6 vor 9

Die Tour vermasselt
(sueddeutsche.de, Hans Leydendecker)
Warum der Ausstieg der öffentlich-rechtlichen Sender für viele Sportarten eine Existenzbedrohung ist – vor allem im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking.

“Strafen für Falschmeldungen”
(taz.de, Michael Backmund)
Seriöse Presseagenturen haben das Ausmaß der Gewalt falsch wiedergegeben. Das muss Konsequenzen haben, so dju-Vorstandsmitglied Michael Backmund.

Moderne Sklavenhalter (+)
(zeit.de, Carolin Ströbele)
Die Resonanz auf Günter Wallraffs Callcenter-Reportage im ZEITmagazin LEBEN war enorm. Was ihm Betroffene über ihre unwürdigen Arbeitsbedingungen und die betrügerischen Machenschaften ihrer Arbeitgeber berichteten, erzählt Wallraff im Interview mit ZEIT online.

Der Zitronenfalter stürzt ab
(weltwoche.ch, Urs Paul Engeler)
Die Frau an der Spitze des Schweizer Fernsehens denkt nicht in Inhalten, sondern in Einschaltquoten. Und die sinken und sinken. Der Sender war schon beim Amtsantritt Ingrid Deltenres kein Vorzeigestück der Nation – nun hat er mit der Chefin die Orientierung und das Publikum verloren.

Was gibts Neues, Grossmutter Kall?
(woz.ch, Rachel Vogt)
Das Zürcher Verlagshaus Tamedia bleibt in Aufruhr. Auf der Agenda stehen: Beerdigung von «Tagi-Kompakt» und Expansion nach Basel – sowie ins Ausland.

“Wir wollen bei den grossen Themen vorne dabei sein”
(persoenlich.com, David Vonplon)
Mit “Sonntag” erscheint Mitte September erstmals eine siebte Ausgabe der Mittelland Zeitung. Die etablierten Sonntagsblätter will “Sonntag”-Chefredaktor Patrik Müller herausfordern, indem er Geschichten von nationaler Bedeutung thematisiert, welche vom Zürcher Mainstream-Journalismus vernachlässigt werden.

Natascha Kampusch wehrt sich gegen Schwulst

Nachdem “Bild” gestern (wie berichtet) u.a. auf der Titelseite ein paar Paparazzifotos von Natascha Kampusch nachdruckte, die tags zuvor in der österreichischen Gratiszeitung “heute” erschienen waren, berichtet die Nachrichtenagentur APA, Kampuschs Anwalt halte die Veröffentlichungen für “völlig unzulässig”. Er erkenne darin einen “Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich von Frau Kampusch”; es würden “die notwendigen rechtlichen Schritte überlegt und eingeleitet, um den Medien und anderen, die Ähnliches beabsichtigen, die Grenzen deutlich aufzuzeigen”.

Der Anwalt zu APA:

Wir sind der Ansicht, dass die Berichterstattung in einigen Medien eine Grenzüberschreitung ist. Auch Frau Kampusch hat das Recht auf Privatsphäre (…). In der Privatsphäre haben Medien wirklich nichts verloren, schon gar nicht ist es rechtens schwülstige Texte und eigenartige Interpretationen zu erfinden und zu verbreiten (…).

Ach ja, die “Bild”-Zeitung berichtet übrigens in ihrer aktuellen Ausgabe unter der merkwürdigen Überschrift “Natascha Kampusch — So gut tut ihr die Liebe” ebenfalls über die Kampusch-Fotos (und zeigt auch wieder eins). Allerdings weist “Bild” heute — anders als gestern — unmissverständlich darauf hin, dass die österreichische Zeitung “heute” die Fotos “zuerst veröffentlicht” hatte.* Vor allem aber lässt sich “Bild” ihre schwülstigen Texte und eigenartigen Interpretationen von gestern dadurch bestätigen, dass der (nicht namentlich genannte) Fotograf “in BILD erzählt (…), wie er am vergangenen Wochenende in der Wiener In-Disco (…) das turtelnde Pärchen erlebte”.

*) Nachtrag, 17 Uhr: Der “heute”-Chefredakteur Richard Schmitt, der die Fotoveröffentlichungen nach wie vor für zulässig hält, sagte uns übrigens, dass die Nicht-Nennung seiner Zeitung in der gestrigen “Bild” wohl auf den “Fehler eines ‘Bild’-Redakteurs” zurückzuführen sei. Offenbar habe der nämlich im Gespräch mit Schmitt “gedacht, er telefoniere mit der ‘Krone'”…

Nichtkriegenkönnen-Traummann der Damenwelt

Der Schauspieler Rupert Everett wolle nach Berlin ziehen, berichtet “Bild” heute großflächig in der Rubrik “Berlins schärfster Klatsch!” von Iris Rosendahl, Bea Peters und Esther Hofmann:

"Rupert Everett zieht nach Berlin"

Deshalb zeigt “Bild” fünf Fotos von ihm, auf denen er mit fünf verschiedenen Frauen zu sehen ist: Auf einem gibt er “Busenfreundin” Jerry Hall ein “Bussi”, ein anderes zeigt ihn als “Sexy Partygespann” mit Liz Hurley, auf einem weiteren “strahlt” er mit Claudia Schiffer “um die Wette”. Auf einem Film-Foto ist er mit Julia Roberts in “Die Hochzeit meines besten Freundes” zu sehen und auf einem anderen mit Madonna in “Ein Freund zum Verlieben”. In der Zeile unter einem großen Foto von Everett heißt es:

Er ist umwerfend charmant. Habenwollen-Traummann der Damenwelt: Hollywoodstar Rupert Everett

Nun mag Everett zwar tatsächlich der “Habenwollen-Traummann der Damenwelt” sein. Allerdings gibt’s da eine Kleinigkeit, die von der diensthabenden Klatsch-Reporterin offenbar übersehen (oder verdrängt?) wurde: Everett ist bekanntlich schwul.

6 vor 9

Wie ich zum Blick-Fotografen wurde
(blogs.radio24.ch/christoph)
Christoph erkennt ein von der Boulevardzeitung Blick abgedrucktes Bild als sein eigenes.

Der besondere Radio-Hattrick
(blogmedien.de)
Was ist das Schönste an der Media-Analyse? Klar, die Pressemitteilungen der Verlierer.

Blätter haben?s schwer
(axel-springer-akademie.de, Thomas Wanhoff)
Tageszeitungen haben es nicht leicht: Die Leser werden nicht nur älter, sie schwinden auch. Sei es aus biologischen Gründen, weil das Geld knapp ist oder die Schrift zu klein zum Lesen. Und die jungen Menschen informieren sich – wenn sie es denn tun – übers Fernsehen und Internet. Warum also nicht dorthin gehen, wo die Leser (oder besser: Kunden) der Zukunft sind und selbst Fernsehen im Internet anbieten?

Der Kreuzretter
(taz.de, Astrid Geisler)
Um die “schleichende Islamisierung” aufzuhalten, will der (Ex-) Journalist Udo Ulfkotte nun eine eigene Partei gründen.

Sat.1 und das Märchen vom Lizenzentzug
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Die Empörung über die Sparmaßnahmen bei Sat.1 ist bei Medienpolitik und Gewerkschaften groß: Schon wird vom Lizenzentzug gesprochen – ein Märchen.

??????1/2
(youtube.com, Video, 7:24 Minuten)
Heute: TV aus dem fernen Osten.

Heute in “Bild”: Natascha K. (19) ganz tabulos

“Wenn ich etwas mache, was für andere
19-jährige ganz selbstverständlich ist,
muss das nicht gleich in der Zeitung stehen.”
(Natascha Kampusch im März 2007)

Nachdem die österreichische Gratiszeitung “heute” gestern mehrere Paparazzifotos von Natascha Kampusch (aufgenommen auf der Tanzfläche einer Wiener Diskothek) veröffentlicht hatte, schreibt der “Standard”, die Gratiszeitung habe “mit einem Tabu gebrochen”:

Kampuschs Wunsch, keine Privatfotos ohne ihre ausdrückliche Zustimmung veröffentlicht zu sehen nämlich. Ein Wunsch, den die jahrelang eingekerkerte Frau bei Bedarf auch mit anwaltlichem Nachdruck artikuliert.

Der “Standard”-Artikel über die Hintergründe des “heute”-Tabubruchs trägt die Überschrift:

“Das Ende der Schonzeit?”

Auch “Bild” berichtet* heute über die Kampusch-Fotos — oder sagen wir lieber: “Bild” zeigt sie (siehe Ausrisse). Und in der Überschrift ist von einer “Schonzeit” nirgends die Rede. Stattdessen heißt es:

“Nach 8 Jahren Geiselhaft hat sie jetzt richtig ins Leben zurückgefunden”

Richtig ins Leben? Oder auf Seite 1 von Europas größter Tageszeitung?

*) Es ist uns übrigens nicht ganz klar, was die “Bild”-Zeitung (wo die “heute”-Veröffentlichung mit keinem Wort erwähnt wird) eigentlich meint, wenn sie schreibt: “‘Bei dem Auserwählten’, so die Wiener Tageszeitung ‘Krone’, ‘handelt es sich angeblich um den 21-jährigen Sohn von Nataschas Anwalt Gabriel Lansky.'” In der “Krone” heißt es nämlich: “(…) bei dem Auserwählten (…) handelt es sich nach Medienberichten angeblich um…” Die Behauptung selbst stammt ursprünglich aus der Tageszeitung “Österreich”. Die österreichische “Presse” hingegen schreibt zur “Bild”-Titelgeschichte:

Weil sie sich ja alle so für sie freuen, nehmen sich die Boulevardmedien auch großzügige Interpretationen heraus. Nataschas Gesicht, “ist ein einziges seliges Lächeln”. Tatsächlich lacht Kampusch auf keinem einzigen Foto.

Mehr dazu hier.

neu  

Beinahe zurückhaltend

Am Sonntagmorgen riss ein Falschfahrer auf der A 28 bei Oldenburg in Niedersachsen in offensichtlich selbstmörderischer Absicht vier weitere Personen mit in den Tod — das war vielerorts zu lesen.

Der Pressekodex ruft bei Selbsttötung zu “Zurückhaltung” auf (Ziffer 8.5), insbesondere auch was die Identität der Opfer angeht, und tatsächlich hat sich die “Bild”-Zeitung für ihre Verhältnisse viel Mühe gegeben: Obwohl die Pressemitteilung der Polizei den Wohnort des Mannes nennt, spricht “Bild” von “einer Kreisstadt in Niedersachsen”. Der Nachname des Verstorbenen wurde abgekürzt, der Vorname seiner Ehefrau offenbar geändert, bei den Kindern werden gar keine Namen, nur die jeweiligen Alter genannt, und die Berufe des Mannes und seiner Frau sollten auch keine allzu deutlichen Identifikationsmerkmale sein.

Also alles einigermaßen ordentlich gelöst? Ja, beinahe…

Sag es treffender

Als Unbekannte vor einem Jahr in Fulda die “Jede Wahrheit braucht einen Mutigen”-Kampagne der “Bild”-Zeitung mit “Bild”-kritischen Sprechblasen beklebten, hielt man das bei “Bild” angeblich für eine “interessante Auseinandersetzung”, die das Blatt (laut osthessen-news.de) nicht weiter störe. Eine ähnliche Aktion in München verstand man bei “Bild” jedoch (laut sueddeutsche.de) als “Aufruf zur Sachbeschädigung”.

Zur Zeit werden in Fulda wieder “Bild”-Plakate nachbearbeitet*:

"Jede BILD-WERBUNG braucht einen Mutigen, der sie BEKLEBT"

*) Laut osthessen-news.de erklärte die Polizei Fulda im vergangenen Jahr, dass es natürlich verboten sei, fremdes Eigentum zu zerstören. Allerdings hätten die vorliegenden Fällen einen geringen Strafcharakter gehabt: Wenn beim Entfernen nichts kaputt gehe, handele es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet werden könne — andernfalls um leichte Sachbeschädigung. Ermittelt werde aber nur, wenn sich der Eigentümer gestört sehe und einen entsprechenden Antrag einreiche.

Mit Dank an Ben G. für das Foto.

Nachtrag, 18.7.2007: Osthessen-news.de hat mal bei “Bild” nachgefragt, wie man dort die aktuelle “Beklebe”-Aktion finde. Die Antwort: “einfallslos”.

Allgemein  

Sitzt er nicht!

Aus aktuellem Anlass müssen wir noch einmal auf den so genannten “Onanierer aus dem TV” zurückkommen, den die “Bild”-Zeitung im April dieses Jahres in großen Artikeln ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt hatte. Der Börsen-Analyst war wegen Exhibitionismus zu einer Geldbuße verurteilt worden und ihm waren in Folge der “Bild”-Berichterstattung offenbar diverse Arbeitsverträge gekündigt worden (wir berichteten).

"Der Onanierer aus dem TV: Jetzt sitzt er in Schönheits-Jury"Gestern war der “gefallene Börsenstar” der “Bild”-Zeitung in ihrer Frankfurter Ausgabe wieder eine Geschichte wert, weil er auf der Internationalen Anlegermesse” (IAM) neben einem “Ex-Playmate” in der Jury zur “Miss Hostess”-Wahl sitze und sich auf den neuen Job freue (siehe Ausriss). Im Text erklärt “Bild” einleitend noch einmal halbwegs detailliert, was dem Mann vorgeworfen worden war und schreibt: “Jetzt bekam [Name] ein brisantes Angebot”. Dann zitiert “Bild” mit Andreas Schmidt einen der Verantwortlichen der “Miss Hostess”-Wahl:

“Herr [Name] ist einer der besten und bekanntesten Analysten in Deutschland. Auf einer Börsenmesse ist er der richtige Mann für die Jury.”

Taktlos von einem verurteilten Exhibitionisten, sich als Jury-Mitglied bei einer Miss-Wahl zur Verfügung zu stellen, sagen Sie? Fand der “gefallene Börsenstar” auch, wie uns Andreas Schmidt bestätigt:

Wir haben ihn gefragt, aber er hat abgelehnt.

Und zwar schon vor dem “Bild”-Bericht von gestern.

Nachtrag, 18.7.2007: Der “Börsenstar” teilt uns auf Nachfrage mit, Schmidt habe “mehrere Tage” vor Erscheinen der Jury-Meldung bei ihm angefragt: “Ich habe abgelehnt, weil ich glaube, dass es bei meiner Vorgeschichte die denkbar ungünstigste Variante wäre, auf mich aufmerksam zu machen.” Von der “Bild”-Zeitung selbst habe niemand mit ihm gesprochen.

6 vor 9

Der Aufstieg des ?Bürgerjournalismus?
(novo-magazin.de, George Brock)
George Brock über Nutzen und Nachteile globaler Nachrichtenproduktion.

Ringier Schweiz bröckelt. (+)
(stoehlker.ch)
Es gibt Interviews, die man lieber nicht hätte geben sollen. Die gefährlichsten Interviewgeber sind Journalisten ohne echte Management-Erfahrung. Ein solches Beispiel liefert brandheiss Daniel Pillard, der neue Verlagschef von Ringier Schweiz, der über sein Verlagshaus auf “Persönlich.com” aussagt.

Abgeblockte Blogger
(manager-magazin.de, Stefan Schultz)
Unternehmen dürfte es künftig wohl erheblich leichter fallen, lästige Blogger loszuwerden. Das Hamburger Oberlandesgericht hat nämlich die Verwendung von Firmennamen in privaten Internetadressen verboten. Auch der bekannte Bildblog könnte Probleme bekommen.

“Ungeheures Privileg”
(epd.de)
Ein epd-Interview mit RTL-Reporterin Antonia Rados.

Alpha-Journalisten und Beta-Porträtisten
(zeitschriftenblog.de)
Ich fand es nie so schwer, ein Urteil über ein Sachbuch zu sprechen. Nun hat mir der Verlag aber kostenlos ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Also fühle ich mich verpflichtet auch etwas darüber zu schreiben.

Best of Hans Jucker
(youtube.com, Video, teilweise Dialekt, 3:22 Minuten)

War die Korrekturspalte bloß im Türkei-Urlaub?

Der Unterschied zwischen der “Bild”-Korrekturspalte und dem “Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich besteht ja darin, dass wir bei Tobias Fröhlich nicht immer gleich annehmen, dass er abgeschafft wurde, wenn wir länger nichts von ihm hören. Trotzdem war es quasi ein doppeltes Lebenszeichen, als wir heute früh nach vier Tagen und einer Nachfrage eine Mail von Herrn Fröhlich erhielten, in der er auf unsere Erkundigung, was aus der Korrekturspalte geworden ist, antwortete: “Die Korrekturspalte gibt es nach wie vor.”

Gut, heute hätten wir uns diese Antwort auch selbst geben können, weil die Rubrik nach Wochen erstmals wieder in der Zeitung war:

In der BILD vom 14. Juli schildern wir auf Seite 2 einen Dialog zwischen Tales von Milet, dem Vater der abendländischen Philosophie, und einem seiner Schüler. Als Antwortender steht "Milet" statt "Thales von Milet". Milet (Kleinasien) ist die Geburtsstadt des Thales.

Da sieht man auch, dass “Bild” sich nicht scheut, sogar die richtig schlimmen Fehler zu berichtigen, sogar wenn, wie in diesem Fall, die Korrektur länger ist als die Ursprungsnotiz. Der stand im immer samstags erscheinenden “Tagebuch” von Claus Jacobi:

Thales von Milet lehrte, der Tod unterscheide sich in keiner Hinsicht vom Leben. "Warum stirbst du dann nicht?", fragte einer seiner Schüler. "Weil es keinen Unterschied macht", antwortete Milet. - "Hübsche Beine", sagt Terry McComden, "sind die besten Freunde eines Mädchens. Aber auch die besten Freunde müssen sich einmal trennen."

Und nachdem das mit Thales von Milet geklärt ist, wüssten wir nur gern, wer eigentlich “Terry McComden” ist, von dem Jacobi diesen alten anzüglichen Witz gehört hat. Irgendwelche Vorschläge?

Blättern:  1 ... 912 913 914 ... 1144