Archiv für 6 vor 9

Hambacher Presseblockade, “Stern”-Wundbeschau, Hetzjagd-Wortstreit

1. Polizei behindert Journalisten
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband fordert in einer Pressemitteilung die Einsatzkräfte der Bundespolizei und der Polizei NRW auf, Journalistinnen und Journalisten unverzüglich den Zugang zum Hambacher Forst zu ermöglichen. Polizeiblockaden gegen Journalisten seien nicht akzeptabel, so der Vorsitzende des DJV Nordrhein-Westfalen.

2. Wundbeschau
(sueddeutsche.de, Peter Burghardt)
Der “Stern” hat seinen 70. Geburtstag gefeiert und dazu in die Redaktion am Hamburger Baumwall eingeladen. Dort gab es eine Auswahl aus den originalen gefälschten Hitler-Tagebüchern zu sehen. Aus der goldenen Ära des “Stern”, in denen das Magazin noch “Geld wie Heu” hatte: “Klagen über Honorare und Spesen konterte der frühere Herausgeber Henri Nannen einst mit dem Hinweis, dass man das Geld doch nur mit beiden Händen zum Fenster hinaus werfen müsse, damit es unten schubkarrenweise durch die Tür wieder hineinkomme.”
Weiterer Lesehinweis: Silke Burmester hat in der “taz” über den “Stern”-Geburtstag geschrieben: 70, verglüht.

3. Online & Print: Wie organisieren sich die Redaktionen?
(einfacherdienst.de)
Der “Einfache Dienst” hat sich angeschaut, wie die großen deutschen Zeitungen mit Online und Print umgehen: Wann starteten die Redaktionen parallele Online- und Printredaktionen? Wo gibt es ein Nebeneinander, wo ein Miteinander? Eine Grafik stellt die Entwicklung der vergangenen Jahre dar.

4. Urheberrechtsreform: Was hat das EU-Parlament tatsächlich beschlossen?
(heise.de, Stefan Krempl)
Die geplante EU-Urheberrechtsnovelle lässt viele Deutungen zu: Einige sprechen vom Tod des Internets, wie wir es kennen, andere von der Rettung der Kulturindustrie. Der Kulturwissenschaftler und Journalist Stefan Krempl versucht die Frage zu beantworten, was das EU-Parlament tatsächlich beschlossen hat.

5. Offenkundig außer Kontrolle
(spiegel.de, Thomas Fischer)
Der Ex-Bundesrichter und streitbare Kolumnist Thomas Fischer findet deutliche Worte zum Wortstreit um die Hetzjagd in Chemnitz. Dieser sei “ein sensationeller kommunikativer Erfolg der rechtsradikal-nationalsozialistischen Minderheit”. “Intellektuell und sozial randständige” Persönlichkeiten wie Bachmann, Höcke und Weidel, so Fischer weiter, zwängen die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaats Sachsen zu einer öffentlichen Diskussion darüber, ob man das “kurzfristige Verfolgen” von Ausländern durch Nationalsozialisten als “Hetzjagd” bezeichnen darf.

6. Bald auch Kanzlerin? Die Barbararisierung Deutschlands
(dwdl.de, Hans Hoff)
In seiner Sonntagskolumne traut Hans Hoff der medial omnipräsenten Barbara Schöneberger auch politische Ämter zu, ja sogar das der Bundeskanzlerin: “Es dürfte lustig werden mit der Bundeskanzlerin Barbara Schöneberger. Obwohl sie den Job natürlich auch nur nebenamtlich erledigen könnte. So wie beim Radio und so wie beim Heft auch. Ab und an schneit sie mal rein ins Kanzleramt, bringt den Laden mit ihrer Frische zum Glühen und verschwindet dann wieder auf dem Weg zur nächsten großen Aufgabe.”

Markworts “wohltätiger Zweck”, Perplexer Voss, Cartoonisten-Duo

1. Urheberrecht: Axel Voss weiß nicht genau, was in seinem Gesetz steht
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Man möchte meinen, dass keiner so tief in der Urheberrechtsdebatte steckt wie Axel Voss. Der CDU-Politiker gilt als Vater des neuen Urheberrechtes, das in dieser Woche im EU-Parlament auf den Weg gebracht wurde. Doch was sein Projekt anbelangt, scheint Voss große Wissenslücken zu haben. Nach der Abstimmung wurde er von einem schwedischen Journalisten darauf angesprochen, dass der nun beschlossene Entwurf praktisch jedes Foto oder Video bei einer Sportveranstaltung zur Urheberrechtsverletzung machen würde. Der etwas perplexe Voss darauf: “Nun, wir sind überrascht, dass das im Text ist, und wir werden es erst noch besprechen.”

2. Wahlkampf in der Vorabendserie
(deutschlandfunk.de, Michael Watzke, Audio, 4:19 Minuten)
Der frühere “Focus”-Chef Helmut Markwort (81) hat ein neues Lebensziel: Er will für die FDP in den bayerischen Landtag einziehen. Um seine Wahlkampfkasse aufzubessern, veranstaltete Markwort ein Fundraising-Dinner, in dem er eine maßgeschneiderte Rolle in der TV-Serie “Hubert ohne Staller” versteigerte. Der Produzent der Serie und bisherige Markwort-Freund ist sauer: Markwort habe ihm gesagt, die Versteigerung der Rolle erfolge für einen “wohltätigen Zweck”, und verschwiegen, dass es sich bei dem wohltätigen Zweck um Markwort selbst handeln würde.

3. “Das Leitmedium, das der Spiegel mal war, kann er gar nicht mehr sein”
(detektor.fm, Christian Eichler, Audio, 16:53 Minuten)
Detektor.fm hat mit “Spiegel”-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer gesprochen, der ein Buch über die USA geschrieben hat (“Nachruf auf Amerika: Das Ende einer Freundschaft und die Zukunft des Westen”). Im Gespräch geht es darum, wie sich die USA unter Trump positionieren und welche Rolle Journalisten in Zeiten politischer Krisen spielen. Aber auch um Brinkbäumers Zeit als “Spiegel”-Chefredakteur, die Ende des Jahres ein Ende findet.

4. “Manchmal sind die Figuren wir selbst”
(faz.net, Jörg Thomann)
Das Cartoonisten-Duo Hauck & Bauer feiert 2018 sein 15-jähriges Bestehen und gleichzeitig 15 Jahre des Comicstrips “Am Rande der Gesellschaft” in der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Im Interview erzählen die beiden “FAS”-Karikaturisten, wer sie sind und wie sie arbeiten.

5. CC-Lizenz – kostenlos, aber nicht umsonst
(ipcl-rieck.com, Corinna Bernauer)
Einige Fotografen stellen ihre Bilder frei nutzbar zur Verfügung und versehen sie dazu mit einer CC-Lizenz. Corinna Bernauer, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einer Rechtsanwaltskanzlei arbeitet, erklärt die verschiedenen Varianten der CC-Lizenz und weist auf mögliche Fallstricke hin.

6. Polizei ermittelt, weil Student “Postillon”-Artikel likt
(sueddeutsche.de, Martin Bernstein)
Eine Geschichte, die wie ausgedacht klingt: Münchener Student gerät ins Visier der bayerischen Polizei, weil er einen Beitrag des Bayerischen Rundfunks mit einer kurdischen YPG-Fahne auf seiner Facebook-Seite geteilt hat. Die fleißigen Beamten untersuchen sein Facebook-Profil und finden Material für ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen einer angeblich rechts motivierten Straftat. Sein Vergehen: Er hatte einen Artikel der Satireseite “Der Postillon” gelikt, auf dem ein Hitler-Foto zu sehen ist.

EU bringt Internet in Gefahr, Buhrows Klatsche, Williams-Karikaturenstreit

1. Diese Überschrift dürfen Sie künftig nicht mehr zitieren
(zeit.de, Lisa Hegemann)
Gestern beschloss eine Mehrheit im EU-Parlament entgegen aller Kritik von Fachleuten und fast einer Million Unterschriften von skeptischen Bürgern die EU-Urheberrechtsreform. Entsprechend groß ist das Entsetzen bei den Medienbeobachtern.
“Zeit Online”-Redakteurin Lisa Hegemann schreibt: “Die Lobbyarbeit ist aufgegangen: Die EU-Urheberrechtsreform belohnt die Verlage. Für uns alle ist sie desaströs. Die freie Verbreitung von Informationen ist in Gefahr.”
Muzayen Al-Youssef kommentiert im “Standard”: “Die Verschärfung des Urheberrechts fördert Zensur und zeigt, dass das EU-Parlament Netzaktivisten, IT-Koryphäen und Bürger ignoriert hat.”
Patrick Beuth kommentiert bei “Spiegel Online”: “Die Mehrheit der EU-Abgeordneten hat mit ihrer Zustimmung zur Urheberrechtsreform bewiesen, dass sie das Internet nicht versteht — und an magische Lösungen für technische Probleme glaubt.”
Und Richard Gutjahr spricht auf Facebook von einem “Ausverkauf des Journalismus”.
Es gab im Vorfeld jedoch auch Äußerungen von Befürwortern, wie den Beitrag der “SZ”-Größe Heribert Prantl. Einen Kommentar, den Stefan Niggemeier auf “Übermedien” als “Verleumdung im Dienst der Aufklärung” bezeichnet.

2. Eine 22-seitige Klatsche für Tom Buhrow
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Als eine “22-seitige Klatsche für Tom Buhrow” bezeichnet “SZ”-Kolumnist Hans Hoff den Abschlussbericht zum Umgang des WDR mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung. Mit der Erstellung des Berichts war die ehemalige Gewerkschaftsvorsitzende Monika Wulf-Mathies betraut worden. Und die gibt dem Sender schlechte Noten: Der WDR brauche dringend einen Kulturwandel, eine Verbesserung des Betriebsklimas und mehr gegenseitige Wertschätzung.
Weiterer Lesehinweis: Nur die Spitze des Eisbergs (taz.de, Wilfried Urbe).

3. “Eingeimpft” im MedWatch-Check Teil 2: “Wenn ungeimpfte Kinder sterben, ist das Schicksal”
(medwatch.de, Hinnerk Feldwisch Drentrup)
Nach einer Recherche von “MedWatch” kommen in Dokumentarfilm “Eingeimpft” fragwürdige Forscher zu Wort, die Gelder von Anti-Impf-Lobbyorganisationen erhalten. “MedWatch” hat Produzenten, Geldgeber und weitere Experten um eine Bewertung gebeten.

4. Zeitung verteidigt umstrittene Serena-Williams-Karikatur
(spiegel.de)
Nach dem Wutausbruch der Tennisspielerin Serena Williams im Finale der US Open erschien in der australischen “Herald Sun” eine vielfach kritisierte Karikatur: Der Zeichner Mark Knight hatte die Tennisspielerin als wutschnaubende Schwarze mit dicken Lippen, breiter Nase und großem Hinterteil gezeichnet. Tausende Menschen, darunter auch Promis wie die Autorin J.K. Rowling, warfen der Zeitung darauf unter anderem Rassismus vor. Das Blatt stellte sich jedoch hinter ihren Zeichner und druckte die Karikatur erneut ab, diesmal sogar auf dem Titel.
Weiterer Lesehinweis: Ebenfalls auf “Spiegel Online” kommentiert Hannah Pilarczyk: “In dieser Karikatur stecken diverse rassistische Stereotype. Ob sie absichtlich benutzt wurden oder nicht, ist egal: Einem Profizeichner darf so etwas nicht passieren.”

5. Erdogan nimmt Geisel
(jungewelt.de, Alp Kayserilioglu & Joan Adalar)
In der Türkei ist ein weiterer kritischer Journalist verhaftet worden: der österreichische Autor Max Zirngast, der dort seit 2015 Politikwissenschaften studiert. Vielleicht störten sich die türkischen Behörden an Zirngasts Engagement für eine alternative Sommerschule für Kinder aus armen Familien, vielleicht an seinen politischen Publikationen. Was ihm genau zum Vorwurf gemacht wird, sei jedoch unklar.
Weiterer Lesehinweis: Im österreichischen “Standard” erzählt der Journalist und Türkei-Kenner Markus Benrath von einer Begegnung mit Zirngast, dem “baumlangen, sympathischen Steirer” in Ankara.

6. “Jetzt bin ich halt der Ottlitz”
(mediummagazin.de, Jens Twiehaus)
Stefan Plöchinger ist in der Medienwelt ein bekannter Name: Er war Digital-Chef der “Süddeutschen Zeitung” und ist vor Kurzem als Leiter der Produktentwicklung beim “Spiegel” in die Geschäftsleitung aufgestiegen. Doch viele werden sich umgewöhnen müssen, denn Plöchinger heißt jetzt Ottlitz. Das “Medium Magazin” hat sich bei ihm danach erkundigt, wie es dazu gekommen ist, dass er seinen branchenbekannten Namen abgelegt hat.

Rahmensetzende Worte, Elitenjob, Eingeimpfte Verunsicherung

1. Jedes Wort setzt einen Rahmen
(zeit.de, Houssam Hamade & Viola Nordsieck)
In den letzten Tagen schien es nur eine Diskussion zu geben: Gab es in Chemnitz eine “Hetzjagd” oder nicht? Bundeskanzlerin und Regierungssprecher hatten dieses Wort verwendet, während der Verfassungsschutzpräsident in der “Bild”-Zeitung Zweifel gesät hatte. Im Essay von Houssam Hamade und Viola Nordsieck geht es um den Kampf der Begriffe: “Entscheiden wir uns, über Chemnitz als eine “Hetzjagd auf Ausländer” zu sprechen, oder reden wir von “rechtsradikalen Ausschreitungen”, die “ein Viertel der deutschen Bevölkerung” zum Ziel haben? Gerade in einem aufrichtigen Gespräch wird genau diese Auswahl immer auch ein Element der Debatte sein. Anderenfalls wird sie fremdbestimmt.”
Weiterer Lesetipp:Journalisten müssen Frames genauso checken wie Fakten (stefan-fries.com).
Und wer sich inhaltlich auf den neuesten Stand bringen lassen will, ist beim ARD-“Faktenfinder” gut aufgehoben: Maaßen und das Video von Chemnitz (faktenfinder.tagesschau.de, Patrick Gensing).

2. Es machte Spaß mit Barbara Laugwitz
(taz.de, Margarete Stokowski)
Die Entlassung der erfolgreichen Rowohlt-Verlegerin Barbara Laugwitz durch den Holtzbrinck-Konzern gibt Rätsel auf. Ein Rätsel, das sie selbst nicht aufklären darf: Laugwitz erhielt eine Kontaktsperre, laut der sie weder mit ihren Ex-MitarbeiterInnen noch mit AutorInnen oder Medien sprechen darf. In der “taz” kommentiert die Rowohlt-Autorin Margarete Stokowski das Geschehen und erzählt von ihrer ersten Begegnung mit der Verlegerin.

3. “Gefahr, dass Journalismus noch mehr Elitenjob wird”
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein, Audio, 5:22 Minuten)
Der Journalist und “Netzwerk Recherche”-Projektleiter Thomas Schnedler hat für seine Dissertation mit prekär beschäftigten Journalisten gesprochen. Viele Journalisten seien auf finanzielle Unterstützung Dritter angewiesen mit den damit verbundenen Folgen: “Das ist tatsächlich eine große Gefahr, dass der Journalismus noch mehr als ohnehin schon zu so einer Art Elitenjob wird, den man sich leisten können muss, weil man entweder selber über die nötigen Mittel verfügt oder weil man eben solche Sicherheitsgaranten und andere Unterstützer hat, die einem das dann erst ermöglichen.”

4. Mein Kollege, der Roboter
(journalist-magazin.de, Anna Friedrich)
Kann der Computer leibhaftige Journalisten ersetzen? In machen Bereichen schon: Bei Börsen- und Finanzmeldungen setzen “Focus Online” und das “Handelsblatt” bereits auf das Angebot des Dortmunder Dienstleisters “textomatic”. Dort werden mit Hilfe künstlicher Intelligenz automatisierte Nachrichten produziert, ganz ohne menschliches Zutun.

5. “Eingeimpft” im MedWatch-Check Teil 1: Wie fragwürdige Experten Stimmung gegen Impfungen machen
(medwatch.de, Hinnerk Feldwisch Drentrup)
Im Dokumentarfilm “Eingeimpft” suchen Regisseur David Sieveking und seine Partnerin eine Antwort auf die Frage, ob das Paar seine Kinder impfen lassen soll oder nicht. Dazu spricht Sieveking mit Wissenschaftlern, Ärzten und Impfkritikern. “Medwatch” hat sich den Film angesehen und eigene Recherchen angestellt. Der Befund: “Eingeimpft”, so unschuldig, offen und ehrlich Sievekings Familiengeschichte daherkommt, ist die Geschichte einer Verunsicherung. Sie spielt mit der Angst von Eltern, und sie liefert Impfkritikern Nahrung für ihre Verschwörungstheorien.

6. DDR-Hörfunk-Hitparade startet (am 11.09.1953)
(wdr.de, Thomas Klug, Audio, 14:37 Minuten)
Der DDR-Fernsehunterhalter Heinz Quermann war umtriebig und vielseitig wie kaum ein anderer: Er war Redakteur, Regisseur, Talentsucher und Conférencier und soll Tausende von Sendungen in Rundfunk und Fernsehen gestaltet haben. Um westlichen Angeboten etwas entgegenzusetzen, erfand er die Schlagerrevue und wurde zum großen Übervater der Schlagersänger zwischen Kap Arkona und Fichtelberg. Bei WDR-“Zeitzeichen” blickt man auf den 11. September 1953 zurück, den Start der DDR-Hörfunk-Hitparade.

Facebook nachhaltig geströert, Rechter Rand, Onlineaktivismus

1. Wie der Werbegigant Ströer Millionen Facebook-Fans heimlich für Werbung benutzt — und dabei ihre Communities zerstört
(buzzfeed.com, Karsten Schmehl)
Anscheinend hat sich der Werbegigant Ströer trickreich ein ganzes Portfolio von Facebookseiten zugelegt, die er für seine Werbekunden mit Clickbait-Beiträgen überzieht. Karsten Schmehl hat ein Netzwerk von 61 Seiten identifiziert über die das Unternehmen insgesamt 20 Millionen Fans erreicht, darunter “Unnützes Wissen” (800.000 Likes), “Wir Kinder der 90er” (600.000 Likes) oder “Dinge, die eine Erzieherin nicht sagt” (130.000 Likes). Manches deute darauf hin, dass Ströer zumindest einige der Facebookseiten von Privatpersonen gekauft haben könnte und jetzt als Link-Abwurfhalde für diverse renommierte Kunden nutzt. Abgesehen davon, dass dies gegen die Facebookregeln verstoßen würde, erscheint die Vorgehensweise wenig nachhaltig: Die derart genutzten Seiten haben teilweise katastrophal schlechte Interaktionsraten. Es hagelt Beschwerden aus den jeweiligen Communities, die sich verraten und missbraucht fühlen.

2. “Das ist ganz klar eine Kampagne”
(deutschlandfunk.de, Stefan Koldehoff & Michael Borgers, Audio, 6:38 Minuten)
Im “Deutschlandfunk” hat sich Georg Restle, Redaktionsleiter des ARD-Politmagazins “Monitor”, zu der Debatte um den Begriff “Hetzjagd” geäußert. Restle hatte in einem “Tagesthemen”-Kommentar Verfassungsschutzchef Maaßen aufgefordert, Beweise für seine Statements vorzulegen, und war dafür vom AfD-Politiker Jörg Meuten als “Hofschranze Merkels”, dem “das ein oder andere Tässchen fehlen könnte”, bezeichnet worden. Restle hält den Streit um Begriffe und die Echtheit eines Videos für eine “groteske Debatte”, die vom eigentlichen Thema ablenke: Deutschland erlebe eine “Mobilisierung des rechtesten Randes der Republik”.

3. “Einstellungen ändern sich nicht durch Hashtags”
(zeit.de, Jakob von Lindern)
Nach den fremdenfeindlichen Übergriffe in Chemnitz kam es zu Gegenprotesten: 65.000 Menschen versammelten sich zu einem Konzert, Tausende versahen auf Facebook und Twitter ihre Profile und Beiträge mit dem Hashtag #wirsindmehr. Doch erreicht diese Form des Protests etwas? Die Politikwissenschaftlerin Sigrid Baringhorst spricht im Interview mit “Zeit Online” über die politische Wirkung von Onlineaktivismus und erklärt, warum die Präsenz auf der Straße so wichtig ist.

4. Zwischen Empörung und Framing — Impulse der Tutzinger Radiotage 2018
(danielfiene.com)
Derzeit finden die 14. Tutzinger Radiotage an der Akademie für Politische Bildung statt. Daniel Fiene ist vor Ort und notiert seine Gedanken und Erkenntnisse auf seinem Blog. Ein bisheriger Schwerpunkt: das wichtige Thema Framing.

5. Neue Recherche-Kooperation aus rbb/”T-Online”
(ndr.de, Daniel Bouhs)
Nach dem Recherchezusammenschluss von NDR/WDR/”SZ” tut sich eine weitere Kooperation von privatwirtschaftlichem und öffentlich-rechtlichem Medium auf: Das Onlineportal “T-Online” recherchiert und publiziert nun gemeinsam mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Strategische Kooperationen von öffentlich-rechtlichen und privaten Medien sind umstritten, auch wegen des Vorwurfs der Markenwerbung und Quersubventionierung.
Weiterer Lesehinweis: RBB lädt die ARD ins “Waldorf Astoria”: “Für den Rundfunk Berlin-Brandenburg ist es eine Art Sparmodell: die ARD-Hauptversammlung im Fünf-Sterne-Hotel” (tagesspiegel.de, Joachim Huber).

6. Anja Reschkes Tipp für mehr Selbstvertrauen: „Denk an den Chef, der die größte Pfeife ist. So gut kriegst du das auch hin“
(editionf.com, Celia Parbey)
“Edition F” hat am Rande des in Berlin stattfindenden “Female Future Force Day” mit der Journalistin Anja Reschke (“Panorama”, “Zapp”) gesprochen. Dabei geht es um die Fragen, wie man mit Hass im Netz umgeht, was geschehen muss, damit mehr Frauen es in Führungspositionen im Journalismus schaffen, und wie es um die Zukunft des investigativen Journalismus steht.

Gefährliche Zeiten, Hambacher Vietnamkrieg, Kulturimperialismus

1. Was bleibt, wenn der Medientross weiterzieht
(deutschlandfunkkultur.de, Vera Linß & Marcus Richter, Audio, 7:56 Minuten)
Der Journalist Bastian Wierzioch lebt in Leipzig und berichtet seit den 90er-Jahren für Medien wie den MDR über Rechtsextremismus in Sachsen. Im Gespräch mit dem “Deutschlandfunk” blickt er zurück auf die vergangenen Jahre und sieht eine be­sorg­nis­er­re­gende Entwicklung: Die Arbeit sei zunehmend gefährlicher geworden.
Weitere Tipps: “taz”-Reporter Martin Kaul hat gestern eine Stunde live aus Köthen von einer “Trauerveranstaltung” gestreamt, die sich als volksverhetzende Neonazi-Kundgebung entpuppte. Zum Ende seiner Aufnahme erlebt man, wie er ins Visier einiger aufgeheizter “Lügenpresse”-Rufer gerät und körperlich angegangen wird. Im Tumult bricht der Stream ab. Wie Kaul auf Twitter berichtet, konnte er von der Polizei gerade noch reitzeitig rausgeholt werden. Am späteren Abend meldete er sich noch einmal auf Twitter mit einem Video. So traurig das Geschehen — dieser besonnene und mutige Journalismus ist ein Lichtblick.
Wie Martin Kaul war auch “BuzzFeedNews”-Redakteur Marcus Engert in Köthen. Dort wurde er von Teilnehmern der Kundgebung erkannt und körperlich angegangen, bis er sich mit zerrissenem T-Shirt in Sicherheit bringen konnte. Zusammen mit Pascale Mueller hat er die Vorgänge und die Rede des rechtsradikalen Thügida-Chefs David Köckert (“Menschen wie Wölfe zerfetzen”) bei “BuzzFeedNews” dokumentiert.

2. Die “Bild” gibt Tipps, um Alltagsrassismus zu bekämpfen
(vice.com, Rebecca Baden)
Wenn ausgerechnet in der “Bild”-Zeitung eine Redakteurin den Lesern und Leserinnen Tipps gibt, wie man Alltagsrassismus bekämpfen kann, ist das einerseits löblich, aber andererseits auch fast ein wenig lustig: Wie kaum eine andere Zeitung macht “Bild” Stimmung gegen Asylpolitik und Asylsuchende. Rebecca Baden kommentiert diesen interessanten Ethik-Spagat.

3. Vielleicht doch kein Vietnamkrieg im Hambacher Forst
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Wie die “Rheinische Post” berichtet, wurden im Hambacher Forst “Tunnelsysteme” entdeckt, die an die Anlagen im Vietnamkrieg erinnern sollen. Eine neue Eskalationsstufe in der Konfrontation zwischen Umweltschützern und dem Energiekonzern RWE, der den Wald dem Kohleabbau opfern will? Nein, denn die Tunnel existieren anscheinend nur in der Vorstellungswelt der “Rheinischen Post”.

4. Von Spaß und Schande
(fr.de, Claus-Jürgen Göpfert)
Nach 48 Jahren als Verleger musste Karl Dietrich “KD” Wolff Insolvenz-Antrag stellen. Claus-Jürgen Göpfert hat ihn besucht und einen Bericht von dort mitgebracht, der einen dicht ans Geschehen holt: “Der Träger des Kurt-Wolff-Preises blickt ins Leere. Dann sagt er einen Satz: “Es ist bitter.” Pause. Dann wieder einen Satz: “Und es erschöpft auch.” Und dann erzählt er doch. Wie die Hoffnung auf einen stillen Teilhaber für den Verlag sich zerschlug. Wie er “von einer Stiftung zur anderen gelaufen” ist in der Hoffnung, unterstützt zu werden. Die Kafka-Ausgabe ist bis Band 16 gekommen — 25 sollten es sein. Und dann bricht es aus dem Verleger heraus: “Es ist eine Schande, dass die Kafka-Ausgabe nicht öffentlich gefördert wurde — eigentlich müsste sich der Bundespräsident da engagieren.”
Weiterer Lesetipp zum aktuellen Verlagsgeschehen: In Ein rätselhafter Vorgang (faz.net) schreibt Julia Encke über den Rauswurf der verlegerischen Geschäftsführerin des Rowohlt-Verlags, Barbara Laugwitz, durch den Holtzbrinck-Konzern.

5. “Das ist kultureller Imperialismus”
(zeit.de, Carolin Ströbele)
Streamingdienste wie Netflix und Amazon Prime sind für den Fernsehmarkt Bereicherung und Bedrohung zugleich. Großbritannien hat bereits längere Erfahrungen mit den beiden weltweit agierenden Medienkonzernen, dort kam es zu gravierenden Auswirkungen auf die heimische Branche. “Zeit Online” hat mit dem britischen Regisseur Peter Kosminsky gesprochen. Es geht um das Abwerben von Talenten durch Netflix, die rasant steigenden Kosten für TV-Serien und die Zukunft der BBC.

6. Immer in Bewegung: Das Fernsehen kann nicht stillstehen
(dwdl.de, Hans Hoff)
Fernsehmoderatoren müssen sich heutzutage in Bewegung befinden. Selbst wenn im ZDF der Wetterbericht beginnt, müssen die Moderatorinnen und Moderatoren zunächst ein paar Schritte gehen, bevor sie vor der Wettertafel stehen. Hans Hoff beschäftigt sich in seiner Kolumne mit diesen zwanghaften telemedialen Wanderbewegungen. Eine Kolumne, die er im Gehen geschrieben habe: “Leider spiegelt sich dieser dynamische Schaffensprozess in keiner Weise im fertigen Produkt, weshalb wieder nur der Inhalt als Maßstab jeglicher Bewertung in Frage kommt. Da haben es die beim Fernsehen doch besser. Neid.”

Besinnungslos durchformatiert, Götz-en-Anbetung, Analoger Clickbait

1. Eine Show, die nur Action will
(zeit.de, Matthias Dell)
Matthias Dell hat sich die Sendung “Dunja Hayali” im ZDF zu den rassistischen Aufwallungen in Chemnitz angeschaut. Dell kritisiert die “bis zur Besinnungslosigkeit durchformatierte” Sendung mit den Worten: “Das Traurige an der Dunja-Hayali-Sendung ist, dass mehr Energie und Originalität in die Frage fließt, wie man in Einspielfilmen Namen von Protagonisten geil einblenden kann (mit Sendungslogo, schicken Linien und zeitweisen Unschärfen), als in jede inhaltliche Beschäftigung mit dem Thema, um das es geht.”

2. Zu Besuch bei Götz Kubitschek
(twitter.com/agitpopblog)
Seit Jahren besuchen Journalisten den Protagonisten und Publizisten der Neuen Rechten Götz Kubitschek auf dessen Rittergut im sachsen-anhaltischen Schnellroda. Das Ergebnis dieser Besuche sind oft verklärt-verquaste und romantisierende Homestories. Der Twitterer “Baron von Agitpop” hat einige Beispiele der letzten Zeit zusammengestellt und wendet sich mit einer Forderung an die Journalisten: “Wenn es schon das 20. Kubitschek-Profil sein muss (WENN), dann kommt der Selbstdarsteller woanders hin. Ihr fahrt *nicht* nach Schnellroda, wo er die Deutungshoheit über sein Image hat.”

3. Fußballjournalismus: Die Kunst des Kommentars
(fachjournalist.de, Michael Schaffrath)
Fußball-Reporter und -Reporterinnen stehen besonders im Fokus von Kritik. Das war schon immer so, doch neue Medien wie Facebook und Twitter verschärfen das Phänomen bis zu gelegentlichen Shitstorms. Ist die Kritik an den Sport-Kommentatoren gerechtfertigt? An der TU München wurde die “Qualität der Live-Kommentierung bei der EURO 2016” untersucht. Der für diesen Bereich verantwortliche Leiter der Sportfakultät fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.

4. Jeder Dritte rechnet mit „Fake News“
(faz.net)
Das Meinungsforschungsinstitut Ipsos hat sich in 27 Ländern nach dem Vertrauen der Menschen in Medien umgehört. Fast jeder dritte Deutsche sei der Überzeugung, häufig oder regelmäßig auf bewusste Falschmeldungen zu stoßen. Damit geht es Deutschland im Vergleich relativ gut: In allen anderen untersuchten Ländern war das Vertrauen in Medien geringer.

5. Späte Revolution beim “Spiegel”
(sueddeutsche.de, Claudia Tieschky)
Der “Spiegel” gehört zu etwa einem Viertel Gruner+Jahr, zu einem Viertel den Augstein-Erben und zur Hälfte der Mitarbeiter-KG, was auf eine Schenkung des Magazingründers Rudolf Augstein zurückgeht. Bislang herrschte jedoch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Haus, denn Mitarbeiter von “Spiegel Online” konnten nicht Teilhaber der KG werden. Nun gibt es Bestrebungen, dies sukzessive zu ändern.

6. Daher kommt der Clickbait
(facebook.com/Walulis, Video: 9:47 )
Medien-Satiriker Walulis beschäftigt sich in seiner neuesten “Walulyse” mit den Erfindern des analogen Clickbaits: den Klatschzeitschriften der Regenbogenpresse. Ihm zur Seite: Yellow-Press-Experte Mats Schönauer vom “Topf voll Gold”, der erklärt, wie hemmungs- und gewissenlos die Branche schwindelt, täuscht und trickst.

“Emmas” Tendenzen, Rosen-Replik, Sprachgebrauch der Rechtsextremen

1. Tendenzjournalismus bei “Emma”
(taz.de, Patricia Hecht & Anne Fromm)
Die “Emma” lässt Chemnitzer Frauen erzählen, wie bedrohlich arabische Männer sind — und verzichte auf Recherche, so der in der “taz” geäußerte Vorwurf, der sich auf diesen “Emma”-Text bezieht. Es sei nicht der erste Beitrag des Magazins, der einen rechten Sound anschlage: “Schon nach der Kölner Silvesternacht veröffentlichte die Redaktion mehrere Artikel, in denen sie unter anderem behauptete, “Männer in großen Rudeln” seien über Frauen hergefallen, die Gewalt habe der auf dem Kairoer Tahir-Platz geglichen — auch wenn ägyptische FrauenrechtlerInnen das bestritten. Alice Schwarzer brüstete sich damit, als eine der wenigen die “Realität zu benennen” und kritisierte den angeblichen Hohn von Politik und Medien, die die Realität verschweigen würden. Schon damals bekam sie dafür vor allem Applaus von Rechts.”

2. #diekanon: Ein Blick hinter die Kulissen der Zeit-Kanons
(einfacherdienst.de, Kristina Kämpfer)
Der “Zeit”-Bildungskorrespondent Thomas Kerstan erntete für seinen Wissens-Kanon mit 100 essentiellen Werken einiges an Kritik: Unter den 100 Autoren fanden sich nur sieben Frauen. Der “Einfache Dienst” hat dies zum Anlass genommen, die letzten sieben veröffentlichten Kanons der “Zeit” zu untersuchen und das jeweilige Geschlechterverhältnis auszuwerten.

3. Nutzung von Online-Audio-Angeboten steigt
(blmplus.de, Wolfgang Flieger)
Auf dem “Digitalradiotag” wurden der Digitalisierungsbericht Audio 2018 und der erste Teil des Online-Audio-Monitors 2018 der Landesmedienanstalten vorgestellt. Im Blog der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien fasst Wolfgang Flieger die wichtigsten Ergebnisse der Studien zusammen. Die Nutzung von Online-Audio-Angeboten sei insgesamt angestiegen, eine wichtige Rolle würden dabei Wortinhalte und Podcasts spielen.

4. Rosen-Replik
(facebook.com, Klaus Meier)
Der amerikanische Journalismus-Professor Jay Rosen hatte sich zum Abschluss seines dreimonatigen Forschungsaufenthalts in Deutschland mit einem offenen Brief und einigen kritischen Anmerkungen an die deutschen Journalistinnen und Journalisten gewandt. Auf Facebook hat sich sein deutscher Kollege, der Journalismus-Professor Klaus Meier, mit einer Replik zu Wort gemeldet. Rosens Ausführungen seien leider “recht schwammig und missverständlich”.

5. Nicht den Sprachgebrauch der Rechtsextremen übernehmen
(neuemedienmacher.de)
Die “Neuen deutschen Medienmacher” sind ein bundesweiter, unabhängiger Zusammenschluss von Medienschaffenden mit und ohne Migrationsgeschichte, der sich unter anderem für interkulturellen Journalismus einsetzt. Anlässlich der Vorkommnisse in Chemnitz hat das Netzwerk eine Stellungnahme veröffentlicht. Bei der Berichterstattung über die rechtsextremen Ausschreitungen in Sachsen übernähmen Medien immer wieder die Perspektive der Rechtsradikalen. Anhand praktischer Beispiele zeigen die Medienmacher, wo die Probleme bei der Berichterstattung aus ihrer Sicht liegen.

6. Polizei auf Social Media: Bundesweit 331 Profile
(ndr.de, Daniel Bouhs & Andrej Reisin, Video, 7:30 Minuten)
Wie Daniel Bouhs und Andrej Reisin bei “Zapp” berichten, baut die Polizei ihre Präsenz in sozialen Netzwerken rasant aus. Bundesweit würden Polizeibehörden bereits 331 Profile betreiben. Darunter 159 offizielle Twitter-Accounts, 138 bei Facebook, 25 bei Instagram, acht bei Youtube und einen bei Snapchat. “Zapp” hat mit Polizeibeamten und einem Polizei- und Konfliktforscher über das Wirken der Polizei als Medienakteur gesprochen.

Mesale und Deniz, Die Methode Reichelt, Zu Gast bei der “Titanic”

1. “Sie haben versucht, die Tür einzuschlagen”
(deutschlandfunk.de, Philip Banse, Audio, 5:11 Minuten)
Die Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu ist nach einem langen Gefängnisaufenthalt in der Türkei wieder zurück in Deutschland. Im “Deutschlandfunk” erzählt sie von den Umständen ihrer Verhaftung und ihrer Zeit im Frauengefängnis, wo sie mit 20 Frauen in einer Zelle leben musste. Gemeinsam mit der Organisation “Reporter Ohne Grenzen” äußert sie sich kritisch zur Sicherheitslage für Journalistinnen und Journalisten in der Türkei. Die Bundesregierung müsse bei Besuchen Druck ausüben.
Weiterer Lesehinweis: Der ebenfalls lange Zeit in der Türkei inhaftierte Deniz Yücel hat die türkische Regierung wegen “unrechtmäßiger Inhaftierung” auf Schadenersatz verklagt. In der “taz” erklärt sein Anwalt Veysel Ok die Gründe.

2. Die Absurdität von Fake-News
(taz.de, Sarah Kohler)
“Bild”-Boss Julian Reichelt veröffentlichte auf Twitter einen Screenshot, der den Sänger der Gruppe “Feine Sahne Fischfilet” zeigt und fragte scheinheilig: “Auf Twitter kursiert ein Foto von @feinesahne Sänger Gorkow, der in Chemnitz den Hitlergruß zeigen soll. Allerdings weist das Foto am Handansatz zwei auffällige Pixel auf, die auf Montage hindeuten könnten. Handelt es sich um eine Fälschung? Wer kann helfen?” Das Bild, ein aus dem Zusammenhang gerissener Screenshot eines Videos, stammte vom ehemaligen NPD-Landeschef von Berlin, der schon wegen Volksverhetzung und Körperverletzung vor Gericht stand. Darf man solche Gerüchte teilen, zumal, wenn man “Bild”-Chef ist und ein Rechercheteam hinter sich weiß? Die “taz” hat einige Reaktionen dazu zusammengestellt. Die Sammlung sei hier noch um die in eine Gegenfrage gekleidete Antwort des 6-vor-9-Kurators ergänzt.

3. Leistungsschutzrecht: Verleger fordern weiter Millionen von Google
(heise.de)
Die deutschen Presse-Verleger pokern weiter um eine millionenschwere Vergütung von Google für die sogenannten Snippets (bei einem Snippet handelt es sich um einen kurzen Textauszug aus einer Webseite, der in der Ergebnisliste einer Suchmaschine angezeigt wird). Strittig ist derzeit, wie umfangreich die Snippets auf den Google-Seiten sein dürfen, bevor Google zahlen muss. Eduard Hüffer, Geschäftsführer des Aschendorff-Verlags in Münster, besteht darauf, die entsprechende Gesetzesformulierung eng auszulegen: “Wir gehen davon aus, dass bis zu drei Wörter lizenzfrei genutzt werden können”, sagte Hüffer der dpa. Der Kölner Verleger Christian DuMont Schütte gibt sich ähnlich konfliktbereit: “Beim Rechtsstreit mit Google haben wir uns auf eine grundsätzliche Auseinandersetzung eingestellt.”
Ach, und weil gerade der Name DuMont gefallen ist: Das Kartellamt hat wegen verbotener Absprachen auf dem regionalen Zeitungsmarkt Bußgelder in Höhe von 16 Millionen Euro gegen die DuMont-Gruppe verhängt.

4. Interviewreihe: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk
(journalist-magazin.de, Matthias Daniel)
Wer sich für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit verbundene Themen interessiert, sollte diese Übersicht in seine Bookmarks aufnehmen: Das Magazin “journalist” hat zusammen mit Studierenden der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft eine große Interviewreihe mit 17 dokumentierten Einzelgesprächen initiiert. Der Link führt zu einer Übersicht, die von “journalist”-Chefredakteur Matthias Daniel erläutert wird.

5. Prozess gegen Sigi Maurer: Livebericht
(derstandard.at, Marie-Theres Egyed)
Beim österreichischen “Standard” gibt es ein Echtzeit-Protokoll vom gestrigen Prozess gegen die Ex-Grüne Sigi Maurer. Maurer hatte obszöne und beleidigende Nachrichten veröffentlicht, die ihr ein Barbesitzer über Facebook geschrieben haben soll. Obwohl, nun ja, viele Indizien gegen den Barbesitzer sprechen (so zum Beispiel seine eigenwillige Interpunktion und die Tatsache, dass die Nachrichten von seinem PC stammen), bestreitet er den Vorgang. Und nicht nur das: Er hat das Opfer auf 60.000 Euro verklagt. Wegen “übler Nachrede” und “Kreditschädigung”. Abgesehen von der Thematik als solcher bietet die Verhandlungsmitschrift einen interessanten Einblick in die Abwicklung eines derartigen Verfahrens.

6. “Satire muss wehtun” – Drei Tage Praktikum bei der ‘Titanic’
(vice.com, Yasmina Banaszczuk)
Die “Vice”-Autorin Yasmina Banaszczuk hat beim Satire-Magazin “Titanic” ein dreitägiges Betriebspraktikum absolviert und dabei viel über Satire und noch mehr über Medien gelernt. Ein toller Einblick in das Innere der “Titanic”, begleitet von gelungenen Bildern aus dem Redaktionsalltag.

Rosens Ratschläge, Blogger-Studie, PR-Berater-Plage

1. Brief an die deutschen Journalisten
(faz.net, Jay Rosen)
Der US-amerikanische Journalismus-Professor Jay Rosen hat sich für ein von der Robert Bosch Stiftung unterstütztes Forschungsprojekt drei Monate in Deutschland aufgehalten. Bei der Untersuchung ging es um das Selbstverständnis deutscher Journalisten und die Frage, inwieweit es sich von dem ihrer amerikanischen Kollegen unterscheidet. Aus seinen Interviews mit 53 Journalistinnen und Journalisten hat Rosen ein Destillat herausgearbeitet und in einem “Brief an die deutschen Journalisten” zusammengefasst.
Weiterer Lesetipp: “Meedia” hat bei deutschen Online-Redaktionen nachgefragt, was sie von den Ratschlägen halten: “Wir berichten, was ist. Nicht, was wir glauben, das sein sollte”: Redaktionen zu Rosens Journalismuskritik (Thomas Borgböhmer).

2. Blogger und Journalisten: Ähnlicher als gedacht
(de.ejo-online.eu, Johanna Mack)
Eine Studie der Otto Brenner Stiftung (PDF) über Deutschlands Blogger geht der Frage nach, wie journalistische Blogger einzuordnen sind. Worin unterscheiden sich die “Amateure” von den “Profis”? Ist eine derartige Unterscheidung überhaupt nötig? Johanna Mack fasst die Ergebnisse der Studie zusammen: “Die Autoren vermuten, dass Blogs auch in Zukunft keine generelle Konkurrenz für den tagesaktuellen Journalismus darstellen werden, aber in bestimmten Fachbereichen wie Mode, Reise und Technik durchaus aufholen könnten.”

3. «10vor10» und «SonntagsZeitung» wehren sich gegen Zensur
(infosperber.ch, Urs P. Gasche)
In der Schweiz konnte man miterleben, welchen Einfluss PR-Berater auf ihre Politik-Klienten haben: Dort unterbrach ein PR-Sprecher von Außenminister Ignazio Cassis die Frage des “10vor10”-Journalisten mit den Worten: “Ich habe gesagt, das ist keine Thema”. Urs P. Gasche lobt die Schweizer Medien, die dieses Gebaren sichtbar gemacht und kritisiert haben.

4. Schweden warnt vor Bots und Fake News
(faktenfinder.tagesschau.de, Carsten Schmiester)
Vor der Parlamentswahl in Schweden hat sich eine führende Mitarbeiterin des schwedischen Geheimdienstes Säkerhetspolisen an die Öffentlichkeit gewandt: “Glaubt nicht alles, was online über Parteien, ihre Programme, ihre Stärken und Schwächen geschrieben ist und gesagt wird.” Dahinter steckt die Sorge vor gefälschten Konten, der Digital-Bombardierung durch Bots und der massenhaften Verbreitung von Falschmeldungen.

5. Medienzirkus zum Anfassen
(deutschlandfunk.de, Mirjam Kid, Audio, 5:53 Minuten)
Abweichend von herkömmlichen geschlossenen Veranstaltungen waren beim Campfire-Festival für Journalismus nicht nur Journalistinnen und Journalisten, sondern auch Nutzerinnen und Nutzer eingeladen. Mirjam Kid berichtet von ihren Eindrücken vom dreitägigen Lagerfeuer.

6. G+J startet erstes Magazin mit RTL-Gruppe – und mit hoher Druckauflage
(horizont.net, Roland Pimpl)
Wenn aus Fernsehformaten Erfolge im Print werden sollen: Gruner+Jahr wirft heute das Magazin zur Vox-Gründershow “Die Höhle der Löwen” auf den Markt. Es ist eine Art von familiärer Zusammenarbeit: Sowohl Gruner+Jahr als auch Vox gehören zur Bertelsmann-Gruppe.

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