Archiv für 6 vor 9

Uploadprobleme, Klickerfolg der “Welt”, Diana-Interview

1. Ihr Upload ist leider fehlgeschlagen
(zeit.de, Meike Laaf)
Alle Einwände der Kritikerinnen und Kritiker haben nichts genutzt: Gestern wurde vom Bundestag die umstrittene Urheberrechtsreform beschlossen. Mit dabei: die von vielen als problematisch angesehenen Uploadfilter. Meike Laaf widmet sich in einer ausführlichen Analyse den Fragen der möglichen technischen Umsetzung. Die Technik allein könne es jedoch nicht richten: “Ohne Menschen, die maschinelle Entscheidungen zumindest überprüfen, wird es in vielen Fällen schwierig werden. Ganz zu schweigen von der Notwendigkeit, mehr Transparenz als bisher darüber herzustellen, warum Sperrentscheidungen gefallen sind.”

2. Für seriöse Medien wäre #DIVIgate eine Katastrophe, für “Welt” war es ein voller Erfolg
(volksverpetzer.de, Thomas Laschyk)
Die “Welt” hat einem hochproblematischen, da fehlerbehafteten Thesenpapier über die angeblich nicht vorhandene Auslastung der Intensivstationen großen Raum gegeben. Laut Insiderinformationen freue sich der Digital-Chef der “Welt” über den Klick-Erfolg – trotz der Fehler und trotz heftigem Widerspruch von Medien und Experten. Thomas Laschyk kommentiert: “Für seriöse Medien, denen Ansehen und korrekte Berichterstattung wichtig sind, wäre so eine massive Fake News eine Katastrophe. Der MDR bezeichnet das als ‘Unfall’, wenn HR oder MDR nach dem Verbreiten von Fake News selbst Korrekturen veröffentlichen müssen (wir haben auch darüber berichtet). Bei WELT nimmt man das eher als vollen Erfolg wahr.”

3. “Ich bin für meine Autor:innen jederzeit erreichbar”
(fachjournalist.de, Florian Beißwanger)
Anna von Planta arbeitet als Lektorin beim Diogenes Verlag. Dort betreut sie das Gesamtwerk der bereits verstorbenen Friedrich Dürrenmatt und Patricia Highsmith sowie viele andere bekannte Autoren wie Patrick Süskind, John Irving und Paulo Coelho. Im Interview mit dem “Fachjournalist” erinnert sie sich an die Zusammenarbeit mit Dürrenmatt, erklärt, was gute Lektoren ausmacht, und was angehende Schriftstellerinnen und Schriftsteller von Autor John Irving lernen können. Ein lohnenswerter, da eher seltener Blick hinter die Kulissen der Bücherwelt.

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4. Neue ARD-Programmchefin im RND-Gespräch: “Wir haben Teile der Bevölkerung verloren”
(rnd.de, Imre Grimm)
Die ARD hat eine neue Programmchefin: die von der ARD-Filmproduktionstochter Degeto kommende Christine Strobl. Im Gespräch mit Imre Grimm geht es unter anderem um ihre Pläne für die ARD, um Spar- und Konkurrenzdruck, Diversität, die Mediathek und das Thema Gebühren. Und natürlich spricht Grimm das Thema einer möglichen CDU-Nähe an: Strobl ist die Tochter von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und mit dem baden-württembergischen CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl verheiratet.

5. Hassrede, absetzbar
(taz.de, Matthias Meisner)
Seit Jahren gelinge es Vereinen im rechten politischen Spektrum, den Status der Gemeinnützigkeit zu erlangen, berichtet die “taz”: Das sei zeitweise beim Portal “Journalistenwatch” so gewesen und nun beim sogenannten “Demokratienetzwerk”, das im Kern nichts weiter als ein pöbelnder Twitter-Account sei. Matthias Meisner schreibt: “Das in Mannheim ins Vereinsregister eingetragene ‘Demokratienetzwerk’ mit seinen rund 2.800 Twitter-Follower:innen ist 2019 vom Finanzamt Rastatt als ‘gemeinnützig’ eingestuft worden, Spenden sind also steuerlich abzugsfähig. Und das für eine rechte Propagandaschleuder. Wie ist das möglich?”

6. Schwere Fehler bei legendärem Diana-Interview – BBC bittet um Entschuldigung
(spiegel.de)
1995 erreichte ein Interview weltweit Rekord-Einschaltquoten. Im Gespräch mit dem BBC-Reporter Martin Bashir sprach Lady Diana ungewöhnlich offen über die Untreue ihres Mannes Charles und ihre eigenen psychischen Probleme. Jahrzehnte später kommt ein interner Untersuchungsbericht des Fernsehsenders zu dem Schluss, dass sich Bashir das Interview offenbar mit unlauteren Methoden erschlichen hatte: Der Reporter habe Diana gefälschte Kontoauszüge vorgelegt, die beweisen sollten, dass Mitarbeiter am Hofe für Spitzeldienste bezahlt worden seien.

7. “Bildblog”-Autoren: “Angst verkauft sich besser als eine Willkommenskultur”
(derstandard.de, Oliver Mark)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: Meine BILDblog-Kollegen Moritz Tschermak und Mats Schönauer haben sich mit dem “Standard” über ihr “Bild”-kritisches Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste” unterhalten. In dem Gespräch geht es um die Mechaniken der “Bild”-Berichterstattung, die Muster dahinter und die Unterschiede zwischen der Ära Diekmann und der Ära Reichelt. Bei der Gelegenheit und bei aller Befangenheit: “Ohne Rücksicht auf Verluste” sollte in jedem Bücherschrank stehen. Nicht nur, weil es eine fundierte Analyse des immer noch mächtigsten Mediums Deutschlands darstellt, sondern auch medienerfahrenen Lesern und Leserinnen neue Einblicke und Einsichten bietet.

Der Antisemitismus der anderen, “DiviGate”-Analyse, Politwerbung

1. Der Antisemitismus der Anderen
(krautreporter.de, Stephan Anpalagan)
“Deutschland diskutiert mal wieder über Antisemitismus. Nein: über muslimischen Antisemitismus. Dabei wurde der deutsche nie aufgearbeitet.” Stephan Anpalagan spricht in seinem wichtigen Longread auch die Rolle vieler Medien an, insbesondere die des Springer-Konzerns: “Man könnte meinen, die Herrschaften bei Bild und zuweilen auch Welt ließen keine noch so abwegige Gelegenheit ungenutzt, um den Antisemitismus in Richtung Islam umzulenken.”

2. Mehr Tiefgang im Netz
(taz.de, René Martens)
René Martens kommentiert die als Webdokus angelegten Kulturformate der Öffentlich-Rechtlichen: “Es gehört zu den Ironien des Mediennutzungswandels, dass im vermeintlich oberflächlichen Netz Kultur-TV-Formate entstehen, die mehr Tiefe ermöglichen als die klassischen Sendungen – wobei diese – über den Weg der linearen Zweitverwertung – dann wiederum von den Neuentwicklungen profitieren können.”

3. Der Fall Argonerd – Issue #3
(getrevue.co, Benjamin Läpple)
In einem umstrittenen, da lücken- und fehlerhaften Thesenpapier sowie einem “Welt”-Interview wurden den Intensivmedizinern schwere Vorwürfe gemacht: Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) habe angeblich im eigenen Interesse mit Zahlen getrickst, Patienten seien ohne Not auf Intensivstationen verlegt worden (die DIVI widersprach dem entschieden). Auf Twitter wurde die Debatte stark durch einen anonymen Account befeuert. Benjamin Läpple hat die Vorgänge um das angebliche #DiviGate rekonstruiert und in seine Analyse mehr als eine Million Tweets einbezogen.

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4. ARD und ZDF nehmen Arte-Inhalte in ihre Mediatheken auf
(dwdl.de, Alexander Krei)
ARD und ZDF haben ihre Mediatheken bereits vergangenes Jahr um die Inhalte des jungen Netzwerks Funk und des Ereignis- und Dokumentationskanals Phoenix erweitert. Nun wolle man große Teile des Programmangebots von Arte integrieren: “Das stärkt die gemeinsame Plattform und macht unsere inhaltliche Vielfalt attraktiv und nutzerfreundlich zugänglich”, so der ARD-Verantwortliche Benjamin Fischer.

5. Facebook verbietet Falschinformationen in Werbeanzeigen – warum ist die Plattform dann voll damit?
(correctiv.org, Alice Echtermann)
“Correctiv” ist selbst als Faktenchecker für Facebook tätig, gerät bei der Überprüfung von politischen Anzeigen jedoch an seine Grenzen: “Wir fanden bei unseren Recherchen Hinweise darauf, dass Facebook seine eigenen Regeln bezüglich Falschinformationen und politischen Anzeigen hierzulande nicht konsequent durchsetzt. Manche Anzeigen werden gesperrt, andere nicht. Die Frage ist: Nach welchen Kriterien entscheidet Facebook hier?” Alice Echtermann führt in der lesenswerten Recherche einige konkrete Fälle und Schwachstellen auf.

6. Angriff auf Netflix und Disney+
(deutschlandfunk.de, Sören Brinkmann & Stefan Fries, Audio: 5:20 Minuten)
Im globalen Streaming-Markt zeichnet sich eine Verdichtung ab: WarnerMedia soll mit dem TV-Konzern Discovery fusionieren, die französischen TV-Sendergruppen TF1 und M6 wollen sich zusammenschließen, und Amazon werde womöglich das traditionsreiche Hollywood-Studio Metro-Goldwyn-Mayer (besser bekannt als MGM) übernehmen. Stefan Fries hat sich im Deutschlandfunk mit dem Medienjournalisten Thomas Lückerath über die möglichen Auswirkungen für das Publikum in Deutschland unterhalten.

Angriffe bei Querdenken-Demos, Einfältigkeitsmerkmale, Sklaverei

1. Angriffe bei Querdenken-Demos
(zdf.de, Arndt Ginzel & Henrik Merker, Video: 7:58 Minuten)
Auf den sogenannten “Querdenker”-Demos hat es die Polizei immer öfter mit selbsternannten Reportern und Pseudo-Journalistinnen zu tun. Diese würden die Ereignisse vor Ort filmen, die Bilder angeblicher Polizeigewalt dann über Social-Media-Plattformen verbreiten und damit Hass im Netz schüren. Für die Polizei ist der Umgang mit den vermeintlichen Medienschaffenden nicht einfach, wie Arndt Ginzel und Henrik Merker in ihrem Film für “Frontal21” dokumentieren.

2. Worüber wir neben Corona auch diskutieren müssen
(netzpolitik.org, Pia Stenner & Markus Beckedahl )
Morgen startet die bis Samstag andauernde re:publica. Wegen der Corona-Pandemie findet “die Internet-Gesellschaftskonferenz” bereits zum zweiten Mal nur im Netz statt. Am ersten Tag liegt der Schwerpunkt auf Medien und Medienpolitik, Freitag und Samstag auf Gesellschaftsthemen. Der Beitrag auf netzpolitik.org stellt einige der netzpolitisch relevanten Vorträge, Talks und Debatten vor. Alles Weitere gibt es in der offiziellen Programmübersicht. Tickets zu Preisen ab 25 Euro können noch über die Website gebucht werden.

3. Jede Menge Einfältigkeitsmerkmale
(de.qantara.de, Stefan Buchen)
Der Journalist und “Tagesschau”-Sprecher Constantin Schreiber hat bereits zwei Sachbücher zum Islam verfasst, “Inside Islam” und “Kinder des Koran”. Nun hat er einen Roman vorgelegt. Rezensent Stefan Buchen ist geradezu entsetzt: “Man könnte fragen, wie glaubwürdig es ist, wenn der neue Mr. Tagesschau, Hautfarbe weiß, sich ‘kritisch’ mit den Auswüchsen der Diversitätspolitik auseinandersetzt. Aber das scheint eher nachrangig. Literaturgeschichtlich knüpft ‘Die Kandidatin’ an vielgelesene Schundromane der Zwanziger und Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts an, in denen ebenfalls an die Ängste und den Hass des Publikums appelliert und vor ‘der Übernahme unseres Landes’ gewarnt wird.”

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4. Anno 1800 und die Sklaverei: Ein Feature, das sich nicht durchsetzen konnte
(okcool.space, Dom Schott)
Sollte ein Historiengame wie “Anno 1800” unangenehme Aspekte wie die Sklaverei miteinbeziehen oder ausblenden? Spielejournalist Dom Schott hatte die Argumente der Spieleentwickler für ein Ausblenden der schwierigen Thematik bereits 2018 als “inhaltlich falsche Feel-Good-Programmatik und Etikettenschwindel” kritisiert. Nun habe sich ein ehemaliger “Anno”-Entwickler mit einer längeren Stellungnahme bei ihm gemeldet, den Schott als Gastbeitrag veröffentlicht. Der anonym bleiben wollende Entwickler schreibe darin unter anderem: “Wenn Spielejournalismus kritisch hinterfragt, ist es das Gegenteil von Cancel Culture. Gecancelt werden in jedem Studio zig Ideen am Tag, zugunsten von Althergebrachtem und Bekanntem. Äußere Kritik dagegen bricht Strukturen auf, gibt neuen Stimmen Argumente, Gewicht und Resonanz. In der Summe führt dies zu innovativeren Ideen, durchdachterem Design und frischeren Geschichten. Jenseits politischer Überzeugungen sollte jeder dankbar dafür sein, dass Megakonzerne wie Hobby-Entwickler von einer kritischen Presse ermuntert werden, Neues zu wagen.”

5. “Du leidest und jubelst”
(sueddeutsche.de, Stefan Fischer)
Der Fußballkommentator Karlheinz Kas sieht seinem baldigen Ruhestand entgegen. Beim Bundesligafinale am Pfingstsamstag sitzt er ein letztes Mal am Mikrofon (Bayern 1, 15:05 Uhr). Stefan Fischer hat Kas befragt: Was muss ein Radio-Kommentator leisten? Wie hat sich die Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten verändert? Und wie trist ist es, in einem leeren Stadion zu sitzen?

6. Spotify nimmt Podcasts auf die Schippe
(wuv.de, Lena Herrmann)
Beim Parodieformat “Podcasts – der Podcast” werden bekannte Podcasts wie “Fest & Flauschig” (Böhmermann & Schulz), “Zeit Verbrechen” (Rückert & Sentker), “AWFNR” (Ripke & Winterscheidt) und “Paardiologie” (Roche & Keß-Roche) spielerisch aufs Korn genommen. Der Unterton sei jedoch freundlich und respektvoll, so der für das Projekt verantwortliche Spotify-Manager: “Mit ‘Podcasts – der Podcast’ zollen wir den beliebtesten deutschsprachigen Podcaster:innen auf humorvolle und liebevolle Art Respekt für ihre beeindruckende kreative Arbeit.” Der “6-vor-9”-Kurator hat sich die erste Folge bereits angehört und war insgesamt recht angetan, besonders von den treffenden Imitationen von Olli Schulz und Charlotte Roche. Das Format ist jedoch ziemlich meta und empfiehlt sich eher nur für Podcast-Liebhaber, die die imitierten Formate wiedererkennen.
Weiterer Lesetipp: “DWDL” hat sich mit den verantwortlichen Produzenten über das Projekt unterhalten. In dem Gespräch geht es auch um die besonderen Herausforderungen bei der Umsetzung (dwdl.de, Manuel Weis).

Neue Glyphosat-Klatsche, Entsetzte Intensivmediziner, Null Aussagekraft

1. Glyphosat-Gutachten: Bundesinstitut für Risikobewertung verliert erneut Klage gegen uns
(fragdenstaat.de, Arne Semsrott & Phillip Hofmann)
Durfte die Transparenz-Initiative “Frag den Staat” ein umstrittenes Glyphosat-Gutachten aus dem Bundesinstitut für Risikobewertung veröffentlichen? Nein, sagte die Behörde von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Und begründete dies mit einer angeblichen Verletzung des Urheberrechts. Nun gab es die bereits zweite juristische Schelle für die Behörde: Nach dem Landgericht erkannte jetzt auch das Oberlandesgericht Köln an, dass die Veröffentlichung zulässig war. Arne Semsrott und Phillip Hofmann von “Frag den Staat” fordern für die Zukunft allgemeinverbindliche Regeln: “Es bedarf einer Klarstellung, dass das Urheberrecht nicht für Zwecke staatlicher Geheimhaltung missbraucht werden darf. Wir werden daher auch künftig weiter das Recht auf Informationsfreiheit verteidigen. Für eine lebendige Demokratie ist es essentiell, dass wichtige Informationen öffentlich zugänglich sind.”

2. “Irrführende Vorwürfe”: “Welt” verbreitet Fakes über DIVI-Auswertung – Intensivmediziner entsetzt
(volksverpetzer.de, Thomas Laschyk)
Die Behauptungen des Ökonomen Matthias Schrappe und dessen Kollegen in der “Welt” über die Intensivstationen sorgen in der Fachwelt für Empörung: “Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) e.V., der Marburger Bund Bundesverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) e. V. weisen die irreführenden Vorwürfe vom Spiel mit der Angst, von der Manipulation offizieller Statistiken und sogar die Unterstellung, rein aus finanziellem Interesse Patienten intensivmedizinisch zu behandeln, aufs Schärfste zurück.” Thomas Laschyk vom “Volksverpetzer” hat sich das problematische Thesenpapiers und die Veröffentlichungen der “Welt” angeschaut. Sein Befund: “Weder WELT noch die Autor:innen des Papiers haben offenbar irgendjemanden befragt, der ihre offensichtlichen Missverständnisse, Denk- und Rechenfehler hätte aufklären können.”

3. Angriffe auf Medien sind Kriegsverbrechen
(reporter-ohne-grenzen.de)
In den vergangenen Tagen habe die israelische Armee mit Luftangriffen die Räumlichkeiten von 23 palästinensischen und internationalen Medien zerstört. “Gezielte Angriffe auf Medien sind ein Kriegsverbrechen”, protestiert Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen: “Wenn die israelische Armee Medienunternehmen bewusst ins Ziel nimmt, behindert sie die Berichterstattung über den Konflikt und schneidet die zivile Bevölkerung von wichtigen Informationen ab. Wir rufen deshalb die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs dazu auf, Ermittlungen aufzunehmen.”

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4. Der Klassenkrampf
(sueddeutsche.de, Wolfgang Janisch)
Die Tageszeitung “junge Welt” wird vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft, was für die Zeitung nach eigenen Angaben mit erheblichen Nachteilen verbunden sei. Sie habe Schwierigkeiten beim Schalten von Anzeigen, bei der Beauftragung von Druckereien oder der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern. Wolfgang Janisch, justizpolitischer Korrespondent der “Süddeutsche Zeitung”, ordnet den Fall ein.

5. Wer profitiert von Facebook News?
(zdf.de, Stephan Mündges)
Facebook führt nun auch in Deutschland ein neues Feature ein: Unter “Facebook News” gibt es fortan eingekaufte Nachrichtenartikel und Inhalte journalistischer Medien zu sehen. Über 100 deutsche Medienmarken sollen dort vertreten sein, darunter “FAZ”, “Spiegel”, “taz”, “Welt”. Ist das ein guter Deal für die Verlage? Umgeht Facebook die Ansprüche aus dem Leistungsschutzrecht? Und in welchen Formen profitiert der Springer-Konzern davon? Stephan Mündges kommentiert den Einstieg des Tech-Riesen ins Nachrichtengeschäft.
Weiterer Lese- und Gucktipp: Jesper Doub ist bei Facebook “Director of News Partnerships” und soll in dieser Position die Beziehungen zu den Verlagen pflegen. Markus Trantow hat für “turi2” mit Doub über das neue Nachrichten-Angebot gesprochen (turi2.de, Video: 9:53 Minuten).

6. Jede Sekunde zählt: Währungshüterin verramscht ihre Währung
(dwdl.de, Torsten Zarges)
Die AGF erhebt im Auftrag von Fernseh- und Streaminganbietern die Einschaltquoten im deutschen Bewegtbildmarkt. Nun hat die AGF monatliche Streaming-Hitlisten eingeführt. “DWDL”-Chefreporter Torsten Zarges begrüßt die Neuerung, kritisiert jedoch das Zustandekommen der Zahlen: “Endlich veröffentlicht die AGF monatliche Streaming-Hitlisten. Dass sie dabei jedoch den gewohnt harten TV-Standard aufgibt und schiere Nettoreichweiten ausweist, sendet ein verheerendes Signal. Die Zahlen haben null Aussagekraft.”

Unter Beschuss, Warten auf die Elche, Klimadatenjournalismus

1. Berichterstattung unter Beschuss
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Tim Aßmann & Sebastian Wellendorf, Audio: 6:25 Minuten)
Die Arbeitsbedingungen für Korrespondentinnen und Korrespondenten, die aus Israel berichten, haben sich seit den aktuellen Raketenangriffen der Hamas massiv verändert. Tim Aßmann, Leiter des ARD-Hörfunkstudios in Tel Aviv, erinnert sich an eine ähnliche Situation im Jahr 2014, doch die aktuellen Angriffe würden eine “neue Qualität” darstellen: “Auch für uns ist das eine außergewöhnliche Situation.”
Weiterer Lesetipp: Der Journalistenverband Foreign Press Association und die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisieren den israelischen Luftangriff auf Medienbüros in Gaza (rnd.de).

2. Warten auf die Elche
(taz.de, Reinhard Wolff)
In Schweden und Norwegen erfreut sich das sogenannte Slow-TV großer Beliebtheit. Darunter fallen Dauersendungen aus dem Wald und abgefilmte Fahrten mit Bahn sowie Schiff. In Norwegen habe es bislang 27 solcher Slow-TV-Sendungen gegeben: Vom 18-stündigen Lachsfischen, bei dem es drei Stunden dauerte, bis der erste Lachs anbeißen wollte, über einen Strick­abend bis zum Zug einer Rentierherde. Und auch die Schweden finden Gefallen an der Langsamkeit und produzieren ähnliche Langformate. Reinhard Wolff geht der Frage nach, warum Slow-TV gerade in den skandinavischen Ländern so beliebt ist.

3. Dokus im Dritten: So geht gutes Regionalfernsehen, macht mehr davon!
(dwdl.de, Peer Schader)
Aufbruch im Osten, Geflüchteten-Integration in Hessen, Kampf mit der Armut in Baden-Württemberg … Peer Schader stellt in seiner “DWDL”-Kolumne einige besonders gelungene Regional-Reportagen und Dokus der (öffentlich-rechtlichen) dritten Fernsehprogramme vor: “Alle diese Sendungen sind Beispiele dafür, was regionales Fernsehen zu leisten vermag, wenn es nicht bis zur Unkenntlichkeit durchformatiert worden ist und Autorinnen bzw. Autoren die Freiheit lässt, Menschen einfach erzählen zu lassen; und zwar nicht bloß, weil die vorher am lautesten geschrien haben.”

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4. Klimadatenjournalismus
(klimajournalismus.substack.com, Lorenz Matzat)
Für Lorenz Matzat stellt die Covid-19-Pandemie eine Zäsur für den Datenjournalismus dar: “Markierten die Afghanistan War Logs von 2010 quasi die Geburtsstunde des data-driven-journalism, hat er es zehn Jahre später tagtäglich auf die Start- und Titelseiten geschafft. Waren zuvor Graphen und Tabellen nur im Sport und bei der Börse sowie Kartenvisualisierungen im Wetter täglich wiederkehrender Bestandteil, sind jetzt Dashboards, Graphen, Diagramme und Karten zu Infektionszahlen & Co. normal geworden.”

5. Reporter der Deutschen Welle zu Haftstrafe verurteilt
(sueddeutsche.de)
In Belarus ist ein freier Journalist und Korrespondent der Deutschen Welle zu 20 Tagen Haft verurteilt worden. Alexander Burakow habe über einen Prozess gegen Oppositionspolitiker berichten wollen und mit anderen Medienvertretern vor einem Gerichtsgebäude gewartet. Dies sei ihm als verbotene und “erneute Teilnahme an einem nicht autorisierten Ereignis” ausgelegt worden.

6. Fünf Tipps für Ihr Fernseh-Fest: Nicht nachmachen!
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Das ARD-Servicemagazin “Live nach neun” hat dieser Tage Geburtstag gefeiert. Dabei spielten sich einige, nun ja, befremdliche Szenen ab. Boris Rosenkranz versucht bei “Übermedien”, dem Ganzen etwas Gutes abzugewinnen, und hat daraus fünf (nicht ganz ernst gemeinte) “Tipps für Ihr Fernseh-Fest” gebastelt.

KW 19: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Till Eckert im Podcast zu Kein Filter für Rechts
(stern.de, Steffen Gassel, Audio: 44:05 Minuten)
“Correctiv”-Faktenchecker Till Eckert spricht bei “Stern nachgefragt” über die Instagram-Recherche “Kein Filter für Rechts” und erklärt, wie Rechtsextreme das Netzwerk nutzen, um Nachwuchs zu rekrutieren. Die vollständige Geschichte kann man hier nachlesen.

2. Wie entsteht das NDR Coronavirus Update?
(wasmitmedien.de, Daniel Fiene & Sebastian Pähler, Audio: 1:16:00 Stunden)
Der Podcast “NDR Coronavirus-Update” mit dem Virologen Christian Drosten und dessen Kollegin Sandra Ciesek erfreut sich großer Beliebtheit und wurde bereits vielfach ausgezeichnet. Doch das Format wird nicht nur von den zwei Fachleuten getragen. Im Hintergrund arbeitet eine zehnköpfige Redaktion. Korinna Hennig und Katharina Marenholtz gehören seit Beginn an zum Podcast-Team. Bei “Was mit Medien” geben sie einen Einblick in ihre Arbeit: Wie läuft die Zusammenarbeit mit Drosten und Ciesek? Wie sieht die Qualitätskontrolle aus? Was haben sie in den letzten Monaten über Medien gelernt?

3. Ulrike Meinhof: Von der Journalistin zur Terroristin
(youtube.com, Zapp, Caroline Schmidt, Video: 29:14 Minuten)
Für “Zapp” begibt sich Caroline Schmidt auf die Spur der ehemaligen Journalistin und späteren Terroristin Ulrike Meinhof – einer der Köpfe der sogenannten Baader-Meinhof-Gruppe beziehungsweise der Roten Arme Fraktion aus den 70er-Jahren. Schmidt hat sich dazu mit Zeitzeugen unterhalten wie dem ehemaligen “Konkret”-Redakteur und heutigen “Welt”-Herausgeber Steffan Aust und dem Schriftsteller Peter Schneider: “Es ist die Geschichte einer dramatischen Radikalisierung, von Meinhofs großer Zeit als Kolumnistin bei ‘Konkret’, über die Jahre im Untergrund und dann im Gefängnis bis hin zu einer letzten Geiselnahme, mit der Meinhofs Anhänger sie freipressen wollten – und scheiterten.”

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4. ARD-Zukunftsdialog und Radio nur für Frauen
(wdr.de, Anja Backhaus, Audio: 43:27 Minuten)
Das WDR5-Medienmagazin behandelt in der Sendung folgende Themen: Tom Buhrow: “Da hingehen, wo die Leute sind”; Angriff auf den App-Store; Serie über Schwule – bitter nötig?; DAB+ kommt, UKW geht?; “Femotion” – Radio nur für Frauen; Medienschelte – Gepriesen sei der Lanz! Und Achtung, Tipp in eigener Sache: das neue Buch unserer BILDblog-Autoren Mats Schönauer und Moritz Tschermak.

5. Auf gelb gesetzt – Pressefreiheit in Deutschland und Spanien
(sr-mediathek.de, Isabel Sonnabend & Thomas Bimesdörfer, Audio: 17:29 Minuten)
Im Medien-Podcast des Saarländischen Rundfunks geht es um die Pressefreiheit in Spanien und die Frage, warum es dort an der Situation mehr auszusetzen gibt als in Deutschland. Beide Länder werden von den Reportern ohne Grenzen mit gelb (zufriedenstellend) eingestuft. Deutschland taucht in der 180 Staaten umfassenden Rangliste der Pressefreiheit derzeit an Platz 13 auf, Spanien liegt an 29. Stelle.

6. Warum Youtube jetzt immer mehr Werbung zeigt
(youtube.com, Walulis Story, Video: 15:08 Minuten)
Für Youtube kann es in letzter Zeit gar nicht genug Werbeclips geben, findet Philipp Walulis, egal wie dumm sie seien: “Hauptsache viel!” Walulis fragt sich, woher der Massenangriff der Werbeanzeigen kommt und welche Strategie dahinter steckt. Die habe etwas mit den Monetarisierungsmöglichkeiten für “Creator” und die zunehmende Konkurrenz durch Mitbewerber TikTok zu tun.

Wahrheitssuche, “Querdenker” auf Journalistenjagd, Ingrid Kolbs 80ter

1. Per Crowdsourcing zur Wahrheit?
(deutschlandfunk.de, Marina Weisband)
In Talkshows werden oft Dinge behauptet, für die es keine beziehungsweise nicht sofort Belege gibt. Marina Weisband denkt darüber nach, wie man das Probleme mit Hilfe der Zuschauerschaft lösen könnte: “Während der Sendung sitzt ein großes Social-Media-Team an Rechnern und fordert die Community zur Prüfung von Aussagen auf. Sie bekommen Quellen und Argumente zugespielt, prüfen und filtern sie sorgsam und können diese in Echtzeit auf einen Bildschirm im Studio werfen. Die Moderatorin kann steuern, wie sie darauf eingeht.”

2. “So viel Angst, Misstrauen, Beharrungswillen, Unmut, Kontrollwahn” beim “Spiegel”
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Der Literaturkritiker Volker Weidermann wird den “Spiegel” verlassen und ab Oktober die Leitung des “Zeit”-Feuilletons übernehmen. Es könnte eine normale Personalmeldung sein, wenn da nicht Weidermanns Abschiedsmail an die Kolleginnen und Kollegen wäre, in der er mit seltener Offenheit die Gründe für den Abschied benennt. Vor Weidermanns Wechsel gab es beim “Spiegel” bereits zwei prominente Abgänge: den von Weidermanns Feuilleton-Kollegen Nils Minkmar und den von Chefredakteurin Barbara Hans.

3. Warum die Tagesschau auf TikTok so erfolgreich ist
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Antje Kießler ist eines der Gesichter des TikTok-Kanals der “Tagesschau”. Im Interview mit dem “Fachjournalist” spricht sie über ihren Einstieg in das Projekt, die Besonderheiten der Plattform, die Aspekte, auf die Nachrichtenredaktionen im Umgang mit TikTok achten sollten, und das Klima, das sie dort wahrnimmt: “Ich nehme die Community auf TikTok ganz anders wahr als auf anderen Social Apps. Die User:innen sind mehr emotionsgetrieben: Sie sehen ein Video und schreiben sofort darunter, was sie davon halten, verlinken Leute. Die Kommunikation ist viel wohlwollender – den ganzen Hate wie auf anderen Plattformen gibt es noch nicht.”

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4. Querdenker auf Journalistenjagd
(blog.zeit.de, Dominik Lenze)
Unter die Journalisten auf “Querdenker”-Demos würden sich immer öfter Pseudojournalisten aus dem rechten Milieu mischen, berichtet Dominik Lenze: “Selten bleiben sie dabei unauffällig: Sie rennen mitten in die Masse der Gegendemonstranten, um die vermeintlich ‘staatsfinanzierte Antifa’ zu filmen. Nicht wenige treten als Redner auf denselben Kundgebungen auf, von denen sie vorgeben zu berichten. Von der Bühne aus verbreiten sie Verschwörungsmythen, häufig baumelt noch der Presseausweis an einem Band um den Hals.” Dabei gehe es nicht nur um Selbstinszenierung, sondern um Einschüchterung und Drangsalierung der redlichen Medienschaffenden.

5. Journalismus jenseits von Profit
(verdi.de, Helma Nehrlich)
Oliver Moldenhauer ist einer der Köpfe des Forums Gemeinnütziger Journalismus, das Non-Profit-Organisationen im Medienbereich vereint. Im Interview spricht er über Entwicklungschancen sowie über mögliche Finanzierungsformen. Der Verein setze sich für die Aufnahme des gemeinnützigen Journalismus in die Abgabenordnung ein: “Gemeinnützigkeit macht viele Dinge einfacher, insbesondere bei der Finanzierung durch Stiftungen, aber auch für Kleinspender. Es gibt ja heute bereits viele journalistische Projekte, die gemeinnützig sind, doch die müssen immer den Umweg über andere im Gesetz anerkannte Bereiche gehen: Bildung, Verbraucherschutz, Völkerverständigung. Das ist legitim, aber immer auslegungsfähig. Die Finanzämter bewerten das unterschiedlich, Rechtssicherheit besteht nicht.”

6. MeToo im Jahr 1977
(taz.de, Felix Zimmermann)
“Eine Uneitle in einem mitunter sehr eitlen Gewerbe” – die Journalistin und ehemalige Leiterin der Hamburger Henri-Nannen-Schule, Ingrid Kolb, feiert ihren 80. Geburtstag, und Felix Zimmermann gratuliert ihr mit einer ganz besonderen Würdigung.

Grimme-Preise, Spiegel der Machtverteilung, “Terrorbrutkasten”

1. Grimme-Preis geht an “Männerwelten” und “Drinnen”
(sueddeutsche.de)
Bei den diesjährigen Grimme-Preisen gingen 14 der 16 Auszeichnungen an Produktionen oder Akteure der ARD-Anstalten beziehungsweise des ZDF. Als einzige Netflix-Produktion wurde “Unorthodox” ausgezeichnet, außerdem wurden die Fernsehjournalistinnen Mai Thi Nguyen-Kim, Isabel Schayani und Caren Miosga mit Preisen bedacht. Der Beitrag liefert alle Preisträgerinnen und Preisträger und die damit in Zusammenhang stehenden Produktionen im Überblick.

2. Immer auf Sendung
(zeit.de, Judith Liere)
Dass viele Menschen mehr an der Meinung von Schauspielern und Schauspielerinnen als an der von Experten und Expertinnen interessiert zu sein scheinen, könnte an einem Missverständnis liegen, findet Judith Liere: “Dass jemand in guten, klugen Filmen mitspielt, als Seriendarstellerin Erfolg hat oder auf der Theaterbühne den Hamlet spektakulär verkörpern kann, bedeutet jedoch nicht, dass sie oder er dadurch automatisch zum scharfsinnigen Analytiker wird. Das ist eine Verwechslung von Rolle und Mensch und wahrscheinlich auch ein etwas realitätsfernes, ehrfürchtig überhöhtes Verständnis von Schauspielern.”
Weiterer Lesehinweis: Der “Tagesspiegel” bittet in einem Text in eigener Sache für seine Berichterstattung zu #allesdichtmachen um Entschuldigung: “Unsere Recherchen haben neue Hintergründe aufgezeigt – wir haben aber auch Fehler gemacht.” Einen der von der Redaktion angesprochenen Texte hatten wir auch in den “6 vor 9” verlinkt.

3. “Die Straße war mal für Kinder”
(taz.de, Anja Krüger)
Dirk Schneidemesser ist Verkehrsforscher am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung in Potsdam. Im Interview mit der “taz” kritisiert er die üblichen Formulierungen rund um das Verkehrsgeschehen als Spiegel der Machtverteilung: “Die Sprache zeigt, wer berechtigt ist, Platz für sich in Anspruch zu nehmen. Das ist der Kern der Machtfrage. Wir sagen: ‘Die Fußgängerin wurde angefahren’ statt ‘Die Autofahrerin fuhr die Fußgängerin an’. Oft werden Autos und Autofahrende als Naturphänomen dargestellt und Fußgänger oder Radfahrende als Ausnahmen, deren Berechtigung subtil infrage gestellt wird.” Mit anderen Formulierungen könnte man Menschen positiver auf die Verkehrswende einstimmen: “Meine These ist, wenn wir nicht von Parkplätzen reden, sondern von Autolagerflächen, ändern sich die Diskussionen. Das Gespräch darüber, ob wir diese Flächen für private Autos, für Radwege oder als Aufenthaltsraum für Anwohnerinnen und Anwohner brauchen, würde ganz anders verlaufen.”

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4. Wie PI-News mit Rassismus und Hass auf Muslime zum Terrorbrutkasten wurde
(belltower.news, Stefan Lauer)
Die islamfeindliche Website “Politically Incorrect” wird mittlerweile vom Verfassungsschutz als “erwiesen extremistisch” eingestuft und beobachtet, wie der “Spiegel” Ende April berichtete. Stefan Lauer stellt die Seite vor, die auf eine lange Tradition an Hass und Hetze zurückblicken könne: “Immer wieder ist sie Brutkasten und Nährboden für gesteuerte Empörungsstürme, Drohungen, ungezügeltem Hass, bis hin zum Mord. Und das seit 17 Jahren.” Die Seite kenne “keine Regeln, keine Verantwortung und keine Menschenwürde. Während die Artikel sich in der Regel im legalen Bereich bewegen, herrscht in den Kommentarspalten nur noch Dauerempörung und enthemmter Hass. Wie eine Symbiose zwischen der Website und ihren Kommentator*innen schaukeln sich Menschenfeindlichkeit, Beleidigungen und Abwertungen immer weiter hoch.”

5. »jW soll Wasser abgegraben werden«
(jungewelt.de, Stefan Huth)
Die Partei Die Linke wollte im Rahmen einer Kleinen Anfrage von der Bundesregierung wissen, warum die “junge Welt” im jährlichen Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz auftaucht. Die Linken-Co-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali kommentiert: “Es ist nicht überraschend, dass eine Zeitung wie die jW, die die Regierungstätigkeit scharf von links kritisiert und entgegen dem neoliberalen Meinungsmainstream berichtet, nicht auf Gegenliebe dieser Regierung stößt. Das muss eine demokratische Gesellschaft allerdings nicht nur aushalten, sondern auch als inhärenten Bestandteil der pluralistischen Verfasstheit begreifen.”

6. “Für unsere Recherche zur offenbar problematischen Nachwuchsarbeit von Union Berlin …”
(twitter.com/Daniel Drepper)
Laut Recherchen von “BuzzFeed News Deutschland” und der “Märkischen Allgemeinen Zeitung” würfen zahlreiche Jugendliche und deren Eltern dem Bundesligaklub Union Berlin vor, minderjährige Spieler schlecht zu behandeln und vor allem Kinder mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund zu benachteiligen. Im Zuge der Recherche habe man einen Fragenkatalog an den Verein geschickt, der von diesem jedoch auf der eigenen Website veröffentlicht wurde (PDF). “BuzzFeed”-Chefredakteur Daniel Drepper erklärt in einem Twitter-Thread, warum er diese Vorgehensweise für “extrem unprofessionell und problematisch” hält.

7. Kritik an “Bild”: “Ohne Rücksicht auf Verluste”
(ndr.de, Video: 7:42 Minuten)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: BILDblog-Chef Moritz Tschermak spricht im “Zapp”-Interview über sein neues Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste – Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet”. Welche Schwerpunkte haben er und BILDblog-Kollege Mats Schönauer gesetzt? Hat “Bild” eine Mission? Gibt es Beispiele für eine besonders verwerfliche Berichterstattung? Welchen Einfluss hat “Bild”-Chef Julian Reichelt auf den Kurs des Boulevardmediums?

Palmer und das N-Wort, Drama in MV, Das Treiben der Tech-Giganten

1. Boris Palmer und das N-Wort
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Anatol Stefanowitsch & Bettina Schmieding, Audio: 8:15 Minuten)
Baden-Württembergs Grüne wollen ein Parteiausschlussverfahren gegen ihr Noch-Mitglied Boris Palmer anstrengen. Dem vorausgegangen war ein vielfach kritisierter obszöner Facebook-Kommentar des Tübingener Oberbürgermeisters, der das N-Wort enthielt. Die Kanzlerkandidatin der Grünen und Co-Parteivorsitzende Annalena Baerbock hatte sich bereits auf Twitter von Palmer distanziert: “Die Äußerung von Boris #Palmer ist rassistisch und abstoßend. Sich nachträglich auf Ironie zu berufen, macht es nicht ungeschehen. Das Ganze reiht sich ein in immer neue Provokationen, die Menschen ausgrenzen und verletzen. Boris Palmer hat deshalb unsere politische Unterstützung verloren.” Im Deutschlandfunk spricht Bettina Schmieding mit dem Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch über Palmers Entgleisung. Der Fall zeige auch, wie kompliziert die Berichterstattung über Grenzüberschreitungen ist.

2. Der Gute, der Böse, das Drama
(taz.de, Anne Fromm)
Das Startup “Katapult MV” will im Lokaljournalismus Mecklenburg-Vorpommerns mitmischen, der bislang von Teilnehmern wie dem “Nordkurier” geprägt ist. Anne Fromm wirft einen differenzierten Blick auf das Geschehen: “Die alte, rechte Lokalzeitung gegen das coole, linke Medien-Start-up, ganz so einfach ist es eben nicht. Hört man sich um unter denen, die in MV für die Demokratie kämpfen, Initiativen und Vereine gegen Rechtsextremismus, dann warten da einige gespannt auf Katapult MV. Auch sie stören sich am teils rechten, verschwörerischen Sound des Nordkurier. Aber sie sagen auch, dass sich ein­ige Redakteur*in­nen vor Ort zuletzt besonders bemüht hätten, linke Initiativen ins Blatt zu holen.”

3. “Wenn ich 26 wäre, würde ich mich selbstständig machen”
(journalist.de, Stephan Weichert)
Astrid Csuraji war lange in der Journalistenausbildung tätig, bis sie 2018 den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. Mit ihrem Start-up bietet sie Medienhäusern innovative Ideen für Vermittlung und Aufbereitung journalistischer Inhalte an. Wie akquiriert sie neue Projekte und Gelder? Warum hält sie so sehr am Journalismus fest? Und wie kommt sie mit ihrem jungen Unternehmen durch die Krise? Unter anderem darum geht es im Gespräch mit dem Hamburger Journalisten und Medienwissenschaftler Stephan Weichert.

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4. Schweden: Immer mehr digitale Hetze gegen Journalisten
(de.ejo-online.eu, Anika Hinz)
Auch Schweden hat ein Problem mit Gewalt gegen Journalisten und Journalistinnen. Vor allem Online-Attacken hätten in letzter Zeit stark zugenommen, wie Reporter ohne Grenzen in einer Erhebung festgestellt habe. Um sich selbst zu schützen, würden immer mehr Medienschaffende den Weg der Selbstzensur gehen. Laut Tove Carlén vom schwedischen Journalistenverband würden sie sich immer öfter dazu entscheiden, ihre Profile in den Sozialen Netzwerken zu löschen.

5. Offensive gegen Frauenhass im Netz
(tagesschau.de, Michael Stempfle)
Die Frauen-Union, eine Vereinigung von Politikerinnen von CDU und CSU, will auf das Phänomen Frauenhass im Netz aufmerksam machen und hat dazu ein Beschlusspapier ausgearbeitet, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Zur Initiative der Unionsfrauen um ihre Vorsitzende Annette Widmann-Mauz gehöre auch die Wiedereinführung der umstrittenen und derzeit ausgesetzten Vorratsdatenspeicherung.

6. Too Big To Regulate?
(gutjahr.biz)
Am Wochenende war es uns einen Gucktipp wert: Die Dokumentation “Un-Social: Wie soziale Medien unsere Gesellschaft bedrohen” von Nemi El-Hassan und Richard Gutjahr. Nun hat Gutjahr einen interessanten Beitrag zur Doku nachgeliefert, der das Treiben der Tech-Giganten beleuchtet. Die geballte Lobby-Power habe ihren Preis: “Knapp 20 Millionen Euro im Jahr lassen sich Facebook, Google, Microsoft, Apple und Amazon ihre Parlamentarier-PR in Brüssel kosten. Das ist doppelt so viel, wie die gesamte europäische Autoindustrie zusammen. Geld, mit dem man sich vielleicht nicht direkt Gesetze, sicherlich aber Wohlwollen erkauft.”

7. Toxisch und tendenziös
(sueddeutsche.de, Cornelius Pollmer)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: Cornelius Pollmer hat “Ohne Rücksicht auf Verluste – Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet” von unseren BILDblog-Autoren Mats Schönauer und Moritz Tschermak gelesen. Sein Fazit: “Der Boulevard, gerade der von Bild, kann vergnüglich und spielerisch sein, er kann mahnen und aufrütteln. Aber wer ihn regelmäßig konsumiert, dem wird beim Lesen dieses Buches wieder einmal bewusst, dass er damit Teil von etwas Toxischem ist, und dass Bild konsumieren mitunter mehr bedeutet, als einen Cheat-Day in die journalistische Diät einzubauen.”

Spahns Pressearbeit, “KenFM” und die Sorgfalt, Gottschalk gibt auf

1. So verschafft sich Spahn gute Nachrichten über sich selbst
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Jost Müller-Neuhof macht Jens Spahn im “Tagesspiegel” schwere Vorwürfe. Der Bundesgesundheitsminister und dessen Sprecher würden die Medien nicht informieren, sondern dirigieren. Wer kritisiert, werde ausgeschlossen: “Jens Spahn ist nicht der einzige Minister, der sich auf diese Weise Kritik erspart. Aber er gilt als einer, der ‘bestimmte Kanäle’ in die Öffentlichkeit besonders intensiv nutzen lässt, um dort in gutem Licht zu erscheinen. Wer keinen Zugang zu diesen Kanälen hat, ist vom Informationsfluss abgeschnitten. Spahn und sein Pressesprecher Hanno Kautz kommunizieren nur, wenn sie kommunizieren wollen.”

2. Dein Freund und Berichterstatter
(sueddeutsche.de, Claudia Henzler)
Die Polizei Baden-Württembergs hat sich selbst einen “Pressekodex” auferlegt, in dem Grundsätze für die eigene Berichterstattung und die Zusammenarbeit mit den Medien festgelegt sind. Der Deutsche Presserat hält die publizistischen Leitsätze für sinnvoll. “Wir finden es grundsätzlich gut, wenn sich die Polizei transparente Regeln für die Öffentlichkeitsarbeit gibt”, sagt Presserats-Sprecher Sascha Borowski: “Wichtig für uns ist, dass die Polizei auf Nachfrage von Journalisten die Herkunft von Tatverdächtigen nennt und die Entscheidung damit bei der Reaktion bleibt, ob sie die Herkunft für relevant hält oder nicht.” Woran man sich jedoch störe, sei die Bezeichnung “Pressekodex”. So heißt schließlich auch die freiwillige Selbstverpflichtung von Verlagen und Medienschaffenden des Presserats.

3. “Wissenschaft ist keine Demokratie”
(zeit.de, Linda Tutmann)
Die Wissenschaftsjournalistin und Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim gehört vor allem bei jungen Leuten zu den beliebtesten Journalistinnen in Deutschland. Mehr als eine Million Personen haben ihren Youtbe-Kanal “maiLab” abonniert. Im Interview mit “Zeit Online” spricht sie über Wissensvermittlung, Meinungsfreiheit, Medienkompetenz, Hass im Netz und ihre persönliche Bedrohungslage: “Ich gehe nirgendwo mehr hin, ohne persönliche Security.”

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4. Verfahren gegen “KenFM”
(blog.wdr.de, Christopher Ophoven)
Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg hat ein Verfahren gegen “KenFM” von Ken Jebsen eingeleitet. Es geht dabei um Verstöße gegen die “journalistische Sorgfaltspflicht” – doch was ist darunter eigentlich zu verstehen? Christopher Ophoven ist der Frage nachgegangen und erklärt die Zusammenhänge. Unterdessen hat Jebsen öffentlich angekündigt, Deutschland zu verlassen. Er wolle in ein anderes Land umziehen, “wo man uns in Ruhe arbeiten lässt”.

5. Wie wir den gedruckten SPIEGEL dezent neu gedacht haben
(devspiegel.medium.com, Creative Direction)
Die Kreativdirektion des “Spiegel” hat das Design der Printausgabe überarbeitet. Im Entwicklerblog werden die wichtigsten Änderungen vorgestellt, die man “eher als Evolution denn als Revolution” verstanden wissen wolle. So sind die Änderungen oftmals nur marginal, dennoch ist es interessant zu lesen, was sich die Fachleute dabei gedacht haben.

6. Wie die Klatschpresse dafür sorgte, dass Gottschalk seinen Podcast im SWR aufgibt
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Thomas Gottschalk beendet seinen SWR-Podcast “Podschalk”. Und das hat dem Moderator zufolge mit der Klatschpresse zu tun, die sich aus isolierten Zitaten regelmäßig neue Geschichten zusammenfabuliert: “Das Problem ist, dass unser kleiner Podcast zu einer Zitatenquelle für Menschen wurde, denen ich diese Zitate einfach so nicht gegeben hätte. Und irgendwelche Redakteurinnen irgendwelcher Frauenzeitungen, die man nicht als Redakteurinnen bezeichnen kann, weil sie sich irgendwelchen Dreck unter der Türspalte durch zusammenkehren, das ist etwas, wo ich einfach sage: Nee.”

7. »All das fühlte sich wie ein ganz mieser Film an«
(spiegel.de, Kevin Kühnert)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: Morgen erscheint das Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste – Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet” von unseren BILDblog-Autoren Mats Schönauer und Moritz Tschermak. Kevin Kühnert hat dafür ein Nachwort mit irren Einblicken geschrieben: “Meine erste Titelgeschichte in der »Bild« hatte ich mir anders vorgestellt.” Kühnerts Text ist vorab beim “Spiegel” zu lesen, das ganze Buch bekommt ihr ab dem 11. Mai im Buchladen um die Ecke oder jetzt schon beim Onlineversender eurer Wahl. Tipp des “6 vor 9”-Kurators: Am besten noch heute bestellen – der KiWi-Verlag hat bereits vor Erscheinen eine zweite Auflage hinterhergeschoben.

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