlassungsantrag des Rammstein-Sängers Till Lindemann gegen die “Süddeutsche Zeitung” zurückgewiesen. “Vermutlich sieht das Gericht für den Verdacht sexueller Übergriffe durch Lindemann genügend Beweistatsachen”, spekuliert Felix W. Zimmermann in seinem Bericht. Eine Urteilsbegründung liege allerdings noch nicht vor.

2. Anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist rechtswidrig
(tagesschau.de)
Das Bundesverwaltungsgericht hat die anlasslose und flächendeckende Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärt und ist damit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gefolgt. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) begrüßt die Entscheidung: “Endlich herrscht Rechtssicherheit für die Journalistinnen und Journalisten, die von Berufs wegen von der Datenspeicherung in besonderem Maße betroffen waren”, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

3. Rechter Angriff via TV
(taz.de, Andreas Speit)
Wie Andreas Speit in der “taz” berichtet, starte der österreichische Sender AUF1 im deutschen Fernsehen und bezeichne dies als “Großangriff auf das Medienkartell”. Der Sender werde über den deutschen Kanal SRGT (ehemals SchwarzRotGold TV) ausgestrahlt und behandle Themen wie “Great Reset”, “Hitzehysterie” und “Coronalügen”. Die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg sei über die Ausstrahlung der Inhalte von AUF1 nicht informiert und werde die rechtliche Situation prüfen.

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4. Wer Schadenersatz will, muss konkret werden
(netzpolitik.org, Hasset Tefera-Alemu & Ingo Dachwitz)
Das Oberlandesgericht Hamm habe entschieden, dass Meta, der Mutterkonzern von unter anderem Facebook, nicht verpflichtet sei, Schadenersatz für ein Datenleck zu zahlen, bei dem Telefonnummern von Nutzerinnen und Nutzern erbeutet wurden. Obwohl das Gericht Datenschutzverstöße durch Meta feststellte, sei die Klage einer Betroffenen abgewiesen worden. Der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems sehe in dem Urteil jedoch keine Signalwirkung.

5. Deutscher Radiopreis 2023: Die Gewinnerinnen und Gewinner
(dwdl.de, Alexander Krei)
Gestern fand in Hamburg die Verleihung des Deutschen Radiopreises statt, die von 60 Radiosendern übertragen wurde. Alexander Krei war von der “kurzweiligen Show” angetan: “Die 14. Radiopreis-Verleihung – die erste in der Neuen Flora – zeigte in gut zweieinhalb Stunden sehr eindrucksvoll, wie viel Potenzial noch immer in diesem Medium steckt, das vor ziemlich genau 100 Jahren seinen Siegeszug in Deutschland antrat und noch immer tagtäglich Millionen Hörerinnen und Hörer erreicht.”

6. Vom Glück, eine perfekt produzierte Sendung wie “Bares für Rares” zu gucken
(uebermedien.de, Friedrich Küppersbusch)
Bei “Übermedien” verrät Friedrich Küppersbusch im Rahmen der Reihe “Geheime Leidenschaften” seine Vorliebe für die ZDF-Sendung “Bares für Rares”, einem Format, das man nicht unterschätzen solle: “Die offensive Schlichtheit des Formates verleitet zum Ei-des-Columbus-Denken: Ja, nee, das hätte ja nun jeder gekonnt. Dagegen steht die jederzeit spürbare Perfektion des Handwerks. Da verhökern Leute die Eheringe verstorbener Partner, gehen Ölgemälde von Omi für wenige Euro weg und gelingt es, eine tragische Geschichte neben der nächsten Charakterlosigkeit in Grund und Boden zu flauschen.”

Rechtsextremisten entwaffnen, Grenze von Umfragen, Geldprobleme

1. Rechtsextremisten entwaffnen
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) fordert die Entwaffnung von Rechtsextremisten zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten, die ins Visier der rechtsextremen Szene geraten sind. Hintergrund ist eine von “Correctiv” veröffentlichte Karte, nach der 1.000 mutmaßliche Rechtsextremisten legal eine Waffe besitzen. “Daraus geht hervor”, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall, “dass bewaffnete Rechtsextremisten fast überall zu finden sind. Unfassbar.”
Weiterer Lesetipp: Rechtsextreme mit Waffenerlaubnis: “Wir müssen noch weiter gehen” (correctiv.org, Anette Dowideit & Till Eckert).

2. Wo Umfragen an ihre Grenzen stoßen
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 6:29 Minuten)
Stefan Fries spricht im Deutschlandfunk über die Probleme und Grenzen von Umfragen wie die des “Stern” zur Entscheidung von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder, seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger im Amt zu lassen. Die Umfrage habe methodische Schwächen wie einen kurzen Befragungszeitraum und eine komplizierte Fragestellung, die die Ergebnisse infrage stellen könnten. Fries warnt davor, Umfrageergebnisse unkritisch zu übernehmen, da sie oft unsicher seien und von vielen Faktoren beeinflusst werden könnten. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf einen aktuellen BILDblog-Beitrag: Die, die wenig haben, gegen die, die noch weniger haben.

3. Grimme-Institut hat Geldprobleme
(zdf.de)
Das Grimme-Institut soll vor einem Finanzdefizit von 323.000 Euro für das laufende Jahr stehen, das voraussichtlich im nächsten Jahr auf 430.000 Euro ansteigen werde. Die Ursachen seien höhere Tarifabschlüsse und steigende Veranstaltungs- und Energiekosten. Laut Institutsleiterin Frauke Gerlach sei das Defizit für 2023 bereits durch höhere Förderzusagen abgedeckt. Für 2024 hoffe sie auf weitere Unterstützung.

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4. “Facebook News” wird in Deutschland nicht weitergeführt
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Wie “DWDL” berichtet, wird Facebook sein Nachrichtenangebot “Facebook News” in Deutschland einstellen. Das Feature, das im Mai 2021 mit großen deutschen Verlagen als Partner gestartet war, sei nie prominent in der App platziert worden und werde nun wegen zu geringer Nutzung geschlossen. Die Entscheidung sei Teil der Facebook-Strategie, sich auf die Inhalte zu konzentrieren, die die Nutzerinnen und Nutzer “am meisten schätzen”.

5. So schreibt man Newsletter mit Nutzwert!
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Beim “Fachjournalist” gibt es ein Interview mit Anne-Kathrin Gerstlauer, die den größten Newsletter im Bereich Journalismus, PR und Marketing betreibe. Gerstlauer gibt Tipps für die erfolgreiche Konzeption und das Schreiben von Newslettern, darunter die Bedeutung von “snackable content”, die Wahl einer starken Betreffzeile und die Notwendigkeit, den Newsletter nützlich zu gestalten. Gerstlauer betont auch die Wichtigkeit der Zielgruppenanalyse und erklärt, wie sie ihre Reichweite und ihr Geschäft durch ihren Newsletter erweitert hat.

6. Meta scheitert vor Gericht
(taz.de)
Ein norwegisches Gericht habe eine Klage des US-Konzerns Meta gegen ein Verbot personalisierter Werbung auf Facebook und Instagram abgewiesen. Meta müsse weiterhin eine tägliche Strafe von einer Million norwegischer Kronen (ca. 88.500 Euro) zahlen. Die norwegische Datenschutzbehörde Datatilsynet habe das Urteil als “großen Sieg für den Schutz persönlicher Daten” bezeichnet.

“Katapult” vor Insolvenz, Tatort Aufnahmestudio, Höcke-Interview

1. “Katapult” ist insolvent und wirbt um Unterstützung bei seinen Leserinnen.
(turi2.de, Daniel Sallhof)
Wie der Branchendienst “turi2” unter Berufung auf eine Mitteilung des Unternehmens Katapult berichtet, stehe der Verlag kurz vor der Insolvenz. Herausgeber und Gründer Benjamin Fredrich habe den Start der geplanten Journalismusschule auf unbestimmte Zeit verschoben und rufe die Leserschaft auf, sich mit Rettungsideen einzubringen. Fredrich, der bereits des Öfteren in der Kritik stand und Ende Januar als Geschäftsführer und Chefredakteur zurückgetreten ist, verspreche eine “Insolvenz-Transparenz” und gebe an, dass dem Verlag derzeit 450.000 Euro fehlen (ein Betrag, den Fredrich auch über den Verkauf von Grashalmen, selbstgestalteten “Insolvenztassen” und “hässlich bemalten” Beuteln ausgleichen will).

2. Brauchte es wirklich das Höcke-Interview, damit Medien der Ableismus der AfD auffällt?
(uebermedien.de, Andrea Schöne)
Andrea Schöne kritisiert auf “Übermedien” die Medienreaktionen auf Björn Höckes ableistische Äußerungen über inklusive Bildung. Schöne argumentiert, dass die Medienlandschaft in Deutschland Menschen mit Behinderung und deren Perspektiven weitgehend ignoriere, was zu einer verzerrten Darstellung von Inklusion und Behindertenpolitik führe. Sie fordert eine umfassendere und differenziertere Berichterstattung über Behindertenpolitik und schlägt verschiedene Maßnahmen vor, um dies zu erreichen.

3. Tatort: Aufnahmestudio
(mediummagazin.de, Niklas Münch)
Im “medium magazin” diskutiert Niklas Münch das wachsende Genre der True-Crime-Podcasts und deren ethische Implikationen. Während diese Formate in Deutschland immer beliebter werden, kritisieren einige, dass sie die Grenze zwischen Qualitäts- und Boulevardjournalismus verwischen. Münch stellt die Frage, ob Medien Verbrechen als unterhaltsame, spannend erzählte Inhalte aufbereiten sollten, und beleuchtet verschiedene Perspektiven von Befürwortern und Kritikern zum Thema. In einem seien sich jedoch alle einig: “Niemand mag das Label ‘True Crime’.”

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4. Die besten Floskeln aller Zeiten
(infosperber.ch, Daniela Gschweng)
Daniela Gschweng blickt zurück auf das sprach- und medienkritische Projekt “Floskelwolke”, das vor Kurzem nach neun Jahren zu Ende gegangen ist. Die beiden Journalisten Udo Stiehl und Sebastian Pertsch hatten auf ihrer Website und auf Twitter auf Floskeln, Phrasen und Framing in der Nachrichtensprache aufmerksam gemacht und damit eine breite Leserschaft gefunden. Ein endgültiges Aus ist es aber nicht: Die “Floskel des Monats” wird es auch weiterhin in der Fachzeitschrift “journalist” geben.

5. “Veränderung ist jetzt eine Konstante”
(blog.medientage.de, Lisa Priller-Gebhardt)
Der Bewegtbildexperte Evan Shapiro spricht im Interview mit dem Blog der Medientage München über die Herausforderungen und Chancen für TV und Streaming in Deutschland. Er betont, dass traditionelle Medienunternehmen ihre Geschäftsmodelle überdenken und sich dem veränderten Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer anpassen müssen, um gegenüber Tech-Giganten wie Google, Amazon und Netflix konkurrenzfähig zu bleiben. Shapiro sieht insbesondere im Gaming-Bereich Potenzial für Medienunternehmen und warnt davor, dass diejenigen, die sich nicht anpassen, langfristig verlieren werden.

6. Anja Rützel, was können wir vom Trash-TV über das Leben lernen?
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 25:58 Minuten)
Anja Rützel ist nicht nur eine der profundesten Kennerinnen der deutschen Trash-TV-Szene, sondern auch eine geistreiche Kolumnistin mit viel Sprachwitz. Bei “Läuft”, der Programmschau von epd medien und Grimme-Institut, spricht Rützel darüber, was wir vom Trash-TV über das Leben lernen können, was sie an aktuellen Produktionen langweilt und warum sie sich ein Reality-TV-Format im bürgerlichen Milieu wünscht.

CSU-Pressesprecher als Störer, Lindemann-Streit, Kampagne?

1. Während Söder-Rede: CSU-Pressesprecher behindert Reporter
(t-online.de, Alexander Spöri & Jannik Läkamp)
Beim politischen Frühschoppen der CSU auf dem Gillamoos sollen ein Pressesprecher der Partei und zwei Sicherheitsleute die Arbeit von Journalisten behindert haben. Nachdem ein Journalist eine Protestaktion von Klimaschützern gefilmt hatte, habe sich der Pressesprecher neben die Journalisten an den Pressetisch gesetzt und versucht, die Veröffentlichung des Videos zu verhindern.

2. “Im Grunde eine Medienkampagne-Kampagne”
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Sebastian Wellendorf, Audio: 7:38 Minuten)
Der Deutschlandfunk beschäftigt sich mit der Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger, den stellvertretenden Ministerpräsidenten Bayerns und Bundesvorsitzenden der Freien Wähler. Aiwanger und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kritisieren die Medien und werfen ihnen eine “Schmutzkampagne” vor. Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje sowie Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, betonen jedoch die Bedeutung kritischer Berichterstattung und warnen vor einer “Medienopfer-Erzählung”.

3. RBB: Kein Anspruch auf Ruhegeld
(verdi.de)
Der ehemalige Verwaltungsdirektor des öffentlich-rechtlichen RBB, Hagen Brandstäter, ist nach Angaben der Gewerkschaft Verdi mit einer Klage gegen seine Kündigung gescheitert. Das Arbeitsgericht Berlin habe entschieden, dass Brandstäters Vertrag von 2018 wegen der Pensionsregelungen sittenwidrig und damit nichtig sei. Dadurch bestehe auch kein Anspruch auf Ruhegeldzahlungen und Hinterbliebenenversorgung. Finanzielle Ansprüche des RBB gegen Brandstäter wies das Gericht ebenfalls zurück. Das erstinstanzliche Urteil ist noch nicht rechtskräftig, beide Parteien können noch Berufung einlegen.

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4. Spiegel siegt in Runde 2 gegen Lin­de­mann-Kanzlei
(lto.de, Max Kolter)
Wie “Legal Tribune Online” (“LTO”) berichtet, hat das Landgericht Hamburg auf Antrag des “Spiegel” eine Pressemitteilung der Anwälte des Rammstein-Sängers Till Lindemann teilweise untersagt. Die Kanzlei Schertz Bergmann dürfe nicht mehr behaupten, dem “Spiegel” seien zwei Tatsachenbehauptungen untersagt worden. Die Entscheidung ist Teil eines größeren Rechtsstreits zwischen dem “Spiegel” und der Kanzlei, die gegen die Entscheidung Berufung einlegen wolle. “LTO”-Redakteur Max Kolter erläutert die rechtlichen und prozesstaktischen Implikationen der juristischen Auseinandersetzung

5. Wie westliche Medien TikTok nutzen um die Generation Z zu erreichen
(de.ejo-online.eu, Tamar Merabishvili)
Der Artikel des “European Journalism Observatory” diskutiert, wie westliche Medien TikTok nutzen, um die Generation Z zu erreichen. Traditionelle Medienorganisationen wie die Deutsche Welle hätten TikTok-Strategien entwickelt, um Inhalte zu präsentieren, die speziell auf die Interessen der jüngeren Generation zugeschnitten sind. Trotz des rasanten Wachstums von TikTok gebe es Bedenken hinsichtlich Fehlinformationen und der chinesischen Eigentümerschaft der Plattform.

6. Twitter wegen angeblicher Hilfe für Saudi-Arabien verklagt
(spiegel.de)
Nach Informationen des “Guardian” werde Twitter beziehungsweise X von einer Frau verklagt, die behauptet, das Unternehmen habe der saudischen Regierung bei der Identifizierung ihres Bruders geholfen, der später zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Zwei ehemalige saudische Mitarbeiter des Kurznachrichtendienstes sollen – lange Zeit vor der Twitter-Übernahme durch Elon Musk – Nutzerdaten an die Behörden ihres Landes weitergegeben haben. Einer von ihnen wurde bereits in den USA zu einer Haftstrafe verurteilt, der andere hatte sich rechtzeitig nach Saudi-Arabien abgesetzt. Bei dem Vorgang könnten womöglich finanzielle Interessen eine Rolle spielen: “Saudi-Arabien ist bis heute über die Kingdom Holding Company (KHC) und das Büro von Prinz Alwaleed bin Talal einer der wichtigsten Geldgeber von Twitter.”

Das Versagen der “Republik”, “Nius”, Karlsruher Wochenvorschau

1. Vorwürfe der sexuellen Belästigung: Eine Stellungnahme
(republik.ch)
Vor einer Woche haben wir in der Wochenendausgabe der “6 vor 9” auf eine Sonderausgabe des SRF-“Medientalks” hingewiesen, in der es um den Vorwurf der sexuellen Belästigung durch einen bekannten Schweizer Journalisten des Magazins “Republik” und die Folgen für die Betroffenen ging. In der Zwischenzeit hat die “Republik”-Redaktion mit einer Stellungnahme reagiert, in der sie sich erschüttert zeigt und einräumt, in dieser Angelegenheit versagt zu haben, insbesondere in Bezug auf die Unternehmenskultur und die Führungsstrukturen: “Vieles ist falsch gelaufen bei der Republik. Wir wollen der externen Unter­suchung auf keinen Fall vorgreifen, eine abschliessende Beurteilung wird erst möglich sein, wenn sie vorliegt. Schon heute jedoch gibt es Indizien dafür, dass Fehler gemacht wurden, als der beschuldigte Mitarbeiter eingestellt wurde. Damals wehrte sich eine Republik-Mitarbeiterin, die von Vorwürfen wegen sexueller Belästigung wusste, gegen diese Einstellung. Die damalige Redaktions­leitung hat die Vorwürfe zur Kenntnis genommen, Gespräche geführt – und ist zum Schluss gekommen, dass die Vorwürfe nicht belegt seien und einer Einstellung deshalb nichts im Wege stehe.”

2. Reichelts “Nius” – Eine Beobachtung
(verdi.de, Günter Herkel)
Günter Herkel beschäftigt sich mit “Nius”, einem Onlineportal, das von dem Software- und Medienunternehmer Frank Gotthardt betrieben wird und rechtspopulistische und reaktionäre Inhalte verbreitet. Das “Nius”-Personal stamme zu einem großen Teil aus dem Umfeld des geschassten “Bild”-Chefredakteurs Julian Reichelt. Die “Frankfurter Rundschau” habe das Geschäftskonzept bereits im Juli treffend beschrieben: “Mischt man die Flaggschiffe des Springer Verlags, ‘Bild’ und ‘Welt’, mit dem Haussender der US-Republikaner, Fox News, und gibt dem Ganzen einen vermeintlich hippen Look, kommt ‘Nius’ dabei heraus.”

3. Keine Medienkampagne
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) weist die Anschuldigungen des stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger zurück, Medien würden ein antisemitisches Flugblatt aus seiner Jugendzeit für eine politische Kampagne gegen ihn missbrauchen. Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall bezeichnet die Vorwürfe Aiwangers als “kruden Unsinn” und betont, dass es Aufgabe von Journalisten und Journalistinnen sei, kritisch über Politiker und Politikerinnen zu berichten. Aiwanger möge aktiv zur Aufklärung der Vorwürfe beitragen, anstatt Medien ungerechtfertigt zu beschuldigen.

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4. Was tun, wenn Politiker Journalisten zu Mikrofonhaltern degradieren?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 40:16 Minuten)
Am Freitag haben wir in den “6 vor 9” auf einen Beitrag des Deutschen Journalisten-Verbands hingewiesen, der die Bundesregierung für ihre “kommunikative Einbahnstraße” kritisierte. Medien hätten ein Recht auf Information: “Wir sind keine Mikrofonhalter. Wer glaubt, so mit den Medien umgehen zu können, hat die Rolle des Journalismus als kritische Institution in der Demokratie nicht verstanden.” Holger Klein spricht im “Übermedien”-Podcast mit der ZDF-Journalistin Winnie Heescher, die diese Praxis ebenfalls kritisiert hat.

5. Nicht zu ignorieren
(taz.de, Wilfried Urbe)
Eine Studie der Landesanstalt für Medien NRW zeige, dass Minderjährige oft unfreiwillig auf pornografische Inhalte im Internet stoßen, und dass dies einen erheblichen Einfluss auf ihre Sexualität und ihr Sexting-Verhalten hat. Die Behörde versuche, Portale wie “Pornhub” und “Xhamster” zur Einführung von Altersverifikationssystemen für den deutschen Markt zu verpflichten, stoße dabei aber auf rechtliche und technische Hürden. Eine entsprechende Regelung könne wohl nur auf EU-Ebene eingeführt werden.

6. Die neue Karlsruher Wochenvorschau
(lto.de, Christian Rath)
Wie Christian Rath bei “Legal Tribune Online” berichtet, hat das Bundesverfassungsgericht am 1. September eine neue Pressestrategie eingeführt. Dazu gehöre, dass jeden Freitag um 9:30 Uhr ein “Wochenausblick” publiziert werde, in dem die Entscheidungen angekündigt werden sollen, die in der folgenden Woche per Pressemitteilung veröffentlicht werden sollen. Die bisherige Praxis der Vorabinformation ausgewählter Journalistinnen und Journalisten werde eingestellt, den Pressemitteilungen werde eine etwa einseitige Zusammenfassung in allgemeinverständlicher Sprache vorangestellt.

KW 35/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Verdachtsberichterstattung im Fokus – was dürfen Journalisten?
(br.de, Ingo Lierheimer, Audio: 27:57 Minuten)
Der Medienpodcast von BR24 diskutiert die Grenzen der Verdachtsberichterstattung im Journalismus, die es Medien erlaubt, über Fälle zu berichten, auch wenn diese noch nicht gerichtlich geklärt sind. Als Beispiele werden die Beiträge über den stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger, die Band Rammstein und den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff genannt. Die Diskussionsteilnehmer, darunter Daniel Drepper, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung”, sowie der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes Frank Überall, erörtern die ethischen und rechtlichen Aspekte.

2. “Clans”: Mediendebatte um einen (Kampf-)Begriff
(sueddeutsche.de, Nadia Zaboura & Nils Minkmar, Audio: 35:16 Minuten)
In der aktuellen Folge des Medienpodcasts “quoted” sprechen Nadia Zaboura und Nils Minkmar über die Entwicklung des “Clan”-Begriffs in Medien: “Wie ist er zu einem medialen Dauerbrenner in unzähligen TV-Dokus, Sachbüchern und Schlagzeilen geworden? Wie sieht die Berichterstattung über kriminelle Mitglieder arabischer Großfamilien wirklich aus? Und würde ein Verzicht auf den umstrittenen Begriff die damit beschriebene Kriminalität wirklich verharmlosen?” Als Gast haben sich Zaboura und Minkmar den Soziologen Özgür Özvatan vom Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung eingeladen.

3. Warum TRIGGER-Warnungen oft triggern
(youtube.com, Filmanalyse, Wolfgang M. Schmidt, Video: 27:33 Minuten)
Unter einer Triggerwarnung versteht man eine Warnung vor möglichen auslösenden Reizen (Triggern). Traumatisierte Menschen sollen dadurch die Möglichkeit bekommen, selbst zu entscheiden, ob sie sich den eventuell belastenden Inhalten aussetzen wollen. Der gut gemeinte Hinweis werde immer weiter ausgedehnt und umfasse mittlerweile auch Mikroaggressionen und überholte Stereotype, findet Wolfgang M. Schmitt und führt diese Ansicht in seiner “Filmanalyse” weiter aus.

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4. Mit Aktivismus in den Burnout?
(ndr.de, Daniel Bröckerhoff, Video: 24:33 Minuten)
Wer für eine Sache brennt, kann auch ausbrennen. Sogenannte Sinnfluencer sind in dieser Hinsicht womöglich besonders gefährdet. Daniel Bröckerhoff hat sich für seinen “Zapp”-Film mit Betroffenen über deren Erfahrungen unterhalten: mit der Nachhaltigkeitsaktivistin Louisa Dellert, der Krankenschwester und Pflegeaktivistin Franzi Böhler und dem queeren, veganen Arzt Aljosha Muttardi. Bröckerhoff hat dabei fünf Ursachen herausgearbeitet, warum das Leben als Sinnfluencer mental so anstrengend sei.

5. Was Dokufilme nicht zeigen
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 37:37 Minuten)
Der Deutschlandfunk greift regelmäßig Kritik von Hörerinnen und Hörern auf und diskutiert sie im Medienpodcast “Nach Redaktionsschluss”. Diesmal kommt eine Hörerin zu Wort, die der Meinung ist, dass in Afrika-Dokumentationen “immer das Gleiche” gezeigt werde. Stimmt ihr Eindruck? Darüber diskutiert die Hörerin mit dem Filmemacher Jide Akinleminu, Arte-Redakteur Uwe Lothar Müller und Deutschlandfunk-Redakteurin Annika Schneider.

6. LNP466 Wodka Red Bull
(logbuch-netzpolitik.de, Tim Pritlove & Linus Neumann, Audio: 2:02:58 Stunden)
Julian Hessenthaler war einer der Köpfe hinter dem sogenannten “Ibiza”-Video, das einen der größten politischen Skandale Europas auslöste und in Österreich zum Bruch der Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ führte. Im “Logbuch Netzpolitik” erzählt Hessenthaler die ganze Geschichte mit dem großen Schlimmen und ihren vielen kleinen trivialen und absurden Nebenaspekten noch einmal und verrät, warum eine Veröffentlichung in österreichischen Medien nicht in Frage kam.

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