Seit Montag war “Bild” da einer ganz großen Sache auf der Spur:
Gut, das “renommierte Forscher-Team” ist kein “renommiertes Forscher-Team”, wie “Spiegel Online” kurz zusammenfasst:
Wissenschaft kann so einfach sein. Der RWE-Manager Fritz Vahrenholt und der ebenfalls bei dem Energiekonzern arbeitenden Geologe Sebastian Lüning haben ein Buch geschrieben, in dem sie die Klimakatastrophe absagen.
Und zur Person und Rolle Vahrenholts hatte die “Zeit” schon vor zwei Wochen geschrieben:
So meint Hermann Albers, der Präsident des Bundesverbands Windenergie, dass der RWE-Manager “versucht, den Prozess der Energiewende deutlich abzubremsen, um so Marktanteile für den Monopolisten RWE zu erhalten” – produziert der doch rund 56 Prozent seines Stroms mit dreckiger Kohle.
Aber als Debattenbeitrag könnte man das von “Bild” beworbene Buch von Vahrenholt und Lüning ja trotzdem sehen, wenn sie halbwegs wissenschaftlich argumentieren und sich an die Fakten halten würden. Das tun sie aber nicht, schreibt das Team vom Klima-Lügendetektor:
Wohl weil am Montag die 51. Folge von “Rach, der Restauranttester” lief, bringen “Bild” und Bild.de diese Woche mehrere große Artikel über den Koch Christian Rach und seine TV-Sendung.
Am Dienstag hatte “Bild” angeblich “bei allen 50 Lokalen” nachgefragt, die Rach für RTL “auf Vordermann bringen wollte”. Das Ergebnis dieser Recherche:
Von den 50 Lokalen, in denen er der Tabula rasa machte, sind 27 nie wieder auf die Beine gekommen oder wechselten den Besitzer (siehe Liste).
Zu diesen 27 Lokalen gehörte auch eines, dessen Betreiberin aus freien Stücken gegangen war, um einen Gasthof in ihrer Heimatgemeinde zu übernehmen (BILDblog berichtete).
Gestern dann erschien auf Bild.de ein weiterer Artikel zu Rach und seinen “Sorgenkindern”:
Jetzt spricht der Koch selbst auf BILD.de und erklärt, wie schwer es seine TV-Sorgenkinder wirklich haben.
Darin gab Rach mehrere Beispiele, darunter dieses:
“Brauerei zum Stadtpark”-Chef Jochen in Hockenheim (Baden-Württemberg) war laut Rach wie ein großer, ganz lieber Bär – aber nicht in der Lage, einen eigenen Laden zu führen! Das Erfolgsrezept: “Ich habe ihm eine neue Identität verschafft. Wir haben eigene Biere produziert, die großartig eingeschlagen sind.”
Das Ergebnis: nachhaltig! Nach Rachs Besuch kriselte es noch ein Mal kurz, seitdem geht es aber wieder stark aufwärts.
Das ist insofern interessant, als am Dienstag auf der “Bild”-Liste auch die “Brauerei zum Stadtpark” aufgetaucht war:
Nachtrag, 13.40 Uhr: Aus der Wikipedia ist die “Rach-Bilanz” wieder verschwunden.
2. Nachtrag, 17.50 Uhr: Die Website der “Westdeutschen Zeitung” hat die Zahl 27 aus ihrem Artikel entfernt und folgende Anmerkung gepostet:
Anmerkung der Redaktion: Die Bild hatte ursprünglich von 27 geschlossenen Lokalen berichtet, wir hatten diese Zahl in einer früheren Version dieses Textes übernommen. Laut bildblog.de ist aber zumindest fragwürdig, ob sie korrekt ist
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Anonymous veröffentlicht alte Dokumente des Bundestages” (golem.de, Nico Ernst)
“Zahlreiche Medien berichten, Anonymous hätte Server des Bundestages gehackt und geheime Dokumente zur Kunduz-Affäre veröffentlicht – doch das stimmt nicht. Die Unterlagen waren schon lange allgemein zugänglich, und das mit voller Absicht. Sie gehören zum Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses.”
2. “‘Heute’-Chefredakteur Ainetter kritisiert ‘Einflussnahme’ auf Zeitung” (medianet.at, fej)
Wolfgang Ainetter, scheidender Chefredakteur der Gratiszeitung “Heute”, hält fest, dass die Trennung aus eigener Initiative erfolgt sei. “Unabhängiger, kritischer Journalismus wäre aus meiner Sicht nicht mehr möglich gewesen. Bei den Gesprächen mit der Geschäftsführung ging es nie um die Frage der Qualität, sondern immer um die Frage von politischer und ökonomischer Einflussnahme auf die Redaktion.”
3. “Die Fixer von Gaza: Journalismus nach Rezept” (derstandard.at, Andreas Hackl) Fixer besorgen nicht nur Kontakte, organisieren Fahrer und übersetzen, manchmal führen sie auch gleich Interviews. “200 US-Dollar pro Tag ist die übliche Rate. Dabei ist egal ob man den Fixer für drei oder sechs Stunden in Anspruch nimmt. Und am Ende folgt meistens dennoch ein Feilschen um alle möglichen Extras.”
4. “Die Verballhornung im Ersten” (kehraus.blogspot.com)
Die ARD-Sendung “Börse im Ersten”: “Nur ca. 5% der Deutschen besitzen überhaupt Aktien. Schwer vorstellbar, dass diese irgendeinen Informationsgewinn aus den Schüttelreimen der Moderatoren für ihr Depot ziehen.”