In ihrer Dienstags-Ausgabe veröffentlicht die “Bild”-Zeitung eine “Klarstellung” über den Mann, der für sie in der vergangenen Woche “exklusiv” einen “großen BILD-Test: Haben Sie auch schon einmal gelebt?” erstellte:
Das ist nicht die ganze Wahrheit.
1. Um zu wissen, dass Trutz Hardo wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, muss man nicht seinen richtigen Namen kennen. Wer bei Google nach “Trutz Hardo” sucht, findet als zweiten Treffer einen aufschlussreichen Artikel des “Informationsdienstes gegen Rechtsextremismus”. Dort steht auch Hardos bürgerlicher Name — ebenso wie auf seiner eigenen Homepage.
2. Der richtige Nachname Trutz Hardos war auch “Bild” bekannt. Im “Bild”-Zeitungs-Archiv findet man bei der Suche nach “Trutz Hardo” einen Artikel vom 7. Oktober 1999 über den Rückführungs-Selbstversuch einer “Bild”-Reporterin. Den Namen des “Reinkarnations-Experten” gibt sie an mit: Trutz Hardo Hockemeyer.
3. “Bild” hat über den Mann nicht “berichtet”. “Bild” hat ihn beschäftigt.
Ach du Schande. Der Ziehungsbeauftragte, der sonst für “Bild” nur die Altersangaben auslost, hat anscheinend die Basketball-Berichterstattung übernommen.
Also, tief Luft holen: Anders als Bild.de schreibt, ist Dirk Nowitzki nicht 28, sondern erst 27 Jahre alt. Und in den Playoffs holte er nicht 12,1 Rebounds pro Spiel, sondern 11,9. Und er machte nicht 28,1 Punkte pro Spiel, sondern 28,4. Und die Phoenix Suns haben in der ersten Hälfte des letzten Spiels nicht mit 19 Punkten vorne gelegen, sondern mit 18. Und Detlef Schrempf war nicht 1995 im NBA-Finale, sondern 1996. Und das Spiel der Dallas Mavericks gegen Miami Heat findet nicht in der Nacht zum Donnerstag, sondern in der Nacht zum Freitag statt.
Auch die Schweizer Zeitung “Weltwoche” berichtet (wie andereauch) anlässlich der Fußball-WM über Alfred Draxler, den mächtigen Sportchef der “Bild”-Zeitung und sein Problem, dass Bundestrainer Jürgen Klinsmann das Blatt auf Distanz hält — anders als die meisten seiner Vorgänger stand er nicht irgendwann auf der Gehaltsliste der “Bild”-Zeitung und verdankt ihr nicht seinen Job.
Die “Weltwoche” über Lothar Matthäus:
Unter allen wichtigen Figuren im deutschen Fussball ist er wohl der verdienteste Maulwurf der Bild. Seit Ende der 80er Jahre trägt er unter Mitspielern den Spitznamen IM Lothar, weil er quasi eine Standleitung zur Redaktion in Hamburg betreibt. Fünf Minuten nach jeder Mannschaftssitzung kannte Draxlers Team ihren Inhalt. Beim Team kam das nicht gut an, aber Bild hielt Ribbeck und Matthäus die Treue bis zum bitteren Ende bei der EM 2000. Draxler will nichts wissen von einem Inoffiziellen Mitarbeiter Matthäus: “Unsere Reporter haben gute Drähte zu vielen Spielern. Deswegen arbeiten sie für uns.”
Und über Franz Beckenbauer, mit dem Draxler seit 25 Jahren Golf spielt:
Viele Jahre später [nach der WM 1986] revanchierte sich Bild beim Kaiser für all die kleinen Gefälligkeiten. Als er eine Sekretärin von der Geschäftsstelle des FC Bayern geschwängert hatte, schwieg Bild, solange es ging. Erst nachdem Münchner Zeitungen die Geschichte brachten, äusserte sich auch Draxlers Blatt: “Franz: Ja, Baby mit Sekretärin.” Heute sagt Draxler: “Es gab Gerüchte, die waren lange bekannt. Aber wir können eine Geschichte nicht auf Hörensagen gründen.” Dann spielte man wieder Golf. Beckenbauer (Handicap 8) half Draxlers (Handicap 16) Ehefrau Martina Krogmann im Wahlkampf — ab 1998 sass sie für die CDU im Bundestag.
Anders als die “Bild am Sonntag” schreibt, kam Sebastian Kehl bei der WM 2002 durchaus zum Einsatz. Im Achtelfinale wurde er zur Halbzeit eingewechselt, im Viertelfinale spielte er von Anfang an.
Fast neun Jahre nach dem dem Tod von Prinzessin Diana soll es neues Beweismaterial und neue Zeugen geben. Eine entsprechende, allerdings sehr vage Äußerung des Chefermittlers sorgtedieseWochefürgroßeAufregung.
Und wer weiß schon mehr? Wer hat einen der “neuen Zeugen” schon gefunden, mit ihm gesprochen und von den “Lichtkanonen” erfahren?
Der Londoner “Bild”-Korrespondent Peter Michalski schreibt, Prinzessin Diana sei nach Aussage des ehemaligen britischen Geheimdienstagenten Richard Tomlinson Opfer eines Anschlags geworden. Er sei nach dem Vorbild eines Attentatsplanes ausgeführt worden, “nach dem 1992 der damalige jugoslawische Staatschef Slobodan Milosevic in Belgrad umgebracht werden sollte”. Dianas Fahrer Henri Paul sei “mit einer starken Stroboskop-Lichtblitzkanone geblendet” worden.
Die Vermutung, es handele sich bei Tomlinson um einen “neuen Zeugen”, hätte “Bild” schon durch einen Blick ins eigene Archiv abhaken können: “Bild am Sonntag” berichtete (ähnlich wie andere Medien) bereits am 30. August 1998, dass Tomlinson Verbindungen zwischen Dianas Unfall und dem Geheimdienst MI6 hergestellt habe und zwei Stunden lang vom französischen Untersuchungsrichter Herve Stephan verhört worden sei. Am Tag darauf wiederholte “Bild” das in einem eigenen Artikel.
Am 4. September 1999 berichtete “Bild” über die “geheimen Gerichtsakten” über Dianas Tod: Tomlinson habe sich den Pariser Behörden als Zeuge angeboten. Sie hätten jedoch abgelehnt, weil sie ihn als “wenig glaubwürdig” einstuften.
Am 30. August 2002 berichtete “Bild” in einer Serie mit dem Titel “Geheimakte Diana — Die letzten 24 Stunden der Prinzessin” erneut über Tomlinson und seine Theorien. Und am 3. Dezember 2004 versuchte “Bild” wieder, Tomlinsons Thesen als Neuigkeit darzustellen. Unter der Überschrift “Fuhr ein Geheimagent Prinzessin Di in den Tod?” schrieb “Bild”:
Richard Tomlinson arbeitete von 1991 bis 1996 als Agent. Er behauptet, daß Paul angewiesen wurde, mit Vollgas durch den Tunnel zu fahren. Dort wurde er mit einem Blitzlicht geblendet und verlor so die Kontrolle über den Wagen.
Diese These und die Verbindung zu einem angeblichen Plan, Slobodan Milosevic zu ermorden, gab Thomlinson nach eigenen Worten schon am 12. Mai 1999 als Zeugenaussage zu Protokoll. Sie ist seit fast sieben Jahrenim Internet nachzulesen:
This third scenario suggested that Milosevic could be assassinated by causing his personal limousine to crash. (…) One way to cause the crash might be to disorientate the chauffeur using a strobe flash gun (…). In short, this scenario bore remarkable similarities to the circumstances and witness accounts of the crash that killed the Princess of Wales, Dodi Al Fayed, and Henri Paul.
Mit anderen Worten: All das kann der britische Chefermittler mit seiner Andeutung in dieser Woche nicht gemeint haben. Der Mann, den “Bild am Sonntag” als “neuen Zeugen” verkauft, ist einer der ältesten “Zeugen” überhaupt. Und das, was er scheinbar jetzt gegenüber “Bild am Sonntag” enthüllt hat, ist eine der ältesten und am weitesten verbreiteten Verschwörungstheorien in diesem Fall — sogar “Bild” hat sie schon mehrere Male aufgeschrieben.
Aber die “Netzeitung” ist prompt drauf reingefallen.
Danke an Thorsten L. für den Hinweis!
Nachtrag, 21.50 Uhr. Auch die “Rheinische Post” und die Schweizer Gratiszeitung “20 Minuten” haben den Fehler gemacht, der “Bild am Sonntag” zu glauben. Und bei N24.de steht die Falschmeldung, weil sie automatisch von der “Netzeitung” übernommen wurde.
Nachtrag, 5. Juni. Die “Rheinische Post” scheint den Artikel entfernt zu haben.
Es ist natürlich nicht völlig ausgeschlossen, dass “Bild” bei dem brasilianischen Fußballer Ronaldinho nachgefragt hat, ob sie so zwei bis drei Fotos seines Sohnes veröffentlichen darf. Oder bei der Mutter des Kleinen. Fotos davon, wie er so am Strand spielt, einen Ball in den Händen hält und ein wenig mit Mama herumtollt.
Genau genommen muss “Bild” sogar die Erlaubnis haben. Schließlich schrieb sie doch schon im August 2004, als sie die Nachrichtenagentur dpa dafür schalt, dass diese Fotos von Gerhard Schröders Adoptivkind verbreitet hatte:
Das Fotografieren von Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern ist (…) streng verboten.
Einerseits. Andererseits weist so einiges darauf hin, dass “Bild” das “süßeste WM-Geheimnis” ganz ohne die Zustimmung der Eltern enthüllte. Ja, sogar ohne deren Wissen. Die Fotos wurden nämlich offenbar aus recht großer Entfernung mit einem starken Teleobjektiv aufgenommen.
Und außerdem zitiert “Bild” selbst Ronaldinho folgendermaßen:
“Der Kleine soll nicht groß in der Öffentlichkeit stehen.”
Bei “Bild” steht der Kleine trotzdem groß in der Öffentlichkeit. Ziemlich groß sogar. Auf einer halben Zeitungsseite:
Mit Dank an Magnus G. und Hauke R. für den Hinweis.
Die Nachricht, dass die “Bild”-Zeitung einen verurteilten Volksverhetzer, der den Holocaust verharmlost, als “exklusiven” Experten beschäftigt hat, sorgt für einige Unruhe in der Axel Springer AG, die das Eintreten für die Aussöhnung von Deutschen und Juden ausdrücklich in ihren Unternehmensgrundsätzen festgehalten hat.
Heute berichtet auch die “Süddeutsche Zeitung” über den Fall und hat es geschafft, von einem Verlagssprecher einen Kommentar dazu zu bekommen:
“Der Hintergrund war uns nicht bekannt. Wäre er uns bekannt gewesen, hätten wir Hardo nicht als Experten befragt. (…) Wir haben nicht zu jedem Experten auf der Welt ein Dossier.
Wir auch nicht. Empfehlen den fast tausend “Bild”-Redakteuren aber ersatzweise für den Anfang dieses. (Ein Blick ins eigene Archiv genügt bei “Bild” als Recherchegrundlage leider nicht, denn das Blatt warb bereits 1999 für den — damals schon verurteilten — Esoteriker.)
Der Springer-Sprecher sagte weiter, Trutz Hardo habe für seine Arbeit (er hat “exklusiv für BILD” einen großen Reinkarnationstest “erweitert und aktualisiert”) kein Geld bekommen. Außerdem sei Hardo als Experte in den Medien präsent und zum Beispiel im RBB-Magazin “Polylux” aufgetreten.
Das stimmt. Und genau dieser Auftritt am 8. Dezember 2005 hätte “Bild” im Gedächtnis bleiben können — er löste nämlich große Proteste aus. Die Berliner Jüdische Gemeinde nannte ihn einen “unglaublichen Vorgang”, der RBB-Unterhaltungschef entschuldigte sich, vieleMedienberichteten.
Wenn man in diesenTagendie“Bild”–Zeitungliest, könnte man glauben, dass “Rückführungen”, also die Erforschung vermeintlicher früherer Leben unter Hypnose, eine Art neuer Massensport sind. Oder dass die “Bild”-Zeitung wenigstens ihren Beitrag dazu leisten will, sie zu einem Massensport werden zu lassen.
Heute stellt “Bild” die nicht ganz unwichtige Frage:
Und:
Kann mir eine Hypnose-Rückführung schaden?
“Bild” hat den Leiter der medizinischen Psychologie der Uni Köln, Prof. Dr. Volker Tschuschke, gefragt. Und der gibt eine scheinbar klare Antwort:
“Nein. (…) wen es ins Jenseitige zieht, der braucht sich nicht zu sorgen. Eine professionelle Hypnose ist nicht schädlich, sie trägt sogar zur Entspannung bei.”
Na, dann ist ja alles gut. Womöglich hat Professor Tschuschke danach noch etwas über die Gefahren nicht-professioneller Hypnosen gesagt. Aber in “Bild” steht nichts davon.
Dass es Experten gibt, die anderer Ansicht sind, was die Bedenkenlosigkeit der lustigen Hypno-Reisewelle angeht, ahnt der “Bild”-Leser nicht. Denn die kommen in “Bild” nicht zu Wort. Dabei hatte zum Beispiel der Psychologe Dr. Colin Goldner schon 1999 gegenüber der “Badischen Zeitung” von dem beunruhigenden Fall einer Opernsängerin berichtet:
“Sie litt unter der Angst, auf der Bühne könnte ihr plötzlich die Stimme versagen. In einer Reinkarnationstherapie “erinnerte” sie sich — d.h. sie folgte den Suggestionen des “Therapeuten” –, sie sei im 15. Jahrhundert Scharfrichter in Rothenburg o. d. Tauber gewesen, als welcher sie Hunderte von Delinquenten an den Galgen geknüpft habe. (…) Diese Schuld äußere sich in ihrem jetzigen Leben — naheliegenderweise — in Problemen an ihrem Halse. Sie steigerte sich in die Vorstellung hinein, sie könne dieses Karma nur abtragen, wenn sie sich selbst antue, was sie ihren unschuldigen Opfern angetan habe. (…) Aufgrund akuter Selbstmordgefährdung kam sie in stationäre psychiatrische Behandlung, in der sie mehr als ein halbes Jahr verbleiben mußte.”
Bernd Borckmann, Arzt und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Hypnose, äußerte sich im “Kölner Stadtanzeiger” am 21. November 2005 kritisch über “Showhypnosen” und angebliche “Rückführungen” in frühere Leben und warnte:
“Die Hypnose kann für den Hypnotisierten brandgefährlich werden, etwa wenn sie mit traumatischen Erinnerungen konfrontiert werden, von denen der Hypnotiseur nichts weiß.”
Und der Münchner Psychotherapeut und “Hypnotherapeut” Burkhard Peter berichtete in der Zeitschrift “P.M.” im Dezember 2004 zwar davon, dass die Katzenphobie einer Patientin behandelt werden konnte, nachdem sie sich in der Hypnose an eine negative Erfahrung als Baby erinnert hatte, warnte aber:
“Es gibt keine Möglichkeit, innerhalb der Hypnose zu beurteilen, ob es sich um eine historisch korrekte Erinnerung handelt oder um eine suggerierte Konstruktion. Im Fall einer Katzenphobie ist das unproblematisch — bei hypnotisch erinnerten Missbrauchs-Taten dagegen fatal.”
(Alle Hervorhebungen von uns.)
Ach, und noch was: Vielleicht lohnt es sich an dieser Stelle, einmal auf den Mann zurückzukommen, der die aktuelle Wiedergeburts-Kampagne der “Bild”-Zeitung scheinbar ausgelöst hat: Hape Kerkeling. Seit drei Tagen tut “Bild” so, als habe Kerkeling behauptet, er hätte schon einmal gelebt. Das hat er nicht getan. Bei “Johannes B. Kerner” im ZDF sagte er am Donnerstag vergangener Woche über seine vermeintlichen früheren Leben:
“Ich zweifle daran, ob man das wirklich ernst nehmen kann. (…) Ich kann es mir vorstellen, dass ich schon mal gelebt habe, aber dass ich’s glaube, kann ich nicht sagen, nein. (…) Ich glaube nicht daran, dass es wirklich so war. Keine Ahnung, welche Streiche einem da die Phantasie und die Psyche so spielen. (…) Ich kann das nicht wirklich glauben.”
Und schon der ausführlichen Schilderung seiner außergewöhnlichen Hypnose-Erfahrung in seinem Buch (und in “Bild”) hat Kerkeling drei nicht ganz unwesentliche Sätze hinzugefügt:
Ob mir das alles wirklich zugestoßen ist? Keine Ahnung. Das würde ich niemals behaupten.
Von dem Thema “Reinkarnation” ist “Bild” nicht erst seit dieser Woche fasziniert — und der Volksverhetzer Trutz Hardo ist für die Zeitung schon mehrmals der “Experte” ihrer Wahl gewesen.
Diese Woche entwickelte er “exklusiv für BILD” einen Wiedergeburtstest; 2001 bat ihn “Bild” um einen Rat für die um ihre Tochter trauernde Fernsehmoderatorin Petra Schürmann (“Alexandras Seele ist durch den Schock des Unfalls noch erdgebunden und nicht im Jenseits”).
Doch die Partnerschaft zwischen “Bild” und dem Volksverhetzer währt schon länger. Am 7. Oktober 1999 warb “Bild” in einem Artikel für die Praktiken von Trutz Hardo:
BILD-Reporterin Verena Schulemann lässt sich in die Vergangenheit gucken Vor 90 Jahren war ich ein Mann
(…) Der ehemalige Gymnasial-Lehrer, Taxifahrer, Matrose, Kellner und heute Autor und selbsternannter Reinkarnations-Experte führt für 250 Mark jeden in ein früheres Leben zurück.
(…) Trutz führt mich in Gedanken über eine grüne Wiese, hinauf in die Wolken. Dort treffe ich mein “höheres Selbst”. Es öffnet mir ein Tor zu meinem vorigen Leben…
(…) Trutz ist überzeugt: “Wir haben alle schon tausendmal gelebt. Mit meiner Rückführung kann ich es endlich jedem beweisen.”
Wieso werden wir wiedergeboren? “Um vollkommene Liebe und Güte zu lernen. Erst dann werden wir erlöst.”
Seminare bei Trutz Hardo sind unter 787 xx xx zu buchen.
Dieser Artikel erschien, wie gesagt, im Oktober 1999. Da war es gerade erst gut ein Jahr her, dass das Amtsgericht Neuwied Hardo wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Ansehens Verstorbener zu einer Geldstrafe verurteilt hatte. In der Begründung hieß es: “Er hat den Nationalsozialismus in einer Weise verharmlost, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.”
Über Hardo und das Urteil hatten zahlreiche deutsche Medien berichtet. Der “Spiegel” zitierte Hardo am 28. Dezember 1998 mit den Worten, der Holocaust sei das “Bestmögliche” gewesen, was den Juden habe zustoßen können.
Vor Gericht hatte Hardo laut “taz” erklärt:
“Eine Frau, die vergewaltigt wird, erhält damit die gerechte Strafe dafür, daß sie einmal — als Mann — vergewaltigt hat. Wenn Kinder ermordet werden, ist das eine Strafe für die Eltern, die womöglich in einem früheren Leben ein Kind verstoßen haben.”
So denkt der Mann, an den sich die “Bild”-Zeitung wendet, wenn sie einen Experten in Sachen Reinkarnation sucht oder sich exklusiv einen “Test” entwerfen lässt: “Haben Sie auch schon einmal gelebt?”
Der “Stern” zitierte unter der Überschrift “Esoterischer Schwachsinn” noch am 30. März 2006, also gerade einmal zwei Monate, bevor sich “Bild” wieder an den Okkultisten wandte, aus Hardos verbotenem Buch “Jedem das Seine”:
“Die meisten, die vergast wurden, (…) hatten früher andere Menschen getötet oder zugestimmt, dass andere Erdenbewohner, meist Juden und Minderheiten, dem mordenden Mob zum Opfer fielen.”
Die “Bild”-Zeitung ist vom Wiener Landesgericht zur Zahlung von je 20.000 Euro Entschädigung an den österreichischen Finanzminister Karl-Heinz Grasser und seine Ehefrau verurteilt worden. Grund ist der Abdruck mehrerer Paparazzifotos in der “Bild”-Ausgabe vom 5. Mai 2006, die (wiebereitsberichtet) Grasser und seine Frau — teilweise verpixelt — in einer intimen Situation auf ihrer schwer einsehbaren Terrasse auf Capri zeigen und von der “Bild”-Klatschkolumnistin Christiane Hoffmann anzüglich betextet wurden.
Die österreichische Nachrichtenagentur APA spricht von einer “Rekordentschädigung”, weil es sich (nach Paragraf 7 des österreichischen Mediengesetzes) um die Höchststrafe für eine “Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches” handelt. “Bild” hat eingeräumt, eine Persönlichkeitsverletzung “durchaus erkennen” zu können, aber auch Rechtsmittel gegen die Entscheidung angekündigt.
Soweit das. Doch was hatte eigentlich die “Bild”-Zeitung zu ihrer Verteidigung vorzubringen? Schließlich waren die Grasser-Fotos vermutlich von einer 300 Meter entfernten Bucht oder einer zweieinhalb Meter hohen Stützmauer aus aufgenommen worden.
APA zitiert den “Bild”-Anwalt mit den Worten:
“Wenn solche Fotos existieren, müssen sie veröffentlicht werden. Wenn es nicht in der ‘Bild’-Zeitung geschehen wäre, hätte es jemand anderer gemacht.”
Und das ist eine Aussage, die offenbar nicht nur der Richterin nicht einleuchten wollte. Nein, sie klingt zudem auch irgendwie ganz anders, als das, was “Bild”-Chef Kai Diekmann noch vor knapp zwei Jahren der Zeitschrift “Cover” sagte. Damals hatte ihn das Magazin anhand eines fiktiven Beispiels gefragt, was er denn täte, wenn ihm jemand “heimlich geschossene Fotos” aus dem Privatleben von Politikern anböte — ob er das Material kaufen würde. Und Diekmann hatte geantwortet:
“Ja — um es vom Markt zu nehmen und dem Betroffenen zu geben. Das ist übrigens keine fiktive Annahme, sondern bereits häufiger geübte Praxis. Denn wer mit wem etwas hat, ist Privatsache.”