Die “Bild”-Zeitung kann die niederländische RTL-Moderatorin Tooske Ragas nicht ausstehen. Sie hält sie für langweilig, unansehnlich, schwer verständlich und inkompetent.
Es ist das gute Recht der “Bild”-Zeitung, Tooske Ragas für ihr angeblich fehlendes Talent zu kritisieren. Allerdings gibt es Grenzen für die Form dieser Kritik. Sie sind zurückzuführen auf einen Gedanken im Grundgesetz, Artikel 1. Dort heißt es: “Die Würde des Menschen ist unantastbar.”
“Bild” nennt Ragas “Käse-Tussi” und “Gouda-Tooske” und macht in diesem Zusammenhang gleichzeitig alles Holländische verächtlich, vom Bier (“fad und nüchtern”) bis zur Fußball-Nationalmannschaft (“Ihr werdet im Leben nicht mehr Weltmeister”). In einem “offenen Brief” an die Moderatorin (unterschrieben mit “Deine BILD Zeitung”) klingt das heute so:
Käse-Tussi, hops in deinen Wohnwagen und roll zurück Richtung Campingplatz! Ins Land, wo die Menschen ihr eigenes Gras rauchen — und auf’m Rasen spucken, statt Fußball zu spielen.
Wahrscheinlich würde die “Bild”-Zeitung Schwarze, die sie nicht mag, nie als “Nigger” beschimpfen und über Juden, die sie für untalentiert hält, nie Judenwitze reißen. Aber sowohl im Grundgesetz als auch im Pressekodex steht: “Niemand darf wegen (…) seiner Zugehörigkeit zu einer rassischen, ethnischen, (…) oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.” Da steht nicht: “außer die lustigen Holländer und andere harmlose Völker, die ja deswegen nicht gleich von Neo-Nazis zusammengetreten werden”.
Eigentlich weiß “Bild” das auch. Als Karl Moik im “Musikantenstadl” von “Spaghettifressern” sprach, war das der “Bild”-Zeitung am 19. April 2004 eine Seite-1-Schlagzeile wert: “Karl Moik beleidigt alle Italiener”, schrieb sie, fragte: “Was hat er sich dabei bloß gedacht” und sprach von “Ausfällen” Moiks.
Die “Bild”-Beleidigungen von Tooske Ragas aber sind Teil einer Eskalationsstrategie. Zunächst fragte die Zeitung: “Sind wir Deutsche nicht mehr gut genug?”. Seit vielen Wochen schon steigert “Bild” die persönlichen Beleidigungen und anti-holländischen Ressentiments. Anstand und Wahrhaftigkeit sind dabei längst unter die Räder geraten. Die Überschrift des Artikels, der den “Offenen Brief” einrahmt, lautet:
RTL will Michelle Hunziker wieder ins Programm nehmen
Muß die Käse-Tussi jetzt zurück nach Holland?
Kein deutscher Moderator wäre je einer solchen “Bild”-Überschrift ausgesetzt. Bei keinem Deutschen ließe sich ja auch auf eine solche Art andeuten, dass er nur ein Gastrecht in diesem Land hat, das jederzeit entzogen werden kann, wenn er nicht gut genug moderiert. Natürlich weiß “Bild”, dass Ragas nicht “nach Holland zurück muss”, egal was RTL entscheidet. Aber das Spiel mit ausländerfeindlichen Reflexen macht die Schmähung und Verunglimpfung Ragas noch wirkungsvoller.
Die Überschrift suggeriert darüber hinaus noch einen Zusammenhang, den es nicht gibt. Hunziker soll die Ko-Moderation der Nachfolgesendung von “Deutschland sucht den Superstar” (DSDS) übernehmen. “Bild” lässt offen, welchen Einfluss das auf die Moderation von “DSDS” selbst haben soll — beendet den Artikel über Ragas aber mit den Worten:
(…) sie kann zur Heimfahrt ruhig schon mal den Wohnwagen aus der Garage holen!
“Bild” schreibt, Ragas moderiere “glücklos”, ohne zu erklären, woran das zu messen ist. An den Quoten jedenfalls nicht, die liegen über der zweiten Staffel mit Michelle Hunziker, für deren Rückkehr “Bild” kämpft. Über jene Michelle, die “Bild” heute einen “Engel” nennt, hatte “Bild” am 25. Oktober 2003 geschrieben:
Quoten-Katastrophe bei RTL-Show — Michelle Hunziker droht der Rausschmiss
Jetzt wird’s eng für Michelle Hunziker (26). Ihr Sender RTL hat ihre ständigen Eskapaden endgültig satt. Und die Zuschauer wenden sich von der schönen Moderatorin ab. Der Quotenverfall ist dramatisch. (…)
Mitarbeiter beschweren sich über die schöne Blondine: “Michelle Hunziker sagt ständig Proben und Sendungen ab. Außerdem bringt sie das ganze Team durcheinander. So kann es nicht weitergehen.”
Am 18. Juni 2005 erklärte “Bild” demgegenüber die Vorteile von Tooske Ragas:
Kann tanzen und singen. Und — anders als Michelle — auch frei moderieren.
Aber auch damals schon hieß es in “Bild”:
Was kann Tooske besser als unsere Michelle?
(Hervorhebung von uns.)
Dass Michelle Hunziker Schweizerin ist und eine holländische Mutter hat, erwähnt “Bild” zwar, aber es spielt keine Rolle. Die Nationalität wird erst relevant, wenn man jemanden nicht mag. So ist das mit der Ausländerfeindlichkeit.