Suchergebnisse für ‘kurz korrigiert’

Liest das denn keiner?

Diese Schlagzeile steht nun seit über 24 Stunden so bei Bild.de:

NRD läßt Verdacht auf Schleichwerbung prüfen

Nachtrag, 27. Mai, 18.50 Uhr. Huch: Der Buchstabendreher-Beauftragte von Bild.de ist am späten Samstagnachmittag noch kurz vorbeigekommen! Leider hat er nur auf die Überschrift geachtet. Unkorrigiert ließ er im gleichen Text die Wörter “typsiche”, “Programmdirketor” und “wwill”.

Danke an Daniela K., Emrah K., Torben R., René S., Thomas J., Fabian L., Volker J., Jens E., Benjamin M., Marc F. und all die anderen!

Werbedurchfall bei Bild.de (2)

Keine 48 Stunden, nachdem wir darauf hingewiesen haben, wie kunstvoll und unzulässig das “Spiele”-Ressort von Bild.T-Online werbliche Inhalte redaktionell verpackt, hat Bild.T-Online sein “Spiele”-Ressort vollständig zur Anzeige umdeklariert:

Das ist zweifellos ein Fortschritt. Und wirft doch wieder viele Fragen auf. Wir machen uns keine Illusionen mehr, dass uns der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner, der Bild.T-Online-Vorstandsvorsitzende Gregor Stemmle oder auch nur der “Bild”- und Bild.T-Online-Sprecher Tobias Fröhlich diese Fragen beantworten werden. Wir wollen sie dennoch festhalten:

  • Warum schafft es das “führende crossmediale General-Interest-Portal” Deutschlands, das der Axel Springer AG nach eigenen Angaben “große Freude” und “mittlerweile eine zweistellige Umsatzrendite” beschert, nicht, von sich aus redaktionelle und werbliche Inhalte so zu trennen, wie es das Gesetz und die angeblich geltenden “journalistischen Leitlinien” vorschreiben?
  • Warum beseitigt Bild.T-Online die offensichtlichsten Formen der Schleichwerbung im Angebot innerhalb kürzester Zeit, nachdem wir darauf hingewiesen haben (nachzulesen z.B. hier, hier, hier und hier)?
  • Weiß Bild.T-Online, dass die Praktiken gesetzeswidrig sind, versucht aber so lange wie möglich davon zu profitieren, bis jemand öffentlich darauf hinweist?
  • Misslingt die Trennung von Werbung und Redaktion bei Bild.T-Online deshalb immer wieder, weil es intern — anders als behauptet — gar keine Trennung zwischen Redaktion und Anzeigenabteilung gibt?

PS: Konkret könnte man natürlich noch die Frage hinzufügen, wieso es Bild.T-Online bei der Umdeklarierung des “Spiele”-Ressorts nicht gelungen ist, alle Teaser entsprechend als Anzeigen zu kennzeichnen. Auf der Startseite von Bild.de und im “News”-Ressort stehen weiterhin Werbehinweise wie diese hier unten herum, die so tun, als würden sie auf redaktionelle Artikel verweisen. Aber auch das wird sicher in den nächsten Stunden als Reaktion auf diesen Eintrag korrigiert werden.

(Fortsetzung hier.)

  

Eine Rechnung für Bild.de

Berlin, den 12. April 2006

Bild.T-Online.de AG & Co. KG
Herrn Gregor Stemmle
Axel-Springer-Straße 65
10888 Berlin

 
Rechnung 1/06
 

Sehr geehrter Herr Stemmle,

wir freuen uns, dass Sie die Möglichkeit nutzen, die Leser von Bild.de ein wenig besser zu informieren.

Wir betreiben die Internetseite BILDblog.de, ein journalistisches, tagesaktuelles Angebot, das sich kritisch mit der Berichterstattung der “Bild”-Zeitung auseinandersetzt. Als wir damit begonnen haben, einige der vielen sachlichen Fehler im Online-Angebot der “Bild”-Zeitung öffentlich aufzuführen, hatten wir gehofft, dass Ihnen dies ein Ansporn sein könnte, genauer zu arbeiten. Viele dieser Fehler ließen sich schon mit einem Mindestmaß an Sorgfalt vermeiden. Leider können wir nicht feststellen, dass ein solcher Effekt eingetreten ist und dass bei Bild.de heute besser gearbeitet wird als früher.

Stattdessen stellen wir seit einiger Zeit aber fest, dass Fehler, auf die wir hinweisen, in kürzester Zeit von Ihnen korrigiert werden. Selbst Artikel, die schon mehrere Tage unverändert online waren, werden nur Minuten nach einem entsprechenden BILDblog-Eintrag verändert. Unter uns: Auch das gelingt nicht immer, oft genug wird ein Fehler durch einen anderen ersetzt, manchmal müssen wir ganz explizit formulieren, was an welcher Stelle falsch ist und wie es richtig lauten müsste, häufig vermeiden Sie auch eine Korrektur und entfernen stattdessen fehlerhafte Sätze ersatzlos. Überhaupt beschränken Sie sich meist auf Detail-Fehler, lassen aber fundamental falsche Artikel, die Sie zum Beispiel aus der gedruckten “Bild”-Zeitung übernommen haben, unverändert. Darüber hinaus bleiben ganz offenkundige Fehler auf Bild.de unkorrigiert, wenn wir nicht auf sie hinweisen (auf Anfrage liefern wir Ihnen dafür gerne Beispiele).

Offenbar haben Sie sich entschieden, BILDblog als eine Art externe Schlussredaktion oder Korrektorat zu benutzen. Wir freuen uns, wie gesagt, darüber, auf diese Weise einen kleinen Beitrag zur Qualitätsverbesserung von Bild.de leisten zu können und zum Beispiel in vielen Fällen zu verhindern, dass Menschen, über die Sie berichten und die eigentlich anonym bleiben sollen, aufgrund einer Nachlässigkeit mit ganzem Namen genannt oder unverfremdeten Gesicht gezeigt werden.

Wir glauben aber, dass dies eigentlich in Ihrer Verantwortung als Online-Angebot mit Millionen Lesern läge. Wir investieren Zeit und Energie, die eigentlich Sie selbst aufbringen müssten. Da Sie unser Angebot inzwischen als Dienstleistung in Anspruch nehmen, halten wir eine entsprechende Honorierung für angemessen.

Anbei finden Sie eine Auflistung aller Bild.de-Artikel, die Sie seit Anfang des Jahres korrigiert haben, nachdem wir über die in ihnen enthaltenen Fehler berichtet oder Sie per Mail darauf hingewiesen haben. Die zeitlichen Zusammenhänge und die Art der Richtigstellung lassen in aller Regel keinen Zweifel daran, dass diese Korrekturen direkte Reaktionen auf die Berichterstattung unter Bildblog.de waren. Einige der Korrekturen waren für uns mit größerem Rechercheaufwand verbunden, andere Fehler so offensichtlich, dass nur wenige Minuten Arbeit entstanden. Um die Rechnungsstellung nicht unnötig kompliziert zu machen, schlagen wir bis auf weiteres eine pauschale Honorierung von 40 Euro pro korrigiertem Artikel vor:

45 Korrekturen à 40 Euro  EUR 1800,00
16 % MWSt EUR 288,00
Summe brutto  EUR 2088,00

 
Bitte überweisen Sie diesen Betrag innerhalb von zwei Wochen auf unser Konto (…) .

Vielen Dank,
mit freundlichen Grüßen

Stefan Niggemeier   Christoph Schultheis

 
Anlage: Aufstellung Einzelposten [pdf]

 

Irgendetwas in dieser Richtung hat er doch gesagt!

Dies ist die Geschichte, wie der Hamburger CDU-Politiker Robert Heinemann einmal ganz groß bundesweit Schlagzeilen machte.

Es fing ganz unspektakulär an. Am Dienstag vergangener Woche gab Heinemann mehreren Zeitungen Interviews. Es ging um die aktuelle Diskussion, ob auf Schulhöfen deutsch Pflichtsprache sein sollte. Heinemann äußerte sich differenziert: Er begrüße solche Regeln, aber die Schulen dürften und müssten das selbst entscheiden. Eine Regelung “von oben” lehnte er laut “Hamburger Morgenpost” ausdrücklich ab. “Wir werden das nicht vorschreiben”, zitiert ihn das “Hamburger Abendblatt”.

In “Bild” las sich das am selben Tag schon etwas knackiger. Die Hamburger Ausgabe zitierte Heinemann am Mittwoch mit den Worten:

“Sanktionen müßten die Schulen selbst festlegen. Mögliche Strafe: Wer nicht deutsch spricht, soll den Schulhof fegen.”

Die Formulierung fand Heinemann, wie er später erklärte, “zwar erheblich verkürzt — aber noch nicht völlig falsch”. Eigentlich habe er dem “Bild”-Redakteur auf die Frage nach den Sanktionsmöglichkeiten für Schulen, die eine Deutschpflicht durchsetzen wollten, nur geantwortet, dass viele Maßnahmen denkbar seien: “vom erzieherischen Gespräch über Verfahren wie bei den Streitschlichtern bis hin zu Strafmaßnahmen wie dem Fegen des Schulhofes”. Am Mittwoch habe er den “Bild”-Redakteur angerufen und ermahnt, dass das ihm zugeschriebene Zitat “journalistisch an der Grenze” sei.

Am Donnerstag überschritt “Bild Hamburg” diese Grenze und machte aus der möglichen Maßnahme eine Forderung:

CDU-Politiker Heinemann löst hitzige Debatte aus: Deutsch sprechen oder Schulhof fegen! - Riesen-Wirbel um den Hamburger CDU-Schulexperten Robert Heinemann. Der forderte gestern in BILD: "Schüler, die nicht deutsch sprechen, sollen den Schulhof fegen!" Heinemann bekräftigte gestern gegenüber BILD noch einmal seinen Besen-Appell. "Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe!"

In einer Fotounterschrift machte “Bild” aus Heinemann sogar eine Art Grammatik-Polizisten:

Wer nicht richtig deutsch spricht, soll fegen, meint Schulexperte Robert Heinemann.
(Hervorhebung von uns.)

Heinemann sagt, er habe sich daraufhin “massiv bei der Bild-Zeitung beschwert”. Das scheint keinen großen Eindruck gemacht zu haben. Am Freitag erschien die Falschmeldung groß in der Bundesausgabe von “Bild”:

Und am Samstag wieder in der Hamburger Ausgabe, diesmal als “Spruch der Woche”:

Erst am gestrigen Montag, nachdem Heinemanns angebliches Zitat von vielen anderen Medien aufgegriffen worden war, erschien in “Bild” Hamburg so etwas wie eine Richtigstellung. Wobei die “Bild”-Zeitung über die Richtigstellung natürlich nicht “Richtigstellung” schrieb, sondern:

Herr Heinemann, wie ist das denn nun mit dem Schulhof-Fegen? (...) Schüler, die auf den Pausenhöfen nicht deutsch sprechen, sollen zur Strafe den Schulhof fegen. Mit dieser Idee hat CDU-Schulexperte Robert Heinemann bundesweit für Aufsehen gesorgt und für hetige Reaktionen bei SPD und GAL gesorgt (BILD berichtete).

Nichts deutet darauf hin, dass sich in dem folgenden Interview quasi “Bild” korrigiert und nicht Heinemann. Es sei denn, man kennt den Hintergrund – dann versteht man auch die merkwürdig trotzköpfige Fragestellung von “Bild”:

PS: Unsere Anfrage bei “Bild”, zu Heinemanns Vorwürfen Stellung zu nehmen, blieb unbeantwortet.

Nachtrag, 1. Februar. Inzwischen haben wir eine Antwort von “Bild” bekommen. Sie lautet: “Von unserer Seite gibt es dazu nichts zu sagen.”

“Bild” geht gegen “Bild”-Kritik vor

“Nur Moralisten können gute Journalisten sein.”
(Kai Diekmann)

“Man muss ein Zeichen setzen gegen die Angst vor ‘Bild’.”
(Charlotte Roche)

Am 5. September 2004 berichtete der Berliner “Tagesspiegel” ausführlich über die “Methoden der mächtigsten deutschen Zeitung”. Geschildert wurde neben vielen anderen haarsträubenden Fällen unter anderem die Erfahrung, die die Moderatorin Charlotte Roche im Juni 2001 mit “Bild” gemacht haben soll. Einige Wochen, nachdem bei einem Autounfall auf dem Weg zu ihrer Hochzeit drei ihrer Brüder getötet und ihre Mutter schwer verletzt wurden, sei sie von einem Paparazzo lachend mit ihrem Freund fotografiert worden. Ein “Bild”-Redakteur habe ihr gedroht, dieses Foto mit dem ironischen Kommentar “So tief ist ihre Trauer” zu veröffentlichen, wenn sie der Zeitung kein Interview gebe.

Diese Schilderung stimmte offensichtlich nicht. Die Axel Springer AG setzte eine Gegendarstellung durch, in der sie bestritt, dass sich ein “Bild”-Journalist je so gegenüber Roche geäußert habe. Die Redaktion hätte das Foto weder besessen, noch von ihm gewusst, noch es als Druckmittel eingesetzt.

Unter dieser Gegendarstellung korrigierte sich der “Tagesspiegel”, widersprach aber der Darstellung von Springer:

Richtig ist, dass sich kein “Bild”-Journalist gegenüber Charlotte Roche geäußert hat. Dem Tagesspiegel liegt allerdings ein Schreiben eines Mitarbeiters der Presseabteilung von Viva vor, dem Sender, bei dem Charlotte Roche damals moderierte. Darin heißt es: “Kurze Zeit nach dem tödlichen Unfall von Charlottes Brüdern hat sich damals ein ‘Bild’-Redakteur bei mir telefonisch gemeldet. Soweit ich mich erinnere, sagte er, er habe zwar Bauchschmerzen bei diesem Anruf, aber er habe mit der Chefredaktion in Hamburg gesprochen und müsste mir Folgendes sagen: Wenn die ‘Bild’-Zeitung kein Interview mit Charlotte bekäme, würde die ‘Bild’ am nächsten Tag ein Bild von Charlotte bringen und dazu eine Geschichte, die uns nicht gefallen würde. Mir wurde nicht mitgeteilt, um welche Art von Foto oder Geschichte es sich handelt.”

“Bild” bestreitet bis heute, dass es dieses Gespräch mit diesem Inhalt gegeben hat.

Gegen diese Darstellung des “Tagesspiegel” ist die Axel Springer AG in keiner Weise mehr vorgegangen.

Jetzt ist über ein Jahr vergangen, und diesmal hat es nicht der “Tagesspiegel”, sondern der “Stern” gewagt, kritisch über “Bild” zu schreiben. Vor zwei Wochen stand in der Zeitschrift:

Der erste Anrufer nach dem Unglück auf ihrem [Charlotte Roches] Handy war ihr Vater, der zweite ein “Bild”-Reporter. Was folgte, sagt Charlotte Roche, “war Telefonterror — den Rest des Tages hatte ich damit zu tun, die Anrufe von ‘Bild’ wegzudrücken”.

Die Moderatorin sprach mit niemandem. Vier Wochen lang tauchte sie ab, verließ kaum das Haus. Dann gelang einem Fotografen der “Abschuss” — so nennt der Boulevard Paparazzo-Aufnahmen: Charlotte Roche hatte neben ihrem Freund gestanden und gelacht.

Die “Bild”-Leute riefen bei Viva an. Ein Mitarbeiter des Senders hat seine Erinnerungen an das Gespräch notiert: “Kurze Zeit nach dem tödlichen Unfall hat sich ein ‘Bild’-Redakteur bei mir gemeldet. … Er habe zwar Bauchschmerzen bei diesem Anruf, aber er habe mit der Chefredaktion in Hamburg gesprochen und müsste mir mitteilen: Wenn die ‘Bild’-Zeitung kein Interview mit Charlotte bekäme, würde die ‘Bild’ am kommenden Tag ein Foto von Charlotte bringen und dazu eine Geschichte, die uns nicht gefallen würde.” Ein ‘Bild’-Sprecher weist die Vorwürfe zurück: “Diese Äußerungen treffen nicht zu.”

All das darf der “Stern” zur Zeit nicht mehr behaupten. Die Axel Springer AG bestreitet Umstand und Inhalt der Gespräche und hat beim Landgericht München eine einstweilige Verfügung erwirkt, die dem “Stern” die Veröffentlichung vorläufig untersagt. Deshalb ist der gesamte “Stern”-Artikel auch aus dem Online-Angebot der Zeitschrift verschwunden. Beim “Stern” ist man über die Entscheidung des Gerichtes überrascht und will dagegen vorgehen.

Anders als der Branchendienst “New Business” meldet und auch Springer gegenüber dem Gericht behauptet haben soll, hat der “Stern” nicht die ursprünglichen (falschen) “Tagesspiegel”-Angaben wiederholt. Wiederholt hat der “Stern” die Erinnerungen des Viva-Mitarbeiters, die der “Tagesspiegel” in seinem Zusatz der Gegendarstellung Springers wiedergegeben hat. Und dagegen ist Springer, wie gesagt, nie vorgegangen. Beim “Stern” geht man deshalb davon aus, dass die einstweilige Verfügung keinen Bestand haben wird.

“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann fordert darüber hinaus vom “Stern” den Abdruck einer Gegendarstellung und die Abgabe von Unterlassungserklärungen. Beim “Stern” hat man das Gefühl, “Bild” verfolge eine ähnliche Taktik wie die, mit der die Zeitung vor einem Jahr gegen den “Tagesspiegel” vorgegangen sei: viele nebensächliche Punkte anzugreifen, um die Kritik an den haarsträubenden Methoden von “Bild” unberechtigt erscheinen zu lassen.

K.

Dies ist die Geschichte von Christoph K. In “Bild” trägt sie die Überschrift: “Ich wurde krank gemobbt”, aber sie könnte genauso gut heißen: “Diese Deppen haben einfach meinen Namen genannt”.

Die Geschichte geht laut “Bild” so: Christoph K. war Beamter. Als ein Kollege im Dienst private Geschäfte erledigte, erstattete K. Anzeige beim Arbeitsamt und bat um Vertraulichkeit. Doch das Arbeitsamt schrieb an seine Dienststelle und nannte seinen Namen. Und Christoph K. wurde gemobbt, erkrankte, wurde aus dem Staatsdienst entlassen. “Heute lebt er allein und ohne Perspektive”, schreibt “Bild”.

Jetzt hat er sich offenbar gegenüber “Bild” geäußert. Die Zeitung zeigt ihn groß im Bild, nennt ihn aber immer nur Christoph K. Wir wissen nicht, warum sie das tut. Ob das rechtliche Hintergründe hat. Oder ob er ausdrücklich darum gebeten hat. Aber wenn es etwas gibt, in dem “Bild” ganz besonders schlecht ist, dann ist es bekanntlich, Namen nicht zu nennen.

“Bild” dokumentiert in Auszügen den Brief, in dem sich der Bundesbeauftragte für den Datenschutz dafür entschuldigt, dass der Name von Herrn K. bekannt gemacht wurde. In dem großen Ausriss, den “Bild” zeigt, steht gleich zweimal der Nachname von Herrn K.: komplett, nicht abgekürzt und in keiner Weise unkenntlich gemacht.

Man könnte sagen, dass keine Fehler so schlimm sind wie mangelhafte Anonymisierungen von Opfern oder Beteiligten — weil sie nicht korrigiert werden können. Man könnte deshalb annehmen, dass Redaktionen sich besondere Mühe geben, diese Art von Fehlern zu vermeiden. Bei “Bild” gibt es keine Anzeichen für solche Sorgfalt, im Gegenteil.

Vorgestern berichtete die Zeitung über einen anderen Fall: Ein Mann mit tragischem Schicksal hat sich das Leben genommen. Auch bei Bild.de erschien der Artikel. Anscheinend zum Schutz der Angehörigen war der Nachname des Mannes abgekürzt, der Vorname seiner Freundin “von der Redaktion geändert”, ihr Gesicht auf einem gemeinsamen Foto unkenntlich gemacht. Und mitten in diesen Artikel setzte Bild.de einen Kasten, der dazu aufforderte, einen neun Monate alten Text aus dem Bild.de-Archiv zu lesen. Und darin steht auch jetzt noch alles: Der Nachname, der richtige Vorname der Freundin, dasselbe Foto von den beiden zusammen, nur ohne jede Verfremdung.

Danke an Torsten W. für Hinweis und Scan!

Leserbrief

Liebe Bild.de-Redaktion,

wir mögen uns nicht ausmalen, was bei Ihnen los ist. Ob vielleicht die ganze Mannschaft krank im Bett liegt, dahingerafft von einem Virus. Oder bei den aktuellen Umstrukturierungen irgendetwas schief gelaufen ist und gerade die Techniker für die Texte zuständig sind. Oder die Weihnachtsfeiern in einem Maße eskaliert sind, dass tagsüber wirklich niemand mehr seine Sinne halbwegs beisammen hat.

Aber so geht es nicht weiter. Um noch einmal kurz auf den Roxette-Artikel von gestern zurückzukommen, in dem die Namen sämtlicher vier Hauptpersonen falsch geschrieben waren. Heute früh hat jemand versucht, das zu korrigieren, aber offensichtlich nicht einmal eine schlichte “Suchen & Ersetzen”-Funktion zur Verfügung gehabt. Jedenfalls heißt der arme Per Gessle immer noch einmal “Gessele“. In demselben Artikel wird auch das Alter des Sohnes Oscar falsch angegeben (acht statt neun). Und das Lied, das Marie Fredriksson gesungen hat, heißt nicht “I’ve Never Loved A Man Like I Loved You”, sondern “I Never Loved a Man (The Way I Love You)”.

Oder die, ebenfalls gestern schon aufgegriffene, Rubrik “Internet-Klatsch” vom Donnerstag. Sie beginnt mit den Sätzen:

Anna Nicole Smith (28) läßt tief blicken… zu tief! Ihr offenherziger Auftritt beim “Life 8” kommt sie jetzt wahrscheinlich teuer zu stehen.

Anna Nicole Smith ist ganze zehn Jahre älter. Und das Konzert schreibt sich nicht “Life 8”, sondern “Live 8”.

Wie ist das möglich, all diese Fehler (und noch viele mehr) zu produzieren, die doch so einfach zu vermeiden wären? Werden diese Texte von einem erkälteten Mitarbeiter per Mobiltelefon über eine sehr schlechte Verbindung einem Legastheniker diktiert? Raten Sie das Alter und die Namen der Personen, über die Sie berichten? Guckt da niemand, wirklich niemand mehr drauf?

Liebe Bild.de-Redaktion, wir kommen nicht mehr nach. Tun Sie doch sich und Ihren Lesern einen Gefallen: Nehmen Sie sich ein paar Tage frei, legen Sie sich hin, und dann, nächste Woche oder vielleicht besser nächstes Jahr, gehen Sie die Arbeit mit frischem Schwung wieder an.

Besorgt,
Ihr BILDblog.de

Nachtrag, 10. Dezember. Anscheinend gibt es noch irgendjemanden, der bei Bild.de ein paar Fehler korrigiert, aber sehr groß ist sein Ehrgeiz nicht. Das Alter der Kinder der ehemaligen Roxette-Sängerin Marie Fredriksson ist nicht verbessert, sondern entfernt worden; auch der Name des von ihr gesungenen Titels fehlt nun ganz. Immerhin hat er die beiden Fehler über Anna Nicole Smith und “Live 8” korrigiert — zumindest im Text, in der dazugehörigen Bildbeschriftung hingegen steht leider noch immer “Life 8”.

Symbolfoto XIX

Dieses lustige Foto zeigt Bild.de heute über einer Geschichte, die von sogenannten “Flitzern” erzählt, die dem Verein Hansa Rostock 20.000 Euro Schadenersatz zahlen müssen, weil sie bei einem Bundesligaspiel am 25. Oktober 2003 auf das Spielfeld gelaufen waren.

Im Text heißt es:

Drei Flitzer, die im Bundesligaspiel gegen Hertha BSC auf den Rasen des Ostseestadions tobten, müssen 20.000 Euro zahlen.

Da fragt man sich, warum auf dem Foto im Hintergrund ein Schalke-04-Transparent hängt. Und warum der Torwart, der am linken Bildrand zu sehen ist, ein Schalke-Trikot trägt und Schalke-Torwart Frank Rost so verdammt ähnlich sieht. Und man denkt sich möglicherweise, dass Bild.de sich im Spiel geirrt hat. Wäre ja möglich.

Stimmt aber gar nicht. Die drei verurteilten Flitzer liefen tatsächlich beim Spiel Hansa Rostock gegen Hertha BSC auf den Rasen. Nur waren das ganz andere Flitzer — und sie waren nicht mal nackt.

Aber vielleicht meint man bei Bild.de ja, mit dem Einleitungssatz schon deutlich gemacht zu haben, dass es sich bloß um ein Symbolfoto handelt:

Egal ob nackt oder bekleidet…

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Tobias J.

Nachtrag, 15.05 Uhr:
Das von Bild.de abgebildete Foto stammt übrigens aus dem Spiel Schalke 04 gegen den FC Fulham, das im Juli dieses Jahres im österreichischen Kapfenberg ausgetragen wurde. Und es zeigt “drei englische Flitzer”, wie Bild.de damals wusste.

Mit Dank für den Hinweis an Holger S. und Tom B.

  

Presseratsrügen für “Bild” 2003

“Bild” zeigt Krebstoten gegen Willen der Angehörigen
Verstoß gegen Ziffer 8 (B1-258/02)

“Bild” schreibt über die Krebstherapie eines jungen Mannes, dessen Bruder zuvor an Hautkrebs gestorben war, und zeigt ein Bild des Verstorbenen. Darüber hinaus zitiert “Bild” die Mutter. Der Anwalt der Frau legt Beschwerde beim Presserat ein. Die Mutter habe sich “Bild” gegenüber nicht geäußert, ein Interview sogar explizit abgelehnt und darum gebeten, auf eine Publikation zu verzichten. “Bild” widerspricht: Eine Redakteurin habe sich lange mit der Mutter unterhalten. Das Foto habe man anderweitig besorgt, weil die Mutter keines herausgeben wollte. Da der Presserat nicht nachvollziehen kann, welche der beiden Parteien tatsächlich Recht hat, stellt er lediglich eine Verletzung des Persönlichkeistrechts des Verstorbenen fest. (Nicht öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” verhöhnt Mordopfer
Verstoß gegen Ziffer 8 (B1-26+27/03)

Ein Rentner wird von einem 20-Jährigen erschlagen, der zuvor offenbar sexuellen Kontakt mit seinem Opfer hatte. “Bild” druckt ein Foto des Opfers, dessen Vornamen, den Anfangsbuchstaben des Nachnamens, sein Alter und ein Foto des Hauses, in dem der Rentner wohnte, samt Straßenname. Außerdem berichtet das Blatt über seine angeblichen homosexuellen Neigungen und fragt, ob er “zu sexgierig” gewesen sei.

“Bild” beruft sich hinterher darauf, lediglich aus dem Polizeibericht zitiert zu haben. Mit der Berichterstattung habe man bei der Tätersuche behilflich sein wollen. Der Presserat sieht jedoch “keine ausreichende Begründung für die identifizierende Berichterstattung”. Zudem sei der Täter längst festgenommen und geständig gewesen. Der Anspruch auf Achtung des Privatlebens und der Intimsphäre des Rentners sei “besonders schwerwiegend” verletzt worden. (Nicht öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” macht Selbstmörder identifizierbar
Verstoß gegen Richtlinie 8.5 (B1-60/03)

Ein 50-jähriger Mann schneidet sich in einem Wald wegen privater Probleme die Pulsadern auf und verblutet. “Bild” berichtet über den Fall, zeigt ein Foto des Mannes und nennt dessen Vornamen, das Initial des Familiennamens, sein Alter und seinen Wohnort. Daraufhin beschwert sich der Bruder des Verstorbenen beim Presserat.

“Bild” argumentiert, die Polizei habe zuvor nach dem vermißten Mann gesucht, deswegen habe man die Leser über den Ausgang der Fahndung informieren müssen. Der Autor des Beitrags entschuldigt sich dennoch bei dem Bruder des Toten für die Folgen der Berichterstattung. Der Presserat stellt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen fest. Die Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbstmorde sei “grob missachtet” worden. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” verletzt Geheimsphäre von Sportlerin
Verstoß gegen Richtlinie 8.4 (B1-70/03)

Eine ehemalige Spitzensportlerin wird vorübergehend in die Psychatrie überwiesen. “Bild” berichtet ausführlich, wie es dazu kam, und druckt Bilder, auf denen zu sehen ist, wie die Betroffene vor der Klinik zusammenbricht. Nach Auffassung des Presserats verstößt das “auf grobe Weise” gegen das Persönlichkeitsrecht der ehemaligen Sportlerin, da das Blatt ausführlich über deren psychische Erkrankung berichtet. Das sei unzulässig, weil dadurch die Geheimsphäre der Betroffenen verletzt werde. (Nicht-öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” vorverurteilt Rentner als “Rowdy”
Verstoß gegen Ziffer 13 (B1-88/03)

In einem Supermarkt kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Rentner und einer Schlagersängerin, die offenbar beide handgreiflich werden. “Bild” berichtet über den Rentner: “Supermarkt-Prügler verhöhnt sie” sowie “Jetzt prügelt der Supermarkt-Rowdy mit Worten weiter”.

Gegenüber dem Presserat erklärt “Bild”, darin keine Vorverurteilung des Rentners erkennen zu können. Sollte der Rat anderer Meinung sein, verweise man auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen “Soldaten sind Mörder”, in der es um die Auslegung von Meinungsäußerungen gehe. Der Presserat ist tatsächlich anderer Meinung und hält den Bericht für vorverurteilend und die freie Meinungsäußerung nicht für gefährdet. Die “Bild”-Überschriften unterstellten, dass die Vorwürfe gegen den Rentner wahr seien, obwohl dies zum Zeitpunkt der Berichterstattung nicht feststand. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” macht Busfahrer zum Täter
Verstoß gegen Ziffer 8 (B1-95/03)

“Bild” schreibt über ein Busunglück in Ungarn, bei dem 33 deutsche Urlauber ums Leben kamen. Neben ein Foto des zertrümmerten Busses, aus dessen Fenster kopfüber eine Leiche hängt, stellt “Bild” die Schlagzeile “Er lenkte den Todes-Bus” und ein verschwommenes Foto des Busfahrers mit Vornamen, abgekürztem Nachnamen und Alter.

“Bild” argumentiert hinterher, dass Bilder wie die des zerstörten Fahrzeugs ebenso wenig verboten werden dürften wie die schockierenden Werbemotive von Benetton. Die Wort- und Bildberichterstattung sei durch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt. Der Presserat widerspricht: Es habe kein öffentliches Interesse gegeben, das das Persönlichkeitsrecht des Busfahrers überwogen hätte. Zudem stelle die Schlagzeile den Fahrer als Täter dar, wofür es keinen Beleg gäbe. (Nicht öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” “dokumentiert” Sprung eines Selbstmörders
Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.5 (B1-117/03)

Ein 29-Jähriger Selbstmörder springt vom Baugerüst einer Kirche. “Bild” druckt mehrere Fotos von dem Mann, die ihn vor und während des Sprungs zeigen und ihn identifizierbar machen. Dazu stellt das Blatt Vornamen, Anfangsbuchstaben des Familiennamens und das Alter des Betroffenen.

Die Beschwerde der Leiterin einer Krisen- und Lebensberatung beim Presserat weist “Bild” zurück und erklärt, man habe den Vorgang lediglich dokumentiert. Der Presserat sieht die gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötungen dennoch in “grober Weise missachtet”. Eine Berichterstattung sei auch ohne derart detaillierte Angaben in Bild und Wort möglich gewesen. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” unterstellt Zoo-Chef, seine Tiere gegessen zu haben
Verstoß gegen Ziffer 2 und 9 (B1-139/03)

Ein städtischer Zoo soll aufgelöst werden. Da in dem Tierpark zu diesem Zeitpunkt kaum noch Tiere sind, spekuliert “Bild”, der Zoo-Chef habe die Tiere aufgegessen und erwähnt einen Vorfall aus dem Jahr 1999, bei dem der Betroffene ein Hängebauchschwein ohne vorgeschriebene Untersuchung durch den Amtstierarzt geschlachtet habe und dafür ein Bußgeld zahlen musste.

Gegenüber dem Presserat erklärt der Zoo-Chef, es sei mit der Stadt vereinbart gewesen, die Tiere vor der Auflösung zu verkaufen oder zu verschenken. Das habe er getan. “Bild” gibt den Fehler zu und entschuldigt sich bei dem Mann. Der Presserat kann “keinen tatsächlichen Anhaltspunkt” feststellen, der die Spekulation der Redaktion gerechtfertigt hätte. “Bild” habe den Mann schwer in seiner persönlichen Ehre verletzt. Zudem fragt der Rat, warum “Bild” den Fehler nach der Entschuldigung nicht öffentlich korrigierte. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” zeigt jugendliches Unfallopfer
Verstoß gegen Ziffer 8 (B1-158/03)

Bei einem illegalen Wettrennen ist ein 15-jähriger Zuschauer von einem der Autos überfahren worden. “Bild” druckt unter der Überschrift “Schaut hin, ihr irren Raser!” ein Foto, auf dem die Leiche des Jungens zu sehen ist. Seine Gesichtszüge spiegeln sich in einer Blutlache. Im Bildtext werden Vorname, abgekürzter Nachname und Alter des Getöteten genannt.
“Bild” behauptet hinterher, man habe das Foto gedruckt, um auf die Gefährlichkeit dieser Autorennen hinzuweisen. Der Presserat widerspricht: Eine abschreckende Wirkung hätte auch ohne Identifizierbarkeit des Opfers erreicht werden können. (Öffentliche Rüge)

Vermischtes (Teil 1)

“Bild” ist beschäftigt mit dem Tod Rudolph Moshammers (“Kann Daisy den Mörder überführen?” bzw. “Braucht Daisy jetzt eine Psychotherapie?”). Das gibt uns Zeit für eine kurze Zusammenfassung – und wir stellen fest: Joschka Fischer war nie “Hessens Ministerpräsident”, sondern hessischer Staatsminister für Umwelt und Energie; Sharman Macdonald “zwang” ihre Tochter Keira Knightley nicht zum Bauchnabelpiercing, sondern riet ihr nur dazu (oder unterstützte sie, wenn man’s genau nimmt, darin, ihren Piercing-Wunsch in die Tat umzusetzen); und Hirnforscher von der McMasters Universität in Ontario haben Albert Einsteins Gehirn nicht etwa “jetzt”, sondern bereits 1996 untersucht. Jetzt zeigt bloß der britische Sender Channel 4 eine Doku zum Thema.

Mit Dank an Konstantin B., Peter R. und Roland für die Hinweise.

Nachtrag, 17.1.05:
Dass Joschka Fischer nie “Hessens Ministerpräsident” war, hat man jetzt (fünf Tage nach Veröffentlichung) auch bei Bild.de gemerkt und nachträglich korrigiert.

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