Suchergebnisse für ‘schleichwerbung’

Spot-Dernière

Man muss ja nicht immer gleich an Schleichwerbung denken, bloß weil Bild.de darüber berichtet, für welches Versandhaus Sylvie van der Vaart vom Katalog-Cover lächelt, für welche Firma Matthias Reim, Wayne Rooney, die Klitschkos, Roberto Blanco und Jürgen Drews in einem TV-Spot mitspielen — oder Michael Schumacher und Kimi Räikkönen.

Aber wenn es heute zu Schumi und Kimi bereits auf der Bild.de-Startseite heißt…

"Neue Schumi-Werbung -- Wussten Sie schon, dass Formel-1-Star Kimi Räikkönen deutsch spricht? Nein? Dann müssen Sie unbedingt den neuen TV-Spot von Fiat sehen"
… dann kommt man schon ins Grübeln. Vor allem, weil die “neue Schumi-Werbung”, die Bild.de redaktionell doch eher spärlich aufbereitet, seit immerhin fast zwei Monaten im deutschen Fernsehen läuft.

Mit Dank an Jens V. und Matthias K.

Der Presserat lebt!

Juli 2006. Erinnern Sie sich? Jens Lehmann war der Held des Landes, weil er gegen Argentinien zwei Elfmeter gehalten hatte, ein Amokfahrer raste in die Berliner Fanmeile, Susan Stahnke brachte ein Kind zur Welt, Jan Ullrich sagte überraschend die Teilnahme an der Tour de France ab, und der Reisechef der “Bild am Sonntag” schwärmte in ganzseitigen Artikeln für den Heide-Park Soltau und den Holiday Park Hassloch.

Es kommt einem vor, als wäre es erst gestern vorletztes Jahr gewesen.

Wir hatten im Juli 2006 an den Deutschen Presserat geschrieben und ihn gebeten, die “Bild am Sonntag” für die beiden Artikel zu rügen, die wir für Schleichwerbung hielten. Einige Wochen später antwortete uns der Presserat, unsere Beschwerde sei “offensichtlich unbegründet”: Es handele sich, wie der Geschäftsführer gemeinsam mit dem Vorsitzenden des zuständigen Beschwerdeausschusses kurzerhand entschied, “eindeutig” um werbliche Veröffentlichungen, die für den Leser “unzweideutig” als solche erkennbar seien. Im August 2006 baten wir den Presserat, uns seine Entscheidung erstens zu erläutern und zweitens noch einmal zu überprüfen: Wir hatten nämlich beim Sprecher der “Bild am Sonntag” nachgefragt, und der sagte, bei den Artikeln handele es sich — ganz im Gegenteil — eindeutig um redaktionelle, nicht-werbliche Berichterstattung (wir berichteten)

Der Herbst kam und ging; es wurde 2007. Im Januar erinnerten wir den Geschäftsführer des Presserates telefonisch an den Vorgang. Im Juni 2007 schrieben wir einen weiteren Brief und fragten, ob schon absehbar sei, wann wir mit einer Antwort rechnen könnten. Der Geschäftsführer schrieb zurück, dass ihm nicht klar gewesen sei, dass unsere Bitte im Sommer 2006, die Entscheidung noch einmal zu überprüfen, ein Einspruch gegen diese Entscheidung gewesen sei. Im Juli 2007 schickten wir daraufhin den Brief von damals noch einmal, diesmal sicherheitshalber groß überschrieben mit dem Wort “Einspruch”.

Der Herbst kam und ging; es wurde 2008. Und in dieser Woche nun teilt uns der Geschäftsführer des Presserates mit, der Beschwerdeausschuss habe unsere Beschwerde behandelt. Er habe sie bei einer Enthaltung einstimmig als unbegründet bewertet. Die Erklärung dafür lautet in voller Länge:

Nach Ansicht des Beschwerdeausschusses werden auch werbliche Bestandteile eines Blattes im Inhaltsverzeichnis aufgelistet. Bei den Beiträgen handele es sich für den Leser — und hierauf stellt der Presserat bei seiner Prüfung ab — erkennbar um eine gemeinsame Werbeaktion zwischen BILD AM SONNTAG und dem Heide-Park Soltau. Trotz der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einrede kann der Presserat hier nicht eindeutig Schleichwerbung erkennen.

Schön, dass wir das geklärt haben.

Allgemein  

“BamS”-Leser wissen es jetzt auch

Es folgt… ein längeres Zitat aus der heutigen “Bild am Sonntag” zur Schleichwerbungsaffäre von Andrea Kiewel:

(…) Nach Informationen von BILD am SONNTAG gab es jahrelang Vereinbarungen zwischen Kiewel und Weight Watchers, ein solches 6-Seiten-Werk aus dem Jahr 2001 liegt BamS vor. In § 5 verpflichtet sie sich, bei einem Verstoß gegen die Geheimhaltung, eine Vertragsstrafe von 30 000 Mark zu zahlen. Auch damals stand unter § 1.9 der unerlaubte Passus zur Schleichwerbung, der sie jetzt die Karriere kostete: “Frau Kiewel verpflichtet sich, ihre Kontakte (…) insbesondere im Rahmen von Talkshows (…) zugunsten von Weight Watchers einzusetzen und damit die Darstellung von Weight Watchers in den Medien im Sinne dieser Vereinbarung zu unterstützen. Soweit es zu einer Weight Watchers Promotion in der ZDF-Sendung ‘Fernsehgarten’ kommen sollte, werden die Parteien dies gesondert verhandeln.”

Auch in dem Papier enthalten: Das Honorar für das Jahr 2001: stolze 180.000 Mark.

Also, was diese “BamS”-Rechercheure so alles rausfinden, nicht wahr? Wie machen die das bloß?!

“(…) Bereits im Februar 2001 schlossen sie nach Informationen des SPIEGEL eine Vereinbarung. Für ein Jahr gab es 180.000 DM (…). Im §1 heißt es unter 9.: ‘Frau Kiewel verpflichtet sich, ihre Kontakte, insbesondere zur Medienbranche und damit insbesondere im Rahmen von Talkshows und Interviews, zugunsten von WEIGHT WATCHERS einzusetzen und damit die Darstellung von WEIGHT WATCHERS in den Medien im Sinne dieser Vereinbarung zu unterstützen. Soweit es zu einer WEIGHT WATCHERS Promotion in der ZDF-Sendung ‘Fernsehgarten’ kommen sollte, werden die Parteien dies gesondert verhandeln.’ (…) Kiewel wurde zu strengstem Stillschweigen verpflichtet, andernfalls sollte eine Vertragsstrafe von 30.000 DM fällig werden. (…)”
(Spiegel Online vom 21.12.2007)

Antwort: Sie haben womöglich Spiegel Online gelesen (siehe Kasten)*

Dort steht nämlich all das, was die “Bild am Sonntag” heute unter Berufung auf sich selbst (“nach Informationen von BILD am SONNTAG”, “liegt BamS vor”) ihren Lesern zu berichten weiß, schon seit vergangenem Freitag.

Nur, damit es nicht nächste Woche wieder heißt:

"BILD-am SONNTAG-Leser wussten es zuerst!"

*) Falls den “BamS”-Rechercheuren die Enthüllungen auf “Spiegel Online” peinlicherweise entgangen sein sollten, hätten sie sie natürlich auch schon beispielsweise bei “Welt Online” oder in einer entsprechenden Meldung der Nachrichtenagentur dpa (veröffentlicht am Freitagnachmittag gegen 15.40 Uhr) oder in der Samstagsausgabe der “Süddeutschen Zeitung” nachlesen können — übrigens überall brav mit Quellenangabe (“Spiegel”/”Spiegel Online”).

medienlese.com – der Wochenrückblick

Keine Krähen, Abgang verpasst, Geld von Belgien, Schleichwerbung.

Der Schweizer Textkünstler Christoph Geiser (“kein morgen | kein wind | keine krähen | in den ästen | wartet laub | den mond | vergass ich | zwischen den gittern wächst | frost | die steine waren noch warm | als ich starb”, Zuger Tagblatt, 2. Juni 1971) blitzte vor dem Presserat ab mit einer Beschwerde gegen einen Artikel aus dem inzwischen eingestellten Facts. Die implizite Unterstellung, er benütze seine sexuelle Orientierung zur Beschaffung von Fördermitteln, entbehre jeglicher tatsächlichen Grundlage. Der Text von Daniel Arnet nannte sich “Die Subventionskünstler” und nannte die Schweizer Literaturförderung ein dunkles Kapitel. Wer ein Gesuch schreiben könne und Modethemen verwurste, habe alle Chancen, Steuergelder abzusahnen. Talent brauche es kaum.

Der Ringier-Verlag baute einige wenige Stellen ab (“Es besteht ein grosszügiger Sozialplan. Wenn immer möglich werden den Betroffenen intern Stellen angeboten.”) und will ab Februar nicht mehr mit dem Karikaturisten des hauseigenen Boulevardblatts Blick zusammenarbeiten. Der “geniale”, aber “schon beim Tagi völlig überbezahlte Nico mit seinen horrenden Lohnforderungen” habe “wohl den Abgang verpasst” (persoenlich.com Kommentare).

Read On…

6 vor 9

stern: Pharma-Schleichwerbung in der ARD
(stern.de)
Pharmakonzerne haben nach einem Bericht des Hamburger Magazin stern in der ARD-Ärzteserie ?In aller Freundschaft? jahrelang Schleichwerbung für Medikamente platziert. Das geht aus einem bisher unveröffentlichten Protokoll der PR-Agentur hervor, die die Deals eingefädelt hat. Dabei ist in Deutschland Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente beim Laienpublikum grundsätzlich verboten.

»Der Kritiker ist nicht mehr attraktiv«
(jungle-world.com, Doris Akrap)
Lutz Hachmeister war unter anderem Medienredakteur des Berliner Tagesspiegel, Leiter des Adolf-Grimme-Instituts, gründete das Institut für Medien- und Kommunikationspolitik in Charlottenburg und drehte den Film »Schleyer – eine deutsche Geschichte«. Er veröffentlichte mit »Die Herren Journalisten« die erste Monographie über die NS-Kontinuitäten im deutschen Nachkriegsjournalismus. Im Mai erschien das Buch »Nervöse Zone. Politik und Journalismus in der Berliner Republik«.

Das Ende der Medienmarken?
(werbewoche.ch, Jürgen Häusler)
Umwälzungen im Medienmarkt gefährden die grossen Marken. Doch auch das Gegenteil gilt: Gerade unter verschärften Bedingungen sind die Leistungen von Marken höher denn je einzuschätzen.

Die Entwurzelung des Wissens
(faz.net, Thomas Thiel)
Darf das Internetlexikon Wikipedia als seriöse wissenschaftliche Quelle dienen? Die Geschichtswissenschaft liefert derzeit eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Phänomen – und Wikipedia muss sie fürchten.

Die unerträglichste Sendung im TV: Das Model und der Freak
(jetzt.sueddeutsche.de, Stefan Winter)
Wie Pro7 mit einer merkwürdigen Ratgeber-Sendung die Art und Weise verändert, wie man über die Liebe denkt.

Chinese sports anchor exposed his thigh on LIVE?
(youtube.com, Video, 1:16 Minuten)
Was auch immer davon zu halten ist. Aber der Blick auf die untere Bildhälfte ist ziemlich irritierend.

“Bild” verschläft “BILD-Bibel”-Start

Kommt ein “Bild”-Leser in ein Buchgeschäft: “Ich hätte da gerne diese neue ‘Papst-Bibel’! Hab’ ich heute in der ‘Bild’-Zeitung gelesen, dass die ‘da’ ist.”

Verkäufer: “Sie meinen die Benedikt-Bibel von ‘Bild’ und dem Verlag Herder?”

“Bild”-Leser: “Was weiß denn ich… Steht doch hier groß (tippt auf die mitgebrachte Titelseite, siehe Ausriss): ‘Ab heute im Handel’!”

Zufällig anwesender Presserat: (vernuschelt) “Ist das nicht Schleichwerbung?”

Verkäufer: “Was steht da? ‘Ab heute im Handel’?! Wie kommen die bei “Bild” denn darauf? Die Bibel gibt’s doch schon seit letzten Freitag. Stand doch auch überall, dass die… (blättert mit Lesebrille in Unterlagen) …ja, sehen Sie hier, die Pressemitteilung von Springer: ‘Am 29. Juni 2007 erscheint die neue limitierte Bibel-Edition von Europas größter Tageszeitung BILD.’ Und warten Sie mal, ich habe da so ein Déjà Vu — als hätte das auch selbst schon letzten Monat in ‘Bild’ gelesen.”

Zufällig anwesender Presserat: (aufgeregt am Mobiltelefon) “Was…? Doch, doch: Letzten Monat auch schon…!”

“Bild”-Leser: “Ja, und was is’ nun mit meiner ‘Papst-Bibel’?”

Verkäufer: “Na, ich schau mal, ob ich noch eine für Sie bestellen kann. Ist ja schließlich (tippt auf die mitgebrachte “Bild”-Zeitung, siehe Ausriss) ‘streng limitiert’, das Ding. Versprechen kann ich also nichts. Sind halt auch ein bisschen spät dran heute…”

Mit Dank an Norman S. für den Hinweis und den Verlag Herder für die Bestätigung.

“Bild”-WM-Knaller explodiert mit Verspätung

Deutschland vor einem Jahr. Erinnern Sie sich? Wir waren schwarz-rot-geil, wegen der Hitze wollten alle einander nur noch duzen, und die “Bild”-Zeitung machte mit dem Angebot auf, für 99 Cent bei Lidl ein “köstliches Grafenwalder Premium-Pils”, “eine große Tüte knackige Erdnuß-Flips” und eine Deutschland-Fahne zu bekommen. “WM-Knaller” hieß es. Alle waren ganz besoffen vor Glück, und der Presserat erklärte Beschwerden über die Aktion, die Verbraucherschützer einen “besonders krassen Fall von unlauterer Werbung” nannten, kurzerhand für “offensichtlich unbegründet”.

Doch auch der geilste Sommer endet irgendwann, und ein hartnäckiger Beschwerdeführer legte beim Presserat Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Er wies das Gremium auf diverse rechtsgültige Urteile in Sachen Schleichwerbung hin und erwähnte das Schleichwerbungsverbot im Gesetz. Eine relevante Täuschung liege bereits vor, wenn dem Leser eine entgeltliche Anzeige als redaktioneller Beitrag präsentiert werde, argumentierte er; Anzeigen müssten sich in Stil und Aufmachung von redaktionellen Beiträgen absetzen.

Das muss den Presserat irgendwie beeindruckt haben. Es wurde Herbst, und der Beschwerdeausschuss beschloss, die Sache zu behandeln. Es wurde Winter, und der Beschwerdeausschuss beschloss, die Sache doch lieber an das Plenum des Presserates abzugeben. Es wurde Frühling, und das Plenum des Presserates beschloss, die Beschwerde wieder an den Beschwerdeausschuss zurückzugeben.

Und nun ist es wieder Sommer, und der Beschwerdeausschuss hat sich zu einer Entscheidung durchgerungen. Sie ist einstimmig gefallen und lautet: “Bild” hat mit der Veröffentlichung gegen die Ziffern 6 und 7 des Pressekodex verstoßen.

Nach Meinung des Gremiums gerät im vorliegenden Fall das Ansehen der Presse (Ziffer 6 des Pressekodex) in Gefahr, wenn eine werbliche Veröffentlichung, die redaktionell gestaltet ist, den redaktionellen Aufmacher auf der Titelseite ersetzt. Der Leser erwartet dort weder einen Eigenmarketingbeitrag noch Werbung.

Dadurch, dass an einer Stelle, an der sonst redaktionell berichtet wird, ein Eigenmarketingbeitrag veröffentlicht wurde, wird zudem die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte klare Trennung von Werbung und Redaktion aufgehoben.

Eine klare Kennzeichnung als “Anzeige” habe gefehlt.

Noch im Jahr 2004, als “Bild” mit Lidl in ähnlicher redaktioneller Aufmachung wie den “WM-Knaller” auf Seite eins einen “Sommer-Knaller” anbot (“Doppelschlecken” / “Heute Eis für alle — Eins kaufen, eins geschenkt!”), hatte der Presserat anders entschieden. Damals urteilte das Gremium, es sei “klar erkennbar, dass es sich bei dem Beitrag nicht um eine redaktionelle Berichterstattung, sondern um reine Werbung handelt”.

Weil der Presserat jetzt von der “bisherigen Spruchpraxis” abwich, konnte er wegen der “WM-Knaller”-Schleichwerbung keine Rüge, sondern nur einen “Hinweis” aussprechen.

Die Pressestelle der Axel-Springer-AG hat die Öffentlichkeit im vergangenen Jahr in einer Pressemitteilung informiert, dass die Beschwerde gegen die “Bild”-Lidl-WM-Aktion als “offensichtlich unbegründet” zurückgewiesen worden sei. Die Information, dass der Presserat sein Urteil jetzt revidiert hat, scheint nicht ganz so dringlich zu sein.

Post von Diekmann

“Bild” hatte ja jüngst — sichtlich widerwillig, aber gehorsam — eine Rüge des Presserats abgedruckt. Grund für die “Bild”-Rüge war laut Presserat Schleichwerbung für Aldi.

Und das Fachblatt “kress report” berichtet nun von einem Brief, den “Bild”-Chef Kai Diekmann offenbar an den Presserat geschickt hat, weil “Bild” die Aldi-Rüge “nicht nachvollziehen” könne. Weiter heiße es in Diekmanns Brief:

Nach Vorstellung des Presserates darf nicht über Preise und Bezugsquellen eines neuen Produktes berichtet werden. Sie ziehen die Grenze des Zulässigen schon bei Angabe von Telefonnummer und Internetadresse. Jede deutsche Publikation wäre danach künftig gezwungen, den Service-Charakter ihrer Berichterstattung radikal zu beschneiden.

Beigefügt sei dem Brief an den Presserat (der angeblich kein Alleingang Diekmanns sei, sondern von vielen deutschen Chefredakteuren unterstützt werde) ein “Ordner mit 100 Seiten aus 100 aktuellen Zeitungen und Zeitschriften”. Ob “Fahrradzubehör in der ‘Süddeutschen’, Motorradanzüge in der ‘FAZ’, (…) die neue ICE-Strecke Frankfurt-Paris in der ‘FR’, Osterdeko in ‘BamS’ oder die neue H&M-Edelmarke Cos in ‘Bild’ selbst” — alle Artikel enthielten ebenfalls konkrete Angaben zu Anbietern, Preisen, Bestellrufnummern oder Online-URLs. Laut “kress” hat “Bild” zwar ausdrücklich darauf verzichtet, alle Artikel als Beschwerde einzureichen, bittet den Presserat aber um Prüfung der “eingereichten Einzelfälle” und darum, die eigenen Standards “den aktuellen Leserbedürfnissen sowie einer modernen Wirtschaftsberichterstattung anzupassen”.

Beim Presserat, heißt es, begrüße man die “transparente Diskussion” und verspreche, sich mit dem “interessanten Material, das unsere Spruchpraxis kritisch begleitet”, eingehend zu befassen.

Knallhart recherchiert (4)

“Bild” hat heute eine Rüge durch den Presserat wegen Schleichwerbung abgedruckt — obwohl sie sie nach wie vor “nicht nachvollziehen” kann.

Die Zeitung hatte am 4. Januar über die neuen Reise-Angebote von Aldi berichtet, detailliert Preise und Bestellmöglichkeiten genannt und behauptet:

Ab morgen gibt’s beim Lebensmittel-Discounter ALDI auch Urlaub! BILD hat die besten Angebote jetzt schon recherchiert.

Die “besten Angebote” waren dabei sämtliche Angebote, und die “Recherche” bestand mutmaßlich daraus, sie aus einer für den kommenden Tag gebuchten Aldi-Anzeige abzuschreiben. Über die Tatsache, dass Aldi Billigreisen anbieten wird, hatte “Bild” übrigens bereits Ende 2006 zweimal berichtet und zwei Tage nach der gerügten Meldung anhand falscher Zahlen gejubelt: “Deutschland fliegt auf ALDI-Urlaub”. (Dies ist nicht Bestandteil der Rüge.)

Gegen die Entscheidung des Presserates hatte “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann heftig protestiert, und im Blatt heute ist die Erwiderung von “Bild” länger als die Rüge selbst (siehe Ausriss). “Bild” bleibt dabei:

Wir glauben, dass BILD-Leser sich für diese Informationen interessieren und dass es zur Aufgabe einer Zeitung gehört, darüber zu berichten.

Übrigens: In der vergangenen Woche wurde durch Recherchen der “Lebensmittelzeitung” bekannt, dass Aldi seine “Preisgarantie” aus dem vergangenen Herbst aufgegeben hat, die Preise von rund 200 Produkten einzufrieren (“Bild” berichtete). Darüber berichteten in den vergangenen Tagen u.a. “Spiegel Online”, “Welt”, manager-magazin.de, “Hamburger Abendblatt”, “Süddeutsche Zeitung”, “Frankfurter Allgemeine Zeitung” und “Berliner Zeitung” sowie die Nachrichtenagenturen AFP und ddp.

“Bild”-Leser dagegen scheinen sich für diese Art von Informationen nach Ansicht der “Bild”-Zeitung nicht zu interessieren. Wir konnten keinen noch so kleinen Hinweis auf die Aldi-Preiserhöhungen in der “Bild”-Zeitung entdecken.

Aus dem Newsletter Nr. 12 des Deutschen Presserates

Die Rechtsabteilung der [“Bild”-]Zeitung weist den Vorwurf zurück, dem großen Anzeigenkunden [Aldi] sei eine Gefälligkeit erwiesen worden. Für den Artikel habe es einen publizistischen Anlass gegeben. Erstmals sei ein Discounter ins Reisegeschäft eingestiegen; alle Medien hätten darüber berichtet.

Und noch etwas: Nach Angaben des Presserates (siehe rechts) begründete die Rechtsabteilung von “Bild” die Zulässigkeit des freundlichen Aldi-Werbe-Berichts ihm gegenüber damit, dass es für den Artikel einen publizistischen Anlass gegeben habe: Erstmals sei ein Discounter ins Reisegeschäft eingestiegen. Das ist falsch, und “Bild” weiß es. Am 14. Dezember 2006 schrieb das Blatt:

Nachdem die Supermarktkette “Lidl” am 6. Dezember mit einem Online-Reisebüro gestartet ist, zieht der Marktführer nach: Ab dem 5.1.2007 können Sie auch bei “Aldi” Urlaub buchen!

Danke auch an Antonio und Sylvio!

Restposten-Journalismus

Vergangene Woche tat die “Bild”-Zeitung etwas für ihr Karma und rückte in einer dreiteiligen Serie mal einige der angeblich “größten Irrtümer der Allgemeinbildung” (z.B.: “Rot reizt Stiere”, “Eskimos wohnen in Iglus”) zurecht:

Sicherheitshalber hatte sie die Tatsachen nicht selbst zu recherchieren versucht, sondern einem Buch entnommen, das sie mit den Worten “Jetzt räumt ein neues Buch unseren Kopf frei” ankündigte und in jedem Artikel unübersehbar zum Kauf empfahl:

Okay. Kann man machen. Sieht ein bisschen nach Schleichwerbung aus, ist aber vielleicht nur eine Art Vorabdruck.

Bisschen komisch ist natürlich, dass das “jetzt” erschienene “neue” Buch vor über sieben Monaten schon den Online-Ableger von “Bild” dazu inspirierte, seine Leser in zwei Teilen über die “größten Irrtümer der Allgemeinbildung” (z.B.: “Rot reizt Stiere”, “Eskimos wohnen in Iglus”) aufzuklären.

Darin war von “neu” und “jetzt” allerdings keine Rede. Kein Wunder: Das Buch war damals schon über ein Jahr alt.

(Wenn Sie beim Nachlesen auf Bild.de feststellen, dass es der Zeitung nicht gelungen ist, die Irrtümer korrekt abzuschreiben, dürfen Sie sich zur Belohnung einen gesunden Hagebuttentee gönnen.)

Danke an Johannes S., Marcus W. und Frank!

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