Warum verbietet niemand dieses Hakenkreuz?

Dieses Foto wurde nicht in einem Teppichgeschäft in Elmshorn, nicht an einem Wohnhaus in Hamburg und auch nicht am Benrather Schlosspark in Düsseldorf aufgenommen. Nein, das abgebildete Hakenkreuz, das uns ein BILDblog-Leser schickte und dessen Echtheit wir überprüft haben, befindet sich auf einem Teppich in einem Berliner Bürohaus — dem Axel-Springer-Hochhaus, genauer: im dortigen Journalistenclub.

Beunruhigend.

"Warum verbietet niemand diese Hakenkreuze?"Jedenfalls für eine “Bild”-Redaktion, die unlängst selbst mehrere Fotos von “BILD-Leser-Reportern” zeigte, auf denen ebenfalls solche Symbole zu sehen waren, und fragte, warum denn niemand diese Hakenkreuze verbiete (siehe Ausriss rechts). Wir berichteten.

Unsere Anfrage bei “Bild”, warum im Springer-Haus ein Hakenkreuzteppich herumliege, wurde erstaunlich fix und detailliert beantwortet. “Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich teilt uns nämlich nicht nur mit, was wir schon wussten (dass der abgebildete Swastika-Meander “in Indien oder auch in Griechenland ein ganz unverfängliches, ein klassisches Motiv war und ist”), sondern auch, was selbst Fröhlich für “allenthalben bekannt” hält (dass Unternehmensgründer Axel Springer “nie (!)” ein Nazi war). Der “Bild”-Sprecher weiter:

Es handelt sich um einen chinesischen Seidenteppich aus dem 19. Jahrhundert (391 x 384 cm), der 1966 angeschafft wurde. Er lag übrigens (…) immer in der sog. Großen Bibliothek vor dem Kamin.

Kurzum: Axel Cäsar Springer schaffte sich zwar mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Ende der Nazi-Diktatur in Deutschland einen Teppich mit Hakenkreuzsymbolen an. Aber es gibt, wie “Bild” es formulieren würde, “keinen eindeutigen Nazi-Zusammenhang”.

Nachtrag, 17.1.2007: Die Boulevardzeitungen “Berliner Kurier” und “20 Minuten” haben die Intention dieses Eintrag (deutlich zu machen, wie lächerlich die “Bild”-Frage nach dem Verbot jeder Art von Hakenkreuz-Symbol ist und wie angreifbar der eigene Verlag nach diesen Standards wäre) offensichtlich nicht verstanden. Wir distanzieren uns in aller Form von diesen beiden, auch sachlich teilweise gravierend falschen Artikeln.

Symbolfoto XLIV

Schon möglich, dass sich Djamila Rowe nun, nachdem sich (laut “Bild”) ihr bisheriger Freund zum Jahreswechsel von ihr getrennt hat, einfach nochmal denselben Pullover angezogen und dieselbe Frisur gemacht hat, die sie auch vor einem Jahr trug, nachdem sie (laut “Bild”) einen Selbstmordversuch unternommen hatte, um sich darin von demselben Fotografen wie vor einem Jahr fotografieren zu lassen. Schon möglich.

Mit Dank an Juliana J. für den Hinweis.

Nachtrag, 12.1.2007: Das Rowe-Foto von 2006 ist bei Bild.de plötzlich “nicht mehr verfügbar”. Schade, es war so anschaulich.

Christiane Hoffmann weiß bald mehr

Über fünf Jahre betextete Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann auf der letzten “Bild”-Seite Fotos von Prominenten. Und die Hälfte der Zeit ist sie auch in BILDblog präsent gewesen. Mit ersterem ist nun Schluss. Morgen soll Hoffmanns Kolumne zum letzten Mal erscheinen, wie der Axel Springer Verlag heute mitteilt. Wir blicken zurück auf zweieinhalb Jahre Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann in BILDblog.

So. Das sollte reichen.

Anders als beispielsweise ihre Kollegin Patricia Dreyer, bleibt Christiane Hoffmann “Bild” aber erhalten. Und es gibt sogar eine reelle Chance, dass Christiane Hoffmann, die sich “in Zukunft einmal wöchentlich in BILD großen Portraits, Interviews und Home-Storys unter dem Titel ‘Zuhause bei…'” widmen soll, künftig mehr weiß. Bei Home-Storys sind die Berichterstatter schließlich wirklich dabei.

P.S.: Ab dem 15. Januar wird übrigens Norbert Körzdörfer den Platz auf der letzten Seite unter dem Titel “Körzdörfers Gesellschaft” übernehmen. BILDblog-Lesern auch ein guter Bekannter.

Allgemein  

Schlechtes Beispiel

"Mit Alkohol am Steuer erwischt - Polizeidirektor wollte sterben"Nachdem sich vor drei Wochen ein Polizeidirektor gemeinsam mit seiner Frau das Leben nehmen wollte, berichtete gestern “Bild” darüber in ihrer Bremer Ausgabe (siehe Ausriss). Die “Bild”-Zeitung meint, sie kenne den Grund für diesen Selbstmordversuch:

Polizeidirektor Franz A. ging immer mit gutem Beispiel voran, bis er betrunken einen Unfall baute. Da wollte er sich umbringen …

Der Bericht war offenbar im Kern und im Detail so falsch, dass sich die Polizeidirektion Oldenburg nach dessen Erscheinen genötigt sah, eine Pressekonferenz zu veranstalten und eine Meldung herauszugeben, in der es u.a. heißt:

Polizeipräsident Hans-Jürgen Thurau zeigte sich tief betroffen, dass die Bild-Zeitung mit ihrem Artikel in der heutigen Ausgabe die Persönlichkeitsrechte von A. und seiner Ehefrau auf so massive Weise verletzt hat. Der in der Bild-Zeitung dargestellte Sachverhalt ist in wesentlichen Passagen sachlich falsch. (…) Zunächst sah alles danach aus, dass er bei der Verfolgung eines Verkehrsrowdys verunglückt ist. Von sich aus klärte A. den Sachverhalt dahingehend auf, dass er sich mit dem Unfall das Leben nehmen wollte. (…) Der in der Bild-Zeitung erhobene Vorwurf, A. sei “betrunken” gewesen, entbehrt jeglicher Grundlage. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dahingehend vor, dass er unter dem Einfluss alkoholischer Getränke gestanden hat. (…) Die Motivlage [für den Selbstmordversuch] liegt im privaten Bereich und hat keinen dienstlichen Bezug.
Link und Anonymisierung von uns.

Wie “Bild” auf ihre Version der Geschichte gekommen ist, wissen wir nicht. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass sie sich aus ihren paar dürren (Falsch-)Informationen irgendwas zusammengereimt hat.

Mit Dank an Philipp W. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 16.51 Uhr: Die “Wilhelmshavener Zeitung” schreibt heute zu dem Fall:

Die WZ und andere regionale Medien hatten bisher trotz vorliegender Informationen aus Rücksicht auf die Betroffenen und im Sinne des Presse-Ehrenkodexes nicht über die Selbsttötungsversuche berichtet.

Mit Dank für den Hinweis an Hauke R.

6 vor 9

Blick in den Abgrund
(facts.ch, Markus Schär)
Schwindende Auflage, Inserate im Keller, Leserschaft überaltert: Die Chefs des Ringier-Verlags zerbrechen sich die Köpfe, wie die «stärkste Zeitung der Schweiz» zu retten wäre.

Unsere Leichen leben noch
(sixtus.net)
Mario Sixtus beleuchtet den heute.de-Text “Rückzug aus Klein-Bloggersdorf” von Alfred Krüger.

Her mit Eurem Risikokapital!
(netzeitung.de, Maik Söhler)
Ja und dann? Auch das Bloggen will gelernt sein: der Netz-Theoretiker Geert Lovink im Gespräch mit der Netzeitung. Zweiter Teil. Mit Gastfragen. (hier der erste Teil)

Die armen Kinder!
(taz.de, Arno Frank)
Die Nachrichten über Kinder, die beim Nachspielen der Hinrichtung von Saddam Hussein ums Leben gekommen sind, berichten uns vor allem vom Hadern einer globalisierten Medienwelt mit sich selbst.

60 Jahre Spiegel: Die Schlacht um die Macht
(ndr.de, Video, 16:12 Minuten)
Seit über einem halben Jahrhundert steht der Spiegel für gute Geschichten – aber auch seine eigene Geschichte ist eine besondere. Kein anderes Medium hat so viele Schlagzeilen produziert: über andere, aber auch über sich selbst.

Klischee-Clips
(weltwoche.ch, Thomas Widmer)
Susanne Wille bereiste für «10 vor 10» Sibirien.

Allgemein  

Vexierbild.T-Online.de

Schauspielerin Keira Knightley wird immer dünner, meint Bild.de, “erbarmungswürdig dünn” sei sie inzwischen: “Busen? Lediglich mit Vergrößerungsglas erahnbar. (…) Gesund? Sieht anders aus.”

Das ist im Prinzip nicht neu, denn schon im Juli 2006 kommentierte Bild.de in einer Bildergalerie das Auftreten Knightleys bei der Premiere von “Fluch der Karibik” mit den Worten:

Welche Piraten haben diesen Busen geklaut? Der Fluch des Dünn-Seins? Hollywood-Jungstar Keira Knightley erschreckend flach!

Schlimm. Warum machen diese Hollywood-Schauspielerinnen das? Wem gefällt denn sowas?

— ach kuck mal, da ist ja noch eine Fotogalerie auf Bild.de. Direkt unter der anderen. Auch da ist dieselbe Keira Knightley beim selben Anlass im selben Kleid zu sehen. Und was hat Bild.de darunter geschrieben?

Keira Knightley: so schön, so zart, so sexy. Ein echtes Goldstück, diese Keira, höchst luftig und höchst sexy.
Zart wie eine Elfe.

Danke an Sigrid N., Simon K. und Christian B.!

6 vor 9

Elf Millionen Freunde könnt ihr sein
(tagesspiegel.de, Marc Felix Serrao und Kurt Sagatz)
StudiVZ war nur der Anfang: Was Investoren an Web-2.0-Portalen interessiert – und warum Internetnutzer dort Mitglied werden.

Schäbiger Ausverkauf einer journalistischen Institution
(faz.net, Nina Rehfeld)
Der ?Rolling Stone? war einmal eine Institution, jetzt ist die Rockzeitschrift Handlungsort einer Seifenoper von MTV. Sechs junge Leute wetteifern um einen Redakteursjob. Und landen statt in der Popkultur im Musikgeschäft.

Das Internet macht doof
(tagesspiegel.de, Henryk M. Broder)
Wenn alle mitreden, löst sich die Meinungsfreiheit in Kakophonie auf.

Henry Broders sinkende Schamgrenze
(blog.handelsblatt.de, Thomas Knüver)
Das Internet macht dumm, schreibt der bekannte Publizist Henryk M. Broder im “Tagesspiegel”. Stimmt anscheinend. Dumm macht es vor allem ihn.

Wie man seinen Kulturteil ruiniert
(taz.de, Tobias Rapp)
charts, internet etc.

Seuche Internet
(titanic-magazin.de)
Die Seuche Internet ist auf dem Vormarsch! Haben Sie sich schon angesteckt?

“Bild” mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt

"Mann rast mit 240 km/h bei Frost über A23"

Eine seltsame Überschrift für eine kurze Nachricht über einen Autofahrer, der laut Polizeimeldung “mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 168 km/h” geblitzt wurde, finden Sie nicht? Zumal die Polizeimeldung selbst den Titel trägt:

"Mit 168 km/h unterwegs- Punkte in Flensburg und Fahrverbot"

Und wer “raste bei Frost mit 240 km/h über die A23”?! Auch das steht in der Polizeimeldung: der Fahrer der zivilen Videostreife nämlich, der “beim Aufholen zum Audi (…) teilweise 240 km/h gefahren” sei.

Und nun zum Vergleich noch ein paar Überschriften anderer Medien: “Polizei holt Raser mit 240 km/h ein” (“Hamburger Abendblatt”), “Polizei stoppt Raser auf A 23 nur mit Mühe” (NDR.de), “A 23: Raser konnte nur mit Mühe gestoppt werden” (Krabbenpost.de), “A23: Raser war 68 km/h zu schnell” (HL-Live.de).

Mit Dank an Sascha S. für den Hinweis und seinen Vater für den Scan.

Ein Kreuz mit dem Hakenkreuz

Wie die “Bild”-Redaktion ihre “Leser-Reporter” so bei Laune hält, ist natürlich ihre Sache. Und im Grunde kann man ja schon froh sein, wenn sie es nicht mehr ganz so vehement auf Promi-Busen, Großbrände oder Unfälle abgesehen hat — sondern auf Keksdosen, Christbaumschmuck oder, wie heute, auf Hakenkreuze.

"Warum verbietet niemand diese Hakenkreuze?"Aber bitte, liebe “Bild”-Redaktion, wenn ihr schon die Frage stellt, “Warum verbietet niemand diese Hakenkreuze?” (siehe Ausriss), warum beantwortet ihr sie dann nicht so, dass der Leser noch was dabei lernt? Die Erklärung des in “Bild” zitierten Oberstaatsanwalts weist doch schon in die richtige Richtung:

“Das Hakenkreuz wird nur dann strafrechtlich verfolgt, wenn es mit einem rechtsradikalen Symbolgehalt in Verbindung steht.”

Aber dass die Nazis das Hakenkreuz keineswegs erfunden haben, steht nicht in “Bild”. Auch nicht, dass es sich als religiöses Symbol beinahe weltweit in den unterschiedlichsten Kulturen findet. In China, Griechenland, bei den Kelten, den Germanen und nordamerikanischen Indianern. “Bild” schreibt nicht, dass das Hakenkreuz häufig das Sonnenrad symbolisierte oder für das Leben schlechthin stand. Ebensowenig, dass die “Svastika” in Teilen der altindischen Mythologie als Symbol des vollkommenen Lebens galt und die vier Arme, ausgehend vom Lebenszentrum, die Möglichkeiten menschlicher Entwicklung symbolisierten*.

Wenn ihr also, liebe “Bild”-Redaktion, nur ein kleines Bisschen über die Vorgeschichte des Hakenkreuzes erzählt hättet, würden die Leser vielleicht auch verstehen, wieso ein Teppich-Importeur aus “Versehen” einen indischen Läufer mit Hakenkreuzen importieren konnte.

Mit Dank an Christian K., Carsten Z., Linda E., Michael S., Thomas M. und Takuro K. für den Hinweis.

*) Alle Informationen stammen von der Seite Shoa.de, einer gemeinnützigen Initiative, die sich der “wissenschaftlich-didaktischen Auseinandersetzung mit den Themen Drittes Reich, Antisemitismus und Holocaust sowie ihren Nachwirkungen bis in die Gegenwart widmet.”

Mehr dazu hier.

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