Schön, wenn eine Geschichte ihre schmissige Überschrift sozusagen gleich mitbringt – Hat man sich möglicherweise bei Bild.de gedacht, weil Madonna mit ihrem Plattenproduzenten beim Tanzen fotografiert wurde, und dies hier geschrieben:
Und im Text heißt es denn auch:
Bei Paar Nummer eins handelt es sich um Madonna (47) und ihren Plattenproduzenten Stuart Prince (27, auch als “Prince Charming” bekannt).
Soso, als “Prince Charming” ist Madonnas Produzent also auch bekannt. Allerdings offenbar nur einem sehr, sehr kleinen Kreis. Andere kennen ihn als “The Thin White Duke”, als “Jacques Lu Cont”, als “Les Rhytmes Digitales”, als “Paper Faces” oder auch als “Zoot Woman” oder “Pour Hommes”. Wem er, abgesehen von Bild.de, noch als “Prince Charming” bekannt ist, wissen wir leider nicht. Aber die meistennennenihnjaauch Stuart Price und nicht, wie Bild.de, Stuart Prince.
Mit Dank an Thomas N. für den sachdienlichen Hinweis.
Im Jahr 1987 fiel die 18 Monate alte Jessica McClure aus der Nähe von Midland, Texas, in einen Brunnen, aus dem sie erst nach 58 Stunden verletzt, aber lebendig gerettet werden konnte. Jetzt hat Bild.de “Neuigkeiten” zu berichten:
Jetzt dieses neue Foto: Jessica (19), eine schöne junge Frau, hat ihren High-School-Abschluß gemacht – und in Midland (US-Staat Texas) ihren Freund Daniel Morales (32) geheiratet.
Jessica hat tatsächlich jetzt oder, sagen wir, am 28. Januar 2006 geheiratet. Und das Foto von Jessica in Kappe und Robe, das Bild.de zeigt, wurde tatsächlich bei ihrem High-School-Abschluss aufgenommen. Allerdings ist es nicht neu, sondern fast zwei Jahre alt. Das liegt daran, dass Jessica nicht “jetzt” ihren Abschluss gemacht hat, wie Bild.de schreibt (siehe Ausriss), sondern bereits im Mai2004.
Mit Dank an Saskia B. für den sachdienlichen Hinweis.
Ob Brad Pitt und Angelina Jolie zur Verleihung der “Goldenen Kamera” kommen würden, sorgte im Vorfeld für viele Spekulationen. Spiegel Online beispielsweise behauptete sogar,”von gut informierter Seite” erfahren zu haben, dass die beiden Schauspieler “als Laudatoren” aufträten. Tatsächlich war es eine schlecht informierte Seite – Pitt und Jolie kamen nicht.
Und die “Bild am Sonntag” erklärt sogar wieso. “Nach BamS-Informationen” (siehe Ausriss) verhält es sich nämlich folgendermaßen :
Der Schauspieler Brad Pitt, der sich vergangene Woche mit seiner Freundin Angelina Jolie privat in Berlin aufhielt, sei für die Verleihung der “Goldenen Kamera” am Donnerstag “in der Auswahl der Kandidaten für die Kategorie ‘Schauspieler international'” gewesen, hätte also einen Preis verliehen bekommen können – und sollen. Aber:
“Pitt hatte für sein Erscheinen eine Million Dollar gefordert. Das Geld sollte in die Stiftung seiner Freundin Angelina fließen (Jolie-Stiftung), die sich unter anderem um Waisenkinder kümmert.
Vor diesem Hintergrund gelang es den Verantwortlichen des Medienpreises, die geforderte Summe mit Hilfe eines englischen Sponsors aufzutreiben.
Doch Brad Pitt lehnte überraschend ab – ihm soll plötzlich der Sponsor nicht gepaßt haben.”
Dazu vielleicht dreierlei:
1.) Die “Goldene Kamera” ist ein Medienpreis der TV-Illustrierten “Hörzu”, die wie “Bild” und “BamS” vom Axel-Springer-Konzern herausgegeben werden. Die Verleihung fand in der Berliner Springer-Dependance statt. Einziger Kronzeuge der “BamS”-Geschichte über Pitt ist ein gewisser Thomas Garms, Chefredakteur der “Hörzu”.
2.) Eine Kategorie “Schauspieler international” gab es in diesem Jahr nicht. Und es gab sie auch in den vergangenen zwei Jahren nicht – ebensowenig wie einen Hinweis darauf, dass in diesem Jahr Brad Pitt und/oder andere internationale Schauspieler nominiert gewesen wären.
3.) Richtig verwunderlich wird der “BamS”-Bericht am Ende. Dort heißt es:
“BamS fragte Cindy Guagenti, die persönliche Sprecherin des Schauspielers. Die antwortete ausweichend: ‘Brad Pitt war im Rahmen einer persönlichen Geschäftsreise vor und nach der Verleihung in Berlin. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.'”
Die “BamS” verrät nicht, was sie Guagenti gefragt hat, um diese angeblich ausweichende und knappe Antwort zu bekommen.
Wenn wir bei Cindy Guagenti nachfragen, was es mit der “BamS”-Berichterstattung auf sich habe, dauert es hingegen nicht lange, bis wir eine weitaus ausführlichere Antwort bekommen – und eine überraschende dazu. Unter anderem teilt uns nämlich Guagenti zu dem “BamS”-Bericht mit:
“Der Artikel ist komplett unwahr.”
Pitt, der Preise wie die “Goldene Kamera” grundsätzlich ablehne, habe “niemals irgendeine Gegenleistung für den Preis verlangt“. Vielmehr seien ihm, so Guagenti weiter, von den Veranstaltern eine “Goldene Kamera” und darüber hinaus tatsächlich auch “eine Million Dollar für einen wohltätigen Zweck seiner Wahl” angeboten worden. Allerdings habe sich herausgestellt, dass “die Spende nicht das war, was sie zunächst schien”. (Laut Pitts Sprecherin hatten die Veranstalter bezüglich ihrer Gegenleistungsforderungen “die ursprüngliche Abmachung geändert”.) Und daraufhin habe Pitt dann dankend abgelehnt.
Natürlich fragen wir morgen auch noch mal bei den Veranstaltern der Preisverleihung und bei der “BamS” nach, bitten um Stellungnahme zu Vorwürfen und Ungereimtheiten und hoffen auf keine ausweichende Antwort. Und vielleicht erfahren wir ja auch was “von gut informierter Seite”, wer weiß.
Es gibt Fragen in “Bild”-Überschriften, die lassen sich ganz leicht beantworten. Diese hier heute gehört dazu:
Öhm – nein.
Denn anders als Christiane “Ich weiß es” Hoffmann heute schreibt, ist Michael Ohoven keineswegs für fünf Oscars nominiert, sondern nur für einen. Die anderen vier Oscars müsste er schon dem Hauptdarsteller, einer Nebendarstellerin, dem Regisseur und dem Drehbuchautor des Films “Capote” gewaltsam entreißen.
Franz Josef Wagner fragt sich heute in seiner “Bild”-Kolumne, ob “wir in Deutschland unter Gedächtsnisschwund” leiden. Er schreibt den “Eltern der Geiseln”:
Ihre im Irak entführten Söhne waren auch in den Medien verschwunden. Keine Meldung auf Seite 1, nichts in der Tagesschau. Ein Grund kann die Osthoff-Ermüdung sein, die menschliche Mitleidseele hat sich ausgeweint. Wiederholungen im Fernsehen sind außerdem langweilig. (…)
Ich frage mich, warum die Eltern dieser Söhne alleine weinen müssen.
Und der Rest Deutschlands Angst vor der sich anbahnenden Grippe hat.
Auf manche Fragen Wagners gibt es Antworten. Einige stehen heute in der “Süddeutschen Zeitung”:
“Je höher die Medienpräsenz einer Geisel, desto höher wird der Preis für sie.” (…)
Der Auftritt bekannter Politiker und der Familie im Fernsehen habe die Summe für Osthoffs Freilassung klar nach oben getrieben, heißt es (…). Deshalb agiert der Krisenstab im neuen Geiseldrama völlig anders. Diesmal gibt es keine Videoaufnahmen von den Familien der Entführten. (…) Diesmal treten keine bekannten Politiker auf, diesmal schwört der Krisenstab auf Ruhe; insbesondere gegenüber den Medien.
Über Details der Entführung sollten Zeitungen, Fernseh- und Radiosender nicht berichten, appellierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. “Nehmen Sie bitte Rücksicht.”
Naja, so ein paar LinksamAnfang können natürlich nie schaden. Ebensowenig wie die Information, dass Joachim Huber beim Berliner “Tagesspiegel” Redakteur der Medienseite ist, auf der in der Vergangenheit öftersmal “Bild”-kritische Artikel erschienen sind. Aber es geht auch ohne.
Schließlich ist dies nicht die Geschichte, wie Joachim Huber einmal dafür sorgte, dass die “Bild”-Zeitung auf ihr Seite-1-Girl verzichtet und stattdessen lieber das Foto einer verschleierten Frau gezeigt hatte. Nein, es ist nicht einmal eine Geschichte darüber, wie ein “Tagesspiegel”-Kollege Hubers Susanne Osthoff für den renommierten Grimme-Preis vorgeschlagen hatte und Huber daraus eine Nachricht bastelte, die ihm einigen Ärger einbrachte, zumal Huber selbst in die Grimme-Preis-Jury berufen worden war (siehe Links am Anfang), die am kommenden Samstag erstmals tagt. Und dass “Bild” Hubers Osthoff-Nachricht tags drauf auf der Titelseite brachte (siehe Ausriss), auf den “Tagesspiegel” als Quelle verzichtete und stattdessen lieber sinnentstellend zugespitzt behauptete, für ihre Auftritte “soll sie nun den bedeutenden Grimme-Medienpreis bekommen” – geschenkt. Wer erwartet schon, dass “Bild” sich mit den Regularien der Grimme-Preis-Vergabe vertraut macht, bevor sie darüber berichtet, anstatt zu verschleiern, dass Osthoff ja, wie gesagt, mitnichten nominiert, sondern lediglich vorgeschlagen worden war, was wenig bedeutet, weil über die Nominierungen eine Nominierungskommission entscheidet, und anschließend eine Preis-Jury über die Preisträger?
Nein, dies ist die Geschichte, wie “Bild” eine Falschmeldung korrigiert. Denn am Montag hatte “Bild” berichtet, Huber bleibe trotz seiner umstrittenen Meldung Grimme-Juror (siehe Ausriss links). Genauer gesagt hatte “Bild” ungeprüft eine kleine Meldung aus dem “Focus” übernommen – und anschließend sogar bei diversen Jury-Kollegen Hubers nachgefragt, was die denn eigentlich so davon halten. Das Ergebnis der Umfrage allerdings ist nie erschienen, was unter anderem daran gelegen haben könnte, dass die Meldung von Hubers Jury-Mitgliedschaft bereits überholt war, als der “Focus” erschien – und umso überholter, als “Bild” sie nachdruckte…
“Joachim Huber (47), Redakteur des Berliner ‘Tagesspiegel’, zieht sich aus der Jury des Grimme-Preises zurück. Der Journalist hatte ‘exklusiv’ über die angebliche Nominierung von Irak-Geisel Osthoff für den begehrten Medienpreis berichtet – obwohl der Vorschlag von einem ‘Tagesspiegel’-Redaktionskollegen stammte und Huber selbst Mitglied der Grimme-Jury ist. (…)”
PS: Dass Huber über den Osthoff-Vorschlag berichten konnte, hat nichts mit seiner Jury-Mitgliedschaft zu tun. Und dass Huber, anders als “Bild”, niemals fälschlicherweise “über die angebliche Nominierung” Osthoffs berichtet hatte, sondern faktisch korrekt über den tatsächlichen Vorschlag, blieb in “Bild” bis heute unberichtigt.
Es hat sich zudem herausgestellt, dass die Bild-Zeitung, der größte Profitbringer des Verlages, auch sein größtes Problem ist. In erster Linie liegt das an der hohen millionenfachen Auflage und der dominanten Stellung auf dem Anzeigenmarkt. Es liegt aber auch an dem außergewöhnlich miserablen Ruf der Zeitung, die mit ihren Verleumdungen, Falschmeldungen und Kampagnen weit über das hinausgeht, was man von einer Boulevardzeitung zu tolerieren bereit ist. Da darf es Springer nicht wundern, dass die Behörden in diesem Fall besonders penibel sind. Der Gefahr entgegenzutreten, dass sich diese Abart des Journalismus auf weitere Medien ausdehnt, ist die Pflicht verantwortungsbewusster Kontrolleure.
Die “Berliner Zeitung” über die von den Medienkontrolleuren verhinderte Fusion von Axel Springer mit ProSiebenSat.1.
Am 17.06.2000 berichtete beispielsweise die “Berliner Morgenpost”, dass an der Paul-Löbe-Oberschule in Berlin sog. “Raucher-Ausweise” eingeführt worden seien.
Am 25.02.2002 berichtete das “Höchster Kreisblatt”, dass an der Eichwaldschule in Höchst “Raucher-Ausweise” eingeführt worden seien.
Am 11.07.2002 berichtete die “Kölnische Rundschau” über die am 1.1.2000 an der Leverkusener Freiherr-vom-Stein-Schule eingeführten “Raucher-Ausweise”.
Am 18.09.2002 berichtete die “Frankfurter Rundschau”, dass am Ernst-Ludwig-Gymnasium in Bad Nauheim “Raucher-Ausweise” eingeführt worden seien.
Am 23.1.2003 berichtete die “Berliner Morgenpost”, dass “Raucher-Ausweise” am Berliner Friedrich-Engels-Gymnasium bereits 2002 wieder abgeschafft worden waren.
Am 15.7.2004 berichtete die “Frankfurter Rundschau”, dass an der Diesterwegschule in Ginnheim “Raucher-Ausweise” eingeführt worden seien.
Am 04.11.2004 berichtete die “Kölnische Rundschau”, dass am Gymnasium Lindlar “Raucher-Ausweise” eingeführt worden seien.
Am 13.01.2005 berichtete der “Lauterbacher Anzeiger”, dass die Schule an der Wascherde in Lauterbach ihre “Raucher-Ausweise” wieder abgeschafft habe.
Am 24.01.2005 berichtete das “Hamburger Abendblatt”, dass an der Ahrensburger Gesamtschule “Raucher-Ausweise” eingeführt worden seien.
Am 2.03.2005 berichteten die “Potsdamer Neusten Nachrichten”, dass an der Voltaire-Gesamtschule in Potsdam “Raucher-Ausweise” eingeführt worden seien.
Am 24.3.2005 berichtete die “Stuttgarter Zeitung”, dass an der Waldorfschule in Faurndau “Raucher-Ausweise” eingeführt worden seien.
Mit Dank an Sascha K., Torsten F. und andere für den Hinweis.
Nachtrag, 14:55:
Bild.de hat die Falschmeldung der “Bild”-Zeitung seit gesternabend im Wortlaut übernommen, den Text der Meldung jedoch an einer einzigen Stelle dahingehend verändert, dass die Ziffer in der “Bild”-Überschrift durch das entsprechende Zahlwort ersetzt wurde. Hat nur nicht so richtig geklappt…
Nachtrag, 15:39:
Okay, den Tippfehler in der Überschrift hat Bild.de inzwischen korrigiert. Jetzt ist die Überschrift auch bei Bild.de nur noch sachlich falsch.
Viele werden sich noch an Muhlis Ari erinnern, den in München geborenen und aufgewachsenen Ex-Serienstraftäter mit türkischer Staatsbürgerschaft, besser bekannt als “Mehmet”. Vor kurzem hätte er eigentlich eine Haftstrafe antreten sollen, doch er tauchte unter, und es wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen. Darüber berichtete auch “Bild” in ihrer Online-Ausgabe.
Die deutsche Polizei jagt Serienstraftäter Muhlis A. (…) Er tauchte unter. BILD fand ihn jetzt in der Türkei, sprach mit ihm.
Da haben sich die gewieften “Bild”-Reporter also aufgemacht und “Mehmet” tatsächlich gefunden, während die blöde Polizei ihn immer noch jagt – könnte man denken. Und es stimmt ja auch: Die Polizei “jagt” Mehmet tatsächlich noch immer. Und “Bild” hat “Mehmet” tatsächlich “gefunden”.
Allerdings dürfte es gar nicht so schwer gewesen sein, “Mehmet” aufzutreiben. Schließlich hatte der Bayerische Rundfunk schon am 19. Januar berichtet, dass er sich in der westtürkischen Kleinstadt Saray aufhalte. Und jetzt kommt’s: Die Polizei hat ihn gefunden. Offenbar hat ein Kriminalbeamter sogar persönlich mit “Mehmet” gesprochen, als er eine Nummer anrief, die zum Haus seiner Eltern gehört – was “Bild” übrigens auch weiß, heute aber komplett verschweigt.
Mit Dank an Kai S. für den sachdienlichen Hinweis.
Ganzseitig berichtet die Berlin-Brandenburg-Ausgabe der “Bild”-Zeitung heute über die Stippvisite von Angelina Jolie und Brad Pitt in Berlin (siehe Ausriss). Wer allerdings glaubt, das fast Din-A-4-große Foto über der Überschrift “Hier huschen Brad Pitt und Angelina Jolie über den Potsdamer Platz” habe irgendwas damit zu tun, dass Brad Pitt und Angelina Jolie über den Potsdamer Platz huschen, irrt. Das Foto ist fast eine Woche alt und zeigt Jolie und Pitt im schweizerischen Davos. Das große Wörtchen “Hier” in der Überschrift bezieht sich, wie der kleine schwarze Keil darunter (siehe Ausriss rechts) andeutet, auf drei ausgesprochen unscharfe Fotos, die ein 23-jähriger Politik-Student mit seinem Fotohandy gemacht hat.
PS: Außerdem zeigt “Bild” u.a. noch ein weiteres Foto von Pitt und Jolie, das die beiden ebenfalls nicht in Berlin, sondern vor gut einer Woche auf einem Londoner Flughafen zeigt. Statt auf diesen Umstand hinzuweisen, hat “Bild” sich jedoch entschieden, etwas ganz anderes neben das Foto zu schreiben – nämlich:
“‘Quod me nutrit me destruit’ (‘Was mich nährt, zerstört mich’) steht auf Angelina Jolies Babybauch. Ein Tattoo, das sie sich vor kurzem erst stechen ließ”
(Hervorhebung von uns.)
Und das ist insofern dumm, als das Tattoo zwar vor kurzem erst Schlagzeilenmachte, aber offenbar aus dem Jahr 1997 stammt.