Archiv für April 23rd, 2014

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Blindes Stochern im Buchstabensalat

Können Sie das lesen? Ehct ksras!

Ehct ksras! Gmäeß eneir Sutide der Uvinisterät Cmbaidrge ist es nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eneim Wort snid, das Ezniige, was wcthiig ist: dass der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiin sind. Der Rset kann ein ttoaelr Bsinöldn sein, tedztorm kann man ihn onhe Pemoblre lseen.

Da hat “Blid” soagr fsat rehct: In der Tat knnöen wir Wröetr acuh mit Bhcutsabnealast ncoh eniiegmraeßn lseen. Nur hat deise Gshceihcte, für die “Blid” huete sgoar erxta enien Pltaz auf der Ttielsiete feirgreäumt hat, drei kliene Haekn.

Esrter Haekn: Desies Pähmonen ist ein gnaz shöcn atelr Hut. In Dtuecshalnd shcrieb man sohcn vor mnidsetnes elf Jhaern drabüer.

Urprsüglnich… okay, jetzt reicht’s auch. Ursprünglich kommt der Text aber aus England, wo 2003 folgende E-Mail kursierte:

Aoccdrnig to a rscheearch at Cmabrigde Uinervtisy, it deosn’t mttaer in waht oredr the ltteers in a wrod are, the olny iprmoetnt tihng is taht the frist and lsat ltteer be at the rghit pclae. The rset can be a toatl mses and you can sitll raed it wouthit porbelm.

Zweiter Haken: Diese “Sutide der Uvinisterät Cmbaidrge” oder auch “rscheearch at Cmabrigde Uinervtisy” hat es nie gegeben. Zwar hat mal tatsächlich ein britischer Forscher ein ähnliches Phänomen in seiner Doktorarbeit untersucht, das war aber in Nottingham, nicht in Cambridge, und ist jetzt auch schon gut 40 Jahre her.

Dritter Haken: Es stimmt nicht, dass man die Buchstaben beliebig drehen kann. Eine (tatsächlich durchgeführte) Studie hat 2006 gezeigt, dass die Lesbarkeit sehr wohl von der Reihenfolge der Buchstaben abhängt. Bhcutsabnealast kann man vielleicht noch lesen, bei Btssbclhaaauent wird’s aber eng.

Also anders buchstbaiert: Ein zhen Jrhae atler Haox, der auf eniem 40 Jhare aeltn Pähonmen brehut, ist hutee Ttielgsehcihtce bei “Blid”. Ehct ksras!

Mit Dank an Martin K. und Robert.

shz.de  

Diät-Journalismus

Das da oben sind Natali, Birte, Sabine, Angela und Jennifer. Sie sind Leserinnen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages (sh:z), und sie testen für uns “fitmio”.

Das ist nett von ihnen, auch wenn es scheint, dass das Ergebnis schon vorab feststeht. Über dem Bericht der Tester heißt es nämlich:

fitmio ist das erste wissenschaftlich fundierte Online-Coaching-Programm, das alltagstauglich ist und nachhaltig wirkt — ohne Diät, stattdessen mit viel Genuss und leckeren Rezepten.

Das deckt sich zufällig mit dem Urteil, das auch “fitmio” über “fitmio” fällt:

Das erste intelligente Abnehm- und Fitness-Coaching im Internet. (…) auf Basis wissenschaftlicher Forschung und dennoch einfach und alltagstauglich. (…) ohne Diät, dafür aber mit leckeren Rezepten.

Die unabhängigen Berichterstatter vom sh:z jedenfalls sind sehr angetan von dem kostenpflichtigen Abnehmangebot. Im Aufruf schrieb die Redaktion:

FLENSBURG | Sie fühlen sich zurzeit nicht wohl mit Ihrem Körper? Sie wollen die Frühjahrsmüdigkeit abschütteln und wieder fitter werden? Dann testen Sie fitmio. Das moderne Online-Trainingsprogramm begleitet Sie zwölf Wochen lang mit täglichen Trainingsanweisungen, Rezepten für eine optimale Ernährung und sorgt mit ständiger Motivation fürs Durchhalten.

Und später hieß es in einem Artikel:

Das Online-Fitnessprogramm “fitmio” macht den Frühling sportlich und gesund. (…)

Der Frühling beginnt und der Winterspeck muss weg. Dabei hilft das Online-Fitnessprogramm “fitmio”. (…) “fitmio” beruht auf den drei Säulen des Erfolgs — Ernährung, Bewegung und Motivation. Das “fitmio”-Programm wurde bewusst nicht als Diät konzipiert — damit das Durchhalten über die zwölf Wochen im Alltag leichter fällt.

Und schließlich:

fitmio begleitet die Testerinnen mit hochwertigen Rezepten, Workout- und Motivationsvideos wie auch Tipps für die Umsetzung im Alltag und wöchentlichen Erfolgsmessungen.

Verfolgen Sie hier, was unsere Testpersonen auf Ihrem Weg erleben, oder starten Sie gleich selbst Ihr 12 Wochen fitmio-Programm.

Tjaha, oder starten Sie das doch gleich selbst! Damit tun Sie auch dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag etwas Gutes, denn der bekommt dann, was da nicht steht, aber shz.de-Chefredakteur Joachim Dreykluft uns auf Nachfrage bestätigt, eine Provision von “fitmio”.

Die Aktion mit den Leser-Testern sei aber “von der Redaktion initiierter Inhalt”, der “inhaltlich nicht beeinflusst wird”. Der Geschäftspartner zahle “weder für den Test noch für Erwähnung” — aber eben für jeden auf diesem Weg gewonnenen Kunden.

Bis zur Anfrage von BILDblog gab es keine Kennzeichnung, die darauf hinwies, dass der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag ein kommerzielles Interesse daran hat, Bekanntheit und Attraktivität der Marke des Diätprogramms zu steigern. Die entsprechenden Texte waren als redaktionelle Berichte präsentiert.

Inzwischen steht über der Themen-Seite das Wort “Anzeige”; auch die Ankündigungs-Artikel wurden nachträglich entsprechend markiert. Dreykluft erklärt das damit, dass man in diesem Geschäftsfeld (“Native Advertising”) noch viel experimentiere: “Wichtig ist uns dabei, transparent zu halten, was bezahlter Inhalt ist und was redaktioneller.” Die Anfrage von BILDblog sei Anlass gewesen, “im konkreten Fall nachzusteuern”.

Objektivität, Automatisierung, Shops

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Objektivität im Journalismus: Ende einer Illusion “
(message-online.com, Eugen Epp)
Eugen Epp denkt nach über die Objektivität im Journalismus: “Es mag eine Illusion sein, mit Journalismus die Welt verbessern zu können. Objektive Redaktionen sind jedoch ebenso unrealistisch. Und so stößt jeder Journalist, der Friedrichs’ Zitat außerhalb des luftleeren Raumes von Lehrbüchern und Seminaren reflektiert, sehr bald auf ein zweites Problem: Jeder Journalist ist auch Mensch.”

2. “Die Journalistin ist frei geboren”
(kontextwochenzeitung.de, Nina Marie Bust-Bartels)
Nach vier Wochen Volontariat bei “Kontext Wochenzeitung” fasst Journalistenschülerin Nina Marie Bust-Bartels Erkenntnisse über den Journalismus zusammen: “Immer weniger Männer gehen in den Journalismus. 1969 waren noch 85 Prozent aller Redakteure männlich, 2005 immer noch 63 Prozent. Heute sind nur noch 43 Prozent der Volontäre männlich. Das ist oft ein Indikator für den Niedergang eines Berufsstands. Denn Männer wählen ihre Berufe immer noch stärker als Frauen nach Verdienstmöglichkeiten aus. Es sieht so aus, als schwände langsam das gesellschaftliche Ansehen meines Berufsstands.”

3. “Falk Schreiber, Kulturjournalist”
(wasmachendieda.de)
Kulturjournalist Falk Schreiber schreibt auf, was er macht: “Ich bemühe mich aber in meinen Texten, meine Person nicht draußen zu lassen. Es geht immer darum, wie ich etwas empfinde, auch aus Fairness. Selbst wenn mich ein in Tränen aufgelöster Künstler am nächsten Tag anrufen würde, hätte ich noch die Möglichkeit zu sagen, das ist ja nur meine persönliche Meinung, es gibt sicher andere Leute, die das anders sehen. Allerdings habe ich so ein Feedback nie.”

4. “Nach dem ZDF-Urteil”
(funkkorrespondenz.kim-info.de, Dietrich Schwarzkopf)
Rundfunkhistoriker Dietrich Schwarzkopf schreibt zum zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den ZDF-Staatsvertrag: “Die Verringerung der Zahl der politisch-staatlich Exponierten in den Rundfunkanstalten wird nicht den Umfang von Versuchen jenes Einflussnehmens verringern, das durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts beschränkt werden soll.”

5. “Roboterjournalismus als Totengräber?”
(netzpiloten.de, Lars Sobiraj)
Der Stand der Automatisierung der Textverfassung: “Noch sind derartige Programme nicht dazu in der Lage, Sprache in alle Bestandteile zu zerteilen, um den vollständigen Sinn der Sätze zu erfassen und korrekt wieder zu geben. Roboterjournalismus funktioniert bisher nur auf Grundlage von einfachen Datensätzen, die strikt einem vorgegebenen Standard folgen müssen.”

6. “Skandal-Porno in Gummistiefeln”
(taz.de, Deniz Yücel)
Deniz Yücel stöbert in den Shops von Medienhäusern und stößt auf Hundeleinen, Seidenschals und Kapuzenshirts.

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Ganz blöder Ortsname für Nicht-Ortskundige

Großbrand vernichtet Seniorenheim Neuried

Klitzekleines Problem mit diesem Artikel aus der gestrigen Ausgabe der “Bild”-Stuttgart: Es gab ein Feuer in Altenheim. Nicht im Altenheim.

Altenheim ist ein Ortsteil von Neuried bei Offenburg. Und da hat es gebrannt. In einer Wohnung und angrenzenden Gebäuden: Scheune, Mosterei und Werkstatt. Nicht im Altenheim. In Altenheim.

Und obwohl, zugegeben, die Überschrift der Polizeimeldung, die einfach “Feuer in Altenheim” lautet, für sich gelesen mehrdeutig ist, ist es schon schwerer zu erklären, wie die “Bild” dann zu der falsch verstandenen Meldung gleich ein passendes Detail berichten kann:

Feuerwehrmänner holten die Senioren aus ihren Zimmern, löschten.

Aber vermutlich ist das Lückenausfüllalltag bei “Bild”. Muss ja so gewesen sein. Wenn es im Altenheim gebrannt hätte. Und nicht bloß in Altenheim.

Mit Dank an Kerstin H., Bastian M. und Hitradio OHR!