Archiv für 6 vor 9

Der Fall Khashoggi, Ziemlich Tauber Tweet, Beredtes Schweigen

1. Fakten, Gerüchte, Schauermärchen
(spiegel.de, Dominik Peters)
In der Affäre um den in der saudischen Botschaft verschwundenen Journalisten Jamal Khashoggi wurden und werden nach und nach Details bekannt. Die Quellen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, es herrschen die verschiedensten Interessenlagen. Dominic Peters berichtet, was amerikanische und türkische Medien bislang veröffentlichten und ordnet die Lage ein.
Weiterer Lesehinweis: “Zapp” hat den Autor und Chefredakteur des Magazins “Zenith — Zeitschrift für den Orient”, Daniel Gerlach, zum Fall Khashoggi interviewt. Dieser geht auch auf die Medienstrategie Saudi-Arabiens ein: “Es entsteht der Eindruck, dass sich die saudischen Informationskampagnen sehr am russischen Beispiel orientieren, das aber wesentlich weniger professionell. Die Russen benutzen Kontra-Propaganda und Gegen-Narrative ja nahezu perfekt, um westliche Narrative, Erzählmuster, zu hinterfragen.”
Und im “Tagesspiegel” kommentiert Christian Böhme das Schweigen Europas: Der Westen duckt sich im Fall Kaschoggi kläglich weg.

2. Beredtes Schweigen
(twitter.com/marcusengert)
Als politischer Reporter bei “BuzzFeed News” Deutschland ist Marcus Engert darauf angewiesen, dass ihm Pressestellen von Behörden und Organisationen Auskunft erteilen. Die Zusammenarbeit mit den Presseverantwortlichen gestaltet sich jedoch hakelig: “Wir erleben immer öfter PressesprecherInnen, die enormen Aufwand darauf verwenden, nicht mit der Presse zu sprechen. Die Antworten schicken, mit denen sie auf keine der gestellten Fragen antworten.” Anhand eines Screenshots erklärt Engert einen typischen Fall und denkt über eine mögliche Lösung nach.

3. Rommel mit Widerstand verbunden?
(faktenfinder.tagesschau.de, Patrick Gensing)
Peter Tauber (CDU) ist Staatssekretär im Verteidigungsministerium und twitterte am Wochenende eine Art Gedenktweet in die Welt hinaus: “Heute vor 74 Jahren starb Erwin Rommel, von den Nazis zum Selbstmord gezwungen.” Tauber betrachtet Hitlers Lieblingsgeneralfeldmarschall Rommel augenscheinlich nicht als Nazi, sondern als eine Art Widerstandskämpfer. Dem geht der ARD-“Faktenfinder” nach und befindet: “Dass Rommel “seine Rolle auch im Widerstand” hatte, beziehungsweise mit dem Widerstand verbunden gewesen sei, ist keineswegs bewiesen, sondern unter Historikern höchst umstritten.”
Auf die Kritik bei Twitter reagierte Tauber übrigens mit einer, nun ja, interessanten Volte: “Freue mich über die ganzen Linken, die durch ihre Tweets offenbaren, dass sie in Wahrheit Popo an Popo mit den Nazis stehen.”

4. Mit Filtern gegen Kinderpornos
(taz.de, Christian Rath)
Im Oktober 2017 trat das Gesetz zur Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) in Kraft, nach dem rechtswidrige Inhalte von den Plattformbetreibern binnen sieben Tagen entfernt werden müssen, “offensichtlich rechtswidrige” Inhalte sogar binnen 24 Stunden. Wie hat sich das Gesetz auf Youtube ausgewirkt? Ist es zum befürchteten “Overblocking” gekommen? Christian Rath hat für die “taz” hingehört, was eine Google-Juristin bei einer Veranstaltung im Mainzer Abgeordnetenhaus dazu gesagt hat.

5. Diskutieren wir, statt uns zu beleidigen!
(faz.net, Stephan Stach)
Wie steht es um die Pressefreiheit in Polen? Nicht sonderlich gut, wie Stephan Stach in der “FAZ” erklärt. Er schickt sarkastisch voraus: “Was Intoleranz angeht, ist die Publizistik in Polen anderen Ländern voraus.” Wer “falsche” Ansichten äußert oder Witze über die Regierung macht, werde entlassen: “Die politische Linie erhält Vorrang vor der Debatte. Weichen Redakteure von der jeweiligen politischen Linie ab, gilt das schnell als Verrat.”

6. Er tut es wieder: Fake-Restaurantbesitzer veräppelt Medien mit Doppelgänger
(watson.ch)
Nachdem Oobah Butler es geschafft hat, bei Tripadvisor ein von ihm erfundenes, nicht-existentes Restaurant mittels falscher Bewertungen auf Platz eins zu hieven, ist er ein gefragter Ansprechpartner der Medien. Zu den Interviews schickte er irgendwelche ihm ähnlich sehenden Menschen. Und keiner merkte etwas.

Rechte Verlage, Gemeinmacher, Brot- und Auflagenvermehrung

1. Trotz PR-Gag: Rechte Verlage floppen auf der Buchmesse
(jfda.de)
Rechte Verlage haben erneut versucht, die Frankfurter Buchmesse als Bühne für sich zu nutzen. Obwohl sie teilweise mit fragwürdigen PR-Gags operierten und einiges prominentes Personal auffuhren, sei dies wenig bis gar nicht gelungen. Was auch am professionalisierten Umgang der Messeleitung mit den rechtsradikalen Verlagen gelegen habe, wie das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus berichtet.
Weiterer Lesehinweis: Rechter Verleger verbreitet Fake News in eigener Sache (welt.de, Matthias Kamann).

2. Ermittlungen, nachdem “Unzensuriert”-User Florian Klenk drohten
(derstandard.at, Fabian Schmid)
Der Chefredakteur des österreichischen “Falter”, Florian Klenk, wurde massiv von Nutzern der Plattform Unzensuriert.at bedroht. Klenk veröffentlichte die Drohungen in Sozialen Medien, woraufhin sich die Polizei bei ihm meldete. Klenk auf Facebook: “Ein großes Kompliment der Landespolizeidirektion Wien. Sie reagiert demonstrativ schnell im Fall “unzensuriert.at”. Heute schon um 14 Uhr habe ich meine Zeugeneinvernahme wegen gefährlicher Drohung.”

3. Welche Rolle spielt die Regierung?
(deutschlandfunk.de, Iris Rohmann)
Ein Jahr ist es her, dass die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia Opfer einer Autobombe wurde. Mittlerweile sitzen die mutmaßlichen Täter in Haft, aber die Suche nach den Hintermännern gestaltet sich schwierig. Zumal die maltesische Regierung ein falsches Spiel spiele, wie ihr von Journalisten vorgeworfen wird.
Lesenswert in diesem Zusammenhang das “taz”-Interview mit dem EU-Parlamentarier Sven Giegold: “Es fehlt das politische Interesse”.

4. Kann das weg?
(sueddeutsche.de, Benedikt Frank)
Um die Meinungsvielfalt im deutschen Privatfernsehen zu garantieren, wurden einst die sogenannten Drittsendezeiten eingeführt. Bekannteste Sendereihe: Alexander Kluges Talkformat “10 vor 11” mit Interviews mit Künstlern, Schriftstellern, Regisseuren und Forschern, das es in 30 Jahren auf mehr als 1500 Ausgaben gebracht hatte, bevor es im Juni eingestellt wurde. Wie steht es heutzutage um die Drittsendeplätze? Benedikt Frank hat sich mit der Fernbedienung auf Spurensuche begeben.

5. Wie sich Hanns-Joachim Friedrichs mal mit einer Sache gemein machte
(stefan-fries.com)
Selten sind Worte so missverstanden und aus dem Zusammenhang gerissen worden wie die des legendären “Tagesthemen”-Moderators Hanns Joachim Friedrichs, man solle sich als Journalist mit keiner Sache gemein machen, auch keiner guten. Stefan Fries hat einen kritischen Song von Udo Jürgens aus dem Jahr 1988 ausgegraben, in dem Friedrichs eine Art Intro spricht und sich damit durchaus die Kritik des Songs zu eigen macht.

6. Luftnummer 1
(noemix.wordpress.com, Michael Nöhrig)
Michael Nöhrig über die wundersame Auflagenvermehrung von Österreichs viel gedruckter, aber wenig gelesener Kostenlos-Tageszeitung: “Ein Bäcker backt täglich neun Brote, obwohl seine Kunden täglich nur sieben kaufen. Daraufhin backt er täglich zehn Brote, aber seine Kunden kaufen täglich nur mehr sechs. Also prahlt der Bäcker vor seinen Kunden: »Als Bäcker bin ich die neue NUMMER 1, denn keiner backt täglich soviel unverkäufliche Brote wie ich!«”

Medienmäzen Google, Ausgespext, Lokalzeitungen als Klauopfer

1. Wie Google zum Medien-Mäzen wurde
(republik.ch, Adrienne Fichter)
Wenn die Kritik der Schweizer Verlage an Google leiser geworden ist, könnte das an den Millionen liegen, die ihnen der Suchmaschinenkonzern überweist. Die “Republik”-Recherche in Zusammenarbeit mit Netzpolitik.org schlüsselt die Zahlungen auf und zeigt, wie intransparent die privaten Deals zwischen Google und den Schweizer Medien laufen.

2. Das Internet, es scheint an allem Schuld zu sein
(sueddeutsche.de, Jan Kedves)
Die Musik- und Popkulturzeitschrift “Spex” wird nach 38 Jahren eingestellt. Damit verschwindet nach “Groove” ein weiteres prägendes Musikmagazin. Gründe sind der Auflagen- und Anzeigenschwund, und das hat wiederum mit dem Internet zu tun. Jan Kedves blickt von außen aufs Ganze, kennt aber auch die Innenansicht: Er hat einige Jahre in den Redaktionen von “Groove” und “Spex” gearbeitet, unter anderem als Chefredakteur.
Weiterer Lesehinweis: Auf Spex.de verabschiedet sich der aktuelle Chefredakteur Daniel Gerhardt von Lesern und Leserinnen.
Und die “taz” hat einige Stimmen zum Ende des Berliner Musikmagazins eingeholt: Krach, bum! Spex kaputt (Julian Weber & Tim Caspar Boehme).

3. Brinkbäumer geht ganz
(taz.de, Frederik Schindler)
Der “Spiegel”-Verlag und “Spiegel”-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer haben sich geeinigt: Brinkbäumer wird das Nachrichtenmagazin im März 2019 verlassen und nicht, wie von manchen vermutet, als Korrespondent weiterschreiben. Als Grund für das Zerwürfnis wurden im August unterschiedliche Auffassungen über die Zusammenführung der Print- und Onlineredaktionen genannt. Ihm sei zudem der Auflagenverlust des Magazins angelastet worden. Brinkbäumer hatte sich im Rahmen der Auseinandersetzung von den Medienrechtsanwälten Christian Schertz und Simon Bergmann vertreten lassen, die immer wieder auch gegen Berichterstattungen des “Spiegels” vorgehen, so jüngst im Fall Ronaldo.

4. Alles nur geklaut?
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio, 4:55 Minuten)
Zu den Grundlagen des journalistischen Handwerks gehört es, Quellen korrekt zu zitieren und zu nennen. Doch ausgerechnet Medien tun sich damit manchmal schwer. So werden Lokalzeitungen häufig nicht genannt, wenn überregionale Redaktionen deren Recherchen übernehmen. Dem “Mindener Tageblatt” erging es so bei einer Geschichte über Alltagsrassismus in Deutschland.

5. Der dänische Rundfunk im Würgegriff
(de.ejo-online.eu, Henrik Kaufholz)
Der dänische Rundfunk sieht schweren Zeiten entgegen: Er wird zukünftig nicht mehr aus Gebühren, sondern aus Steuermitteln finanziert. Und muss in den nächsten fünf Jahren 20 Prozent seines Budgets einsparen. Einen “Generalangriff auf die freie Meinungsbildung” nennt dies der dänische Journalist Henrik Kaufholz.

6. Sigi Maurer startet Crowdfunding-Kampagne gegen Hass im Netz
(futurezone.at)
Die österreichische Ex-Grüne Sigi Maurer hatte sich öffentlich gegen obszöne Drohnachrichten zur Wehr gesetzt. In der Folge war sie von einem Gericht wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe und Entschädigung verurteilt worden. Dagegen will Maurer juristisch vorgehen und hat eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Insgesamt wollen Maurer und der Verein Zara 100.000 Euro einsammeln, um damit die Prozesskosten ihres Falles zu finanzieren sowie Klägerinnen in anderen Fällen Geld zur Verfügung stellen zu können. Am ersten Tag sind bereits mehr als 50.000 Euro zusammengekommen.

Framing, “Musenalp”, Schubsbilanz

1. Alle reden über Framing – so funktioniert es
(spiegel.de, Elisabeth Wehling)
Die Wissenschaftlerin Elisabeth Wehling ist durch ihre Ausführungen zum politischen Framing bekannt geworden. In einem Gastbeitrag für “Spiegel Online” beschäftigt sie sich mit einer sprachlichen Falle, wenn es um Alltagssexismus und sexuelle Gewalt geht: der “sexualisierten Gewalt”. Der Begriff sei faktisch irreführend und nehme unseren Gehirnen die Chance auf Empathie und moralische Entrüstung.

2. Himmelhoch
(sueddeutsche.de, Burkhard Riedel)
Ältere werden sich vielleicht noch an den “Musenalp-Express” erinnern, eine kostenlos verteilte schweizerische Jugendzeitschrift. 1988 war dem Blattmacher ein sensationeller Coup gelungen: Das “Musenalp”-Magazin lag kostenlos in 17.500 bundesdeutschen Postfilialen aus, in der stolzen Auflage von einer Million Exemplare. Der ehemalige “Musenalp”-Mitarbeiter Burkhard Riedel erzählt vom Aufstieg und Fall des einzigartigen Projekts.

3. Alles Werbung? Ja, nein, vielleicht
(taz.de, Juliane Fiegler)
Instagram ist ein Ort, der sich gut für Schleichwerbung eignet. Dementsprechend aufmerksam beobachten Wettbewerbshüter und andere das Treiben der Influencer und mahnen bei Verstößen ab. Ob sie dabei über das Ziel hinausschießen, muss nun ein Gericht entscheiden: Das Model Fiona Erdmann wehrt sich gegen eine der Abmahnungen. Sie hatte ihren Fotografen verlinkt, was ihr als Werbung ausgelegt wurde.

4. Wann merken die letzten deutschen Medien endlich …
(twitter.com/martinhoffmann)
Mit Blick auf ein Sharepic des “Deutschlandfunks” fragt Martin Hoffmann bei Twitter: “Wann merken die letzten deutschen Medien endlich, dass es manchmal einfach keinen Sinn macht, Zitate auf Fotos zu klatschen und auf Facebook zu posten? Dass sie damit — im Gegenteil — nur die Arbeit von Populisten machen?”

5. Warum es «Vice» in der Schweiz wahrscheinlich nicht mehr schafft
(medienwoche.ch, Benjamin von Wyl)
Nachdem die österreichische “Vice”-Redaktion vor einigen Wochen ihren Abschied erklärte, hat nun der Schweizer Redaktionsleiter Sebastian Sele gekündigt. Wie lassen sich diese Auflösungserscheinungen erklären? Benjamin von Wyl hat selbst für die Schweizer “Vice” gearbeitet und bringt Licht ins Dunkel.

6. Tagesfazit und Schubsbilanz
(twitter.com/anettselle)
Die Reporterin Anett Selle hat es im Zusammenhang mit ihren Livestreams aus dem Hambacher Forst zu einiger Berühmtheit gebracht und ihrem Auftraggeber, der “taz”, einige neue Abonnenten beschert. Anlässlich der gestrigen Bayernwahl hat Selle aus München berichtet. Sie schließt den Tag mit einer Zusammenfassung und ihrer persönlichen “Schubsbilanz” (ab Minute vier).

Aufreger der Woche, Warnung vor der Höhle, “Lisas” Ungereimtheiten

1. Ich bin keine Frau, ich bin kein Mann, ich bin Journalistin
(faz.net, Michael Hanfeld & Axel Weidemann)
Die jordanische Journalistin Rana Sabbagh leitet die Organisation “Arab Reporters for Investigative Journalism” in Amman und ist gerade mit dem Raif Badawi Award ausgezeichnet worden. Die “FAZ” hat mit der mutigen Journalistin über ihre Arbeit gesprochen.

2. Von Gauland und Gabriel, Gastbeiträgen und Gehältern
(deutschlandfunk.de, Silke Burmester)
Silke Burmester kümmert sich in ihrer “Deutschlandfunk”-Kolumne gleich um drei Aufreger auf einmal: Um den Umgang der “FAZ” mit dem Gastbeitrag von AfD-Chef Alexander Gauland, der überaus gut dotierten journalistischen Tätigkeit von Ex-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel und Frank Plasbergs interessante Vorstellungen zu finanziellen Möglichkeiten und zur Steuerehrlichkeit freier Journalistinnen und Journalisten.

3. Homöopathie-Reklame in “Lisa”: Ein “Fehler” mit Ungereimtheiten
(uebermedien.de, Hinnerk Feldwisch-Drentrup)
Das Frauenmagazin “Lisa” hat in einer Art über Homöopathie geschrieben und Werbung für zwei Produkte und deren Hersteller gemacht, dass sich der Presserat veranlasst sah, eine Rüge auszusprechen. Die “Lisa”-Chefredakteurin gibt sich zerknirscht und spricht von einem “wirklich sehr bedauerlichen Fehler”, verwickelt sich jedoch “Übermedien” gegenüber in Widersprüche.

4. ARD/ZDF-Studie: Warum der Begriff “online” inzwischen Unsinn ist
(t3n.de, Stephan Dörner)
t3n.de-Chefredakteur Stephan Dörner hat sich die aktuelle ARD/ZDF-Onlinestudie angeschaut und eine interessante Feststellung gemacht: Es werde immer noch streng zwischen online und offline unterschieden — diese Trennung habe sich im Smartphone-Zeitalter jedoch längst überlebt und zeige ein altertümliches Verständnis vom Internet. Es sei Zeit, sich vom Begriff “online” zu trennen: “Er gehört in dieselbe Mottenkiste wie die nostalgischen Gefühle, die ein Modem-Geräusch in manchen von uns auslöst. Zur aktuellen, soziologisch sauber fassbaren Kategorie eignet sich der Begriff nicht.”

5. Gut für JournalistInnen
(taz.de, Christian Rath)
Zurzeit wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum “Schutz von Geschäftsgeheimnissen” diskutiert, der auch die Position von investigativen Journalistinnen und Journalisten verbessert. Die ARD kritisiert den Entwurf mit wenig überzeugenden Argumenten, wie Christian Rath in der “taz” findet.

6. Verbraucherzentrale warnt vor “Höhle der Löwen”-Produkten
(spiegel.de)
Beim Vox-Format “Die Höhle der Löwen” bekommen Menschen mit Erfindungen oder Geschäftsideen “die Chance ihres Lebens”: Sie dürfen einer Gruppe von Investoren ihre Produkte vorstellen, die sich gegebenenfalls um die Vermarktung kümmern und die Produkte in die Läden bringen. Die Verbraucherzentrale NRW hat nun vom Kauf einiger “Höhle der Löwen”-Produkte abgeraten. Die Preise seien oft zu hoch, die Qualität sei zu schlecht.

Plagiatsvorwurf gegen Gauland, Augstein und #metoo, Rechenkünstler

1. Plagiatsvorwurf gegen Gauland: “Das ist wie ein Fingerabdruck”
(t-online.de, Jonas Mueller-Töwe)
Der Gastbeitrag Alexander Gaulands für die “FAZ” hat für einige Aufregung gesorgt, auch weil bestimmten Aussagen eine Nähe zu Adolf Hitler unterstellt wurde. Nun erhebt der Kulturwissenschaftler Michael Seemann Plagiatsvorwürfe: Gaulands Text enthalte mit leichten Abwandlungen eins zu eins Sätze aus einem älteren Seemann-Text für den “Tagesspiegel”, die Gauland jedoch sinnentstellend verwendet habe. Michael Seemann im Interview: “Herr Gauland reißt meine Beschreibung einer Sozialstruktur aus dem Kontext und vereinfacht sie. Das ist typisch für Verschwörungstheorien.”
In diesem Zusammenhang auch nochmal der Verweis auf unseren Beitrag: Verwechselt “Tagesspiegel” Hitler mit “Tagesspiegel”?

2. EU-Projekt gegen Fake News
(taz.de, Steffen Grimberg)
Mit dem sogenannten “Disinformation Code of Practice” will die EU-Kommission gegen Desinformation, Fake News und Manipulationsversuche mit gesponserten Inhalten vorgehen. Eine theoretisch gute Idee, die jedoch ihre Schwächen bei der praktischen Umsetzung hat, wie Steffen Grimberg in der “taz” erklärt.

3. Wir müssen über Augstein reden
(spiegel.de, Susanne Beyer)
Susanne Beyer arbeitet seit mehr als 20 Jahren für den “Spiegel” und ist mittlerweile Teil der Chefredaktion. In einem längeren Text blickt sie im Rahmen der allgemeinen #metoo-Debatte auf das Thema sexuelle Belästigungen im eigenen Haus, von den Anfängen des Nachrichtenmagazins unter Rudolf Augstein bis in die Jetztzeit. Dazu hat sie sich bei den Kolleginnen umgehört: “In den anonymisierten Berichten lese ich über Praktikantinnen, die von immer wieder denselben Redakteuren nach Dienstschluss in die Bar gebeten werden. Von jungen Kolleginnen, die nach ihren Beziehungen gefragt werden und sich dann Andeutungen gefallen lassen müssen, dass der Freund ja nichts wissen müsse von Affären. Von zweideutigen nächtlichen SMS, die wiederum junge Frauen hier bekommen. Von Kolleginnen, die an ihrem Schreibtisch erstarren, wenn sich Männer über sie beugen und dann das tun, was die Kolleginnen An-der-Wange-entlang-Hauchen nennen.”

4. Ich habe die ARD/ZDF-Onlinestudie 2018 gelesen, damit ihr es nicht müsst
(blog.wdr.de, Dennis Horn)
Dennis Horn hat die wichtigsten Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2018 zusammengefasst. Mittlerweile seien mehr als 90 Prozent der Deutschen online. Die Internetnutzung der 14- bis 29-Jährigen sei im Vergleich zum vergangenen Jahr um ganze 79 Minuten auf durchschnittlich 353 Minuten am Tag gestiegen. Man fragt sich, wie es zu einem derart starken Anstieg kommen konnte. Die Antwort findet sich vielleicht in der Komplettversion der Studie.

5. Journalistenverbände kritisieren “hart aber fair”
(ndr.de, Daniel Bouhs & Andrej Reisin)
Frank Plasbergs ARD-Talkshow “hart aber fair” hat Beispiele zusammengestellt, wie Besserverdiener den Staat durch Steuerhinterziehung “austricksen” und dazu ausgerechnet freie Journalisten als Beispiel angeführt. Die Berufsverbände der Journalisten reagieren mit Empörung. So weist der Deutsche Journalistenverband darauf hin, dass das Durchschnittseinkommen von Journalisten bei etwas über 2000 Euro liege, und zwar vor Steuern. In der Tat wenig Spielraum für Steuertricks, es sei denn, man spielt in der Einkommensklasse eines Frank Plasberg. Zudem hätten sich die “hart aber fair”-Anprangerer auch noch tüchtig verrechnet und die Betriebskosten mit der Steuerersparnis verwechselt.

6. Wie mich der Hass verändert, den ich als Frau im Internet erlebe
(vice.com, Alexandra Stanic)
Die Journalistin und Redaktionsleiterin von “Vice Austria” Alexandra Stanic war im Juli in der TV-Sendung “Pro und Contra” von Puls 4 und hat dort über sexuelle Belästigung gesprochen. Dies wirkt noch heute nach, und zwar auf höchst unerfreuliche Weise: Nachdem sie ins Visier von Youtube-Hetzern geriet, bekam sie Hunderte beleidigende und bedrohende Nachrichten. “Der Preis, den ich für meine Meinung bezahle, ist geballter, gnadenloser Hass. Ich habe oft darüber nachgedacht, alle Social-Media-Kanäle zu löschen. Aber von der Bildfläche zu verschwinden, würde all jene, die mich beschimpfen, zu Siegern machen.”
Weiterer Lesehinweis: “Ohne das Internet hätte die #MeToo-Debatte nie eine solche Wucht entfaltet. Gleichzeitig werden Frauen gerade dort mit Hass überschüttet.” Ein Interview mit der Autorin Ingrid Brodnig (spiegel.de, Angela Gruber).

Gaulands Text & Hitlers Rede, Vorbild Sigmar, Body-Shaming

1. Twitter-User entdeckt Parallelen zwischen Gauland-Text und Hitler-Rede
(tagesspiegel.de, Tilmann Warnecke & Anja Kühne)
Die “FAZ” veröffentlichte am Wochenende einen Gastbeitrag von AfD-Fraktionschef Alexander Gauland zum Thema Populismus und wurde dafür vielfach kritisiert. Nun entdeckte ein Twitter-User Parallelen zwischen dem Gauland-Text und einer Hitler-Rede. Der “Tagesspiegel” dokumentiert beide Textauszüge im Vergleich.
Wichtiger Nachtrag: Verwechselt „Tagesspiegel“ Hitler mit „Tagesspiegel“? (bildblog.de, Ben Hoffmann)

2. Vorbild für freie Journalisten
(taz.de, Anne Fromm)
Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) geht unter die Journalisten und kassiert dafür als Autor der Holtzbrinck-Gruppe zwischen 15.001 und 30.000 Euro — pro Monat. Anne Fromm hat dies in der “taz” mit dem Tarifgehalt von Neueinsteigern verglichen und befindet: “Gut verhandelt.”

Anmerkung des 6-vor-9-Kurators: Lieber Sigmar, falls Du hier mitliest, sei doch bitte so solidarisch und gib Dein Honorar auf der Website Wasjournalistenverdienen.de ein (gerne auch anonym). Dort bauen die Freischreiber eine Datenbank der Gehälter und Honorare deutschsprachiger Journalistinnen und Journalisten auf und stellen sie allen zur Verfügung. Damit diese zukünftig fairer und gerechter bezahlt werden.

3. Neun Minuten “Body Shaming” im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
(nw.de, Matthias Schwarzer)
In einem berühmten Ausspruch von Kurt Tucholsky heißt es, dass Satire alles dürfe. Abgesehen davon, dass dies Juristen vermutlich anders sehen, ist nicht alles Satire, wozu es die “Darf alles”-Fraktion erklärt. In diesem Spannungsfeld spielt der Streit um ein Webvideoformat des öffentlich-rechtlichen Angebots “funk”, bei dem sich Youtuber mehr oder weniger heftigen Hass-Kommentaren stellen müssen.

4. “Gedanken über meine Arbeit als Journalist in Verbindung mit der Autoindustrie”
(facebook.com, Don Dahlmann)
Der Journalist und Autor Don Dahlmann beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themen Technologie, Internet und Mobilität. Ein Schwerpunkt: das Thema Auto. Auf Facebook hat sich Dahlmann seinen Frust über die diversen Skandale und den damit einhergehenden Vertrauensbruch von der Seele geschrieben: “Die Produkte der Autoindustrie, so dachte ich, sind doch keine zusammengepanschte Suppen, wo jemand wegen ein paar Zehntel Cent bedenkliche chemische Zusätze rein ballert. Dafür sind die Margen in der Industrie zu groß um wegen ein paar Euro so einen Blödsinn zu betrieben. Das lag ich wohl gründlich falsch.”

5. Im “Ghetto”
(der-rechte-rand.de, Ernst Kovahl)
Heute beginnt in Frankfurt die Buchmesse. Damit stellt sich, wie bereits in den vergangenen Jahren, die Frage, welche rechten Verlage und Autoren die Messe diesmal mit ihrer Anwesenheit beehren werden. Die Webseite “der rechte rand” berichtet, wer alles am Start ist: von Höcke bis Sarrazin.

6. Sensation! Postillon interviewt Großnichte des Schwippschwagers der Nachbarin von Hitlers Steuerberater
(der-postillon.com)
Nachdem “Bild” die Sensation gelungen ist, irgendwelche unschuldigen Menschen aufzustöbern, denen die Redaktion aufgrund verwinkelter Stammbaumverzeigungen den Namen “Hitler” verpasst hat, hat sich nun auch “Der Postillon” auf historische Spurensuche gemacht: “Hilda W. (71), die Großnichte des Schwippschwagers der Nachbarin von Hitlers Steuerberater wohnt zurückgezogen in einem unscheinbaren Reihenhaus in Dinslaken. Der Einfachheit halber nennen wir sie Hilda Hitler.”

Gaulands Gastbeitrag, Maffay und der “Spiegel”, “Bild” scheißt drauf

1. Der Wolf im “FAZ”-Pelz
(taz.de, Sophie Spelsberg)
In der Samstagsausgabe der “FAZ” erschien ein Gastbeitrag des AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland. Sophie Spelsberg kritisiert die Zeitung dafür: “Sie hat Gauland durch ihren Namen etwas Wertvolles verliehen: Legitimität. Dass unter der seriösen FAZ-Hülle ein Rassist und Nationalist schreibt, ist schnell vergessen, wenn der Beitrag selbst gar nicht so böse klingt. Wessen Meinung in der “Zeitung für Deutschland” erscheint, der kann so schlimm nicht sein. Dieser Rückschluss ist gefährlicher als der Beitrag selbst.”
Eine andere Sichtweise hat Jakob Augstein bei “Spiegel Online”. Es lohne sich durch den “sofort aufkommenden Empörungsnebel” zu sehen: “Gauland hat nämlich einen klugen Text über die deutsche — und die westliche — Misere geschrieben. Aber aus seinen richtigen Gedanken zur Elitenkritik zieht er dann die falschen Schlüsse.”

2. Medien wie ⁦@SPIEGELONLINE⁩ übernehmen ungeprüft Zahlen von ⁦@BILD⁩
(twitter.com/UlrichKelber)
Der Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber kritisiert einen bei “Spiegel Online” erschienenen Beitrag: “Medien wie ⁦@SPIEGELONLINE⁩ übernehmen ungeprüft Zahlen von ⁦@BILD⁩, hier zu MdB-Diäten. Würden 460 Mio € stimmen, bekämen wir pro Monat 54.000 €. Nutzt doch mal Taschenrechner-Programm. Plausibilitätsprüfung. 1. Stunde Journalismusschule :-(“. Die Botschaft ist augenscheinlich angekommen: “Spiegel”-Parlamentsreporter Florian Gathmann wenige Stunden später: “Haben das korrigiert”.

3. UPDATE: SPIEGEL gegen Maffay – 5:0
(spiegel.de)
Peter Maffay hat den “Spiegel” mit diversen Unterlassungs- und Gegendarstellungsverfahren überzogen, weil er sich an der Berichterstattung über die Peter-Maffay-Stiftung und deren Arbeit auf Mallorca störte. Dies verlief bislang juristisch wenig erfolgreich, um nicht zu sagen sehr erfolglos. Nun gibt es ein letztes Nachspiel: Maffay soll 5.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen, andernfalls würde Anklage gegen ihn erhoben. Es geht dabei um eine im Raum stehende Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung und eine laut Angaben des “Spiegels” dem Künstler äußerst entgegenkommende Staatsanwaltschaft.

4. Regierung muss Mord aufklären
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die Behörden in Bulgarien auf, den Mord an der Fernsehjournalistin Viktoria Marinova unverzüglich aufzuklären und Journalisten besser zu schützen. “Der Mord an Viktoria Marinova steht für einen erschreckenden Trend: Immer häufiger werden auch in der Europäischen Union Journalistinnen und Journalisten ermordet, weil sie unangenehme Themen ansprechen”, so ROG-Geschäftsführer Christian Mihr: “Die EU darf nicht wegschauen, wenn die Regierungen in den entsprechenden Ländern unfähig oder unwillig sind, investigative Reporter zu schützen.”
Weiterer Lesehinweis: Wer steckt hinter dem Mord an der bulgarischen Journalistin? (faz.net, Michael Martens)
Und außerdem das “Deutschlandfunk”-Gespräch mit Christian Schult vom “European Center For Press & Media Freedom” (Audio, 5:39 Minuten).

5. Floskel des Monats: grünes Licht
(journalist-magazin.de, Sebastian Pertsch & Udo Stiehl)
Die Experten von der Floskelwolke nehmen sich die strapazierte Wendung vom “grünen Licht” vor: “Das grüne Licht ist ein Synonym für Zustimmung oder Genehmigung — und gelegentlich wäre es doch wunderbar, dies nüchtern in Nachrichtentexten so zu formulieren.”

6. Die beklopptesten Stellen aus dem bekloppten “Hitler-Interview” der Bild
(vice.com, Matern Boeselager)
“Bild” hat die Nachkommen von Adolf Hitlers Halbneffen in den USA aufgestöbert (BILDblog berichtete), mit Gaga-Fragen belästigt und aus einem Nichts ein Interview geschnitzt, das sie als Sensation auf die Titelseite gehoben haben (“Letzter Hitler bricht sein Schweigen”). Matern Boeselager nennt es “einen der bizarrsten Texte, die je in der deutschen Sprache verfasst wurden” und konstatiert: “Egal, wie deutlich du machst, dass du einfach nur in Ruhe gelassen werden und nichts mit deinem unsäglichen Halb-Vorfahren zu tun haben willst — die Bild scheißt drauf. Genauso, wie sie auch drauf scheißt, dass du nicht “Hitler” heißt und auch nie “Hitler” geheißen hast — sie wird dich einfach “Hitler” nennen.”

Richtige Worte, Journalistenmord, Ronaldo und das lange Schweigen

1. Liebe @fr
(twitter.com/berufslesbe, Friederike Wenner)
Friederike Wenner kritisiert auf Twitter die Wortwahl eines Beitrags der “Frankfurter Rundschau” über den Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege und dessen Arbeit. Dabei findet sie Worte, die von so grundsätzlicher Natur sind, dass sie in das Handbuch einer jeden Redaktion gehören. Die “FR” hat sich zu dem Vorgang wiederum vorbildhaft selbstkritisch geäußert und eine Überarbeitung der Formulierungen vorgenommen.

2. Wurde Kashoggi in Istanbul ermordet?
(tagesschau.de)
Der regierungskritische saudische Journalist Jamal Khashoggi wollte sich im Istanbuler Konsulat seines Landes nur kurz Unterlagen für seine anstehende Hochzeit besorgen und tauchte anschließend nicht mehr auf. Medien berichten von einem Mordkomplott.
Weiterer Lesehinweis: In Bulgarien wurde die TV-Journalistin Wiktorija Marinowa vergewaltigt und ermordet. Sie soll zu Korruption und Betrug mit EU-Geldern recherchiert haben. (zeit.de)

3. ARD und ZDF prüfen rechtliche Schritte gegen AfD
(t-online.de, Jonas Mueller-Töwe)
Nach Recherchen von t-online.de nutzt die AfD offenbar systematisch urheberrechtlich geschütztes Material der öffentlich-rechtlichen Sender für Parteiwerbung. Dabei gehe es vor allem um Videos von Interviews und Talkshows der öffentlich-rechtlichen Medien, die die Partei mit eigenen Botschaften und oft mit dem AfD-Logo versehe. t-online.de hat die AfD zu den möglichen Urheberrechtsverstößen befragt. Dort gibt man sich unwissend: Bislang hätten sich keine Sender an die AfD mit der Aufforderung gewandt, Inhalte zu löschen. Dies widerspricht jedoch Angaben von WDR und RBB.

4. Zum Beitrag des „heute journals“ über die geplante Änderung der rumänischen Verfassung zur bzw. gegen die „Ehe für alle“
(twitter.com/SebMeineck, Sebastian Meineck)
Sebastian Meineck beschäftigt sich in einem Twitter-Thread mit einem “heute Journal”-Beitrag über die geplante Änderung der rumänischen Verfassung zur bzw. gegen die “Ehe für alle”. Der Beitrag sei “ein Beispiel dafür, wie die scheinbar neutrale Gegenüberstellung von extremen und liberalen Standpunkten zu einem diskriminierenden Ergebnis führt.”

5. Cristiano Ronaldo und das lange Schweigen der dpa
(morgenpost.de, Kai-Hinrich Renner)
Als der “Spiegel” über Vergewaltigungsvorwürfe gegen den Fußballer Cristiano Ronaldo berichtet, ist von der Nachrichtenagentur dpa erstmal nichts zu hören. Das Schweigen könnte mit weiterer Recherche zu tun haben, aber auch mit einem einschüchternden Medienanwalt, der für seine Mandanten gerne “Informationsschreiben” verschickt, welche eine Berichterstattung verhindern sollen. dpa-Nachrichtenchef Froben Homburger hat Kai-Hinrich Renner in einem Twitter-Thread öffentlich geantwortet: “Lieber Herr Renner, nein, Schertz war kein entscheidender Grund dafür, dass wir erst nach mehreren Tagen auf die Vorwürfe gegen Ronaldo eingestiegen sind. Wir hätten auch ohne das presserechtliche Informationsschreiben nicht anders gehandelt.”

6. Dann nennt uns doch Lügenpresse!
(spiegel.de, Ferda Ataman)
“Spiegel Online”-Kolumnistin Ferda Ataman denkt über Deutschlands Medienlandschaft und seine Lügenpresse-Rufer nach: “Der Lügenpresse-Vorwurf kommt entweder von Leuten, die nicht wissen, was Meinungsfreiheit ist. Oder von Leuten, die finden, dass alle Medien ihre Ansicht verbreiten müssen. Tun sie das nicht, ist das ein Beweis dafür, dass die Meinungsfreiheit unterdrückt wird.” Und sie macht auf einen geradezu absurden Umstand aufmerksam: “Nicht wenige von denen, die sich heute als Opfer angeblicher Zensur inszenieren, würden die ihnen unliebsame Presse am liebsten selbst zensieren.”

Kino mit Kavanaugh, Fernsehhölle, “Geflüchtete” oder “Flüchtlinge”?

1. Ganz großes Kino mit Kavanaugh
(deutschlandfunk.de, Matthias Dell)
Vergangene Woche fand im Justizausschuss des US-Senats eine denkwürdige Veranstaltung statt: In einer achtstündigen Sitzung wurden Donald Trumps Supreme-Court-Kandidat Brett Kavanaugh und die ihn der versuchten Vergewaltigung beschuldigende Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford angehört. Matthias Dell ist sich im “Deutschlandfunk” sicher, dass das Spektakel in die Mediengeschichte eingehen wird.

2. Christoph Schulte-Richtering: Es gibt keine Fernsehhölle
(dwdl.de, Christoph Schulte-Richtering)
Diese Woche ist auf “DWDL” ein Interview mit dem TV-Regisseur Kai Tilgen erschienen, der ein Buch über seine Zeit bei verschiedenen Unterhaltungsformaten, Scripted Realitys und Dokusoaps geschrieben hat. Im Gespräch beherrscht der moralisch äußerst flexible “Fernsehhöllen”-Autor Tilgen das Kunststück, sich gleichermaßen einsichtig wie uneinsichtig zu zeigen, und rechtfertigt sein verwerfliches Handeln mit seiner Lust an der Manipulation, seiner angeblich großen Professionalität und ökonomischen Zwängen (sechs Kinder). Buch- und Fernsehautor Christoph Schulte-Richtering hat eine lesenswerte Replik verfasst. Es ist die Abrechnung mit der Abrechnung geworden.

3. Begriffsflucht: Warum ich gegen “Geflüchtete” bin
(schantall-und-scharia.de, Fabian Goldmann)
Durch die Diskussion ums Framing sensibilisiert, fordern viele, auf die Verwendung des Wortes “Flüchtling” zu verzichten und stattdessen von “Geflüchteten” zu sprechen. Der Journalist Fabian Goldmann hält nichts von dieser Sprachregelung, und er hat gute Gründe dafür.

4. Weniger Infos für Journalisten? Wie Bundesministerien mit IFG-Anfragen umgehen
(fragdenstaat.de, Arne Semsrott)
Die Bundesministerien gehen mit Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz von Journalistinnen und Journalisten höchst unterschiedlich um. Der Initiative “Frag den Staat” liegen interne “Anwendungshinweise” vor, die teilweise von falschen Annahmen ausgehen würden oder schlicht falsch seien.

5. “Wir mussten mehrmals wegrennen”
(journalist-magazin.de, Michael Kraske)
Das Medienmagazin “Journalist” hat mit Arndt Ginzel gesprochen, jenem Journalisten, der von der sächsischen Polizei eine Dreiviertelstunde an der Berichterstattung gehindert wurde. Ginzel fordert einen besseren Schutz von Journalisten und ein klares Vorgehen gegen Rechtsextreme. Und erzählt von seinen Erfahrungen aus Chemnitz: “Wir mussten mehrmals wegrennen. Vorne lief die AfD. Weiter hinten in den Seitenstraßen jagten organisierte Hooligans Menschen. Das habe ich auch im Bild. Ich will nicht übertreiben, aber es waren mindestens 100 Hooligans, die in den Gassen alle möglichen Leute jagten, darunter viele Journalisten. (…) Das war hochgefährlich, weil in dem Moment keine Polizei zur Stelle war.”

6. Bin jetzt endgültig überzeugt
(twitter.com/marga_owski, Margarete Stokowski)
Margarete Stokowski ist beim aktuellen Cover der “InTouch” hängengeblieben, bei dem man angesichts des geballten Trashs nicht weiß, ob man Teil eines Satire-Experiments ist. Es geht um eine Muskel-Mutti, um Fusel-Nachschub und, ja, um den “Hupen-Hammer”.

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