Schon möglich, dass sich Djamila Rowe nun, nachdem sich (laut “Bild”) ihr bisheriger Freund zum Jahreswechsel von ihr getrennt hat, einfach nochmal denselben Pullover angezogen und dieselbe Frisur gemacht hat, die sie auch vor einem Jahr trug, nachdem sie (laut “Bild”) einen Selbstmordversuch unternommen hatte, um sich darin von demselben Fotografen wie vor einem Jahr fotografieren zu lassen. Schon möglich.
Anders als beispielsweise ihre Kollegin Patricia Dreyer, bleibt Christiane Hoffmann “Bild” aber erhalten. Und es gibt sogar eine reelle Chance, dass Christiane Hoffmann, die sich “in Zukunft einmal wöchentlich in BILD großen Portraits, Interviews und Home-Storys unter dem Titel ‘Zuhause bei…'” widmen soll, künftig mehr weiß. Bei Home-Storys sind die Berichterstatter schließlich wirklich dabei.
P.S.: Ab dem 15. Januar wird übrigens Norbert Körzdörfer den Platz auf der letzten Seite unter dem Titel “Körzdörfers Gesellschaft” übernehmen. BILDblog-Lesern auch ein guter Bekannter.
Nachdem sich vor drei Wochen ein Polizeidirektor gemeinsam mit seiner Frau das Leben nehmen wollte, berichtete gestern “Bild” darüber in ihrer Bremer Ausgabe (siehe Ausriss). Die “Bild”-Zeitung meint, sie kenne den Grund für diesen Selbstmordversuch:
Polizeidirektor Franz A. ging immer mit gutem Beispiel voran, bis er betrunken einen Unfall baute. Da wollte er sich umbringen …
Der Bericht war offenbar im Kern und im Detail so falsch, dass sich die Polizeidirektion Oldenburg nach dessen Erscheinen genötigt sah, eine Pressekonferenzzu veranstalten und eine Meldung herauszugeben, in der es u.a. heißt:
Polizeipräsident Hans-Jürgen Thurau zeigte sich tief betroffen, dass die Bild-Zeitung mit ihrem Artikel in der heutigen Ausgabe die Persönlichkeitsrechte von A. und seiner Ehefrau auf so massive Weise verletzt hat. Der in der Bild-Zeitung dargestellte Sachverhalt ist in wesentlichen Passagen sachlich falsch. (…) Zunächst sah alles danach aus, dass er bei der Verfolgung eines Verkehrsrowdys verunglückt ist. Von sich aus klärte A. den Sachverhalt dahingehend auf, dass er sich mit dem Unfall das Leben nehmen wollte. (…) Der in der Bild-Zeitung erhobene Vorwurf, A. sei “betrunken” gewesen, entbehrt jeglicher Grundlage. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dahingehend vor, dass er unter dem Einfluss alkoholischer Getränke gestanden hat. (…) Die Motivlage [für den Selbstmordversuch] liegt im privaten Bereich und hat keinen dienstlichen Bezug. Link und Anonymisierung von uns.
Wie “Bild” auf ihre Version der Geschichte gekommen ist, wissen wir nicht. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass sie sich aus ihren paar dürren (Falsch-)Informationen irgendwas zusammengereimt hat.
Mit Dank an Philipp W. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 16.51 Uhr: Die “Wilhelmshavener Zeitung” schreibt heute zu dem Fall:
Die WZ und andere regionale Medien hatten bisher trotz vorliegender Informationen aus Rücksicht auf die Betroffenen und im Sinne des Presse-Ehrenkodexes nicht über die Selbsttötungsversuche berichtet.
Blick in den Abgrund
(facts.ch, Markus Schär)
Schwindende Auflage, Inserate im Keller, Leserschaft überaltert: Die Chefs des Ringier-Verlags zerbrechen sich die Köpfe, wie die «stärkste Zeitung der Schweiz» zu retten wäre.
Her mit Eurem Risikokapital!
(netzeitung.de, Maik Söhler)
Ja und dann? Auch das Bloggen will gelernt sein: der Netz-Theoretiker Geert Lovink im Gespräch mit der Netzeitung. Zweiter Teil. Mit Gastfragen. (hier der erste Teil)
Die armen Kinder!
(taz.de, Arno Frank)
Die Nachrichten über Kinder, die beim Nachspielen der Hinrichtung von Saddam Hussein ums Leben gekommen sind, berichten uns vor allem vom Hadern einer globalisierten Medienwelt mit sich selbst.
60 Jahre Spiegel: Die Schlacht um die Macht
(ndr.de, Video, 16:12 Minuten)
Seit über einem halben Jahrhundert steht der Spiegel für gute Geschichten – aber auch seine eigene Geschichte ist eine besondere. Kein anderes Medium hat so viele Schlagzeilen produziert: über andere, aber auch über sich selbst.
Klischee-Clips
(weltwoche.ch, Thomas Widmer)
Susanne Wille bereiste für «10 vor 10» Sibirien.
Bezug nehmend auf einen fehlerhaften BILDblog-Eintrag schrieb “Bild am Sonntag”-Chefredakteur Claus Strunz am vergangenen Sonntag in seiner “BamS”-Kolumne, in der er Leserfragen beantwortet:
Weitere Kommentare über unsere Arbeit stehen neuerdings hier — und wir haben auch unsere Selbstdarstellung ein wenig überarbeitet.
Schauspielerin Keira Knightley wird immer dünner, meint Bild.de, “erbarmungswürdig dünn” sei sie inzwischen: “Busen? Lediglich mit Vergrößerungsglas erahnbar. (…) Gesund? Sieht anders aus.”
Das ist im Prinzip nicht neu, denn schon im Juli 2006 kommentierte Bild.de in einer Bildergaleriedas Auftreten Knightleys bei der Premiere von “Fluch der Karibik” mit den Worten:
Welche Piraten haben diesen Busen geklaut? Der Fluch des Dünn-Seins? Hollywood-Jungstar Keira Knightley erschreckend flach!
Schlimm. Warum machen diese Hollywood-Schauspielerinnen das? Wem gefällt denn sowas?
— ach kuck mal, da ist ja noch eine Fotogalerie auf Bild.de. Direkt unter der anderen. Auch da ist dieselbe Keira Knightley beim selben Anlass im selben Kleid zu sehen. Und was hat Bild.de darunter geschrieben?
Keira Knightley: so schön, so zart, so sexy. Ein echtes Goldstück, diese Keira, höchst luftig und höchst sexy.
Zart wie eine Elfe.
Elf Millionen Freunde könnt ihr sein
(tagesspiegel.de, Marc Felix Serrao und Kurt Sagatz) StudiVZ war nur der Anfang: Was Investoren an Web-2.0-Portalen interessiert – und warum Internetnutzer dort Mitglied werden.
Schäbiger Ausverkauf einer journalistischen Institution
(faz.net, Nina Rehfeld)
Der ?Rolling Stone? war einmal eine Institution, jetzt ist die Rockzeitschrift Handlungsort einer Seifenoper von MTV. Sechs junge Leute wetteifern um einen Redakteursjob. Und landen statt in der Popkultur im Musikgeschäft.
Das Internet macht doof
(tagesspiegel.de, Henryk M. Broder)
Wenn alle mitreden, löst sich die Meinungsfreiheit in Kakophonie auf.
Henry Broders sinkende Schamgrenze
(blog.handelsblatt.de, Thomas Knüver)
Das Internet macht dumm, schreibt der bekannte Publizist Henryk M. Broder im “Tagesspiegel”. Stimmt anscheinend. Dumm macht es vor allem ihn.
Eine seltsame Überschrift für eine kurze Nachricht über einen Autofahrer, der laut Polizeimeldung “mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 168 km/h” geblitzt wurde, finden Sie nicht? Zumal die Polizeimeldung selbst den Titel trägt:
Und wer “raste bei Frost mit 240 km/h über die A23”?! Auch das steht in der Polizeimeldung: der Fahrer der zivilen Videostreife nämlich, der “beim Aufholen zum Audi (…) teilweise 240 km/h gefahren” sei.
Und nun zum Vergleich noch ein paar Überschriften anderer Medien: “Polizei holt Raser mit 240 km/h ein” (“Hamburger Abendblatt”), “Polizei stoppt Raser auf A 23 nur mit Mühe” (NDR.de), “A 23: Raser konnte nur mit Mühe gestoppt werden” (Krabbenpost.de), “A23: Raser war 68 km/h zu schnell” (HL-Live.de).
Mit Dank an Sascha S. für den Hinweis und seinen Vater für den Scan.
Wie die “Bild”-Redaktion ihre “Leser-Reporter” so bei Laune hält, ist natürlich ihre Sache. Und im Grunde kann man ja schon froh sein, wenn sie es nicht mehr ganz so vehement auf Promi-Busen, Großbrände oder Unfälle abgesehen hat — sondern auf Keksdosen, Christbaumschmuck oder, wie heute, auf Hakenkreuze.
Aber bitte, liebe “Bild”-Redaktion, wenn ihr schon die Frage stellt, “Warum verbietet niemand diese Hakenkreuze?” (siehe Ausriss), warum beantwortet ihr sie dann nicht so, dass der Leser noch was dabei lernt? Die Erklärung des in “Bild” zitierten Oberstaatsanwalts weist doch schon in die richtige Richtung:
“Das Hakenkreuz wird nur dann strafrechtlich verfolgt, wenn es mit einem rechtsradikalen Symbolgehalt in Verbindung steht.”
Aber dass die Nazis das Hakenkreuz keineswegs erfunden haben, steht nicht in “Bild”. Auch nicht, dass es sich als religiöses Symbol beinahe weltweit in den unterschiedlichsten Kulturen findet. In China, Griechenland, bei den Kelten, den Germanen und nordamerikanischen Indianern. “Bild” schreibt nicht, dass das Hakenkreuz häufig das Sonnenrad symbolisierte oder für das Leben schlechthin stand. Ebensowenig, dass die “Svastika” in Teilen der altindischen Mythologie als Symbol des vollkommenen Lebens galt und die vier Arme, ausgehend vom Lebenszentrum, die Möglichkeiten menschlicher Entwicklung symbolisierten*.
Wenn ihr also, liebe “Bild”-Redaktion, nur ein kleines Bisschen über die Vorgeschichte des Hakenkreuzes erzählt hättet, würden die Leser vielleicht auch verstehen, wieso ein Teppich-Importeur aus “Versehen” einen indischen Läufer mit Hakenkreuzen importieren konnte.
Mit Dank an Christian K., Carsten Z., Linda E., Michael S., Thomas M. und Takuro K. für den Hinweis.
*) Alle Informationen stammen von der Seite Shoa.de, einer gemeinnützigen Initiative, die sich der “wissenschaftlich-didaktischen Auseinandersetzung mit den Themen Drittes Reich, Antisemitismus und Holocaust sowie ihren Nachwirkungen bis in die Gegenwart widmet.”
Wenn irgendwo etwas Schlimmes passiert, versucht “Bild” für gewöhnlich irgendwie an Fotos von Beteiligten zu gelangen. Dabei ist “Bild” offenbar jedes Mittel recht.
Am 2. Januar passierte etwas Schlimmes im Landkreis Böblingen. Ein Mann erschlug seine Mutter. Darüber berichtete “Bild” am 3. Januar. “Bild” war auch an ein Foto des Mannes, der als Künstler arbeitet, gelangt und druckte es in der Stuttgarter Ausgabe sehr groß und in der bundesweiten Ausgabe etwas kleiner ab. Am 4. Januar fand sich das gleiche Foto noch einmal groß zumindest in der Stuttgarter Ausgabe.
“Bild” hat das Foto wahrscheinlich aus dem Internet und hätte es nicht abdrucken dürfen. Es wurde nämlich von einem freien Fotografen für die Baden-Württembergische Lokalzeitung “Gäubote” anlässlich einer Ausstellungseröffnung aufgenommen. Und beim “Gäuboten” teilt man uns mit:
Weder die “Gäubote”-Redaktion, noch der Fotograf haben dafür das Einverständnis gegeben — davon abgesehen, dass es nicht einmal den Versuch der “Bild” gab, das Einverständnis überhaupt einzuholen.
Warum “Bild” nicht versucht hat, das Einverständnis einzuholen, wissen wir nicht. Daran, dass sie nicht wusste, woher das Foto stammt, kann es jedenfalls nicht gelegen haben. In der Stuttgarter “Bild”-Ausgabe vom 3. Januar gibt es nämlich einen korrekten Fotonachweis (siehe Ausriss), der allerdings in der Bundesausgabe fehlt.
Wer weiß, vielleicht ahnte man bei “Bild”, wie man beim “Gäuboten” reagieren würde. Vergangenen Montag erschien jedenfalls unter der Überschrift “Ungefragt und gegen unseren Willen” im “Gäuboten” ein Kommentar zum Thema. Darin heißt es:
Ohne unser Wissen und erst recht ohne unsere Billigung hat “Bild” in der vergangenen Woche ein “Gäubote”-Foto von dem Täter, das ihn vor einem Nackt-Gemälde zeigt und im Dezember von unserem Fotografen Gabriel Holom aufgenommen wurde, großformatig abgedruckt und auch im Internet verwendet. Der Foto-Vermerk “Gäubote/Holom” unter diesem Bild legt den Schluss nahe, Fotograf und “Gäubote” hätten dieses Bild aus freien Stücken und womöglich noch gegen Geld der “Bildzeitung” zur Verfügung gestellt. Genau das aber ist nicht Fall. Weder Fotograf noch “Gäubote”-Redaktion sind um Erlaubnis gefragt worden. Wären wir gefragt worden, so hätten wir aus Gründen unseres Selbstverständnisses nicht zugestimmt. Vielmehr hat die “Bildzeitung” — trotz des urheberrechtlichen Schutzes – dieses Bild eigenmächtig aus dem “Gäubote”-Internetarchiv beschafft. Ein klassischer Raubdruck. Komplize einer solch’ billigen Darstellung wollen wir nicht sein. Gegen Verantwortliche der “Bildzeitung” sind deshalb rechtliche Schritte eingeleitet worden.
Außerdem will der Fotograf seine urheberrechtlichen Ansprüche geltend machen, wie man uns beim “Gäuboten” sagt. Und der “Gäubote” hat beim Presserat eine Beschwerde gegen “Bild” eingereicht, in der es u.a. heißt:
“Mit dem Foto-Vermerk in der Bildzeitung ‘Gäubote/Holom’ wird außerdem indirekt eine Unterstützung und Billigung der vorliegenden Bild-Veröffentlichung durch uns suggeriert, die den ‘Gäubote’ als seriöse lokale Tageszeitung in ihrem Ruf schädigt. Wir selbst haben aus ethischen Gründen auf die Veröffentlichung des Fotos (Aktbild mit [dem Künstler]) verzichtet, da uns diese Darstellung im Kontext der Bluttat als unangemessen und billige Effekthascherei erschienen ist.”