Schrottgarstige Rekordjagden

Der deutsche Fußballmeister VfB Stuttgart hat gestern in seinem vierten Champions-League-Spiel die vierte Niederlage kassiert. Damit sind selbst alle Chancen, noch im UEFA-Cup mitzuspielen, vertan.

Da kann man als Sportjournalist schon mal hämisch werden:

"Knackt Schrottgart den Flop-Rekord der Champions League?"

Aber Häme gehört sich nicht, hat meine Oma immer gesagt, deshalb versucht man sich bei Bild.de, dem VfB wenigstens den “ewigen Flop-Rekord der Champions League” schmackhaft zu machen:

Und es stellt sich die Frage, ob die Rot-Weißen sogar den ewigen Flop-Rekord der Champions League einstellen werden. (…)

Ein Team mit null Punkten aus den sechs Gruppenspielen hat es in der Champions-League-Geschichte bisher nur sechs Mal gegeben. Den ewigen Flop-Rekord halten die Rumpel-Russen von Spartak Moskau (0 Punkte, 1:18 Tore) im Jahr 2002 vor den Bulgaren von Levski Sofia (0 Punkte, 1:17 Tore) aus der Vorsaison.

Nun: Der VfB Stuttgart hat nach vier Spielen eine Differenz von 3:10 Toren, da müsste er in den verbleibenden zwei Partien schon zehn Gegentore kassieren und kein eigenes mehr schießen, um wenigstens in Sachen Tordifferenz mit Spartak Moskau gleichzuziehen.

Aber das ist Haarspalterei verglichen mit dem nächsten Absatz:

Kleiner Trost: Nach dem Lyon-Spiel, in dem der VfB mehr Tore geschossen hat, als in den gesamten drei Spielen zuvor, darf man zumindest auf einen VfB-Punkt rechnen. In diesem Fall wären sie dann “nur” noch das schlechteste deutsche Champions-League-Team aller Zeiten. Den Flop-Rekord für die Bundesliga hält der HSV mit drei Punkten (7:15 Tore).

Der HSV holte in der Saison 2006/2007 tatsächlich nur drei Punkte bei 7:15 Toren. Damit war er aber immer noch besser dran als der ebenfalls deutsche FC Bayern München, der in der Saison 2002/2003 mit nur zwei Punkten aus der Champions League ausschied.

In einem anderen Artikel schreibt Bild.de:

Vier Spiele, vier Pleiten – dieser traurige Rekord aus deutscher Sicht muss erst einmal gebrochen werden…

Da der HSV es in der letzten Saison geschafft hat, die ersten fünf Spiele zu verlieren, hat Stuttgart noch gar keinen Rekord aufgestellt, der “erst einmal gebrochen” werden muss, sondern hat allenfalls die Möglichkeit, mit einer Niederlage im nächsten Spiel den “Rekord” des HSV einzustellen.

Mit Dank an Florian, Alex G., Benjamin, Jan-Christoph K., Sven W. und Daniel S. für die Hinweise!

Nachtrag, 16.40 Uhr: Inzwischen hat Bild.de nachgebessert. Nun heißt es: “Den Flop-Rekord für die Bundesliga hält der deutsche Rekordmeister Bayern München mit zwei Punkten (9:13 Tore) aus der Saison 2002/2003.” Und bezüglich des “traurigen Rekords” heißt es nun: “Vier Spiele, vier Pleiten – der VfB ist auf dem Weg den traurigen Rekord aus deutscher Sicht (fünf Pleiten in fünf Spielen – der HSV in der vergangenen Champions-Laegue-Saison) einzustellen…”

Rezensiert: Kai Diekmanns Buch

“Der große Selbstbetrug”, das neue Buch des “Bild”-Chefredakteurs und Herausgebers von “Bild” und “Bild am Sonntag”, vor zwei Wochen erschienen, hat schon vor und bei seiner Vorstellung für Kontroversen gesorgt. Derzeit liegt es auf Platz 17 der Sachbuch-Bestsellerliste des “Spiegel” (Vorwoche Platz 16).

Nils Minkmar, Feuilleton-Redakteur der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”, hat Diekmanns Buch für BILDblog gelesen und stellt fest: Diekmanns Jahre bei “Bild” bleiben nicht ohne Wirkung. Und so sei auch “Der große Selbstbetrug” nur “ein Hadern mit der Welt von Faustischen Dimensionen, das sich streckenweise aber liest wie das Geschimpfe im Büro am Montagmorgen”.

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Die drei Krisen der Zeitung
(spiegel.de, Robin Meyer-Lucht)
Die Zeitungen scheinen den Höhepunkt ihrer Krise überwunden zu haben – doch die zunehmend demonstrative Fröhlichkeit ist noch immer ein Pfeifen im Walde. Zwar erholen sich die Anzeigenumsätze – doch die Printpresse steckt nicht nur in einer Krise, sondern gleich in dreien.

«Die News-Plattform ist für alle Medien offen»
(werbewoche.ch, René Worni)
Das auf Frühjahr geplante News Netzwerk von Tages-Anzeiger, BaZ und BZ zeigt erste Konturen. Projektleiter Res Strehle sagt, wie er sich das schweizweit grösste Medienportal vorstellt und wo das Projekt derzeit steht.

Armes reiches Mädchen
(woz.ch, Werner Aeschimann)
Man reagiert halt immer eine Spur gereizter, wenn die Medienmaschinerie wieder einmal so richtig heftig produziert. Wie kürzlich bei diesem «reichen und doch armen, traurigen Mädchen» («L’Equipe»), das eine Zeit lang am elegantesten und optimal einen Tennisball über die Netzkante zu spielen pflegte.

Amis müssen über alte TV-Gags noch mal lachen
(welt.de, Uwe Schmitt)
Weil die streikenden Gaglieferanten nichts liefern, laufen im US-Fernsehen Wiederholungen von Late-Night-Shows. Manche Witze von Vorgestern sind immer noch gut. Moderator Jay Leno hat die Streikposten besucht. Und eine der Desperate Housewifes spendierte Pizza.

Privatsphäre 2.0
(jungle-world.com, Elke Wittich)
Das Private war mal politisch und ist heute vor allem internet-affin. Warum Datenschutz bei vielen Usern kein Thema ist.

Web-2.0-Expo: Zwischen Euphorie und Blase
(sueddeutsche.de, Johannes Kuhn)
Ein Schlagwort feiert sich selbst: In Berlin will Internet-Guru Tim O?Reilly das neue Web vorantreiben – doch die wichtigen Fragen kann er nicht beantworten.

Hamsterrad mit Dieselantrieb

“Diesel” kommt von “Jeden Tag dieselbe Meldung”.
(Unbekanntes Sprichwort)

Man sollte sich die Arbeit eines “Bild”-Redakteurs auch nicht zu aufregend vorstellen. Viele Tage sind mit entsetzlich langweiligen Routineaufgaben gefüllt. Dauernd wird zum Beispiel der Sprit teurer.

Ja, das muss dann jedesmal jemand aufschreiben. Also, “jedesmal” im Sinne von jedesmal. Als kleines Mittel gegen die totale Trostlosigkeit wechselt der diensthabende “Bild”-Benzin-Redakteur wenigstens von Zeit zu Zeit den Referenz-Rekordmonat:

Auch für Normal- und Superbenzin müssen die Autofahrer ganz tief in die Tasche greifen: Pro Liter werden derzeit durchschnittlich 1,39 Euro bzw. 1,40 Euro fällig! Damit liegen die Preise nur noch vier Cent unter den bisherigen Höchstkursen vom Oktober 2005.
“Bild”, 7. November 2007.

Superbenzin kostet 1,41 Euro pro Liter – drei Cent mehr als vor einer Woche und nur noch drei Cent weniger als beim Allzeit-Hoch im September 2005.

“Bild”, 13. Juli 2007.

Im bundesweiten Schnitt kostet ein Liter Super jetzt 1,40 Euro und nur noch 4 Cent weniger als beim Allzeithoch im September 2005.

“Bild”, 4. Mai 2007.

Der Liter Super kostet im Bundesschnitt 1,36 Euro, Diesel 1,16 Euro. Das sind die höchsten Preise seit August 2006, als Sprit mehr als 1,40 kostete.

“Bild”, 14. April 2007.

Die Ausschläge der Spritpreiskurve scheint “Bild” auch deshalb so minutiös dokumentieren zu müssen, weil sie noch unberechenbarer sind als das Wetter im April. Eine Entwicklung, die sich heute anzudeuten scheint, kann sich am nächsten Tag schon in ihr Gegenteil verkehrt haben.

Trotz steigender Ölpreise wird Benzin laut ADAC billiger: Der Liter Super kostet im Schnitt 1,33 Euro (- 3,2 Cent zur Vorwoche) (…).

“Bild”, 18. Oktober 2007.

Der hohe Ölpreis kommt an der Zapfsäule an! (…) Super ist 2 Cent teurer, kostet 1,39 Euro/Liter.

“Bild”, 19. Oktober 2007.

Besonders frustrierend bei der ganzen Plackerei muss für “Bild” sein, dass sich der verdammte Spritpreis (anders als zum Beispiel die Bundesregierung) weigert, das zu tun, was “Bild” sagt. Am 23. Mai 2007 titelte das Blatt:

Aber statt zu “explodieren”, wie “Bild” behauptete, ging der Preis in den folgenden Wochen sogar um ein paar Cent zurück. Im Oktober ist ihm das Blatt in seiner Verzweiflung nun sogar entgegen gekommen:

Nix da. Aktueller Stand (laut “Bild” von heute) 1,40 Euro. Das ist nichtmal ein Höchststand in diesem Jahr.

Aber wenn sich da was Neues tut, steht es garantiert in “Bild”. Und wenn nicht, auch. Man sollte sich die Arbeit eines “Bild”-Redakteurs nicht zu aufregend vorstellen.

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Web 2.0 in der Schweiz – Realität oder nur Schlagwort?
(maz.ch, pdf, 1099 kb)
Wie setzen hiesige Unternehmen und Organisationen neue Online-Kommunikationsmittel ein? Das Interesse für Podcasts, Weblogs, Feedbacks, benutzergenerierte Inhalte, Austauschplattformen, Wikis etc. ist da, die Nutzung jedoch noch zurückhaltend. Dies zeigt die repräsentative Studie von MAZ und Bernet PR vom Nov. 2007.

Krankheit als Metapher
(perlentaucher.de, Robin Meyer-Lucht)
Über Frank Schirrmachers Internetrede.

Das Mitleid-Prinzip
(tagesspiegel.de, Harald Martenstein)
Unerfreuliches durch Verschweigen bekämpfen? Michel Friedman macht das einzig Richtige, um der NPD zu schaden: Er redet mit ihr. Auf fast 90 Seiten ist nun sein Interview mit dem Neonazi-Anwalt Horst Mahler einsehbar.

“Je mehr, desto besser” ist das Credo der Mediaplaner
(derstandard.at, Susanne Kristek)
Susanne Kristek über ÖWA Plus: Die Beweisführung über die Leistung seines Werbeträgers anzutreten ist ein Must-Have, das jede Website erfüllen sollte.

Das Schlachtfeld des Web 2.0
(focus.de, Torsten Kleinz)
Er gilt als der Erfinder des Begriffs ?Web 2.0?: Nun kündigt Verleger Tim O´Reilly heftige Konkurrenzkämpfe im neuen Internet an.

Schock deine Kinder, lies ein Buch
(sueddeutsche.de, Viola Schenz)
Gibt es etwas Peinlicheres, als die eigene Mutter beim Bravo-Lesen zu erwischen? Warum Jugendmagazine existenziell bedroht sind und ihnen neben Lesern auch die Stars abhanden kommen.

“Bild” und das “RAF-Geheimnis”

Die Nachrichtenagentur AP berichtet heute unter der alarmierenden Überschrift “Steinbrück im Visier des Verfassungsschutzes”, Finanzminister Peer Steinbrück habe gestern Abend in der ARD-Talkshow “Beckmann” erzählt, er sei in den 70er Jahren “Opfer des Radikalenerlasses geworden”. In der Wohngemeinschaft, in der er damals wohnte, habe eine Razzia stattgefunden, weil offenbar der Verdacht bestanden habe, dort sei ein “angebliches RAF-Mitglied” untergekommen. Steinbrück habe deshalb zunächst eine Stelle beim Bundesbauministerium nicht bekommen.

Das kann man natürlich melden, wenn man unbedingt will. Fragt sich nur warum, wenn es doch überhaupt nichts Neues ist. Die “Zeit” beispielsweise hatte das im Mai 2005 in einem Dossier bereits ausführlich geschildert.

Insofern hoffen wir nur, dass die AP-Meldung (die zum Beispiel von FTD.de und Welt.de übernommen wurde) nicht deshalb zustande gekommen ist, weil die “Bild”-Zeitung die Geschichte in ihrer heutigen Ausgabe als Steinbrücks “RAF-Geheimnis” verkauft:

"Steinbrück und das RAF-Geheimnis"

Mit Dank an Anna F. für den sachdienlichen Hinweis.

“Bild” trägt jetzt Bügelfalte

Ein BILDblog-Gastbeitrag von Jürgen Siebert

“Bild” führt neue Schriften ein, und kein Leser merkt’s. Während bei der FAZ vor zwei Jahren die dezente Einführung von Rot auf Seite 1 bereits für Aufsehen sorgte und zuletzt die Abschaffung der Fraktur-Headlines, wechselte BILD mit der gestrigen Ausgabe fast seinen kompletten Setzkasten. Dass dies bei einem Boulevard-Blatt weniger auffällt als bei einer diszipliniert gestalteten Tageszeitung liegt an der täglichen Neuinszenierung des Layouts. Doch: Auch wenn es dem Laien nicht ins Auge springt, er spürt den neuen gestalterischen Wind.

Während viele deutsche Tageszeitungen in den letzten Jahren auf Sans-Serif- bzw. neutrale Schriften umgestiegen sind, um “modern” auszusehen, greift “Bild” seit gestern tief in den historischen Setzkasten. Das Blatt bedient sich in den Überschriften einer klassizistischen Antiqua, genauer der Schrift Escrow, die der US-Designer Cyrus Highsmith 2002 für die amerikanische Tageszeitung “Wall Street Journal” entworfen hat. Escrow steht in der Tradition von Bodoni, einer Buchschrift des 18. Jahrhunderts, mit streng symmetrischem, fast monumental anmutendem Aufbau sowie feinen Querstrichen und kräftigen Tropfenserifen.

Vielleicht liegt es ja an der neuen Schrift, dass die obere Hälfte von Seite 1 gestern exklusiv für familiäre Themen reserviert war: “Sie sind beide noch verheiratet” steht elegant über der Schlagzeile zur neuen Liebe zwischen Maybrit Illner und Telekom-Chef René Obermann, während rechts daneben Boris Becker — seinen Nachwuchs umarmend — liebevoll verkündet: “Meine Kinder sind mein größter Sieg”. Die Sätze menscheln in einer Antiqua überzeugender als in einer Franklin Gothic oder Helvetica. Das Kleingedruckte, also die Lesetexte zu den beiden Beiträgen sind übrigens in einer Grotesk-Schrift gesetzt, also ohne Füßchen, die klassischerweise die Lesbarkeit verbessern — verkehrte Welt. Dasselbe gilt für den Nachrichtenblock auf Seite 1.

Auch im Bereich der Kolumnentitel hat sich einiges geändert. Neben der schmalen, auch in Versalzeilen gut lesbaren Neuzeit Grotesk kommt die Interstate zum Einsatz, beispielsweise in “Fernsehen wird durch Bild erst schön.” Das Fernsehprogramm wirkt aufgeräumter und übersichtlicher als zuletzt.

Was bezweckt “Bild” mit dem neuen Auftritt? In erster Linie strahlen die bibliophilen Schlagzeilen mehr Wärme und Charakter aus: Statt enger Jeans tragen die Wörter nun Bügelfalte — aber keinen Anzug. “Bild” schlägt mit ihrer Antiqua einen Weg ein, den das Berliner Schwesterblatt “B.Z.” schon seit längerem mit Schlagzeilen in Garamond praktiziert, ebenfalls eine Buchschrift: Herz statt Schmerz, lautet die Strategie dahinter. Möglicherweise haben die Leser tatsächlich die Nase voll von hochgepeitschten Politik- und Krisen-Meldungen.

Lügen haben schöne FüßchenSchlagzeilen in einer Werksatzschrift zu verkünden assoziiert nicht zuletzt Exklusivität. Im doppelten Sinn: Man verkündet sein eigenes Wort (statt “nur” nüchterne Nachrichten wie alle anderen auch), und natürlich sehen die Antiquas auch rein optisch exklusiv aus – im Sinne von anspruchsvoll.

Jürgen Siebert ist Journalist, Typografie-Experte und Marketing-Vorstand des Schriften-Versandhauses FontShop AG. In seinem Fontblog hat er Details des “Bild”-Redesigns unter die Lupe genommen und beleuchtet die “typografischen Todsünden” des Boulevard-Designs.

Nachtrag, 14. November. Der “Spiegel” berichtet, dass die neuen gestalterischen Elemente ursprünglich für die französische Boulevardzeitung entwickelt worden seien, die Axel Springer eine Zeitlang für Frankreicht entwickelt hat und die optisch edler wirken sollte. “Bild” werde dadurch “leichter und eleganter”, zitiert das Magazin “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann.

Reichtigstellung

Sie steigt aus ihrem grünen Mini, am Kudamm. Hochhackige Stiefel, enge Lederhose, Seidenjacke mit teurem Fuchskragen drauf. Die große Handtasche ist von Yves Saint Laurent, neueste Kollektion, mindestens 1000 Euro. Ariane Röhl (40), Investment-Bankerin aus Charlottenburg, hat alles erreicht. Sie ist erfolgreich, schön, reich.

So begann “Bild” gestern (als Teil ihrer Porträt-Serie “Berlin — Die Stadt der Gegensätze”) einen Text mit der Überschrift “Ich bin reich”. Der Investment-Bankerin gegenübergestellt war unter der Überschrift “Ich bin arm” eine obdachlose Frau.

Und in der heutigen “Bild” findet sich (ebenfalls auf der “Gegensätze”-Seite) eine kleine 38-Zeilen-Meldung. Unter der berückenden Überschrift: “Reichtum kommt von Herzen” heißt es darin:

(…) Die Investment-Bankerin legt Wert darauf, dass es ihr in dem Interview, insbesondere im Vergleich zu [der obdachlosen Frau] nicht um finanziellen Reichtum ging. “Reichtum kommt von Herzen, hat überhaupt nichts mit Geld zu tun”, sagt Ariane Röhl. “(…) Wer reich aber ausschließlich auf Geld bezieht, ist im Grunde genommen ein armer Mensch.”

Aber wer tut sowas schon?

6 vor 9

André Müller – Die Kunst des Interviewens
(amadelio.de, Video, 17:30 Minuten)
In den 80er Jahren gab es, so wird behauptet, eine nicht unerhebliche Menge an Menschen, die die Wochenzeitung ?Die Zeit? nur aus einem Grund kauften: wegen der Interviews des Journalisten André Müller. Aber auch Der Spiegel, Stern oder Playboy veröffentlichten Interviews des gefragten Müller und einige dieser Interviews lösten Skandale aus (Interview mit Claus Peymann), wurden verboten oder gar als Theaterstück aufgeführt (Gespräch mit der Mutter). Jedoch in jedem seiner Interviews gibt es mindestens eine Stelle, wo dem Leser der Mund offen stehen bleibt vor Überraschung oder Erschütterung.

Eine kleine Geschichte von der Haptik des Papiers
(blogbar.de)
“In den letzten Wochen und Monaten kam in einigen Debatten und Essays von Printjournalisten sehr oft das Argument, dass das Internet die Haptik, das Gefühl des Anfassens von Papier, nie wird ersetzen können; der Leser wollte etwas in der Hand haben. Das wird trotz Zeitungskrise stur weiterbehauptet, dazu kommt die Meinung, Papier sei das bleibende Medium, hier würde ein Text länger als 24 Stunden Bestand haben.”

Dr. Mörgelis Werbesendung auf DRS 1
(bundblog.espace.ch, Artur Vogel)
“… dass sich Medien hergeben, um – neben den unumgänglichen Muss-Themen – der SVP auch noch freiwillig und ohne Not Werbezeit einzuräumen, will mir nicht in den Kopf. Zum Beispiel die jüngste «Samstagsrundschau» im zwangsabgabenfinanzierten Radio DRS 1.”

Wenn der Chef bloggt
(manager-magazin.de, Anja Tiedge)
Ein eigenes Blog ist schick, birgt aber auch Risiken: Im Webtagebuch von Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld empörten sich etliche Mitarbeiter über die Erhöhung der Vorstandsbezüge. manager-magazin.de zeigt, für wen CEO-Blogs geeignet sind und wie Unternehmen diese richtig einsetzen.

Mein globaler Freundeskreis
(nzz.ch, Joachim Bessing)
Facebook kommt dem Versprechen von Freundschaften erstaunlich nahe.

Kneipenabend mit Journalist kostet Staatssekretärin die Karriere
(weltreporter.de, Clemens Bomsdorf)
Alkohol, ein männlicher Journalist und ein Kuss – im moralisierenden Schweden eine Mischung, die einer Politikerin die Karriere kosten kann.

Erben bringen Glück

Ach ja. Die Politiker reformieren die Erbschaftssteuer, was soll dabei schon herauskommen? Sowas natürlich:

Höhere Steuern! Erben wird jetzt doch teurer

Und der “Bild”-Leser, der diese Meldung heute auf der Seite 1 sieht, sagt vermutlich sowas wie: “Naja, typisch”, fühlt sich in seinem Urteil über die Politik im Allgemeinen wie im Konkreten bestätigt, und freut sich, dass wenigstens seine Zeitung das Elend täglich notiert.

Denn in den meisten anderen Zeitungen steht heute nichts davon, dass “Erben privater Vermögen und Immobilien sich auf deutlich höhere Steuern einstellen müssen” (Ausrufezeichen). Auch morgen wird es kaum anders sein. Verena Köttker, Chefreporterin im “Bild”-Hauptstadtbüro, steht mit ihrer Aussage sehr allein da.

Kein Wunder. Denn als Ausgleich dafür, dass Immobilien nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Zukunft mit einem höheren Betrag als bisher versteuert werden müssen, werden die Freibeträge für nahe Verwandte erheblich erhöht: um 63 Prozent für Ehepartner, 95 Prozent für Kinder und 290 Prozent für Enkel. Sie werden zum Beispiel in aller Regel, wie bisher, das normale Eigenheim nicht versteuern müssen. Die Zahl der Fälle, in denen überhaupt Erbschaftssteuer gezahlt werden muss, wird nach den Worten des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch deutlich zurückgehen.

Für nahe Familienangehörige wird das Erben also tendenziell billiger. Belastet werden nur Geschwister oder entferntere Verwandte.

Wie kommt “Bild” aber zu der Formulierung, Erben werde “jetzt doch” teurer? Womöglich bezieht sich das auf die Behauptung, die Freibeträge wären “deutlich weniger als zuvor versprochen”. Aber auch das stimmt bestenfalls in Bezug auf die Enkelkinder. Bei ihnen waren bislang höhere Freibeträge im Gespräch: Mindestens 250.000 Euro statt nun 200.000 Euro.

Aber aktuell liegt der Freibetrag für Enkel nur bei 51.200 Euro. Sie profitieren also besonders stark von der Reform. Und bei ihnen ist die “Bild”-Schlagzeile “Höhere Steuern!” ganz besonders falsch.

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