Archiv für Februar 27th, 2025

551 Fragen der Union, Eingriff von Bezos, Höchststand an Rügen

1. Union empört mit Fragen zu NGOs
(tagesschau.de)
Die Unionsfraktion hat Anfang der Woche eine sogenannte Kleine Anfrage zur politischen Neutralität von Nichtregierungsorganisationen in den Bundestag eingebracht. In der sonst auf wenige Punkte beschränkten Anfrage werden 551 Fragen zu zivilgesellschaftlichen Initiativen gestellt, darunter auch zu Organisationen wie “Correctiv” und Netzwerk Recherche. Dagegen regt sich breiter Widerstand: Reporter ohne Grenzen sieht darin den Versuch, kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft einzuschüchtern. Netzwerk Recherche hält das Vorgehen für “eine gefährliche Entwicklung, wenn die Union die Gemeinnützigkeit etablierter journalistischer Organisationen in Frage stellt”. Die Deutsche Journalisten-Union in Verdi spricht von einem “parteipolitischen Angriff auf die Demokratieförderung”. Auch der Deutsche Journalisten-Verband übt massive Kritik an dem Vorgang. Attac spricht von einem “Großangriff auf die demokratische Zivilgesellschaft”. Die Amadeu Antonio Stiftung von einer “Misstrauenskampagne gegen die Zivilgesellschaft”. Die ebenfalls von der Anfrage betroffene Organisation Campact hat einen Appell gestartet: “Merz gegen uns alle: Angriff auf die Zivilgesellschaft abwehren!” Und in der “Frankfurter Rundschau” kommentiert Leo Fischer: “Man kann die Gefahren benennen, die darin bestehen, wenn eine künftige Kanzlerpartei die kritische Zivilgesellschaft auf eine Weise angreift, die man bisher nur von Trump und Orbán kannte. Man kann aber auch ganz anders fragen – beispielsweise so: Habt ihr eigentlich alle den Arsch offen?!”

2. Bezos mischt sich in Meinungsbeiträge der “Washington Post” ein
(sueddeutsche.de)
Wie die “Süddeutsche Zeitung” berichtet, nimmt Amazon-Gründer Jeff Bezos zunehmend Einfluss auf die “Washington Post”, deren Eigentümer er ist. Bezos lenke das Meinungsressort in eine libertäre Richtung mit Fokus auf persönliche Freiheiten und freie Märkte. Zuvor hatte er bereits eine Wahlempfehlung der Zeitung für Kamala Harris verhindert, was zu Abo-Kündigungen und Kritik innerhalb der Redaktion führte. Die “New York Times” sähe darin einen Rechtsruck in der Ausrichtung der “Washington Post”.

3. Weißes Haus sucht Reporter künftig selbst aus
(taz.de)
Das Weiße Haus will offenbar die regierungsunabhängige White House Correspondents’ Association (WHCA) entmachten, die darüber entscheidet, welche Journalistinnen und Journalisten aus dem Oval Office oder der Präsidentenmaschine berichten dürfen. Damit würde eine jahrzehntelang eingeübte Praxis zu Ende gehen. WHCA-Präsident Eugene Daniels kommentiert: “In einem freien Land dürfen Anführer nicht in der Lage sein, ihr eigenes Pressekorps auszuwählen.”

Bildblog unterstuetzen

4. Trump droht Medien und Autoren bei Verwendung anonymer Quellen
(spiegel.de)
Und noch einmal Donald Trump: Der US-Präsident drohe Medien, Autoren und Verlagen mit rechtlichen Schritten, wenn diese sich auf anonyme Quellen berufen, und stelle die Möglichkeit eines entsprechenden neuen Gesetzes in den Raum. Hintergrund ist offenbar ein Enthüllungsbuch des Autors Michael Wolff, das Trump unter anderem als psychisch angeschlagen nach einem Attentat beschreibt.

5. Presserat: Höchststand an Rügen
(verdi.de)
Der Deutsche Presserat verzeichne einen Höchststand bei den öffentlichen Rügen, insbesondere wegen Verstößen gegen die journalistische Sorgfaltspflicht wie mangelnde Recherche und irreführende Überschriften. Zudem habe es zahlreiche Rügen wegen Verletzungen des Persönlichkeitsschutzes gegeben, etwa durch die Veröffentlichung von Opferfotos ohne Einwilligung der Angehörigen. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 2.215 Beschwerden eingegangen, von denen ein Drittel als unbegründet eingestuft worden sei.

6. Zurück in die Zukunft: Der Rachefeldzug des Stefan Raab
(rnd.de, Imre Grimm)
Imre Grimm beschreibt Stefan Raabs TV-Comeback als Rachefeldzug, bei dem dieser mit alten Erfolgsrezepten versuche, “die deutsche ESC-Ehre” zu retten und das deutsche Fernsehen neu zu prägen. Dabei inszeniere sich Raab als unerschütterlicher Perfektionist, der nicht verlieren kann, aber möglicherweise den Anschluss an die veränderte Medienwelt verpasst hat. Raabs Ehrgeiz scheine ungebrochen, aber es bleibe fraglich, ob sein alter Stil und seine alten Methoden heute noch funktionieren.

7. Friede Springer als Berliner Ehrenbürgerin
(radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:27 Minuten)
Zusätzlicher Link, da in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator die Verleihung der Berliner Ehrenbürgerwürde an Friede Springer: “Eine Stadt, die demokratische Werte und sozialen Zusammenhalt ernst nimmt, sollte ihre höchste Ehrung nicht an jemanden vergeben, dessen Medien jahrelang zur gesellschaftlichen Spaltung beigetragen haben. Berlin kann mehr. Aber Berlin sollte auch mehr wollen.”