Archiv für Mai, 2025

Drohender Gegenwind, Trumps Pläne, Ausgezeichnete Redaktionen

1. ARD und ZDF droht Gegenwind
(t-online.de, Steven Sowa)
ARD und ZDF stünden vor der schwierigen Entscheidung, ob und wie sie nach der Einstufung der AfD als “gesichert rechtsextrem” durch den Verfassungsschutz weiterhin Vertreterinnen und Vertreter der Partei in ihre Talkshows einladen. Der Deutsche Journalisten-Verband fordere, “die völkischen, rassistischen und rechtsextremen Absichten dieser Partei” deutlicher hervorzuheben. Während das ZDF angekündigt habe, die Auftritte von AfD-Mitgliedern weiterhin zu prüfen, wolle die ARD künftig explizit darauf hinweisen, dass die AfD als rechtsextremistisch eingestuft worden sei.
Weiterer Lesehinweis in eigener Sache: Bei Bluesky kommentiert der “6-vor-9”-Kurator: “An alle Sender, Talkshowbetreiber und Medienverantwortlichen: Wer ab heute noch AfD-Vertreter einlädt, kann sich nicht mehr rausreden: Er normalisiert bewusst Rechtsextremismus. Schluss mit der falschen Neutralität! Demokratie bedeutet nicht, Demokratiefeinden ein Forum zu geben.”

2. Medien werden zensiert, Re­por­te­r eingeschüchtert
(taz.de, Anja Osterhaus)
Anja Osterhaus, Geschäftsführerin bei der Organisation Reporter ohne Grenzen, zieht anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit eine ernüchternde Bilanz. In ihrem Kommentar bei der “taz” schreibt sie, dass Medienschaffende weltweit zunehmenden wirtschaftlichen, politischen und physischen Bedrohungen ausgesetzt seien. Besonders kritisch sei die Lage derzeit in den USA unter Donald Trump, in Argentinien unter Javier Milei und in Serbien bei zunehmender russischer Propaganda. Deutschland stehe zwar vergleichsweise besser da, habe aber ebenfalls dringenden Handlungsbedarf, insbesondere bei der Umsetzung der Anti-SLAPP-Richtlinie der EU und bei der Abwehr neuer staatlicher Überwachungsmaßnahmen.

3. “Er hat es auf die Sesamstraße abgesehen”: Trump will öffentlichen Sendern staatliche Finanzierung streichen
(tagesspiegel.de)
US-Präsident Donald Trump wolle mit einem neuen Dekret die staatliche Finanzierung der öffentlichen Sender PBS und NPR streichen. Die Rundfunkanstalten sollen angeblich nicht “fair, präzise und unvoreingenommen” über Trumps Politik berichten. Die Demokratische Partei kritisiere diesen Schritt scharf als Angriff auf die Meinungsfreiheit und auf Bildungsprogramme.
Weiterer Lesetipp: Wie Trumps Anti-Medien-Strategie Lokalzeitungen trifft: “US-Präsident Donald Trump legt sich nicht nur mit renommierten Medien wie AP an, sondern auch mit kleinen Zeitungen, die kritisch über ihn berichten.” (taz.de, Felix Biermayer)
Außerdem lesenswert: Was das Einfrieren von USAID-Mitteln für die ukrainische Medienlandschaft bedeutet (de.ejo-online.eu, Oleksandra Yaroshenko).

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4. SR kappt Verbindungen zu einem rechtskonservativen Medienmogul
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Der Saarländische Rundfunk (SR) verkaufe seine Anteile am französischen Radiosender Europe 1, weil dieser zuletzt stark nach rechts gerückt sei. Verantwortlich für diesen Kurswechsel, zu dem auch die Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Moderator Cyril Hanouna gehöre, sei der rechtskonservative Medienmogul Vincent Bolloré. Dieser habe mittlerweile erheblichen Einfluss auf Europe 1. Um sich von diesem Umfeld klar abzugrenzen, ziehe sich der SR nun komplett zurück.

5. Werden medial die falschen Themen gesetzt?
(deutschlandfunk.de, Sören Brinkmann, Audio: 35:12 Minuten)
Im Deutschlandfunk (DLF) kommen regelmäßig Hörerinnen und Hörer zu Wort. Manchmal liefern sie sogar die Idee für eine ganze Sendung und tauschen sich darin mit Expertinnen und Experten aus. In dieser Folge des Podcasts “Nach Redaktionsschluss” geht es um die Frage, ob Themen und Schwerpunkte in der medialen Berichterstattung falsch gesetzt werden, gerade bei “Zusammenhängen zwischen Wirtschaftswachstum und den ökologischen Folgen”. Es diskutieren DLF-Hörerin Beate Allmenröder und Birgid Becker aus der DLF-Wirtschaftsredaktion.

6. Die Redaktionen des Jahres 2024
(journalist.de, Frederik Holtkamp & Mia Pankoke & Kathi Preppner)
Die “Zeit” führt auch im Jahr 2024 mit 29 Auszeichnungen die Rangliste der meistprämierten Redaktionen im deutschsprachigen Raum an, gefolgt von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und dem “Spiegel”. Das ergab eine jährliche Auswertung der Medienpreise durch das Magazin “journalist”. Besonders erfolgreich waren neben der “Zeit” der WDR (24 Auszeichnungen), der SWR (23) und der BR (22).

KW 18/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Kann man sich als Sportjournalist dem Fußballkommerz entziehen?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 35:52 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast spricht Holger Klein mit Philipp Köster, Gründer und Chefredakteur des Fußballmagazins “11 Freunde”, über die Schwierigkeit, sich als Sportjournalist der zunehmenden Kommerzialisierung des Fußballs zu entziehen. Köster kritisiert, dass die Profivereine mittlerweile die totale Kontrolle über die Berichterstattung anstreben würden, wodurch unabhängiger Journalismus stark eingeschränkt werde und häufig mit PR verschmelze.

2. Die Trickkiste der Falschinfo
(youtube.com, Eva Wackenreuther, Video: 8:21 Minuten)
Bei “ZIB erklärt” geht es darum, wie in Sozialen Medien gezielt Falschinformationen verbreitet werden, etwa durch die Manipulation von Algorithmen mit emotionalen und provokativen Inhalten oder durch die Nutzung vermeintlicher Autoritäten. Außerdem werden typische Methoden wie das Herauspicken von Argumenten, das Verdrehen von Zusammenhängen oder das Überfluten mit Informationen vorgestellt, die dazu dienen sollen, Nutzerinnen und Nutzer zu verwirren und Kritik zu erschweren.

3. Verständlich schreiben, Teilhabe fördern – Einfache und Leichte Sprache im Journalismus
(dfjv.de, Frederike Demattio, Audio: 14:19 Minuten)
Im “Fachjournalist”-Podcast spricht Frederike Demattio mit Lisa Kreutzer, Chefredakteurin des Magazins “andererseits”, über Einfache und Leichte Sprache im Journalismus. Kreutzer erklärt, wie ihr Magazin, bei dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam arbeiten, komplexe Inhalte verständlich aufbereitet und warum Barrierefreiheit grundsätzlich ein Qualitätsmerkmal für guten Journalismus sei.

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4. Haha! Humor im Journalismus
(bonjourno.de, Olivia Samnick, Audio: 41:07 Minuten)
“Wie machen wir deutsche Medien lustig(er)? Was heißt es, den Cringe-Olymp zu meistern? Und wie findet man überhaupt seine Stimme im Witz in den Medien?” Darüber hat sich Olivia Samnick mit der Comedy-Autorin Marie-Lina Smyrek unterhalten, die den “Funk”-Kanal “Smypathisch” betreibt.

5. Verleihung der Concordia-Preise 2025
(youtube.com, Österreichisches Parlament, Video: 1:33:10 Stunden)
Bei der Verleihung der Concordia-Preise im österreichischen Parlament wurden Johannes Greß und Christoph Mackinger für ihre Berichterstattung über ausbeuterische Arbeitsbedingungen auf Donauschiffen mit dem Menschenrechtspreis und Barbara Tóth für ihre journalistische Aufklärung einer gezielten Rufmordkampagne gegen Alexandra Föderl-Schmid mit dem Preis für Pressefreiheit ausgezeichnet. Armin Thurnher wurde für sein journalistisches Lebenswerk geehrt, insbesondere für seine jahrzehntelange Rolle als kritische, intellektuelle Stimme in der österreichischen Medienlandschaft sowie für seinen Einsatz für unabhängigen Journalismus.

6. Deutschsprachige Medien im Ausland
(spotify.com, Christian Jakubetz, Audio: 20:12 Minuten)
Bei “Satzzeichen” spricht Christian Jakubetz mit Björn Akstinat, dem Leiter der Internationalen Medienhilfe, über die Herausforderungen und Bedeutung deutschsprachiger Medien im Ausland. Anlass des Gesprächs ist der Internationale Tag der Pressefreiheit. Akstinat betont, wie wichtig es sei, lokale Medien zu unterstützen, statt ausschließlich von Deutschland aus über die Welt zu berichten.

Der Presserat rügt, Tag der Pressefreiheit, Auf dem rechten Weg

1. Rügen für Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht
(presserat.de)
Der Deutsche Presserat hat sechs öffentliche Rügen wegen Verstößen gegen den Pressekodex ausgesprochen. Betroffen waren dabei vor allem Veröffentlichungen von Bild.de. Gerügt wurden unter anderem identifizierende Darstellungen von Kriegsgefangenen und Tatverdächtigen, unbelegte Vorwürfe gegen Politiker sowie eine vorverurteilende Berichterstattung in einem Strafprozess. Insgesamt habe der Presserat in dieser Runde 41 Beschwerden behandelt und neben den Rügen noch sieben Missbilligungen und zehn Hinweise erteilt.

2. Verfolgung von Journalisten kennt keine Grenzen
(taz.de, Marina Mai)
Anlässlich des Tages der Pressefreiheit berichtet die “taz” über die Gefahren für Journalistinnen und Journalisten, die im eigentlich sicher geglaubten Ausland lauern können, auch in Deutschland: “Auch im Exil sind Journalisten längst nicht vor Repression aus ihrer Heimat sicher.” Eine “Koalition gegen Transnationale Repression in Deutschland” versuche, daran etwas zu ändern. In einem weiteren “taz”-Artikel geht es konkret um die Situation ägyptischer Medienschaffender im europäischen Exil: Im Exil bedrohte Töchter, in der Heimat verhafteter Vater (taz.de, Joseph Kamel).
Weiterer Lesehinweis: Mehr als 45 Medienhäuser und Journalismus-Organisationen setzen ein Zeichen für die Demokratie: Verschiedene Medienhäuser und Journalismus-Organisationen, darunter die ARD, die “Süddeutsche Zeitung” und Reporter ohne Grenzen, starten auf Initiative des Magazins “journalist” eine Kampagne zum Internationalen Tag der Pressefreiheit. Unter dem Motto “Freie Medien. Starke Demokratie. Unsere Verantwortung” wollen sie auf die Bedeutung eines unabhängigen Journalismus für eine funktionierende Demokratie aufmerksam machen.

3. Auf dem rechten Weg nach Deutschland
(republik.ch, Marco Maurer)
Die “Neue Zürcher Zeitung” (“NZZ”) aus der Schweiz habe in ihrem Berliner Büro in den vergangenen Jahren zunehmend rechte und populistische Positionen vertreten, kritisiert Marco Maurer in seinem ausführlichen Beitrag für das Magazin “Republik”. Früher habe die “NZZ” als liberale Qualitätszeitung gegolten, doch inzwischen werfe man ihr vor, sie normalisiere AfD-nahe Inhalte, setze populistische Narrative ein und verschiebe den gesellschaftlichen Diskurs nach rechts. Intern rechtfertige die “NZZ” diesen Kurs mit ihrem Ziel, auf dem deutschen Markt stark zu wachsen.

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4. Foto­gra­fie­verbot gegen die Bild-Zei­tung war rechts­widrig
(lto.de, Pauline Dietrich)
Wie Pauline Dietrich bei “Legal Tribune Online” berichtet, hatte das Landgericht Kiel dem Axel-Springer-Verlag für zwei Monate verboten, Fotos im Gericht zu machen, nachdem die “Bild”-Zeitung zuvor gegen Anordnungen zum Schutz von Persönlichkeitsrechten verstoßen habe. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein habe dieses Verbot nun für rechtswidrig erklärt, da es keine ausreichenden Anzeichen für künftige Verstöße gegeben habe und das Hausrecht des Gerichts nicht zur Strafe, sondern nur zur präventiven Gefahrenabwehr genutzt werden dürfe.

5. Studie zur Berichterstattung über Künstliche Intelligenz
(otto-brenner-stiftung.de)
Die Otto Brenner Stiftung hat eine Studie veröffentlicht, die zeige, dass in der medialen Berichterstattung über Künstliche Intelligenz vor allem technologische und wirtschaftliche Perspektiven dominieren, während soziale Folgen wie Ungleichheit oder Diskriminierung nur oberflächlich behandelt werden. Zwar würden sich rund ein Viertel der untersuchten Beiträge mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit befassen, doch mangele es an Tiefe, insbesondere im Hinblick auf politische Regulierung und konkrete Lösungsansätze.

6. Berichten ARD und ZDF konfliktsensibel über den Ukrainekrieg? Ein Blick auf die Berichterstattung in deutschen Nachrichtensendungen
(de.ejo-online.eu, Henrike Utsch)
Henrike Utsch hat sich in ihrer Bachelorarbeit damit beschäftigt, wie konfliktsensibel die Nachrichtensendungen “tagesthemen” (ARD) und “heute journal” (ZDF) über den Ukrainekrieg berichten. Ihre Analyse zeigt, dass beide Sendungen die Konfliktparteien überwiegend neutral darstellen und oft den historischen und geopolitischen Kontext berücksichtigen würden. Allerdings würden westliche Sichtweisen stark dominieren und unabhängige Experten, friedensfördernde Initiativen und zivile Perspektiven selten berücksichtigt. Zudem berichte das “heute journal” insgesamt wertender und stärker pro-ukrainisch, während die Sendung “tagesthemen” stärker auf Neutralität setze.