RTL, Markencheck, Oberlehrer

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Ein in sich abgeschlossener Mikrokosmos”
(ad-sinistram.blogspot.com, Roberto J. De Lapuente)
RTL sei ein Mikrokosmos, “der rund um die Uhr, quer durchs Programm, in jeder Sparte erhalten bleibt”, findet Roberto J. De Lapuente. “Die Welt des RTL Television ist ein Hort seltsamer Gestalten, die Frauen suchen oder wahlweise Schwiegertöchter, in denen Restaurants getestet und verspottet werden, in der nachmittäglich Laiendarsteller die Drehbücher laienhafter Autoren abspulen, in der auf Aufmerksamkeit abgerichtete Gecken Journalisten sein dürfen, in der Banalität Dokumentation oder Bericht heißt.”

2. “Bringt es unser Land voran, wenn wir immer das Negative darstellen?”
(dradio.de, Friedbert Meurer)
Am 11. Januar kritisierte der FDP-Abgeordnete Joachim Günther die Medien (PDF-Datei). Nun erklärt er sich in einem Interview und schätzt die Rückmeldungen darauf ein: “Ich würde sagen, ungefähr, wenn ich das so grob einschätze, 25 Prozent sind negativ, sie sagen, ich soll nach Russland gehen, da gibt es ähnliche Presseverhältnisse, wie ich sie fordere. Aber 75 Prozent sind positiv, sie beglückwünschen mich, sie sagen, das ist längst überfällig, sie bedanken sich.”

3. “ARD erklärt Funktionsweise von Marken wie H&M, McDonald’s und Lidl”
(absatzwirtschaft.de, Roland Karle)
Roland Karle bespricht die ARD-Reihe Markencheck: “Rezensenten kritisieren an dem Format, dass es die Infotainment-Masche der privaten Sender kopiere. Aber taugt das wirklich zum Vorwurf? Schließlich beweist die anhaltende Berichterstattung über den schlingernden Euro, wankende Finanzmärkte und ängstigende Schuldenkrise, dass Wirtschaft ein zentrales Thema geworden ist, aber das Publikum oft nur Bahnhof versteht.”

4. “Die Richter und ihre Henker”
(zeit.de, Andreas Maurer)
Filmbesprechungen setzen sich heute oft nach einer eingängigen Formel zusammen, glaubt Andreas Maurer: “Eingangsbemerkung über Gott, die Welt und/oder sich selbst + Inhaltszusammenfassung + Allgemeinplätze über Schauspieler, Dialoge und/oder Action + Gesamtbewertung.”

5. “Wie @Der_Oberlehrer Twitterern wie @SpiegelOnline Rechtschreibung beibringt”
(140z.de)
Das Twitter-Konto @Der_Oberlehrer: “Der Oberlehrer ist also nur eine Maschine, die von irgendjemandem programmiert worden ist. Und die müsste sich doch eigentlich austricksen lassen – sie kann ja schließlich nicht mitdenken.”

6. “An Express year”
(bibliophylax.tumblr.com, englisch)
Bibliophylax wertet die Titelschlagzeilen des “Daily Express” 2011 aus und gruppiert sie nach Themengebieten.

Costa Concordia, Roger Köppel, arte

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Der Katastrophenplaner”
(wahrheitueberwahrheit.blogspot.com)
Nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia stellt Thomas eine Mediencheckliste für Katastrophen zusammen. Zur Berichterstattung über das Unglück siehe auch das in der Zeitschrift “Profil” beschriebene Abendmenu des Restaurants “Porta Via” in Giglio (noemix.twoday.net) und diese Kritik der Sendung “Beckmann” (sueddeutsche.de).

2. “Neue Leichtigkeit oder Niveauverlust?”
(medien-monitor.com, Samuel Acker)
Änderungen im Programm von arte beunruhigen den Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm, Thomas Frickel. “Der öffentlich-rechtliche Sender finanziert sich zu fast 100 Prozent über die Rundfunkgebühren. Doch nach den internen Dokumenten zur Programmreform zu urteilen, schielt ARTE trotzdem auf den Mainstream.”

3. “Auf Angriff gebürstet”
(faz.net, Philip Plickert)
Ein Porträt von Roger Köppel, Verleger und Chefredakteur der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift “Weltwoche”. “Für seine Leser repräsentiert sie die besten Seiten der Schweiz. Für viele Intellektuelle ist sie ein rotes Tuch. Manche hassen Köppel. ‘Ist ein Journalist nicht links, muss er entweder krank, gekauft, ferngesteuert oder auf andere Weise defekt sein’, sagt er ironisch.”

4. “Auf BILD.de sind alle Grünen gleich”
(mediensalat.info, Ralf Marder)
“Grüne nennen Wulff ‘Lügner'”, schreibt Bild.de in einem Teaser – im Artikel ist aber nur von einem, Stefan Wenzel, die Rede.

5. “Grandioser Technikjournalismus aus den 30er-Jahren”
(viermann.info, Konstantin Zurawski)
Ein Video (youtube.com, 9:31 Minuten) erklärt das Differentialgetriebe. Für Konstantin Zurawski ist es ein Paradebeispiel, wie Technik einfach erklärt werden kann. “Es folgt ein Schritt nach dem anderen. Man hätte auch ein fertiges Differentialgetriebe zeigen und anhand von allerlei Pfeilen und Bewegungsanimationen die Funktionsweise erklären können. Das aber hätte den Zuschauer nicht dort abgeholt, wo er ist: Bei Wissen Null.”

6. “kapitän geht, präsident bleibt”
(spreeblick.com)
Ein Gedicht von Ingo Neumayer.

ARD  

Das ist doch kein Untergang!

Am Mittwochabend änderte die ARD ihr Programm und zeigte nach den “Tagesthemen” eine 15-minütige Reportage des Bayerischen Rundfunks über die Havarie der “Costa Concordia”. Darin gab es auch Amateurvideos aus dem Inneren des Schiffs zu sehen, zum Beispiel dieses hier:

Da kommt das Wasser schon die Treppe herunter:

Da gestikuliert jemand, womöglich in Richtung des Fluchtwegs:

Noch mehr Wasser, noch mehr Gesten:

Und dann geht’s die Treppe hinab:

Es sind beeindruckende Bilder, nur stammen sie offenbar nicht von der “Costa Concordia” — und schon gar nicht vom vergangenen Freitag. Seit Mai 2009 steht bei YouTube ein Video online, das den “Untergang” der “Carnival Paradise” zeigen soll. (Dass die “Carnival Paradise” nicht untergegangen ist, sondern es sich offenbar um die Fehlfunktion eines Swimming Pools handelte, soll uns an dieser Stelle nicht weiter interessieren, macht die Sache aber auch nicht besser.)

Und so sah das damals aus:

Wir haben beim Bayerischen Rundfunk nachgefragt, wie es zu dieser Verwechslung kommen konnte, und nach intensiven internen Recherchen folgende Erklärung von der Pressestelle erhalten:

Die Kollegen haben vor Ort unter extremen Bedingungen und enormem Zeitdruck die Reportage geschnitten. Natürlich wurden auch Amateurbilder, beispielsweise von Handys, ausgewertet. Es wurden auch Sequenzen von youtube abgedreht. Obwohl die Quellen vor Ort standardgemäß überprüft werden, ist dem Team in diesem Fall ein Fehler unterlaufen, der der extremen Belastungssituation geschuldet ist. Dass eine falsche Sequenz Eingang in den Film gefunden hat, ist sehr bedauerlich. Die Fehlerquelle wird analysiert.

Der Film wurde unterdessen aus der ARD-Mediathek entfernt. Die Reportage soll korrigiert und in der korrigierten Version dem Sender Phoenix zur Verfügung gestellt werden.

Übrigens: Der BR war offensichtlich nicht der einzige Sender, der die Bilder von der “Carnival Paradise” als “Costa Concordia” gesendet hat. YouTube-Kommentatoren weisen darauf hin, das Video auch auf CNN und anderen Sendern gesehen zu haben.

Mit Dank an Thorsten H.

Nachtrag, 20.05 Uhr: Die BR-Reporter hätten es wissen können: Bereits am Mittwochmorgen hatte “Focus Online” ein Video veröffentlicht, in dem es um gefälschte Amateurvideos von der “Costa Concordia” ging — die Szenen von der “Carnival Paradise” waren darin mit ihrem korrekten Datum enthalten.

Mit Dank an Michael N.

Einladungen, Fahrstühle, Julian Assange

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Ich wollte keinen Ärger haben. Ich bin kein Vorbild”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Die Beeinflussung von Journalisten durch Einladungen: “Vor vielen Jahren habe ich es erlebt, dass bei einer Reise – nicht bei einer Politikerreise, nicht bei einer Reise für das Reiseressort, es war ein Wirtschaftsthema – der Unternehmer den Journalisten Damen zur Verfügung stellte, die ihnen die Nacht im Hotelzimmer noch angenehmer gestalten sollten. Journalistinnen waren nicht dabei. Etwa zwei Drittel der Journalisten lehnten ab, ein Drittel nahm an.”

2. “Hinter der Tür die Zukunft”
(fr-online.de, Marin Majica)
Die Nachrichtenagentur AP berichtet neu aus Nordkorea.

3. “Risiko Fahrstuhl, in Echt!”
(juliane-wiedemeier.de)
Juliane Wiedemeier sieht im MDR-Magazin “Echt” einen dramatisch nachgestellten Fahrstuhlrettungseinsatz der Feuerwehr in Halle (mdr.de, Video, 5:37 Minuten): “Man sollte vielleicht wissen, dass ich ein ziemlich hartgesottener Privatsenderseher bin. Doch selbst ‘Explosiv’ und ‘Familien im Brennpunkt’ konnten mich nicht auf die Panikmache und reißerisch nachgestellten Szenen vorbereiten, die ‘Echt’ an diesem Abend im Programm hatte.”

4. “Kein Durchbruch für das Leitmedium APA”
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Ein Lastwagen habe die “Leitschiene der rund 80 Meter hohen Lieserschluchtbrücke durchbrochen”, berichtet die Nachrichtenagentur APA. Doch genau das sei gar nicht passiert, findet Hans Kirchmeyr.

5. “BILD soll nicht an mir verdienen”
(lawblog.de, Udo Vetter)
Udo Vetter wird vom Axel Springer Verlag fordern, ihn aus der Empfängerliste für die am 23. Juni 2012 bundesweit kostenlos verteilte “Bild” zu streichen.

6. “Julian Assange: The Rolling Stone Interview”
(rollingstone.com, Michael Hastings, englisch)
Ein ausführliches Interview mit Julian Assange (hier die Druckversion): “Assange sits on a tattered couch, wearing a wool sweater, dark pants and an electronic manacle around his right ankle, visible only when he crosses his legs. At 40, the WikiLeaks founder comes across more like an embattled rebel commander than a hacker or journalist.”

Bild  

Apropos Brandstifter

Es war eine Überschrift, fast wie aus dem Schlagzeil-o-maten:

Nach mehr als 40 Groß-Feuern: Öko-Politiker (48) als Brandstifter verhaftet

Darunter prangt das unvorteilhafte Foto eines Mannes, den “Bild” in der Stuttgarter Regionalausgabe als “Lokalpolitiker” bezeichnet. Diese politische Tätigkeit, so “Bild”, stehe auch im direkten Zusammenhang mit den “42 unheimlichen Bränden”:

Die Kripo-Beamten gehen davon aus, dass der Täter “seinen Frust”, möglicherweise wegen der Wahlniederlage, abreagieren wollte.

Die Ermittler selbst waren laut “Reutlinger General-Anzeiger” von dieser Nachricht überrascht:

Wie es dazu kam, dass der Brandstifter samt Bild und Namen in dem Boulevardblatt erschien, kann sich Wolfgang Ebert von der Pressestelle nicht erklären. “Das entzieht sich vollkommen meiner Kenntnis.” Vieles im Artikel treffe nicht zu. Vor allem aber stimmten die von der Bild-Zeitung beschriebenen Tatmotive nicht, sagte Ebert. Das Massenblatt vermutete Frust aufgrund seines Wahlergebnis bei den letzten Kommunalwahlen. Von der Polizei könne die Zeitung das jedenfalls nicht haben. “Bei uns hat niemand von Bild angerufen. Wir sind selber aus allen Wolken gefallen”, sagt Ebert.

Die Bürgermeisterin erklärt, die Motive für die Taten seien im persönlichen Umfeld zu suchen, auch die Bezeichnung als “Öko-Politiker” sei falsch.

Der ganze Artikel beim “Reutlinger General-Anzeiger”:

Venedig sehen und irren

Seit die “Costa Concordia” vor der Insel Giglio auf Grund lief und dort auf der Seite liegt, berichten die Medien nicht nur über das merkwürdige Verhalten des Kapitäns, sondern auch über das Konzept “Kreuzfahrt” an sich.

Bei “Zeit Online” erschien am Montagabend ein Artikel, der die “riskanten Manöver” hinterfragte, bei denen “die Schiffe wenige Hundert Meter von der Küste entfernt wie Models auf dem Laufsteg” posierten.

Darin kam auch der Bürgermeister Venedigs zu Wort:

Venedigs Bürgermeister Giorgio Orsoni warnte schon im vergangenen Dezember vor der Gefahr durch Kreuzfahrtschiffe in PR-trächtiger Küstennähe. In seiner Stadt ist der Anblick von Touristentankern hinter dem Kirchenturm von San Marco keine Seltenheit. “Wir müssen mit den Reedereien über die Durchfahrt dieser Monster durch den Canal Grande dringend diskutieren”, sagte Orsoni damals. “Sie stellen eine Gefahr sowohl für die Umwelt als auch für die Stadt dar.”

Es ist weitgehend unwahrscheinlich, dass sich Giorgio Orsoni dergestalt geäußert hat — als Bürgermeister der Lagunenstadt sollte er zumindest wissen, dass der Canal Grande (ja: “Canal”, nicht “Canale”, das könnte Ihnen bei “Wer wird Millionär?” mal helfen!) zwischen 30 und 70 Metern breit und bis zu 5 Meter tief ist und von vier eher flachen Brücken überspannt wird.

Diese Merkwürdigkeit ist auch einem Leser von “Zeit Online” aufgefallen, der schon am Montagabend in den Kommentaren schrieb:

Die ganze Geschichte ist schlimm genug, da muss nicht auch noch behauptet werden, dass sich solche Schiffe um der Show willen durch den Canal Grande schlängeln. Der Versuch würde gleich am Canaleingang, etwa auf Höhe der Santa Maria della Salute durch Stecken Bleiben scheitern und nach 650 m steht die Accademia Brücke im Weg. Der Bürgermeister hat mit Sicherheit vom 3 bis 4 x so breiten Canale della Giudecca gesprochen, durch den die riesigen Kreuzfahrschiffen tatsächlich fahren.

Der Autor des Artikels reagierte darauf, indem er wortlos einen Link zu einem italienischsprachigen Artikel postete, in dem weder die Worte “Canal Grande” noch der Name des Bürgermeisters vorkam.

Nachdem wir den Autor gestern auf diese Merkwürdigkeit hingewiesen hatten, erklärte er uns, er nehme inzwischen auch an, die Passage falsch wiedergegeben zu haben, und werde sich um eine Korrektur kümmern.

Inzwischen hat “Zeit Online” das Zitat überarbeitet und weist auf die Korrektur hin:

Anmerkung: Der Bürgermeister von Venedig, Giorgio Orsoni, wurde ursprünglich im Text falsch zitiert. Wir bedanken uns bei unseren Lesern, die auf den Fehler hingewiesen haben.

Nur die unwahrscheinliche Bildunterschrift, die haben sie übersehen:

Ein Kreuzfahrtschiff auf dem Canal Grande in Venedig

Mit Dank an Tobias M.

Nachtrag, 15.20 Uhr: Auf dem Foto sehen wir laut Bildunterschrift jetzt “Ein Kreuzfahrtschiff vor Venedig”.

Marshmallows, Spin Doctors, Aserbaidschan

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Zoom auf die Tränen”
(taz.de, Jenny Bauer)
Jenny Bauer besucht Teilnehmer einer Scripted-Reality-Serie, eine Familie mit fünf Kindern in einem Plattenbau einer deutschen Großstadt. “Einmal musste sich Melinda nach einem gestellten Streit mit ihrer Mutter auf die Couch legen und ohne Unterlass eine ganze Tüte Marshmallows in sich hineinstopfen. ‘Dabei mag ich die gar nicht’, sagt sie. Ja, sie wiege zu viel, aber sie bevorzuge eher herzhaftes Essen. Außerdem sollte Melinda laut Drehbuch von der Familie vernachlässigt und verhöhnt werden. ‘Das war eigentlich das Schlimmste’, sagt Beate Meyer heute.”

2. “Verdeckte PR – Videos auf Zeitungsportalen”
(ndr.de, Video, 6:41 Minuten)
Online-Videos auf Zeitungsportalen sind teilweise kaum voneinander abgegrenzt. Werbliche Inhalte stehen nicht näher gekennzeichnet neben redaktionellen Inhalten.

3. “Affäre Hildebrand: Der Fluch von Onkel Siggi”
(handelszeitung.ch, Beat Balzli)
Beat Balzli beschreibt das Vorgehen eines kleinen Kreises schmerzfreier Spindoctors: “Personell ausgedünnte Redaktionen dienen als Einfallstore. Getarnt als exklusive Meldung findet die trojanische Botschaft dort oft einen Abnehmer. Manchmal werden gar ganze Dossiers samt vertraulichen Bankunterlagen wie Tiefkühlpizzas angeliefert. Das Material muss nur in den Redaktionsofen geschoben werden – fertig ist die Investigativgeschichte.”

4. “Baku 2012: Zwischen Pop und Propaganda”
(haz.de, Imre Grimm)
Imre Grimm gibt zu bedenken, dass Aserbaidschan, diesjähriger Austragungsort des Eurovision Song Contest, auf Platz 152 der Rangliste der Pressefreiheit steht. “Die westlichen Journalisten nähern sich dem mysteriösen Staat zumeist mit einer Mischung aus herablassender Nachsicht und Hilflosigkeit.”

5. “Die Salami-Taktik der ‘Bild’-Zeitung”
(spiegel.de, Stefan Niggemeier)
Die Informationspolitik von “Bild” in der Causa Wulff: “Man könnte denken, ‘Bild’ parodierte so immer noch das Verhalten des Bundespräsidenten; vermutlich handelt es sich aber eher um die eigene, seit längerem erprobte Taktik der Desinformation.”

6. “Wann stirbt die BILD? So schnell nicht!”
(medienrauschen.de, Thomas Gigold)
Thomas Gigold erinnert an die Online-Aktivitäten der Marke “Bild”: “Und siehe da: 20 Jahre bis zum Verschwinden der BILD reichen (leider) doch nicht ganz …”

Rabatte, Griechenland, Verblendung

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Journalisten, Rabatte und Moral”
(berliner-zeitung.de, Götz Aly)
Während sie von Politikern “vollständige Transparenz” fordern, erfreuen sich “zehntausende Medienleute in aller Stille ihrer Rabatte und kleinen Vorteile”. “Der Fall Wulff ist eine schöne Gelegenheit, vor der eigenen Türe zu kehren.”

2. “Spiegel-Online & Co. zunehmend stärker in der Kritik”
(ef-magazin.de, Arne Hoffmann)
Arne Hoffmann fasst verschiedene Kritiken am Verhalten von Journalisten in der Causa Wulff zusammen. “Wenn jeder nur noch das sagen könnte, was juristisch absolut wasserdicht ist und am besten unter Zitat der jeweiligen Rechtsgrundlage, dann könnten wir alle nur schweigen oder über Anwälte kommunizieren.”

3. “Die Krise in der Medienbranche ist noch größer als die Krise insgesamt”
(dradio.de, Susanne Burg)
Die Journalistin Kaki Bali spricht über die Situation der Medien in Griechenland: “Die Zeitung meiner Jugend, die ich immer gelesen habe, die ist seit einem halben Jahr pleite. Die Leute versuchen, die noch zu publizieren, aber die sind seit dem August nicht bezahlt. Ein Fernsehsender, der rund um die Uhr Nachrichten praktisch hatte, ist auch pleite, und die Leute sind seit April nicht mehr bezahlt.”

4. “Innenministerium: Keine Verbote von iPhone und Blackberry”
(heise.de, rei)
“Innenminister verbannt iPhones”, schreibt “Bild”. Das deutsche Bundesinnenministerium widerspricht: “Diesen Geräten bleibt nach Angaben vom BMI-Sprecher Philipp Spauschus innerhalb des Ministeriums lediglich der Zugang zum Regierungsnetz verwehrt, da sie die erforderliche Sicherheitslösung SiMKo 2 nicht unterstützen. Welche Geräte die Mitarbeiter privat mitführen, bleibt nach Angaben des Sprechers ihnen selbst überlassen.”

5. “Falsche Frau mit Drachen-Tätowierung”
(superblaa.blogspot.com, Franky Armee)
Der “Blick am Abend” illustriert einen Text über den US-Film Verblendung (2011) mit einem Foto der Figur Lisbeth Salander – aus dem europäischen Film Verblendung (2009).

6. “Was Barack mir so schreibt”
(faz.net, Marcus Jauer)
Seit vier Jahren erhält Marcus Jauer E-Mails von Barack Obama. Eine Auswertung.

Eine Zeit zum Kofferauspacken

Keine Frage, Jörg Schmadtke hat einen stressigen Job und die “Hannoversche Allgemeine Zeitung” erklärt auch gerne, warum:

Um im Transfermonat Januar bei der schwierigen Suche nach einem neuen Stürmer fündig zu werden, ist Sportdirektor Jörg Schmadtke durchgestartet: von der Algarve über Düsseldorf weiter nach England, da blieb erst gar nicht viel Zeit zum Kofferauspacken. Der 96-Manager hat sich am Montag ein Spiel in der Premier League angeschaut, genauer gesagt das der Premier Reserve League zwischen dem FC Liverpool und Manchester United. Schmadtkes besonderes Interesse galt dabei einem 24 Jahre alten Senegalesen aufseiten der Gäste: Mame Biram Diouf, zehnfacher Nationalspieler und offenkundig nicht ausreichend beschäftigt bei “ManU”, einem der großen englischen Klubs.

Gut, die “Premier Reserve League” ist, “genauer gesagt”, nicht die Premier League, sondern die Liga der Reservemannschaften der Premier League. Außerdem ist dies eine willkommene Gelegenheit endlich mal darauf hinzuweisen, dass “ManU” keine gängige Abkürzung für Manchester United ist, sondern ein sehr bösartiges Wortspiel.*

Aber eigentlich soll es um etwas anderes gehen: das Spiel, das sich Jörg Schmadtke am Montag angeschaut hat.

Nun: Er hat es sich anschauen wollen, denn das Spiel wurde gestern wegen Unbespielbarkeit des Platzes abgesagt.

Mit Dank an Stephan R.

Nachtrag, 20:00 Uhr: Die “Hannoversche Allgemeine Zeitung” hat den Fehler mit dem Spiel, das gar nicht stattfand, transparent korrigiert — und verzichtet jetzt auch auf das “ManU”.

* Nachtrag/Korrektur, 21. Januar: Offenbar ist die Sachlage beim Thema “ManU” doch nicht so klar, wie wir angenommen hatten: Zwar ist die Abkürzung bei Fans von Manchester United ungebräuchlich, aber offenbar hat sie auch nicht so viel mit dem Flugzeugunglück von München zu tun.

Mit Dank an Jens Sch. und Jörn R.

Gilt als, Geheimsprache, Jodekoeken

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Bild antwortet auf taz-Fragen”
(taz.de, Felix Dachsel)
Die Pressestelle des Axel-Springer-Verlags beantwortet Fragen zur Causa Wulff, die von der “taz” an “Bild” gestellt wurden.

2. “ZiB-Redaktion – Das Protest-Video”
(youtube.com, Video, 2:47 Minuten)
55 Mitarbeiter des Aktuellen Dienstes in der ORF-Fernsehinformation protestieren und “fordern die Einhaltung des in der österreichischen Verfassung festgeschriebenen Rechtes auf Unabhängigkeit des ORF.”

3. “‘Gilt als’ ist schlechte Journalistensprache”
(netzjournalismus.de, Fiete Stegers)
Fiete Stegers sieht in der Wendung “gilt als” eine leichte Distanzierung, die dem Journalisten den Anschein von Objektivität verleiht, “während zugleich die beschriebene Zuschreibung durch nicht näher definierte Autoritäten schon fast umumstößlich ist.”

4. “Tempus- und Aspektmysterien der philosophischen Geheimsprache”
(texttheater.net, ke)
Sprache, wie sie in Texten einiger Philosophen zu lesen ist. Mit “beinahe ausschließlich solchen Verben, die die Änderung eines Zustandes ausdrücken” und der Konjunktion “wenn”.

5. “Der Nachrichtensender N24 lockt mit bemerkenswerter Offenheit”
(heise.de/tp, Peter Mühlbauer)
“Die dramatischen Stunden auf der Costa Concordia – eine fette Bildergalerie zum Untergang des Traumschiffs!”

6. “Als sie kamen, um die Kekse zu holen…”
(stefan-niggemeier.de)
Henryk M. Broder erhält am Flughafen in Amsterdam keine “Jodekoeken” mehr, auf “Welt Online” steht darauf: “Jetzt also auch Holland im Griff der Political Correctness.”

Blättern:  1 ... 580 581 582 ... 1157