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Keinen Kontakt, nie gehabt

Schauspieler Karsten Speck sitzt in Untersuchungshaft und “Bild” ist “das Drama” täglich einen Bericht wert. Jetzt kommt die Schreckensmeldung:

“Seit fünf Tagen hat Mutter Ellen keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn. Jetzt sagte Ellen Speck gegenüber der Tageszeitung B.Z.: ‘Wir dürfen nicht mit ihm sprechen!'”

Und außerdem:

“Das ist eine schreckliche Geschichte. Nur sein Anwalt hat noch Kontakt zu ihm. Er hält uns auf dem Laufenden.”

In der “B.Z.” steht dazu:

“Seit sechs Tagen sitzt ihr [Ellen Specks] Sohn in Untersuchungshaft (BZ berichtete). Seitdem hat die Familie keinen Kontakt zu ihm.

So? Na ja, gut.

Bloß zur Erinnerung: “Karsten Speck weint hinter Gittern”, hatte “Bild” wenige Stunden zuvor gemeldet:

“Seit fünf Tagen sitzt der TV-Star in Haft. Die Mutter zu BILD: ‘Als ich ihn im Gefängnis anrief, hat er geweint.’

Vermutlich darf man sich jetzt raussuchen, ob man — wenn überhaupt — lieber der “Bild” oder doch der “B.Z.” glauben möchte. “Bild” jedenfalls glaubt offenbar lieber den Kollegen.

Der Kannibale ist kein Kannibale

Ja, die Welt ist manchmal kompliziert, und deshalb, liebe Kollegen von “Bild”, gehen wir die Sache langsam und zum laut Mitlesen noch einmal durch. Also: Ein Kannibale ist jemand, der einen anderen Menschen verzehrt. Klar soweit? Gut, dann weiter: Wer keinen anderen Menschen verzehrt, ist kein Kannibale.

Seit Donnerstag steht fest, dass der Berliner, der einen Sexpartner ermordet und zerstückelt haben soll, kein Kannibale ist. Ein Sprecher der Berliner Justiz sagte, es gebe nach der Obduktion keine Anhaltspunkte dafür, dass es zu Kannibalismus gekommen sei. Das berichteten übereinstimmend verschiedene Agenturen. Am Donnerstag, wie gesagt.

Am Freitag ist der mutmaßliche Mörder in “Bild” (Ausgabe Berlin) immer noch “Der Kannibale von Berlin”. “Bild” vergleicht die Straftat mit der des (tatsächlichen) “Menschenfressers von Rotenburg” und spricht vom “neuen Kannibalen-Fall”.

Am Samstag zeigt “Bild” “Das Gesicht des Kannibalen”, nennt ihn weiter den “Kannibalen von Berlin” und verzichtet an keiner Stelle auf die falsche Bezeichnung. Neben einem weiteren Foto steht: “Kannibale Ralf M. (41) wird von Polizisten zum Haftrichter gebracht.”

Man könnte das für eine Kleinigkeit halten, schließlich hat der Verdächtige ja allem Anschein nach sein Opfer aus sexueller Lust und mit kannibalistischen Fantasien getötet. Aber hinter der Entscheidung für die Bezeichnung “Kannibale” steckt mehr als nur eine sprachliche Boulevard-Kurzformel für jemanden, der aus solchen Motiven mordet. Die Information, dass die Polizei keine Anhaltspunkte für Kannibalismus gefunden hat, die andere Zeitungen zu Formulierungen brachte wie: “Der ‘Kannibale von Neukölln’ ist nun doch kein Kannibale”, fehlt konsequent in “Bild”-Berlin. Hier heißt es allein: “Er gab an, nichts von dem Toten gegessen zu haben.” Warum unterschlägt “Bild” die Information, dass diese Angabe des mutmaßlichen Mörders längst von der Polizei bestätigt ist und er also kein Kannibale ist? Ist die Wahrheit nicht aufregend genug?

Übrigens: Auf die Gefühle der Angehörigen des Opfers kann die “Bild”-Zeitung in ihrem Blutrausch natürlich keine Rücksicht nehmen. Neben ein Bild des Toten stellte sie die sensibel formulierte Überschrift: “Waldorfschule ehrt ihren geschlachteten Pianospieler”.

We are the Champions VII

Der Axel Springer-Verlag gibt seit 1952 die “Bild”-Zeitung heraus und seit März 2004 beispielsweise auch die 14-tägliche Programmzeitschrift “TV Digital”, für die “die Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG als strategischer Partner gewonnen werden” konnte und die zudem “von Premiere allen Abonnenten angeboten” wird.

Außerdem hatte Bild.de, also die Online-Ausgabe der im Axel Springer-Verlag erscheinenden “Bild”-Zeitung, bereits im November 2003 “zusammen mit Premiere” den sog. “Volks-Dekoder” im Angebot und es dabei nicht belassen, nein: Seither bekommen Besitzer einer Bild.de-Kundenkarte bei Bedarf sogar ein kostenloses Premiere-Probe-Abo, das sich nach Ablauf der Probezeit “automatisch in ein kostenpflichtiges Abo” verlängert, logo.

Wen wundert’s da noch, dass “Bild” auf der Titelseite jubelt:

“Der Bezahl-TV-Sender Premiere kann immer mehr Abo-Kunden verbuchen!”

Und dass “Bild” deshalb den Premiere-Chef Georg Kofler zum “Gewinner” des Tages macht, versteht sich nahezu von selbst

Dabeisein ist alles

BILD-Leser entscheiden!”

Oh, toll! Was denn?

“Jetzt können BILD-Leser Fußball-Geschichte schreiben.”

Auch gut! Aber wie das denn?

BILD-Leser entscheiden, wie das offizielle WM-Poster 2006 aussehen wird!”

Echt? Da haben sich die 45 Cent ja mal richtig gelohnt, oder?

Nun ja: Quasi eine ganze Zeitungsseite hatte “Bild” am Donnerstag für die Wahl des “offiziellen WM-Posters 2006” geopfert, hat die insgesamt fünf verschiedenen Alternativen abgebildet, die dazugehörigen 0137-Nummern und SMS-Kurzwahlen angegeben – und überall in großen Buchstaben BILD-Leser entscheiden!” drübergeschrieben.

Aber das ist natürlich Unsinn: Obwohl es in der “Bild” so aussieht, hat die Aktion mit “Bild” gar nichts zu tun. Der “Gestaltungs-Wettbewerb” wird von der FIFA veranstaltet, die Preise (50 x 2 Eintrittskarten) von der FIFA gestellt, weshalb also beileibe nicht nur “Bild”-Leser entscheiden, sondern jeder, wirklich jeder, der irgendwie irgendwo auf die Aktion aufmerksam geworden ist. Und: “Interessierte Redaktionen können die fünf Postermotive zum Abdruck am 22. und 23. September 2004 bei der FIFA per e-mail (..) anfordern”, heißt es in der dazugehörigen FIFA-Pressemitteilung

Allgemein  

We are the champions III

Wie war eigentlich diese Talkrunde zur Gebührenerhöung auf Sat.1, die der “Bild am Sonntag”-Chefredakteur Claus Strunz moderierte? Nun ja, kommt drauf an, wen man fragt.

Die “taz” fand es “tendenziös” und “inhaltsleer” und stellte fest, dass Strunz “langsam aber sicher die Gesprächsführung entglitt”.

Die “Frankfurter Rundschau” fand es “langweilig”, eine “Sehgurke” und meinte, die Runde sei “doch eine Nummer zu groß für den Chefredakteur” gewesen.

Der “Tagesspiegel” stellte fest, dass es dem Thema nicht gut tat, mit “Parolen und Emotionen” aufgeladen zu werden und betonte die Parteilichkeit des Moderators, weil doch die “Bild am Sonntag” im Axel Springer Verlag erscheint, der an der Senderfamilie Pro-Sieben-Sat.1 beteiligt ist, die die direkte Konkurrenz von ARD und ZDF ist.

Und “Bild” sah ein “Talk-TV der Extra-Klasse”, einen “spannenden Schlagabtausch” und einen “prickelnden Mix aus Information und Unterhaltung”.

…und machte den Moderator Claus Strunz, den Chefredakteur von “Bild am Sonntag”, kurzerhand zum “Gewinner des Tages” in der “Bild” am Dienstag. Er ist der sechste Gewinner aus dem Hause Axel Springer in den letzten 14 Erscheinungstagen. Am Ende des Monats wird bestimmt der Verlag selbst noch einmal “Gewinner des Tages”: Ausgezeichnet dafür, dass keine andere Institution der Welt so häufig “Gewinner des Tages” in “Bild” hervorbrachte wie er.

Die Geister, die sie riefen

Hoppla, was ist denn da passiert? Randale? Tätliche Angriffe? Ausländerfeindliche Ausfälle? Es scheint so, denn “Bild” spricht von einer “Pöbel-Attacke” und schreibt:

Gerade erst in den Landtag gewählt – und schon zeigen die Neonazis von der Sachsen-NPD im TV ihr wahres Gesicht!

Was hat der sächsische NPD-Spitzenkandidat Holger Apfel getan? Er sagte (korrekt zitiert in “Bild”) dies:

“Heute ist ein großartiger Tag für alle Deutschen, die noch Deutsche sein wollen, es ist die verdiente Quittung für eine immer asozialere Sozialpolitik, für eine asoziale Wirtschaftspolitik und…”

Währenddessen verließen die Vertreter der anderen Parteien den Tisch, an dem sie interviewt wurden. Die ZDF-Innenpolitikchefin Bettina Schausten entzog Apfel hektisch das Wort und reagierte hilflos und hysterisch, als er — weitgehend unverständlich für die Fernsehzuschauer — weitersprach.

Es besteht kein Grund, an der Gefährlichkeit der NPD zu zweifeln. Aber zu einer “Pöbelattacke” ist es im ZDF-Studio nicht gekommen, und auf die These mit der “asozialen Sozialpolitik” hätte Apfel prima durch Verfolgen der Hartz-IV-Berichterstattung der “Bild”-Zeitung kommen können — bis diese abrupt endete: “Irgendwann in diesem Sommer müssen sie bei Bild gemerkt haben”, schrieb Evelyn Roll am Samstag in der “Süddeutschen Zeitung”, “dass sie mit dem Schüren von Sozialangst zwar der Regierung schaden und der eigenen Auflage helfen, aber auch den Neonazis und der PDS. Und zwar tüchtig.”

Und, nein, die anderen Politiker mussten vor dem NPD-Mann auch nicht “fliehen”. Sie demonstrierten nur, dass sie nicht gewillt waren, mit Neonazis zu diskutieren.

Bestimmt wäre es hilfreich, wenn man im Kampf gegen die NPD die Mittel der Tatsachen-Verfälschung und grotesken Übertreibung den Rechtsradikalen überließe. Und wer ein paar populistische Sätze im Fernsehen als das “wahre Gesicht” der NPD bezeichnet, verharmlost die Gefahr dramatisch.

Verstaubt

Heute müssen wir “Bild” loben. Gestern war Sonntag, sonntags ist notorisch wenig los und das Blatt notorisch dünn besetzt, und trotzdem hat die Redaktion nicht — wie sonst gerne einmal — einfach eine Nachricht erfunden. Aber die Rubrik “Verlierer des Tages” wollte halt gefüllt werden, und so findet sich da heute Ulrich Meyer:

Wird die “Akte 2004” langweilig? TV-Moderator Ulrich Meyer (48) scheitert mit seiner SAT-1-Show regelmäßig an der 15-%-Hürde in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Jetzt sah sich der TV-Sender laut “kressreport” sogar gezwungen, die Preise für die Werbung zu senken.

BILD meint: Verstaubt diese Akte?

Alles korrekt soweit, aber apropos “verstauben”: Die Meldung aus dem “kress” ist über zwei Wochen alt. Sie stammt vom 3. September. Soviel zum Verlierer “des Tages”.

Das letztere Tabu

Na, das hat ja nicht lange gedauert. Am Freitag hatten wir vermutet, dass mit der Ausstrahlung eines Brustwarzen-Piercings womöglich doch nicht “das letzte Tabu” im Fernsehen gebrochen sei, wie “Bild” sich erregte. Und siehe da, keine halbe Woche später fällt laut “Bild” schon wieder was im Fernsehen? “Das letzte Tabu”. Diesmal in Form einer von RTL live übertragenen Brustvergrößerung.

Sowas ist natürlich höchst bedenklich und muss dringend mit vielen Fotos angeprangert werden (“Bilder wie dieses will RTL morgen zeigen”). Und diesen Chirurgen, der sich dafür hergibt, nimmt “Bild” im Interview hart ran:

BILD: Meinen Sie nicht, dass Sie junge Menschen zu ähnlichen Eingriffen ermuntern?
Dr. Hecker: “Nein! Die so genannten Vorher-/Nachher-Bilder oder Kurzausschnitte in den Medien animieren viel eher dazu.”

Ts, Vorher-/Nachher-Bilder! Wer macht denn auch sowas Unverantwortliches?

Tränen, Blut, Schreie

Wie findet “Bild” eigentlich Mädchen, die sich piercen oder tätowieren lassen? Geil. In Wort und — vor allem — Bild präsentiert das Blatt gerne die Resultate. “Bild” zeigt “sexy Girls mit ‘Nippel-Sonnen'”, erklärt ungewöhnliche Piercings für angesagt, gibt Tipps zum Selbermachenlassen (“schon etwas schmerzhaft”) und sucht seit Wochen Deutschlands schönstes “Arschgeweih”, jene “heißen Hingucker”, “zauberhaften”, “sexy Bildchen”, “Tattoo-Rücken, die entzücken”. Body-Modification? Yes please!

Äh, außer:

…heute riesengroß auf Seite 1 der “Bild”. Was ist passiert? “Big Brother”-Kandidatin Daniela hat sich im Container vor laufenden Kameras piercen lassen. Resultat, laut “Bild”:

Tränen, Blut, Schreie.

Oder genauer, nicht laut “Bild”: Keine Tränen, kein Blut, ein Schrei. “Bild” behauptet:

“Big Brother” bricht letztes Tabu.

— och, da würden uns noch ein paar letztere einfallen. Und wo wir gerade dabei sind: Sado-Maso hat mit Folter nichts zu tun, Folter hat mit Piercings nichts zu tun, Piercings haben mit Sado-Maso nichts zu tun.

Warum lässt sich dieses Mädchen vor der TV-Kamera quälen?

Vielleicht weil sie auch so geil aussehen will wie die gepiercten “Bild”-Mädchen und keine Lust hatte auf ein Ansteck-Plastik-Piercing aus dem Kaugummiautomaten?

…widerliche Bilder von einem Busen-Piercing…

So widerlich, dass “Bild” seinen Lesern auch extra nicht mehr als drei Großaufnahmen davon zumutet. Na gut: vier.

Sadomaso-Folter im deutschen TV — jetzt wollen Politiker den Irrsinn stoppen!

Mit anderen Worten: Klicken Sie vor dem Verbot schnell noch rechts neben den Artikel, wo “hier geht’s zum BB-Livestream” steht. Von den 0,98 Euro, die 12 Stunden Big Brother Live kosten (mögliche Sado-Maso-Folter inklusive), kommt ein Teil einem guten Zweck zugute: bild.de.

Wer nicht fragt, bleibt dumm

Diese Sex-Szenen sind die nackte Lüge — Warum sich TV-Martina Gedeck dabei doubeln ließ

…steht auf der Homepage von Bild.de. Ja, warum lässt sie sich wohl doublen? Klickt man auf die Ankündigung, kommt man zu einem Artikel, der auch groß in der heutigen “Bild” ist. Überschrift:

Achtung! Diese Sex-Szenen sind die nackte Lüge — Warum TV-Star Martina Gedeck im ARD-Film “Hunger auf Leben” die erotischen Stellen einem Bodydouble überließ

Spannend. Warum also? Lesen wir den Artikel:

Ein Paar beim Liebesakt: Sie zieht ihm langsam das Hemd aus, küsst zärtlich seine Brust. Sekunden später: Er sitzt splitternackt auf der Couch, sie rittlings auf seinem Schoß. Genüsslich bewegen sich beide beim Sex.

Jajaja, geil. Und warum hat sich Gedeck dabei doubeln lassen?

Eine Szene aus dem ARD-Film „Hunger auf Leben“ (heute Abend, 20.15 Uhr). Hauptdarstellerin Martina Gedeck (39, „Rossini“) spielt die ostdeutsche Schriftstellerin Brigitte Reimann (1934–1973).

etc. etc. etc. Blöde Fakten. Was ist nun mit den Sexszenen? Warum hat die sich doubeln lassen?

Ein Film mit vielen freizügigen Liebesszenen. Doch die schöne Nackte ist nicht Schauspielerin Martina Gedeck! Wie BILD erfuhr, wurde die Schauspielerin in den pikanten Szenen gedoubelt.

So. Sie wurde also gedoubelt. Wissen wir. Jetzt muss es kommen: Warum wurde sie gedoubelt?

Die hingebungsvolle Brünette ist Fotomodell Myriam G. (32) aus Frankfurt am Main. Normalweise posiert sie für Mode-Kataloge wie …

bla bla bla

… sieht Martina Gedeck auch wirklich zum Verwechseln ähnlich. Die Haare, die Figur, der helle Hautton – alles passt perfekt.

Schön für sie. Und warum hat sich die Gedeck nun doubeln lassen?

Myriam hatte keine Probleme, die Sexszene auf dem Sofa mit Schauspieler Kai Wiesinger … zu drehen. … Myriam sagt: “Es gab keinen echten Sex. Wir waren zwar tatsächlich beide nackt. Aber passiert ist natürlich nichts. Alles nur gespielt. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.”

Hier endet der Artikel.

Und wir haben nur eine einzige Frage: WARUM VERDAMMT NOCH MAL HAT SICH DIE GEDECK DABEI DOUBELN LASSEN?

P.S.: Außer als “nackte Lüge” hätte man die gedoubelte Szene natürlich auch als “Alltag im Filmgeschäft” bezeichnen können. Oder als Symbolbild.

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