Tolle Leistung!

Ist schon eine große Geschichte geworden, die “Bild” heute über Dietrich Grönemeyer im Blatt hat:

Die Geschichte wird ein wenig kleiner, wenn man all das wegstreicht, was zu Grönemeyer (mit zum Teil fast identischem Wortlaut) ursprünglich im aktuellen “Spiegel” steht, der in der viertletzten Zeile immerhin namentlich genannt wird:

Übrig bleiben dann:

  • (1) ein Absatz, der (mit fast identischem Wortlaut) aus einem älteren “Spiegel”-Artikel übernommen wurde — wobei “Bild” teilweise aus indirekter Rede ein wörtliches Zitat gemacht und auf eine Quellenangabe verzichtet hat
  • (2) die unbeantwortete Frage: “Wollte der Professor unbedingt berühmt werden?”
  • (3) der Satz: “Professor Grönemeyer war gestern nicht zu erreichen.”
  • (4) der Artikelanfang:

    Der große Bruder war schon lange berühmt: Herbert Grönemeyer (54), Schauspieler und Sänger. Der kleine Bruder ist in den letzten Jahren bekannt geworden: Professor Dr. Dietrich Grönemeyer (50)…

Doch weil in Wirklichkeit nicht Herbert “(54)” der große Bruder von Dietrich “(50)” ist, sondern umgekehrt Dietrich (54) der große Bruder vom Herbert (50), ist quasi die einzige journalistische Eigenleistung im gesamten “Bild”-Artikel…

… ein Fehler.

Mit Dank an Jörg L. für den Hinweis.

Kurz korrigiert (300)

Was für eine süße Geschichte gestern in der “BamS”:

"Sau-Warmer Herbst: Frühlings-Frischlinge schon da!"
Schade, dass sie nicht stimmt (obwohl auch auf wildtiere-live.de der Eindruck erweckt wird). Denn anders als die “BamS” schreibt, haben die “Frühlings-Frischlinge” mit dem “Sau-Warmen Herbst” nichts zu tun. Wildschweine tragen nämlich fast vier Monate. Die Frischlinge, die laut “BamS” vor zehn Tagen zur Welt kamen, sind also bereits im August gezeugt worden — mitten im Hochsommer.

Ungewöhnlich ist es natürlich trotzdem, dass Wildschweine Anfang Dezember werfen. Und die korrekte Erklärung dafür steht sogar auch im “BamS”-Text. Paul Müller vom Institut für Biogeografie der Uni Trier gibt sie:

“Viele Bachen, die bereits im Frühjahr geworfen hatten, verloren durch den unerwarteten Kälteeinbruch im März ihre Jungen, wurden durch die Wetterkapriolen ein zweites Mal trächtig.”

Aha, der Schweine-Kalte Frühling ist also Schuld.

Mit Dank an Georg G. für den sachdienlichen Hinweis.

6 vor 9

“Du” bist der Mensch des Jahres
(DIEWELT.de, Sibylle Ahlers)
Wie in jedem Jahr hat das US-Nachrichtenmagazin “Time” die Person gekürt, “die Nachrichten und unser Leben am meisten beeinflusst hat, im Guten oder im Schlechten, und die für das steht, was in diesem Jahr wichtig war?. Diesmal sind es wir alle.
… und hier der Originalartikel:
Person of the Year: You
(TIME.com, Lev Grossman)
Yes, you. You control the Information Age. Welcome to your world.

«60 Millionen Franzosen können sich irren»
(SonntagsZeitung, Barnaby Skinner)
Wikipedia-Mitbegründer Larry Sanger über seinen Abgang beim Online-Lexikon, den Konsens der Massen und sein neues Projekt.

Wikipedia 2006/2007 als Download
Wer sich von Larry Sanger (s.o.) nicht hat abschrecken lassen: Die DVD-ROM “Wikipedia – Die freie Enzyklopädie 2006/2007” (bei amazon für EUR 9,90) kann man jetzt auch herunterladen.

Zurück nach Unterföhring
(sueddeutsche.de, Martin Hesse)
Mit Permira und KKR übernehmen zwei alte Bekannte die Macht bei ProSiebenSat1.

Die Achse “Spiegel – Bild”
(tazblog)
Spiegel Online holt als neue Leiterin von “Panorama” BILD-Ressortleiterin, die 2004 vom Presserat gerügt wurde.

Onlinejournalismus 2007
Thomas Knüwer, Handelsblatt (Videoclip, ca. 1 Minute)
“Das Jahr 2007 wird ein extrem spannendes Jahr für den Onlinejournalismus.” – “Journalisten werden sich, finanziert von Venture Capital, selbstständig machen.”

Ein gutes Stück Arbeit

Die “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” hat ein Internetprogramm ins Netz gestellt, mit dem man ausrechnen können soll, wie die Gesetze der Großen Koalition die eigene Finanzlage verändern. Und die “Bild am Sonntag” hat daraus heute einen Aufmacher “So teuer wird 2007 wirklich für Sie!” gemacht.

Das war anscheinend — obwohl die Daten ja von der “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” geliefert wurden — noch ein gutes Stück Arbeit: Nicht weniger als fünf Autorennamen stehen in dem Artikel.

Vielleicht haben sich die Fünf die Arbeit ja aufgeteilt. Einer hat sich einen Fehler zur Eigenheimzulage ausgedacht und geschrieben, für jeden, der “ab 2007 ein Haus baut oder eine Wohnung kauft”, gebe es dieses Geld nicht mehr — obwohl das doch schon seit Anfang 2006 gilt. Ein anderer kam auf die lustige Idee zu behaupten, das Jahr 1966 sei die “Zeit des Wirtschaftswunders unter der Regierung von Ludwig Erhard” — obwohl sich das Wirtschaftswunder doch bereits in den 50er Jahren ereignet hatte und 1966 das Jahr der ersten Rezession war, die auch zum Rücktritt Erhards beitrug. Und ein dritter achtete darauf, dass nirgends im Text erwähnt wird, um wen es sich bei der “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” handelt — eine umstrittene Lobbyorganisation der Arbeitgeberverbände, die (u.a. mit Schleichwerbung) für wirtschaftsliberale Ideen kämpft.

Und was die anderen beiden “Bild am Sonntag”-Autoren gemacht haben, finden wir auch noch raus.

Danke an Thomas A.!

Goldfische würden Video-Spiele schenken

Kindern sollte man statt Video-Spielen einen Goldfisch im Glas schenken. Echtes Leben zu betrachten ist spannender als virtuelles“Bild am Sonntag”-Kolumnist Wolfgang Joop hat heute eine schöne Empfehlung für rat- und geschenklose Eltern: einen “Goldfisch im Glas” (Ausriss rechts).

Was Goldfische von diesem Rat halten, kann man dem abgebildeten Exemplar deutlich von den Lippen ablesen: Virtuelles Leben zu quälen ist besser als echtes. An einem Goldfischglas ist für sie ungefähr alles entsetzlich (die Enge, die fehlenden Rückzugsmöglichkeiten, der geringe Gasaustausch, der fehlende Wasserfilter, der verzerrte Spiegel-Effekt, die Temperaturschwankungen, die fehlende Abdeckung). In Deutschland ist die Haltung von Goldfischen in Goldfischgläsern deshalb verboten in der Regel nicht zulässig. Sie brauchen mindestens ein 200-Liter-Aquarium (das entspricht locker 16 Goldfischgläsern), um sich wohlzufühlen.

Danke an Theo H.

Bild.de im freien Fall

Unter der Überschrift “84 Prozent Gefälle! Die steilsten Skipisten für Kamikazewedler” zeigt man derzeit bei Bild.de mal wieder, dass man keine Ahnung hat. Wir zitieren:

Laber-Nordhang, Harakiri-Piste und Co.: Wer hier wedelt, braucht starke Waden. Und jede Menge Mut. Denn steile Abhänge mit Gefällen von bis zu 84 Prozent verursachen sogar beim größten Pistenproleten noch Nervenflattern. Garantiert!
(…) Die steilste aller Pisten liegt in Deutschland. Nahe des beschaulichen Ortes Oberammergau in Bayern erhebt sich der Berg Laber. Sein Nordhang ist berüchtigt. Mit einem Gefälle von 84 Prozent rasen die mutigen Wedler gen Tal, als befänden sie sich auf einer Sprungschanze. Fast senkrecht geht der Abhang in die Tiefe.

Rasant geschrieben. Und wenn man keine Ahnung hat (zur Illustration aber ein im Original gewagt verdrehtes und von Bild.de offenbar zusätzlich zurechtmontiertes PR-Foto eines Tourismusunternehmens verwendet), könnte man so ein “Gefälle von 84 Prozent” tatsächlich für “fast senkrecht” halten.

Um allerdings zu zeigen, wie “senkrecht” so ein “84 Prozent”-Abhang wirklich ist, hier unser alternativer Illustrationsvorschlag:

Mit Dank an Roland L., Frank S., Oliver S., Wikipedia und Andreas G. für den Link zum Steigungskonverter.

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